Artikel 2a RL 89/552/EWG

(1) Die Mitgliedstaaten gewährleisten den freien Empfang und behindern nicht die Weiterverbreitung von audiovisuellen Mediendiensten aus anderen Mitgliedstaaten in ihrem Hoheitsgebiet aus Gründen, die Bereiche betreffen, die durch diese Richtlinie koordiniert sind.

(2) Bei Fernsehprogrammen können die Mitgliedstaaten vorübergehend von Absatz 1 abweichen, wenn die folgenden Bedingungen erfüllt sind:

a)
Mit einem Fernsehprogramm aus einem anderen Mitgliedstaat wird in offensichtlicher, ernster und schwerwiegender Weise gegen Artikel 22 Absatz 1 oder 2 und/oder Artikel 3b verstoßen;
b)
der Fernsehveranstalter hat während der vorangegangen zwölf Monate bereits mindestens zweimal gegen die Vorschriften des Buchstabens a) verstoßen;
c)
der betreffende Mitgliedstaat hat dem Fernsehveranstalter und der Kommission schriftlich die behaupteten Verstöße sowie die für den Fall erneuter Verstöße beabsichtigten Maßnahmen mitgeteilt;
d)
die Konsultationen mit dem Mitgliedstaat, der die Sendung verbreitet, und der Kommission haben innerhalb von 15 Tagen ab der unter Buchstabe c) genannten Mitteilung zu keiner gütlichen Regelung geführt, und es kommt zu einem erneuten Verstoß.

Die Kommission trifft innerhalb einer Frist von zwei Monaten ab dem Zeitpunkt der Mitteilung der Maßnahmen durch den Mitgliedstaat eine Entscheidung über die Vereinbarkeit der Maßnahmen mit dem Gemeinschaftsrecht. Im Fall einer negativen Entscheidung muß der betreffende Mitgliedstaat die beanstandeten Maßnahmen unverzüglich beenden.

(3) Absatz 2 läßt die Anwendung entsprechender Verfahren, Rechtsmittel oder Sanktionen bezüglich der betreffenden Verstöße in dem Mitgliedstaat, dessen Rechtshoheit der Fernsehveranstalter unterworfen ist, unberührt.

(4) Bei Abrufdiensten können die Mitgliedstaaten Maßnahmen ergreifen, um bezüglich eines bestimmten Dienstes von Absatz 1 abzuweichen, wenn die folgenden Bedingungen erfüllt sind:

a)
Die Maßnahmen

i)
sind aus einem der folgenden Gründe erforderlich:

Schutz der öffentlichen Ordnung, insbesondere Verhütung, Ermittlung, Aufklärung und Verfolgung von Straftaten, einschließlich des Jugendschutzes und der Bekämpfung der Hetze aus Gründen der Rasse, des Geschlechts, des Glaubens oder der Nationalität, sowie von Verletzungen der Menschenwürde einzelner Personen,

Schutz der öffentlichen Gesundheit,

Schutz der öffentlichen Sicherheit, einschließlich der Wahrung nationaler Sicherheits- und Verteidigungsinteressen,

Schutz der Verbraucher, einschließlich des Schutzes von Anlegern;

ii)
betreffen einen bestimmten audiovisuellen Mediendienst auf Abruf, der die unter Ziffer i genannten Schutzziele beeinträchtigt oder eine ernsthafte und schwerwiegende Gefahr einer Beeinträchtigung dieser Ziele darstellt;
iii)
stehen in einem angemessenen Verhältnis zu diesen Schutzzielen.

b)
Der Mitgliedstaat hat vor Ergreifen der betreffenden Maßnahmen unbeschadet etwaiger Gerichtsverfahren, einschließlich Vorverfahren und Schritten im Rahmen einer strafrechtlichen Ermittlung

den Mitgliedstaat, dessen Rechtshoheit der Mediendiensteanbieter unterworfen ist, aufgefordert, Maßnahmen zu ergreifen, und dieser hat keine derartigen Maßnahmen ergriffen oder die von ihm getroffenen Maßnahmen sind unzulänglich;

die Kommission und den Mitgliedstaat, dessen Rechtshoheit der Mediendiensteanbieter unterworfen ist, über seine Absicht, derartige Maßnahmen zu ergreifen, unterrichtet.

(5) Die Mitgliedstaaten können in dringenden Fällen von den in Absatz 4 Buchstabe b genannten Bedingungen abweichen. In diesem Fall müssen die Maßnahmen unverzüglich und unter Angabe der Gründe, aus denen der Mitgliedstaat der Auffassung ist, dass es sich um einen dringenden Fall handelt, der Kommission und dem Mitgliedstaat, dessen Rechtshoheit der Mediendiensteanbieter unterworfen ist, mitgeteilt werden.

(6) Unbeschadet der Möglichkeit des Mitgliedstaats, die betreffenden Maßnahmen durchzuführen, prüft die Kommission innerhalb kürzestmöglicher Zeit, ob die in den Absätzen 4 und 5 genannten Maßnahmen mit dem Gemeinschaftsrecht vereinbar sind. Gelangt sie zu dem Schluss, dass die Maßnahmen nicht mit dem Gemeinschaftsrecht vereinbar sind, so fordert sie den betreffenden Mitgliedstaat auf, davon Abstand zu nehmen, die geplanten Maßnahmen zu ergreifen, bzw. bereits ergriffene Maßnahmen unverzüglich einzustellen.

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