ANHANG II RL 89/654/EWG

MINDESTVORSCHRIFTEN FÜR SICHERHEIT UND GESUNDHEITSSCHUTZ IN BEREITS GENUTZTEN ARBEITSSTÄTTEN NACH ARTIKEL 4 DER RICHTLINIE

1.
Vorbemerkung

Die Anforderungen dieses Anhangs gelten in allen Fällen, in denen die Eigenschaften der Arbeitstätte oder der Tätigkeit, die Umstände oder eine Gefahr dies erfordern.

2.
Stabilität und Festigkeit

Gebäude für Arbeitsstätten müssen eine der Nutzungsart entsprechende Konstruktion und Festigkeit aufweisen.

3.
Elektrische Anlagen

Von elektrischen Anlagen darf keine Brand- oder Explosionsgefahr ausgehen; Personen müssen angemessen vor Unfallgefahren bei direktem oder indirektem Kontakt geschützt sein. Bei der elektrischen Anlage und den Schutzvorrichtungen sind die Spannung, die äußeren Einwirkungsbedingungen und die Fachkenntnisse der Personen zu berücksichtigen, die zu Teilen der Anlage Zugang haben.

4.
Fluchtwege und Notausgänge

4.1. Fluchtwege und Notausgänge müssen frei von Hindernissen bleiben und auf möglichst kurzem Weg ins Freie oder in einen sicheren Bereich führen.

4.2. Alle Arbeitsplätze müssen bei Gefahr von den Arbeitnehmern schnell und in größter Sicherheit verlassen werden können.

4.3. Fluchtwege und Notausgänge müssen in ausreichender Anzahl vorhanden sein.

4.4. Türen von Notausgängen müssen sich nach außen öffnen. Türen von Notausgängen dürfen nicht so verschlossen werden, daß sie nicht leicht und unmittelbar von jeder Person geöffnet werden können, die sie im Notfall benutzen müßte. Schiebe- und Drehtüren sind als Nottüren nicht zulässig.

4.5. Fluchtwege und Notausgänge als solche sind gemäß den innerstaatlichen Bestimmungen zur Umsetzung der Richtlinie 77/576/EWG zu kennzeichnen. Diese Kennzeichnung muß an geeigneten Stellen angebracht und dauerhaft sein.

4.6. Notausgänge dürfen nicht mittels eines Schlüssels verschlossen werden. Fluchtwege und Notausgänge sowie die dorthin führenden Durchgänge und Türen dürfen nicht durch Gegenstände versperrt werden, so daß sie jederzeit ungehindert benutzt werden können.

4.7. Fluchtwege und Notausgänge, bei denen eine Beleuchtung notwendig ist, müssen für den Fall, daß die Beleuchtung ausfällt, über eine ausreichende Sicherheitsbeleuchtung verfügen.

5.
Brandmeldung und -bekämpfung

5.1. In den Arbeitsstätten müssen je nach Abmessungen und Nutzung der Gebäude, nach vorhandenen Einrichtungen, nach physikalischen und chemischen Eigenschaften der vorhandenen Stoffe und nach der größtmöglichen Zahl anwesender Personen Feuerlöscheinrichtungen und erforderlichenfalls Brandmel der und Alarmanlagen vorhanden sein.

5.2. Nichtselbständige Feuerlöscheinrichtungen müssen leicht zu erreichen und zu handhaben sein. Sie sind gemäß den innerstaatlichen Bestimmungen zur Umsetzung der Richtlinie 77/576/EWG zu kennzeichnen. Diese Kennzeichnung muß an geeigneten Stellen angebracht und dauerhaft sein.

6.
Lüftung umschlossener Arbeitsräume

In umschlossenen Arbeitsräumen muß unter Berücksichtigung der Arbeitsverfahren und der körperlichen Beanspruchung der Arbeitnehmer ausreichend gesundheitlich zuträgliche Atemluft vorhanden sein. Bei Verwendung einer lüftungstechnischen Anlage muß diese jederzeit funktionsfähig sein. Eine ewaige Störung muß durch eine Warneinrichtung angezeigt werden, wenn dies mit Rücksicht auf die Gesundheit der Arbeiter erforderlich ist.

7.
Raumtemperatur

7.1. In den Arbeitsräumen muß während der Arbeitszeit unter Berücksichtigung der angewandten Arbeitsmethoden und der körperlichen Beanspruchung der Arbeitnehmer eine Raumtemperatur herrschen, die dem menschlichen Organismus angemessen ist.

7.2. In Pausen-, Bereitschafts-, Sanitär-, Kantinen- und Sanitätsräumen muß die Temperatur dem spezifischen Nutzungszweck der Räume entsprechen.

8.
Natürliche und künstliche Beleuchtung der Räume

8.1. Die Arbeitsstätten müssen möglichst ausreichend Tageslicht erhalten und mit Einrichtungen für eine der Sicherheit und dem Gesundheitsschutz der Arbeitnehmer angemessene künstliche Beleuchtung ausgestattet sein.

8.2. Arbeitsstätten, in denen die Arbeitnehmer bei Ausfall der künstlichen Beleuchtung in besonderem Maße Gefahren ausgesetzt sind, müssen eine ausreichende Sicherheitsbeleuchtung haben.

9.
Türen und Tore

9.1. Durchsichtige Türen müssen in Augenhöhe gekennzeichnet sein.

9.2. Schwingtüren und -tore müssen durchsichtig sein oder Sichtfenster haben.

10.
Gefahrenbereiche

Befinden sich in den Arbeitsstätten durch die Art der Arbeit bedingte Gefahrenbereiche, in denen Sturzgefahr für die Arbeitnehmer oder die Gefahr des Herabfallens von Gegenständen besteht, so müssen diese Bereiche nach Möglichkeit mit Vorrichtungen ausgestattet sein, die unbefugte Arbeitnehmer am Betreten dieser Bereiche hindern. Zum Schutz der Arbeitnehmer, die zum Betreten der Gefahrenbereiche befugt sind, sind entsprechende Vorkehrungen zu treffen. Die Gefahrenbereiche müssen gut sichtbar gekennzeichnet sein.

11.
Pausenräume und Pausenbereiche

11.1. Den Arbeitnehmern ist ein leicht erreichbarer Pausenraum oder entsprechender Pausenbereich zur Verfügung zu stellen, wenn Sicherheits- oder Gesundheitsgründe, insbesondere wegen der Art der ausgeübten Tätigkeit oder der eine bestimmte Obergrenze übersteigenden Anzahl der im Betrieb beschäftigten Personen, dies erfordern. Dies gilt nicht, wenn die Arbeitnehmer in Büroräumen oder vergleichbaren Arbeitsräumen beschäftigt sind und dort gleichwertige Voraussetzungen für eine Erholung während der Pausen gegeben sind.

11.2. Pausenräume und Pausenbereiche müssen mit Tischen und Sitzgelegenheiten mit Rückenlehne ausgestattet sein.

11.3. In den Pausenräumen und Pausenbereichen sind angemessene Maßnahmen zum Schutz der Nichtraucher vor Belästigungen durch Tabakrauch zu treffen.

12.
Schwangere Frauen und stillende Mütter

Schwangere Frauen und stillende Mütter müssen sich unter geeigneten Bedingungen hinlegen und ausruhen können.

13.
Sanitärräume

13.1.
Umkleideräume, Kleiderschränke

13.1.1.
Den Arbeitnehmern sind geeignete Umkleideräume zur Verfügung zu stellen, wenn sie bei ihrer Tätigkeit besondere Arbeitskleidung tragen müssen und es ihnen aus gesundheitlichen oder sittlichen Gründen nicht zuzumuten ist, sich in einem anderen Raum umzukleiden.

Die Umkleideräume müssen leicht zugänglich und von ausreichender Größe sein.

13.1.2.
Diese Umkleideräume müssen mit abschließbaren Einrichtungen ausgestattet sein, in denen jeder Arbeitnehmer seine Kleidung während der Arbeitszeit aufbewahren kann.

Kleiderschränke für Arbeitskleidung sind von Kleiderschränken für Privatkleidung zu trennen, wenn die Umstände dies erfordern (z. B. Umgang mit gefährlichen Stoffen, Feuchtigkeit, Schmutz).

13.1.3.
Für Frauen und Männer sind getrennte Umkleideräume oder aber eine getrennte Benutzung dieser Räume vorzusehen.

13.2.
Duschen, Toiletten und Handwaschbecken

13.2.1.
Die Arbeitsplätze sind so einzurichten, daß den Arbeitnehmern in der Nähe des Arbeitsplatzes folgendes zur Verfügung steht:

Duschen, wenn die Art ihrer Tätigkeit dies erfordert;

besondere Räume, die mit Toiletten und Handwaschbecken in ausreichender Zahl ausgestattet sind.

13.2.2.
Die Duschen und Waschgelegenheiten müssen fließendes Wasser (erforderlichenfalls warmes Wasser) haben.
13.2.3.
Für Frauen und Männer sind getrennte Duschen oder aber eine getrennte Benutzung dieser Duschen vorzusehen.

Für Frauen und Männer sind getrennte Toiletten oder aber eine getrennte Benutzung der Toiletten vorzusehen.

14.
Mittel für die Erste Hilfe

Die Arbeitsstätten müssen mit Mitteln für die Erste Hilfe ausgestattet sein. Diese Erste-Hilfe-Mittel müssen entsprechend gekennzeichnet und leicht zugänglich sein.

15.
Behinderte Arbeitnehmer

Die Arbeitsstätten sind gegebenenfalls behindertengerecht zu gestalten. Dies gilt insbesondere für Türen, Verbindungswege, Treppen, Duschen, Waschgelegeneheiten und Toiletten, die von Behinderten benutzt werden sowie für Arbeitsplätze, an denen behinderte Arbeitnehmer unmittelbar tätig sind.

16.
Verkehr von Fußgängern und Fahrzeugen

Arbeitsplätze in geschlossenen Räumen und im Freien sind so zu gestalten, daß sie sicher begangen und befahren werden können.

17.
Arbeitsstätten im Freien (besondere Bestimmungen)

Werden die Arbeitnehmer auf Arbeitsplätzen im Freien beschäftigt, so sind die Arbeitsplätze nach Möglichkeit so einzurichten, daß die Arbeitnehmer
a)
gegen Witterungseinflüsse und gegebenenfalls gegen das Herabfallen von Gegenständen geschützt sind,
b)
weder Geräuschen mit einem für die Gesundheit unzuträglichen Lärmpegel noch schädlichen Wirkungen von außen (z. B. Gasen, Dämpfen, Staub) ausgesetzt sind,
c)
bei Gefahr rasch ihren Arbeitsplatz verlassen können bzw. ihnen rasch Hilfe geleistet werden kann,
d)
nicht ausgleiten oder abstürzen können.

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