Präambel RL 91/414/EWG

DER RAT DER EUROPÄISCHEN GEMEINSCHAFTEN —

gestützt auf den Vertrag zur Gründung der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft, insbesondere auf Artikel 43,

auf Vorschlag der Kommission(1),

nach Stellungnahme des Europäischen Parlaments(2),

nach Stellungnahme des Wirtschafts- und Sozialausschusses(3),

in Erwägung nachstehender Gründe:

Die Pflanzenerzeugung nimmt in der Gemeinschaft einen sehr wichtigen Platz ein.

Der Ertrag der Pflanzenerzeugung ist ständig durch Schadorganismen, einschließlich Unkräutern, bedroht, und es ist unbedingt erforderlich, die Pflanzen von diesen Gefahren zu schützen, um eine Ertragsminderung zu verhindern und die Versorgung sicherzustellen.

Eines der wichtigsten Mittel zum Schutz der Pflanzen und Pflanzenerzeugnisse und zur Verbesserung der Produktion der Landwirtschaft ist die Anwendung von Pflanzenschutzmitteln.

Diese Pflanzenschutzmittel haben nicht nur nützliche Auswirkungen auf die Pflanzenerzeugnung; sie bringen auch Risiken und Gefahren für den Menschen, die Tiere und die Umwelt mit sich, insbesondere dann, wenn sie ungeprüft und ohne amtliche Zulassung in den Verkehr gebracht und unsachgemäß angewandt werden.

In den meisten Mitgliedstaaten gibt es wegen dieser Gefahren Vorschriften über die Zulassung von Pflanzenschutzmitteln. Diese Vorschriften weisen Unterschiede auf, die Handelshemmnisse nicht nur für Pflanzenschutzmittel, sondern auch für Pflanzenerzeugnisse darstellen und sich unmittelbar auf die Errichtung und das Funktionieren des Binnenmarktes auswirken.

Es ist deshalb wichtig, diese Hemmnisse durch eine Angleichung der betreffenden Vorschriften der Mitgliedstaaten zu beseitigen.

Über die Voraussetzungen für die Zulassung von Pflanzenschutzmitteln und über die Zulassungsverfahren müssen in den Mitgliedstaaten einheitliche Vorschriften gelten.

Diese Vorschriften sollten vorsehen, daß Pflanzenschutzmittel nur in den Verkehr gebracht bzw. angewandt werden dürfen, wenn sie amtlich zugelassen worden sind, und daß sie unter Berücksichtigung der Grundsätze der guten Pflanzenschutzpraxis und des integrierten Pflanzenschutzes sachgemäß angewandt werden.

Die Zulassungsbestimmungen müssen ein hohes Schutzniveau gewährleisten, damit insbesondere die Zulassung von Pflanzenschutzmitteln verhindert wird, die nicht ausreichend auf ihre Gesundheits-, Grundwasser- und Umweltgefährdung untersucht worden sind. Der Schutz der Gesundheit von Mensch und Tier sowie der Umwelt sind gegenüber dem Ziel der Produktionsverbesserung bei der Pflanzenerzeugung vorrangig.

Es ist notwendig, zum Zeitpunkt der Zulassung von Pflanzenschutzmitteln sicherzustellen, daß sie bei sachgemäßer Anwendung für den beabsichtigten Zweck hinreichend wirksam sind, keine unannehmbaren Auswirkungen auf Pflanzen oder Pflanzenerzeugnisse bzw. auf die Umwelt im allgemeinen und insbesondere keine schädlichen Auswirkungen auf die Gesundheit von Mensch und Tier oder das Grundwasser haben.

Die Zulassung sollte auf Pflanzenschutzmittel beschränkt werden, die bestimmte, aufgrund ihrer toxikologischen und ökotoxikologischen Eigenschaften gemeinschaftlich festgelegte Wirkstoffe enthalten.

Es ist daher notwendig, eine gemeinschaftliche Liste der zulässigen Wirkstoffe zu erstellen.

Es ist ein gemeinschaftliches Bewertungsverfahren vorzusehen, nach dem über die Aufnahme eines Wirkstoffes in diese Gemeinschaftsliste entschieden wird, und festzulegen, welche Unterlagen mit welchen Angaben ein Bewerber für die Aufnahme in die Liste vorlegen muß.

Das Gemeinschaftsverfahren sollte einen Mitgliedstaat nicht daran hindern, für einen begrenzten Zeitraum Pflanzenschutzmittel in seinem Gebiet zuzulassen, die einen noch nicht in die Gemeinschaftsliste aufgenommenen Wirkstoff enthalten, sofern sichergestellt ist, daß der Bewerber den gemeinschaftlichen Auflagen entsprechende Unterlagen vorgelegt und der betreffende Mitgliedstaat zu dem Schluß gelangt ist, daß der Wirkstoff und die Pflanzenschutzmittel den von der Gemeinschaft festgesetzten Anforderungen entsprechen dürften.

Aus Sicherheitsgründen sollten die in der Gemeinschaftsliste aufgeführten Wirkstoffe in regelmäßigen Abständen überprüft werden, um die wissenschaftliche und technologische Entwicklung und die Untersuchungen über die Auswirkungen beim konkreten Einsatz der Pflanzenschutzmittel, die die genannten Wirkstoffe enthalten, zu berücksichtigen.

Im Interesse des freien Verkehrs von Pflanzenerzeugnissen sowie von Pflanzenschutzmitteln sollten die von einem Mitgliedstaat erteilte Zulassung und die hierfür durchgeführten Tests von den anderen Mitgliedstaaten anerkannt werden, es sei denn, die Voraussetzungen in bezug auf Landwirtschaft, Pflanzenschutz und Umwelt einschließlich der Witterungsverhältnisse in den betreffenden Gebieten sind im Zusammenhang mit der Anwendung der betreffenden Pflanzenschutzmittel nicht vergleichbar. Zu diesem Zweck sind die von den Mitgliedstaaten während des Zulassungsverfahrens praktizierten Test- und Kontrollmethoden zu vereinheitlichen.

Es ist daher wünschenswert, daß ein System gegenseitiger Unterrichtung eingeführt wird und daß sich die Mitgliedstaaten auf Wunsch gegenseitig die Einzelheiten und wissenschaftlichen Unterlagen, die im Zusammenhang mit Anträgen auf Zulassung von Pflanzenschutzmitteln vorgelegt werden, zur Verfügung stellen.

Den Mitgliedstaaten muß jedoch die Möglichkeit gegeben werden, Pflanzenschutzmittel zuzulassen, die den genannten Voraussetzungen nicht entsprechen, wenn dies aufgrund einer unvorhersehbaren Gefahr für die Pflanzenerzeugung notwendig ist, die mit anderen Mitteln nicht eingedämmt werden kann; eine solche Zulassung sollte von der Kommission in enger Zusammenarbeit mit den Mitgliedstaaten im Rahmen des Ständigen Ausschusses für Pflanzenschutz geprüft werden.

Diese Richtlinie ergänzt die gemeinschaftlichen Bestimmungen über die Einstufung, Verpackung und Kennzeichnung von Schädlingsbekämpfungsmitteln; sie gewährleistet zusammen mit diesen Bestimmungen eine wesentliche Verbesserung des Schutzes der Personen, die Pflanzenschutzmittel anwenden, und der Verbraucher von Pflanzen und Pflanzenerzeugnissen; sie trägt außerdem zum Umweltschutz bei.

Die Kohärenz zwischen dieser Richtlinie und den Gemeinschaftsregelungen für Pflanzenschutzmittelrückstände in den Agrarerzeugnissen und für den freien Handel mit diesen in der Gemeinschaft muß gewahrt werden. Diese Richtlinie ergänzt die gemeinschaftlichen Bestimmungen über Höchstgehalte an Rückständen von Schädlingsbekämpfungsmitteln und erleichtert die Festlegung solcher Höchstgehalte in der Gemeinschaft. Im Zusammenwirken mit diesen Bestimmungen wird durch die Richtlinie der Schutz der Verbraucher von Pflanzen und Pflanzenerzeugnissen erheblich verbessert.

Die Unterschiede bei den Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten dürfen nicht zu einer Vergeudung der für die Durchführung von Versuchen an Wirbeltieren bestimmten Mittel führen; Erwägungen des Gemeinwohls sowie die Richtlinie 86/609/EWG des Rates vom 24. November 1986 zur Annäherung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten zum Schutz der für Versuche und andere wissenschaftliche Zwecke verwendeten Tiere(4) sprechen dagegen, daß Tierversuche unnötigerweise wiederholt werden.

Um sicherzustellen, daß die festgelegten Anforderungen eingehalten werden, müssen die Mitgliedstaaten geeignete Vorkehrungen für die Kontrolle und Prüfung der Vermarktung und Verwendung von Pflanzenschutzmitteln treffen.

Die in dieser Richtlinie vorgesehenen Verfahren zur Beurteilung der Gefährdung der Umwelt durch Pflanzenschutzmittel, die genetisch veränderte Organismen enthalten oder sich daraus zusammensetzen, entsprechen grundsätzlich den Verfahren der Richtlinie 90/220/EWG des Rates vom 23. April 1990 über die absichtliche Freisetzung genetisch veränderter Organismen in die Umwelt(5). Sollten allerdings hinsichtlich der Angaben gemäß Teil B der Anhänge II und III in Zukunft spezifische Auflagen erforderlich werden, so ist eine Änderung der vorliegenden Richtlinie vorzusehen.

Die Durchführung dieser Richtlinie und die Anpassung ihrer Anhänge an die Entwicklung der technischen und wissenschaftlichen Erkenntnisse erfordert eine enge Zusammenarbeit zwischen der Kommission und den Mitgliedstaaten. Hierfür bietet das Verfahren des Ständigen Ausschusses für Pflanzenschutz eine geeignete Grundlage —

HAT FOLGENDE RICHTLINIE ERLASSEN:

Fußnote(n):

(1)

ABl. Nr. C 89 vom 10. 4. 1989, S. 22.

(2)

ABl. Nr. C 72 vom 18. 3. 1991, S. 33.

(3)

ABl. Nr. C 56 vom 7. 3. 1990, S. 3.

(4)

ABl. Nr. L 358 vom 18. 12. 1986, S. 1.

(5)

ABl. Nr. L 117 vom 8. 5. 1990, S. 15.

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