Artikel 10 RL 91/440/EWG

(1) Die internationalen Gruppierungen erhalten Zugangs- und Transitrechte in den Mitgliedstaaten, in denen die ihnen angeschlossenen Eisenbahnunternehmen ihren Sitz haben, sowie Transitrechte in den anderen Mitgliedstaaten für grenzüberschreitende Verkehrsleistungen zwischen den Mitgliedstaaten, in denen die ihnen angeschlossenen Eisenbahnunternehmen ihren Sitz haben.

(2) Die Eisenbahnunternehmen, die unter Artikel 2 fallen, erhalten für das Erbringen von Verkehrsleistungen im grenzüberschreitenden kombinierten Güterverkehr ein Zugangsrecht zur Infrastruktur der übrigen Mitgliedstaaten zu angemessenen Bedingungen.

(3) Eisenbahnunternehmen, die unter Artikel 2 fallen, erhalten für das Erbringen von Verkehrsleistungen im grenzüberschreitenden Frachtverkehr zu angemessenen Bedingungen Zugang zu dem Transeuropäischen Schienengüternetz im Sinne des Artikels 10a und des Anhangs I und spätestens zum 1. Januar 2006 Zugang zu dem gesamten Netz.

Darüber hinaus erhalten Eisenbahnunternehmen, die unter Artikel 2 fallen, für alle Arten von Schienenfrachtdiensten spätestens zum 1. Januar 2007 zu angemessenen Bedingungen Zugang zur Infrastruktur aller Mitgliedstaaten.

(3a) Die Eisenbahnunternehmen, die unter Artikel 2 fallen, erhalten spätestens ab dem 1. Januar 2010 das Recht auf Zugang zur Infrastruktur in allen Mitgliedstaaten, um grenzüberschreitende Personenverkehrsdienste zu erbringen. Bei der Durchführung eines grenzüberschreitenden Personenverkehrsdienstes haben die Eisenbahnunternehmen das Recht, Fahrgäste an beliebigen Bahnhöfen auf der grenzüberschreitenden Strecke aufzunehmen und an einem anderen abzusetzen, auch an Bahnhöfen in demselben Mitgliedstaat.

Das Recht auf Zugang zur Infrastruktur der Mitgliedstaaten, in denen der Anteil des grenzüberschreitenden Personenverkehrs auf der Schiene mehr als die Hälfte des Personenverkehrumsatzes der Eisenbahnunternehmen dieses Mitgliedstaats ausmacht, ist spätestens ab dem 1. Januar 2012 zu erteilen.

Die in Artikel 30 der Richtlinie 2001/14/EG genannte(n) zuständige(n) Regulierungsstelle(n) bestimmt (bestimmen) auf Antrag der jeweils zuständigen Behörden und/oder der betroffenen Eisenbahnunternehmen, ob der Hauptzweck des Verkehrsdienstes in der Beförderung von Fahrgästen zwischen Bahnhöfen in verschiedenen Mitgliedstaaten liegt.

(3b) Die Mitgliedstaaten können das in Absatz 3a festgelegte Zugangsrecht auf Strecken zwischen einem Ursprungsort und einem Zielort, die Gegenstand eines oder mehrerer mit dem geltenden Gemeinschaftsrecht vereinbarer Verträge über öffentliche Dienstleistungen sind, einschränken. Eine derartige Einschränkung darf das Recht zur Beförderung von Fahrgästen zwischen beliebigen Bahnhöfen auf der Strecke eines grenzüberschreitenden Verkehrsdienstes, auch zwischen Bahnhöfen in demselben Mitgliedstaat, nur in dem Fall einschränken, in dem die Ausübung dieses Rechts das wirtschaftliche Gleichgewicht eines Vertrags über öffentliche Dienstleistungen gefährden würde.

Die Frage, ob das wirtschaftliche Gleichgewicht gefährdet würde, wird von der (den) in Artikel 30 der Richtlinie 2001/14/EG genannten Regulierungsstelle(n) auf der Grundlage einer objektiven wirtschaftlichen Analyse und vorab festgelegter Kriterien auf Antrag eines der folgenden Beteiligten beurteilt:

der zuständigen Behörde(n), die den Vertrag über öffentliche Dienstleistungen geschlossen hat (haben);

anderer betroffener zuständiger Behörden, die zur Einschränkung des Zugangsrechts nach Maßgabe dieses Artikels befugt sind;

des Infrastrukturbetreibers oder

des den Vertrag über öffentliche Dienstleistungen erfüllenden Eisenbahnunternehmens.

Die zuständigen Behörden und die den Vertrag über öffentliche Dienstleistungen erfüllenden Eisenbahnunternehmen stellen der (den) zuständigen Regulierungsstelle(n) die Informationen zur Verfügung, die diese nach vernünftigem Ermessen für die Entscheidungsfindung benötigt (benötigen). Die Regulierungsstelle prüft die zur Verfügung gestellten Informationen, hört gegebenenfalls alle Betroffenen an und unterrichtet die Betroffenen von ihrer mit einer Begründung versehenen Entscheidung innerhalb einer vorher festgelegten angemessenen Frist, auf jeden Fall jedoch spätestens zwei Monate nach Eingang aller entscheidungserheblichen Informationen. Die Regulierungsstelle teilt die Gründe für ihre Entscheidung mit und gibt an, in welchem Zeitraum und unter welchen Bedingungen:

die jeweils zuständige(n) Behörde(n),

der Infrastrukturbetreiber,

das den Vertrag über öffentliche Dienstleistungen erfüllende Eisenbahnunternehmen oder

das den Zugang beantragende Eisenbahnunternehmen

eine erneute Prüfung der Entscheidung verlangen können.

(3c) Die Mitgliedstaaten können auch das Recht zur Beförderung von Fahrgästen zwischen beliebigen Bahnhöfen innerhalb desselben Mitgliedstaats auf der Strecke eines grenzüberschreitenden Personenverkehrsdienstes einschränken, wenn im Rahmen eines vor dem 4. Dezember 2007 nach einem fairen wettbewerblichen Ausschreibungsverfahren und im Einklang mit den einschlägigen Grundsätzen des Gemeinschaftsrechts geschlossenen Konzessionsvertrags ausschließliche Rechte für die Beförderung von Fahrgästen zwischen diesen Bahnhöfen eingeräumt wurden. Diese Einschränkung darf während der ursprünglichen Laufzeit des Vertrags oder 15 Jahre lang angewendet werden, je nachdem, welcher Zeitraum kürzer ist.

(3d) Diese Richtlinie verpflichtet keinen Mitgliedstaat, vor dem 1. Januar 2010 Eisenbahnunternehmen und ihren direkt oder indirekt kontrollierten Tochterunternehmen, die in einem Mitgliedstaat zugelassen sind, in dem keine vergleichbaren Zugangsrechte erteilt werden, das Zugangsrecht nach Absatz 3a zu erteilen.

(3e) Die Mitgliedstaaten treffen die erforderlichen Maßnahmen, um die gerichtliche Nachprüfbarkeit der in den Absätzen 3b, 3c und 3d genannten Entscheidungen zu gewährleisten.

(3f) Unbeschadet des Absatzes 3b können die Mitgliedstaaten gemäß den Bedingungen dieses Artikels die für den Personenverkehr auf der Schiene zuständige Behörde ermächtigen, bei den Eisenbahnunternehmen, die Personenverkehrsdienste anbieten, auf den Betrieb von Strecken, die in den Zuständigkeitsbereich dieser Behörde fallen und zwischen zwei Bahnhöfen in diesem Mitgliedstaat liegen, eine Abgabe zu erheben.

In diesem Fall haben die Eisenbahnunternehmen, die inländische oder grenzüberschreitende Personenverkehrsdienste auf der Schiene anbieten, die gleiche Abgabe auf den Betrieb von Strecken zu entrichten, die in den Zuständigkeitsbereich dieser Behörde fallen.

Die Abgabe dient der Behörde als Ausgleichsleistung für die öffentliche Dienstleistungsverpflichtung, im Rahmen von im Einklang mit dem Gemeinschaftsrecht geschlossenen Verträgen über öffentliche Dienstleistungen. Die Einnahmen aus solchen Abgaben, die als Ausgleichsleistung gezahlt werden, dürfen einen Betrag nicht übersteigen, der erforderlich ist, um die bei der Erfüllung der betreffenden öffentlichen Dienstleistungsverpflichtungen angefallenen Kosten unter Berücksichtigung der entsprechenden Quittungen und einer angemessenen Gewinnmarge für die Erfüllung dieser Verpflichtungen ganz oder zum Teil zu decken.

Die Abgabe muss mit dem Gemeinschaftsrecht im Einklang stehen und insbesondere den Grundsätzen der Fairness, der Transparenz, der Nichtdiskriminierung und der Verhältnismäßigkeit, insbesondere zwischen dem durchschnittlichen Preis der Dienstleistung für Personen und der Höhe der Abgabe, entsprechen. Der Gesamtbetrag der gemäß diesem Absatz erhobenen Abgaben darf die wirtschaftliche Rentabilität des Personenverkehrsdienstes auf der Schiene, auf den sie erhoben werden, nicht gefährden.

Die zuständigen Behörden bewahren die Informationen auf, die sie benötigen, um zu gewährleisten, dass die Herkunft und die Verwendung der Abgaben nachverfolgt werden können. Die Mitgliedstaaten stellen der Kommission diese Informationen zur Verfügung.

(4) Die Kommission prüft in einem spezifischen Fall auf Ersuchen eines Mitgliedstaats oder von sich aus die Frage der Anwendung und Durchsetzung dieses Artikels und entscheidet binnen zwei Monaten nach Eingang des Ersuchens und nach Anhörung des in Artikel 11a Absatz 2 genannten Ausschusses, ob die betreffende Maßnahme weiterhin angewendet werden darf. Die Kommission teilt dem Europäischen Parlament, dem Rat und den Mitgliedstaaten ihre Entscheidung mit.

Unbeschadet des Artikels 226 des Vertrags kann jeder Mitgliedstaat den Rat innerhalb einer Frist von einem Monat mit der Entscheidung der Kommission befassen. Der Rat kann unter außergewöhnlichen Umständen innerhalb eines Monats mit qualifizierter Mehrheit einen anders lautenden Beschluss fassen.

(5) Die Eisenbahnunternehmen, die Eisenbahnverkehrsleistungen erbringen, schließen mit den Betreibern der genutzten Infrastruktur auf der Grundlage des öffentlichen Rechts oder des Privatrechts die erforderlichen Vereinbarungen. Die Bedingungen dieser Vereinbarungen müssen nichtdiskriminierend und transparent sein und müssen mit der Richtlinie 2001/14/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Februar 2001 über die Zuweisung von Fahrwegkapazität der Eisenbahn, die Erhebung von Entgelten für die Nutzung von Eisenbahninfrastruktur und die Sicherheitsbescheinigung(1) im Einklang stehen.

(6) Der Schienenzugang zu eisenbahnbezogenen Diensten in den Terminals und Häfen gemäß den Absätzen 1, 2 und 3, die mehr als einen Endnutzer bedienen oder bedienen können, und die Bereitstellung dieser Dienste werden allen Eisenbahnunternehmen in nichtdiskriminierender und transparenter Weise gewährt, und die Anträge von Eisenbahnunternehmen können nur dann Beschränkungen unterliegen, wenn vertretbare Schienenalternativen unter Marktbedingungen bestehen.

(7) Unbeschadet der wettbewerbspolitischen Regelungen der Gemeinschaft und der Mitgliedstaaten und unbeschadet der hierfür zuständigen Einrichtungen überwacht die gemäß Artikel 30 der Richtlinie 2001/14/EG eingerichtete Regulierungsstelle oder eine andere Stelle, die über dasselbe Ausmaß an Unabhängigkeit verfügt, den Wettbewerb in den Schienenverkehrsdienstleistungsmärkten einschließlich des Eisenbahnspeditionsmarktes.

Diese Stelle wird gemäß Artikel 30 Absatz 1 der vorgenannten Richtlinie eingerichtet. Jeder Antragsteller oder interessierte Beteiligte kann Beschwerde bei dieser Stelle einlegen, wenn er glaubt, ungerecht behandelt, diskriminiert oder in anderer Weise geschädigt worden zu sein. Die Regulierungsstelle entscheidet auf der Grundlage der Beschwerde oder gegebenenfalls von sich aus ehestmöglich über geeignete Maßnahmen zur Beseitigung negativer Entwicklungen auf diesen Märkten. Damit die unerlässliche Möglichkeit einer gerichtlichen Nachprüfung und die notwendige Zusammenarbeit zwischen den einzelstaatlichen Kontrollstellen gewährleistet wird, finden in diesem Zusammenhang Artikel 30 Absatz 6 und Artikel 31 der vorgenannten Richtlinie Anwendung.

(8) Die Kommission legt dem Europäischen Parlament, dem Rat, dem Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss und dem Ausschuss der Regionen bis zum 1. Januar 2009 einen Bericht über die Durchführung dieser Richtlinie vor.

In diesem Bericht werden folgende Aspekte behandelt:

die Durchführung dieser Richtlinie in den Mitgliedstaaten, insbesondere ihre Auswirkungen auf die in Absatz 3a Unterabsatz 2 genannten Mitgliedstaaten, sowie die tatsächliche Funktionsweise der verschiedenen beteiligten Stellen;

die Marktentwicklungen, insbesondere internationale Verkehrstrends, Tätigkeiten und Marktanteile aller (einschließlich neuer) Marktteilnehmer.

(9) Die Kommission legt dem Europäischen Parlament, dem Rat, dem Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss und dem Ausschuss der Regionen bis zum 31. Dezember 2012 einen Bericht über die Umsetzung der Absätze 3a bis 3f vor.

Die Anwendung dieser Richtlinie wird auf der Grundlage eines Berichts bewertet, der von der Kommission zwei Jahre nach der Öffnung des Marktes für grenzüberschreitende Personenverkehrsdienste vorzulegen ist.

Dieser Bericht bewertet auch die Entwicklung des Marktes einschließlich des Stands der Vorbereitungen für die weitergehende Öffnung des Schienenverkehrsmarktes. In diesem Bericht analysiert die Kommission ebenfalls die verschiedenen Modelle für die Organisation dieses Marktes sowie die Auswirkungen dieser Richtlinie auf Verträge für öffentliche Dienstleistungen sowie deren Finanzierung. Dabei berücksichtigt die Kommission die Durchführung der Verordnung (EG) Nr. 1370/2007 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. Oktober 2007 über öffentliche Personenverkehrsdienste auf Schiene und Straße(2) sowie die immanenten Unterschiede zwischen den Mitgliedstaaten (Netzdichte, Passagierzahlen, durchschnittliche Reiseentfernung). Die Kommission schlägt in diesem Bericht gegebenenfalls ergänzende Maßnahmen vor, um eine solche Öffnung zu erleichtern und bewertet die Auswirkungen der Maßnahmen.

Fußnote(n):

(1)

ABl. L 75 vom 15.3.2001, S. 29. Geändert durch die Entscheidung 2002/844/EG der Kommission (ABl. L 289 vom 26.10.2002, S. 30).

(2)

ABl. L 315 vom 3.12.2007, S. 1.

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