Präambel RL 92/13/EWG
DER RAT DER EUROPÄISCHEN GEMEINSCHAFTEN —
gestützt auf den Vertrag zur Gründung der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft, insbesondere auf Artikel 100a,
auf Vorschlag der Kommission(1),
in Zusammenarbeit mit dem Europäischen Parlament(2),
nach Stellungnahme des Wirtschafts- und Sozialausschusses(3),
in Erwägung nachstehender Gründe:
In der Richtlinie 90/531/EWG des Rates vom 17. September 1990 betreffend die Auftragsvergabe durch Auftraggeber im Bereich Wasser-, Energie- und Verkehrsversorgung sowie im Telekommunikationssektor(4) werden Vorschriften für die Auftragsvergabe festgelegt, die gewährleisten sollen, daß potentielle Lieferanten und Unternehmen eine angemessene Chance zur Erlangung von Aufträgen erhalten; die Richtlinie enthält jedoch keine spezifischen Vorschriften, mit denen sich ihre tatsächliche Anwendung sicherstellen läßt.
Die auf einzelstaatlicher Ebene und auf Gemeinschaftsebene derzeit vorhandenen Mechanismen zur Durchsetzung dieser Regeln sind nicht immer ausreichend.
Der Umstand, daß keine wirksamen oder nur unzulängliche Nachprüfungsverfahren bestehen, könnte die Unternehmen der Gemeinschaft davon abhalten, Angebote abzugeben. Deshalb müssen die Mitgliedstaaten Abhilfe schaffen.
Die Richtlinie 89/665/EWG des Rates vom 21. Dezember 1989 zur Koordinierung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften für die Anwendung der Nachprüfungsverfahren im Rahmen der Vergabe öffentlicher Liefer- und Bauaufträge(5) bezieht sich nur auf die Vergabeverfahren im Bereich der Richtlinie 71/305/EWG des Rates vom 26. Juli 1971 über die Koordinierung der Verfahren zur Vergabe öffentlicher Bauaufträge(6), zuletzt geändert durch die Richtlinie 90/531/EWG, und der Richtlinie 77/62/EWG des Rates vom 21. Dezember 1976 über die Koordinierung der Verfahren zur Vergabe öffentlicher Lieferaufträge(7), zuletzt geändert durch die Richtlinie 90/531/EWG.
Die Öffnung des Auftragswesens in den genannten Sektoren für den gemeinschaftsweiten Wettbewerb erfordert Maßnahmen, damit den Lieferanten oder Unternehmen im Falle von Verstößen gegen das einschlägige Gemeinschaftsrecht oder die zur Umsetzung dieses Rechts erlassenen einzelstaatlichen Rechtsvorschriften angemessene Nachprüfungsverfahren zur Verfügung stehen.
Es ist notwendig, eine beträchtliche Verstärkung der Garantien im Bereich der Transparenz und der Nichtdiskriminierung vorzunehmen. Um eine spürbare Wirkung zu erzielen, müssen Möglichkeiten einer wirksamen und raschen Nachprüfung bestehen.
Die Besonderheiten einiger nationaler Rechtsordnungen müssen dadurch berücksichtigt werden, daß den Mitgliedstaaten für die den Nachprüfungsstellen zu übertragenden Befugnisse die Wahl zwischen mehreren Möglichkeiten eingeräumt wird, die gleiche Wirksamkeit haben.
Eine von diesen Wahlmöglichkeiten beinhaltet die Befugnis, in die Vergabeverfahren der Auftraggeber direkt einzugreifen, zum Beispiel durch die Aussetzung des Verfahrens oder die Aufhebung von Entscheidungen oder diskriminierenden Klauseln in Unterlagen oder Veröffentlichungen.
Die andere Wahlmöglichkeit sieht die Befugnis vor, auf die Auftraggeber indirekt einen wirksamen Druck auszuüben, um sie zu bewegen, Rechtsverstöße zu beseitigen oder zu unterlassen sowie Schäden vorzubeugen.
Schadenersatz muß unter allen Umständen geltend gemacht werden können.
Wird Schadenersatz für die Kosten der Vorbereitung eines Angebots oder für die Kosten der Teilnahme an einem Auftragsvergabeverfahren verlangt, so braucht die Schadenersatz fordernde Person, um die Erstattung dieser Kosten zu erlangen, nicht nachzuweisen, daß sie ohne den Rechtsverstoß den Zuschlag enthalten hätte.
Auftraggeber, die die Vorschriften über die Auftragsvergabe einhalten, sollten dies in angemessener Weise nach außen hin kundgeben können. Dies setzt eine Untersuchung der Beschaffungsverfahren und -praxis des Auftraggebers durch eine unabhängige Person voraus.
Zu diesem Zweck ist ein Bescheinigungsverfahren einzuführen, bei dem eine Erklärung über die ordnungsgemäße Anwendung der Vorschriften für die Auftragsvergabe im Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften veröffentlicht wird.
Die Auftraggeber sollten das Bescheinigungsverfahren in Anspruch nehmen können, falls sie dies wünschen. Die Mitgliedstaaten müssen ihnen die Möglichkeit dazu geben. Zu diesem Zweck können sie entweder selbst ein Verfahren einführen oder den Auftraggebern die Möglichkeit einräumen, auf das Bescheinigungsverfahren eines anderen Mitgliedstaats zurückzugreifen. Sie können die Durchführung der Prüfung Personen, Berufsgruppen oder Mitarbeitern von Institutionen übertragen.
Die bei der Einführung eines solchen Systems notwendige Flexibilität wird dadurch gewährleistet, daß in dieser Richtlinie die wesentlichen Anforderungen niedergelegt werden und die Einzelheiten der Durchführung in Europäischen Normen festgelegt werden, auf die diese Richtlinie Bezug nimmt.
Es kann sich für die Mitgliedstaaten als notwendig erweisen, im Vorgriff auf die in Europäischen Normen enthaltenen Regeln oder zusätzlich dazu Durchführungsvorschriften zu erlassen.
Falls die Unternehmen selbst kein Nachprüfungsverfahren anstrengen, können bestimmte Verstöße nur beseitigt werden, wenn ein eigenes System hierfür geschaffen wird.
Die Kommission muß daher, wenn ihres Erachtens in einem Verfahren zur Vergabe eines Auftrags ein klarer und eindeutiger Verstoß vorliegt, bei der zuständigen Stelle des Mitgliedstaats und dem Auftraggeber mit dem Ziel tätig werden können, daß der Verstoß umgehend behoben wird.
Es muß die Möglichkeit einer Schlichtung auf Gemeinschaftsebene geschaffen werden, um die gütliche Beilegung von Streitigkeiten zu ermöglichen.
Die Anwendung dieser Richtlinie sollte gleichzeitig mit der Anwendung der Richtlinie 90/531/EWG anhand von Angaben der Mitgliedstaaten über das Funktionieren der einzelstaatlichen Nachprüfungsverfahren überprüft werden.
Diese Richtlinie muß gleichzeitig mit der Richtlinie 90/531/EWG in Kraft gesetzt werden.
Dem Königreich Spanien, der Griechischen Republik und der Portugiesischen Republik werden zur Umsetzung dieser Richtlinie zusätzliche Fristen eingeräumt, wobei der jeweilige Beginn der Anwendung der Richtlinie 90/531/EWG in diesen Ländern berücksichtigt wird —
HAT FOLGENDE RICHTLINIE ERLASSEN:
Fußnote(n):
- (1)
ABl. Nr. C 216 vom 31. 8. 1990, S. 8, und
ABl. Nr. C 179 vom 10. 7. 1991, S. 18.
- (2)
ABl. Nr. C 106 vom 22. 4. 1991, S. 82, und
ABl. Nr. C 39 vom 17. 2. 1992.
- (3)
ABl. Nr. C 60 vom 8. 3. 1991, S. 16.
- (4)
ABl. Nr. L 297 vom 29. 10. 1990, S. 1.
- (5)
ABl. Nr. L 395 vom 30. 12. 1989, S. 33.
- (6)
ABl. Nr. L 185 vom 16. 8. 1971, S. 5.
- (7)
ABl. Nr. L 13 vom 15. 1. 1977, S. 1.
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