ANHANG RL 92/62/EWG

ANHANGE ZU DER RICHTLINIE 70/311/EWG

VERZEICHNIS DER ANHÄNGE

Anhang I: Begriffsbestimmungen, Antrag auf Erteilung der EWG-Typgenehmigung und Vorschriften Anhang II: Beschreibungsbogen Anhang III: Bremswirkung bei Fahrzeugen mit derselben Energiequelle für Lenkanlage und Bremsanlage Anhang IV: Zusätzliche Vorschriften für Fahrzeuge, die mit einer Hilfslenkanlage ausgerüstet sind Anhang V: Vorschriften für Anhänger, die mit einer rein hydraulischen Übertragungseinrichtung ausgerüstet sind Anhang VI: Typgenehmigungsbogen für einen Fahrzeugtyp

ANHANG I

BEGRIFFSBESTIMMUNGEN, ANTRAG AUF ERTEILUNG DER EWG-TYPGENEHMIGUNG UND VORSCHRIFTEN

1.
BEGRIFFSBESTIMMUNGEN

Im Sinne dieser Richtlinie bedeuten:

1.1. Typgenehmigung für das Fahrzeug, die Typgenehmigung für einen Fahrzeugtyp in bezug auf die Lenkanlage;

1.2. Fahrzeugtyp, Fahrzeuge, die sich hinsichtlich der vom Hersteller angegebenen Bezeichnung des Fahrzeugtyps und/oder seiner Varianten, die einen Einfluß auf seine Lenkung haben können, nicht voneinander unterscheiden;

1.3. Lenkanlage, die gesamte Einrichtung, mit der die Fahrtrichtung des Fahrzeugs bestimmt wird. Die Lenkanlage umfaßt:

die Betätigungseinrichtung,

die Übertragungseinrichtung,

die gelenkten Räder,

ggf. die Energieversorgungsanlage;

1.3.1. Betätigungseinrichtung, der Teil der Lenkanlage, mit dem die Lenkvorgänge gesteuert werden und der mit oder ohne direkten Eingriff des Fahrzeugführers bedient werden kann. Bei einer Lenkanlage, bei der die Lenkkräfte ganz oder teilweise durch die Muskelkraft des Fahrzeugführers aufgebracht werden, umfaßt die Betätigungseinrichtung alle Teile bis zu dem Punkt, wo die Betätigungskraft durch mechanische, hydraulische oder elektrische Mittel umgewandelt wird;

1.3.2. Übertragungseinrichtung, alle Teile der Lenkanlage, die zur Übertragung der Lenkkräfte von der Betätigungseinrichtung der Lenkanlage bis zu den gelenkten Rädern dienen; sie umfaßt alle Teile von dem Punkt an, wo die Betätigungskraft durch mechanische, hydraulische oder elektrische Mittel umgewandelt wird;

1.3.3. gelenkte Räder, die Räder, deren Laufrichtung, bezogen auf die Längsachse des Fahrzeugs, direkt oder indirekt verändert werden kann, um die Fahrtrichtung des Fahrzeugs zu bestimmen. (Dieser Begriff schließt die Achse ein, um die die gelenkten Räder geschwenkt werden, um die Fahrtrichtung des Fahrzeugs zu bestimmen);

1.3.4. Energieversorgungsanlage, die Teile der Lenkanlage, die sie mit Energie versorgen, den Energiefluß steuern und die Energie ggf. aufbereiten und speichern. Sie schließt außerdem Vorratsbehälter für das Arbeitsmedium und die Rückleitungen ein, nicht jedoch den Fahrzeugmotor (außer im Sinne von 4.1.3) noch den Antrieb zwischen ihm und der Energiequelle;

1.3.4.1. Energiequelle, der Teil der Energieversorgungsanlage, der die Energie in der nötigen Form liefert, z. B. hydraulische Pumpe oder Luftkompressor;
1.3.4.2. Energiespeicher, der Teil der Energieversorgungsanlage, in dem die von der Energiequelle gelieferte Energie gespeichert wird;
1.3.4.3. Vorratsbehälter, der Teil der Energieversorgungsanlage, in dem das Arbeitsmedium bei atmosphärischem Druck oder einem Druck, der diesem ungefähr entspricht, gespeichert wird;

1.4.
Lenkparameter

1.4.1. Betätigungskraft, die Kraft, die auf die Betätigungseinrichtung der Lenkanlage aufgebracht wird, um das Fahrzeug zu lenken;

1.4.2. Betätigungsdauer, der Zeitraum zwischen dem Beginn der Bewegung der Betätigungseinrichtung der Lenkanlage und dem Zeitpunkt, an dem die gelenkten Räder einen bestimmten Lenkeinschlag erreicht haben;

1.4.3. Lenkeinschlag, der Winkel zwischen der Projektion einer Längsachse des Fahrzeugs und der Schnittgeraden der Radebene (Mittelebene des Reifens, senkrecht zur Drehachse des Rades) und der Fahrbahnoberfläche;

1.4.4. Lenkkräfte, alle Kräfte, die in der Übertragungseinrichtung wirksam werden;

1.4.5. mittlere Lenkübersetzung, das Verhältnis zwischen der Winkelbewegung der Betätigungseinrichtung und dem mittleren Lenkeinschlag der gelenkten Räder von Anschlag zu Anschlag;

1.4.6. Wendekreis, der Kreis, in dem alle auf die Grundebene projizierten Punkte des Fahrzeugs — außer denen der Außenspiegel und der vorderen Fahrtrichtungsanzeiger liegen, wenn das Fahrzeug in einem Kreis fährt;

1.4.7. Nennradius der Betätigungseinrichtung, der kürzeste Abstand eines Lenkrades zwischen seinem Drehpunkt und dem äußersten Rand des Lenkradkranzes. Bei allen anderen Formen von Betätigungseinrichtungen ist dies der Abstand zwischen dem Drehpunkt und dem Punkt, an dem die Kraft auf die Betätigungseinrichtung der Lenkanlage aufgebracht wird. Sind mehrere solcher Punkte vorhanden, so gilt der Punkt, der den größten Kraftaufwand erfordert.

1.5.
Arten von Lenkanlagen

Nach der Art der Erzeugung der Lenkkräfte unterscheidet man die folgenden Arten von Lenkanlagen:

1.5.1.
Für Kraftfahrzeuge

1.5.1.1. Muskelkraft-Lenkanlage, bei der die Lenkkräfte ausschließlich durch die Muskelkraft des Fahrzeugführers erzeugt werden;
1.5.1.2. Hilfskraft-Lenkanlage, bei der die Lenkkräfte sowohl durch die Muskelkraft des Fahrzeugführers als auch von der (den) Energieversorgungsanlage(n) erzeugt werden;
1.5.1.2.1.
eine Lenkanlage, bei der die Lenkkräfte ausschließlich von einer oder mehreren Energieversorgungsanlagen versorgt werden, wenn die Anlage intakt ist, bei der jedoch im Störungsfall die Lenkkräfte allein durch die Muskelkraft des Fahrzeugführers erzeugt werden können (integrierte Kraftsysteme), gilt auch als Hilfskraft-Lenkanlage;
1.5.1.3. Fremdkraft-Lenkanlage, bei der die Lenkkräfte ausschließlich von einer oder mehreren Energieversorgungsanlage(n) erzeugt werden;
1.5.1.4. Reibungs-Lenkanlage, eine Anlage, mit der eine Veränderung des Lenkwinkels bei einem oder mehreren Rädern nur dann bewirkt wird, wenn Kräfte und/oder Momente auf die Reifenaufstandsfläche ausgeübt werden.

1.5.2.
Für Anhänger

1.5.2.1.
Reibungs-Lenkanlage
Siehe 1.5.1.4;
1.5.2.2. Zwangslenkanlage, bei der die Lenkkräfte durch Änderung der Fahrtrichtung des Zugfahrzeugs erzeugt werden und bei der der Einschlag der gelenkten Räder des Anhängers dem relativen Winkel zwischen der Längsachse des Zugfahrzeugs und der des Anhängers fest zugeordnet ist;
1.5.2.3. Selbstlenkanlage, bei der die Lenkkräfte durch eine Änderung der Fahrtrichtung des Zugfahrzeugs erzeugt werden und bei der der Einschlag der gelenkten Räder des Anhängers dem relativen Winkel zwischen der Längsachse des Anhängerrahmens oder einer an seiner Stelle vorhandenen Ladung und der Längsachse des Fahrschemels, an dem die Achse(n) befestigt ist (sind), fest zugeordnet ist.

1.5.3. Nach der Anordnung der gelenkten Räder unterscheidet man die folgenden Arten von Lenkanlagen:

1.5.3.1. Vorderrad-Lenkanlage, bei der ausschließlich die Räder der Vorderachse(n) gelenkt werden. Sie umfaßt alle Räder, die in dieselbe Richtung gelenkt werden;
1.5.3.2. Hinterrad-Lenkanlage, bei der ausschließlich die Räder der Hinterachse(n) gelenkt werden. Sie umfaßt alle Räder, die in dieselbe Richtung gelenkt werden;
1.5.3.3. Mehrrad-Lenkanlage, bei der die Räder an jeweils einer oder mehreren Vorder- und Hinterachsen gelenkt werden;
1.5.3.3.1.
Allrad-Lenkanlage, bei der alle Räder gelenkt werden;
1.5.3.3.2.
Knicklenkanlage, bei der die Relativbewegung der Fahrgestellteile zueinander unmittelbar durch die Lenkkräfte bewirkt wird;
1.5.3.4. Hilfs-Lenkanlage, bei der die Hinterräder der Fahrzeuge der Klassen M und N zusätzlich zu den Vorderrädern in die gleiche Richtung oder die entgegengesetzte Richtung der Vorderräder gelenkt werden und/oder der Lenkeinschlag der Vorder- und/oder der Hinterräder je nach dem Fahrzeugverhalten geändert werden kann.

1.6.
Arten von Übertragungseinrichtungen

Je nach Art der Lenkkraftübertragung werden folgende Arten von Übertragungseinrichtungen unterschieden:

1.6.1. rein mechanische Übertragungseinrichtung, bei der die Lenkkräfte vollständig durch mechanische Mittel übertragen werden;

1.6.2. rein hydraulische Übertragungseinrichtung, bei der die Lenkkräfte an irgendeinem Punkt der Übertragungseinrichtung nur durch hydraulische Mittel übertragen werden;

1.6.3. rein elektrische Übertragungseinrichtung, bei der die Lenkkräfte an irgendeinem Punkt der Übertragungseinrichtung nur durch elektrische Mittel übertragen werden;

1.6.4. kombinierte Übertragungseinrichtung, bei der ein Teil der Lenkkräfte durch rein mechanische Mittel übertragen wird und der andere Teil durch eines der vorgenannten anderen Mittel;

1.6.4.1. kombinierte mechanische Übertragungseinrichtung, bei der ein Teil der Lenkkräfte durch rein mechanische Mittel übertragen wird und der andere Teil durch folgende Mittel:
1.6.4.1.1.
hydraulische oder mechanisch/hydraulische,

oder

1.6.4.1.2.
elektrische oder mechanisch/elektrische,

oder

1.6.4.1.3.
pneumatische oder mechanisch/pneumatische;

dient der mechanische Teil der Übertragungseinrichtung lediglich zur Anzeige des Einschlagwinkels und ist er zur Übertragung der gesamten Lenkkräfte zu schwach, gilt dieses System je nach Fall als rein hydraulische, rein elektrische oder rein pneumatische Übertragungseinrichtung.

1.6.4.2. Sonstige kombinierte Übertragungseinrichtungen Alle sonstigen Kombinationen der obengenannten Übertragungseinrichtungen.

2.
ANTRAG AUF ERTEILUNG DER TYPGENEHMIGUNG

2.1. Der Antrag auf Erteilung der Typgenehmigung für einen Fahrzeugtyp in Bezug auf die Lenkanlage ist vom Fahrzeughersteller einzureichen.

2.2. Dem Antrag sind die für den in Anhang II enthaltenen Beschreibungsbogen erforderlichen Angaben beizufügen.

2.3. Ein Fahrzeug, das dem zu genehmigenden Fahrzeugtyp entspricht, ist dem technischen Dienst, der die Prüfungen für die Genehmigungen durchführt, zur Verfügung zu stellen.

3.
EWG-TYPGENEHMIGUNG

Die Behörde, die die EWG-Typgenehmigung erteilt, stellt eine Bescheinigung aus, die dem Muster in Anhang VI entspricht.

4.
BAUVORSCHRIFTEN

4.1.
Allgemeine Vorschriften

4.1.1. Die Lenkanlage muß ein einfaches sicheres Lenken des Fahrzeugs bis zu seiner bauartbedingten Höchstgeschwindigkeit bzw. eines Anhängers bis zu seiner technisch zulässigen Höchstgeschwindigkeit gewährleisten. Bei der Prüfung nach 5 muß eine Tendenz zur Rückstellung in die Mittellage vorhanden sein. Das Fahrzeug muß den Vorschriften in 5.2 für Kraftfahrzeuge und in 5.3 für Kraftfahrzeuganhänger genügen. Ist das Fahrzeug mit einer Hilfslenkanlage ausgerüstet, muß es auch den Vorschriften des Anhangs IV genügen. Anhänger, die mit einer rein hydraulischen Übertragungseinrichtung ausgerüstet sind, müssen außerdem den Vorschriften des Anhangs V genügen.

4.1.1.1. Das Fahrzeug muß mit der bauartbedingten Höchstgeschwindigkeit geradeausfahren können, ohne daß ungewöhnliche Lenkkorrekturen durch den Fahrzeugführer erforderlich sind und ohne daß übermäßige Vibrationen in der Lenkanlage auftreten.
4.1.1.2. Zwischen der Betätigungseinrichtung der Lenkanlage und den gelenkten Rädern muß Wegsynchronisation bestehen, mit Ausnahme der Räder, die durch eine Hilfslenkanlage gelenkt werden.
4.1.1.3. Zwischen der Betätigungseinrichtung der Lenkanlage und den gelenkten Rädern muß Zeitsynchronisation bestehen, mit Ausnahme der Räder, die durch eine Hilfslenkanlage gelenkt werden.

4.1.2. Die Lenkanlage muß so konstruiert, gebaut und eingebaut sein, daß sie den Beanspruchungen im normalen Betrieb des Fahrzeugs oder Zuges standhalten kann. Der größte Lenkeinschlag darf nicht durch ein Teil der Übertragungseinrichtung begrenzt werden, außer wenn dieses ausdrücklich so ausgelegt ist.

4.1.2.1. Wenn nichts anderes angegeben ist, wird davon ausgegangen, daß im Sinne dieser Richtlinie in der Lenkanlage nicht mehr als ein Fehler gleichzeitig auftreten kann und daß zwei Achsen auf einem Fahrschemel als eine Achse anzusehen sind.

4.1.3. Wenn der Motor aussetzt oder ein Teil der Lenkanlage außer den in 4.1.4 genannten Teilen ausfällt, muß die Lenkanlage weiterhin den Vorschriften in 5.2.6 für Kraftfahrzeuge und 5.3 für Anhänger entsprechen.

4.1.4. Im Sinne dieser Richtlinie gelten die gelenkten Räder, die Betätigungseinrichtung und alle mechanischen Teile der Übertragungseinrichtung als nicht störanfällig, wenn sie reichlich bemessen und für die Wartung leicht zugänglich sind und Sicherheitsmerkmale aufweisen, die den für andere Fahrzeugteile (z. B. Bremsen) vorgeschriebenen mindestens gleichwertig sind. Jedes Teil, bei dessen Versagen die Gewalt über das Fahrzeug verloren werden könnte, muß aus Metall oder einem Werkstoff mit gleichwertigen Eigenschaften hergestellt sein und darf sich während des normalen Betriebs der Lenkanlage nicht nennenswert verformen.

4.1.5. Jeder Fehler in einer Übertragungseinrichtung, die nicht rein mechanisch ist, muß dem Fahrzeugführer deutlich angezeigt werden; bei einem Kraftfahrzeug kann ein Anstieg der Betätigungskraft als Warnsignal angesehen werden, bei einem Anhänger ist eine mechanische Anzeigevorrichtung zulässig. Bei einem Fehler ist eine Veränderung der mittleren Lenkübersetzung zulässig, sofern die Werte der Betätigungskraft in 5.2.6 nicht überschritten werden.

4.1.6. Rein pneumatische, rein elektrische oder rein hydraulische Übertragungseinrichtungen und andere als die in 1.6.4.1 beschriebenen kombinierten Übertragungseinrichtungen sind so lange verboten, bis die Vorschriften dieser Richtlinie durch spezielle Vorschriften für diese Einrichtungen ergänzt wurden.

4.1.6.1. Dieses Verbot gilt nicht für:

eine Hilfslenkanlage mit rein elektrischer oder rein hydraulischer Übertragungseinrichtung in Fahrzeugen der Klassen M und N;

eine Lenkanlage mit rein hydraulischer Übertragungseinrichtung in Fahrzeugen der Klasse O.

4.2.
Besondere Vorschriften

4.2.1.
Betätigungseinrichtung der Lenkanlage

4.2.1.1. Wird die Betätigungseinrichtung der Lenkanlage direkt vom Fahrzeugführer bedient,
4.2.1.1.1.
muß sie leicht zu handhaben sein,
4.2.1.1.2.
muß die Bewegungsrichtung der Betätigungseinrichtung der Lenkanlage der beabsichtigten Fahrtrichtungsänderung des Fahrzeugs entsprechen,
4.2.1.1.3.
muß mit Ausnahme von Hilfslenkanlagen eine kontinuierliche, gleichbleibende Beziehung zwischen dem Lenkwinkel der Betätigungseinrichtung und dem Einschlagwinkel der Räder bestehen.

4.2.2.
Übertragungseinrichtung

4.2.2.1. Die Einstellvorrichtungen für die Lenkgeometrie müssen so beschaffen sein, daß nach der Einstellung eine formschlüssige Verbindung zwischen den einstellbaren Teilen durch geeignete Verriegelungsvorrichtungen hergestellt werden kann.
4.2.2.2. Die Übertragungseinrichtungen, die gelöst werden können, damit sie bei unterschiedlicher Konfiguration eines Fahrzeugs (z. B. bei ausziehbaren Sattelanhängern) verwendet werden können, müssen Verriegelungsvorrichtungen besitzen, die eine formschlüssige Positionierung der Teile sicherstellen. Erfolgt die Verriegelung automatisch, muß eine zusätzliche handbetätigte Sicherheitsverriegelung vorhanden sein.

4.2.3.
Gelenkte Räder

4.2.3.1. Gelenkte Räder dürfen nicht ausschließlich die Hinterräder sein. Diese Vorschrift gilt nicht für Sattelanhänger.
4.2.3.2. Anhänger (mit Ausnahme von Sattelanhängern) mit mehr als einer Achse mit gelenkten Rädern und Sattelanhänger mit mindestens einer Achse mit gelenkten Rädern müssen den Vorschriften in 5.3 entsprechen. Bei Anhängern mit Reibungslenkanlagen ist eine Prüfung nach 5.3 allerdings nicht erforderlich, wenn das Verhältnis der Achslasten von nicht gelenkten Achsen und reibungsgelenkten Achsen bei allen Beladungszuständen mindestens 1,6 beträgt.

4.2.4.
Energieversorgungsanlage

4.2.4.1. Zur Versorgung der Lenkanlage und der Bremsanlage darf dieselbe Energiequelle verwendet werden. Bei einem Ausfall der Energieversorgungsanlage, der Lenkanlage oder der Bremsanlage müssen jedoch folgende Bedingungen erfüllt werden:
4.2.4.1.1.
Die Lenkanlage muß den Vorschriften in 5.2.6 entsprechen;
4.2.4.1.2.
bei einem Ausfall der Energiequelle darf die Bremswirkung bei der ersten Bremsenbetätigung nicht geringer als die vorgeschriebene Wirkung der Betriebsbremse nach Anhang III sein(1);
4.2.4.1.3.
bei einem Ausfall der Energieversorgungsanlage muß die Bremswirkung den Vorschriften des Anhangs III(1) entsprechen;
4.2.4.1.4.
wenn die Flüssigkeit im Vorratsbehälter auf einen Stand sinkt, bei dem eine Erhöhung der Betätigungs- oder Bremskraft erforderlich werden kann, muß der Fahrzeugführer durch ein akustisches oder optisches Signal gewarnt werden. Für dieses Signal kann die Einrichtung benutzt werden, mit der auf einen Ausfall der Bremsanlage hingewiesen wird; das einwandfreie Funktionieren des Signals muß vom Fahrzeugführer leicht nachzuprüfen sein.
4.2.4.2. Zur Versorgung der Lenkanlage und anderer Anlagen außer der Bremsanlage darf dieselbe Energiequelle verwendet werden, sofern der Fahrzeugführer durch ein akustisches oder optisches Signal gewarnt wird, wenn die Flüssigkeit im Vorratsbehälter auf einen Stand sinkt, der eine Erhöhung der Betätigungskraft bewirkt; das einwandfreie Funktionieren des Signals muß vom Fahrzeugführer leicht nachzuprüfen sein.
4.2.4.3. Die Warneinrichtungen müssen ständig unmittelbar mit dem System verbunden sein. Wenn der Motor unter normalen Betriebsbedingungen läuft und die Lenkanlage nicht defekt ist, darf von der Warneinrichtung nur während der Zeit, die für das Aufladen des(der) Energiespeicher(s) nach dem Anlassen des Motors benötigt wird, ein Signal ausgehen.

5.
PRÜFVORSCHRIFTEN

5.1.
Allgemeine Vorschriften

5.1.1. Die Prüfungen sind auf einer ebenen, griffigen Oberfläche durchzuführen.

5.1.2. Bei der(den) Prüfungen) muß das Fahrzeug bis zu seinem technisch zulässigen Gesamtgewicht und seiner technisch zulässigen Achslast der gelenkten Achse(n) beladen sein. Im Fall von Achsen, die mit einer Hilfslenkanlage ausgerüstet sind, ist diese Prüfung zu wiederholen, wobei das Fahrzeug mit seiner technisch zulässigen Höchstmasse beladen ist und die Achse, die mit der Hilfslenkanlage ausgerüstet ist, mit der zulässigen Höchstlast beladen ist.

5.1.3. Vor der Prüfung muß der Luftdruck der Reifen bei stehendem Fahrzeug dem vom Hersteller für die Beladung nach 5.1.2 vorgeschriebenen Druck entsprechen.

5.2.
Vorschriften für Kraftfahrzeuge

5.2.1. Das Fahrzeug muß einen Kreis mit einem Radius von 50 Metern tangential ohne ungewöhnliche Vibration in der Lenkanlage mit der folgenden Geschwindigkeit verlassen können:

Fahrzeuge der Klasse M1, mit 50 km/h;

Fahrzeuge der Klassen M2, M3, N1, N2 und N3 mit 40 km/h oder der bauartbedingten Höchstgeschwindigkeit, wenn sie niedriger als die oben angegebenen Geschwindigkeiten ist.

5.2.2. Die Vorschriften in 4.1.1.1, 4.1.1.2 und 5.2.1 müssen auch bei einer Störung in der Lenkanlage noch erfüllt werden.

5.2.3. Wenn das Fahrzeug einen Kreis mit etwa halbem Radeinschlag bei gleichbleibender Geschwindigkeit von mindestens 10 km/h fährt, muß bei losgelassener Betätigungseinrichtung der Wendekreis gleich bleiben oder größer werden.

5.2.4. Bei der Messung der Betätigungskraft werden Kräfte, die weniger als 0,2 Sekunden einwirken, nicht berücksichtigt.

5.2.5.
Messung der Betätigungskraft bei Kraftfahrzeugen mit intakter Lenkanlage

5.2.5.1. Das Fahrzeug ist mit einer Geschwindigkeit von 10 km/h von der Geradeausfahrt in eine Spirale zu fahren. Die Betätigungskraft ist am Nennradius der Betätigungseinrichtung der Lenkanlage zu messen, bis die Stellung der Betätigungseinrichtung dem in der nachstehenden Tabelle für die jeweilige Fahrzeugkategorie mit intakter Lenkanlage angegebenen Wendekreisradius entspricht. Es ist jeweils ein Lenkeinschlag nach rechts und nach links auszuführen.
5.2.5.2. Die höchstzulässige Betätigungsdauer und die höchstzulässige Betätigungskraft bei einer intakten Lenkanlage sind in der nachstehenden Tabelle für jede Fahrzeugklasse angegeben.

5.2.6.
Messung der Betätigungskraft bei Kraftfahrzeugen mit einem Fehler in der Lenkanlage

5.2.6.1. Die Prüfung nach 5.2.5 ist mit einem Fehler in der Lenkanlage zu wiederholen. Die Betätigungskraft ist zu messen, bis die Stellung der Betätigungseinrichtung dem in der nachstehenden Tabelle für die jeweiligen Fahrzeugklasse mit einem Fehler in der Lenkanlage angegebenen Wendekreisradius entspricht.
5.2.6.2. Die höchstzulässige Betätigungsdauer und die höchstzulässige Betätigungskraft bei Kraftfahrzeugen mit einem Fehler in der Lenkanlage sind in der nachstehenden Tabelle angegeben.

Vorschriften für die Betätigungskraft

Fahrzeug- klasseIntakte AnlageGestörte Anlage
maximale Betä- tigungskraft (daN)Zeit (s)Wendekreis- radius (m)maximale Betä- tigungskraft (daN)Zeit (s)Wendekreis- radius (m)
M11541230420
M21541230420
M32041245620
N12041230420
N22541240420
N320412(2)45(3)620

5.3.
Vorschriften für Anhänger

5.3.1. Der Anhänger muß sich ohne übermäßiges Ausscheren oder ungewöhnliche Vibration in seiner Lenkanlage bewegen, wenn das Zugfahrzeug in gerader Linie auf einer ebenen horizontalen Straße mit einer Geschwindigkeit von 80 km/h oder mit der vom Hersteller des Anhängers angegebenen technisch zulässigen Höchstgeschwindigkeit — falls diese niedriger als 80 km/h ist — fährt.

5.3.2. Führen Zugfahrzeug und Anhänger eine konstante Kreisfahrt mit 5 km/h aus, wobei sich die vordere Außenkante des Zugfahrzeugs auf einem Kreis von 25 m nach 1.4.6 bewegt, so ist der von der hintersten Außenkante des Anhängers beschriebene Kreis zu messen. Diese Messung ist unter denselben Bedingungen, aber mit einer Geschwindigkeit von 25 km/h ± 1 km/h zu wiederholen. Hierbei darf die hinterste Außenkante des Anhängers bei einer Fahrgeschwindigkeit von 25 km/h ± 1 km/h über den von ihr bei 5 km/h beschriebenen Kreis um nicht mehr als 0,7 m herausragen.

5.3.3. Bei einer tangentialen Ausfahrt des Zugfahrzeugs mit einer Geschwindigkeit von 25 km/h aus dem Kreis mit einem Radius von 25 m nach 5.3.2 darf kein Teil des Anhängers um mehr als 0,5 m über die Tangente herausragen. Diese Bedingung muß vom Berührungspunkt der Tangente bis zu einem 40 m davon entfernten Punkt auf der Tangente erfüllt sein. Jenseits dieses Punktes muß der Anhänger die Bedingung nach 5.3.1 erfüllen.

5.3.4. Die Prüfungen nach 5.3.2 und 5.3.3 werden mit jeweils einem Lenkeinschlag nach links und nach rechts durchgeführt.

ANHANG II

ANHANG III

BREMSWIRKUNG BEI FAHRZEUGEN MIT DERSELBEN ENERGIEQUELLE FÜR LENKANLAGE UND BREMSANLAGE

1.
Bei einem Ausfall der Energiequelle muß bei der ersten Betätigung der Betriebsbremse eine Bremswirkung erreicht werden, die den in der nachstehenden Tabelle angegebenen Werten entspricht.

Klasse V (km/h) m/s2 K (daN)
M1 80 5,8 50
M2 und M3 60 5,0 70
N1 80 5,0 70
N2 und N3 60 5,0 70

2.
Bei einem Fehler in der Lenkanlage oder der Energieversorgungseinrichtung muß es nach acht Vollbetätigungen der Betriebsbremse möglich sein, bei der neunten Betätigung mindestens die für die Hilfsbremsanlage vorgeschriebene! Bremswirkung zu erreichen (siehe nachstehende Tabelle).

Falls die Hilfsbremsanlage, die mit gespeicherter Energie versorgt wird, mit Hilfe einer getrennten Betätigungseinrichtung bedient wird, muß es nach acht Vollbetätigungen der Betriebsbremse noch möglich sein, bei der neunten Betätigung die Restwirkung zu erreichen (siehe nachstehende Tabelle).

Bremswirkung der Hilfsbremsanlage und Restbremswirkung

Klasse Geschwindigkeit (km/h)

Hilfsbremsanlage

(m/s2)

Restbrems- wirkung

(m/s2)

M1 80 2,9 1,7
M2 60 2,5 1,5
M3 60 2,5 1,5
N1 70 2,2 1,3
N2 50 2,2 1,3
N3 40 2,2 1,3

3.
Die Prüfungen nach 1 und 2 sind mit beladenem oder leerem Fahrzeug durchzuführen, je nachdem, welche Bedingungen von dem mit den Prüfungen beauftragten technischen Dienst als die ungünstigsten eingestuft werden.

ANHANG IV

ZUSÄTZLICHE VORSCHRIFTEN FÜR FAHRZEUGE, DIE MIT EINER HILFSLENKANLAGE AUSGERÜSTET SIND

1.
ALLGEMEINE VORSCHRIFTEN

Durch diesen Anhang wird die Ausrüstung von Fahrzeugen mit einer Hilfslenkanlage nicht vorgeschrieben; sind Fahrzeuge jedoch damit ausgerüstet, müssen die folgenden Vorschriften eingehalten werden.

2.
BESONDERE VORSCHRIFTEN

2.1.
Übertragungseinrichtung

2.1.1.
Mechanische Übertragungseinrichtungen

Es gilt der Absatz 4.1.4 des Anhangs I dieser Richtlinie.

2.1.2.
Hydraulische Übertragungseinrichtungen

Hydraulische Übertragungseinrichtungen sind gegen eine Überschreitung des zulässigen höchsten Betriebsdrucks T zu schützen.

2.1.3.
Elektrische Übertragungseinrichtungen

Elektrische Übertragungseinrichtungen sind gegen eine zu hohe Energieversorgung zu schützen.

2.1.4.
Kombinierte Übertragungseinrichtungen

Eine Kombination von mechanischen, hydraulischen und elektrischen Übertragungseinrichtungen muß den Vorschriften von 2.1.1, 2.1.2 und 2.1.3 entsprechen.

2.2.
Vorschriften für die Prüfungen im Fall eines Fehlers

2.2.1. Das fehlerhafte Funktionieren oder der Ausfall eines Teils der Hilfslenkanlage (mit Ausnahme der Teile, die laut 4.1.4 des Anhangs I dieser Richtlinie als nicht störanfällig gelten) darf nicht zu einer plötzlichen erheblichen Veränderung des Fahrverhaltens führen, und die Vorschriften unter 5.2.1 bis 5.2.4 und 5.2.6 des Anhangs I dieser Richtlinie müssen weiter eingehalten werden. Ferner muß es möglich sein, das Fahrzeug ohne eine ungewöhnliche Lenkkorrektur in der Spur zu halten. Dies ist durch folgende Prüfungen festzustellen:
2.2.1.1.
Kreisfahrtprüfung

Das Fahrzeug ist mit einer Querbeschleunigung von 5 m/s2 und einer Prüfgeschwindigkeit von 80 km/h im Kreis zu fahren. Der Fehler muß dann eingeleitet werden, wenn die Prüfgeschwindigkeit erreicht ist. Die Prüfung ist sowohl im Uhrzeigersinn als auch in umgekehrter Richtung durchzuführen.

2.2.1.2.
Prüfung des Übergangsverhaltens

Bis zur Vereinbarung einheitlicher Prüfverfahren übermittelt der Fahrzeughersteller den technischen Diensten seine Prüfverfahren und -ergebnisse hinsichtlich des Übergangsverhaltens des Fahrzeugs im Fehlerfall.

2.3.
Warnsignale im Fehlerfall

2.3.1. Mit Ausnahme der Teile der Hilfslenkanlage, die laut 4.1.4 des Anhangs I dieser Richtlinie als nicht störanfällig gelten, sind die folgenden Störungen der Hilfslenkanlage dem Fahrzeugführer klar anzuzeigen:
2.3.1.1.
ein vollständiger Ausfall der elektrischen oder hydraulischen Betätigungseinrichtung der Hilfslenkanlage;
2.3.1.2.
ein Ausfall der Energieversorgung der Hilfslenkanlage;
2.3.1.3.
eine Unterbrechung des äußeren Stromkreises der elektrischen Betätigungseinrichtung, falls die Anlage mit einem solchen ausgerüstet ist.

2.4.
Elektromagnetische Störungen

2.4.1. Die Funktion der Hilfslenkanlage darf durch elektromagnetische Felder nicht beeinträchtigt werden. Bis zur Vereinbarung einheitlicher Prüfverfahren übermittelt der Fahrzeughersteller den technischen Diensten seine Prüfverfahren und -ergebnisse.

ANHANG V

VORSCHRIFTEN FÜR ANHÄNGER, DIE MIT EINER REIN HYDRAULISCHEN ÜBERTRAGUNGSEINRICHTUNG AUSGERÜSTET SIND

1.
ALLGEMEINE VORSCHRIFTEN

Fahrzeuge, die mit einer rein hydraulischen Übertragungseinrichtung ausgerüstet sind, müssen den Vorschriften dieses Anhangs genügen.

2.
BESONDERE VORSCHRIFTEN

2.1.
Eigenschaft der hydraulischen Leitungen und ihrer flexiblen Verbindungen

2.1.1.
Die rein hydraulischen Übertragungsleitungen müssen einem Druck standhalten, der mindestens 4mal so hoch ist wie der vom Hersteller festgelegte normale Höchstbetriebsdruck (T). Die flexiblen Verbindungen müssen folgenden ISO-Normen entsprechen: 1402 (1984), 6605 (1986) und 7751 (1983).

2.2.
Systeme, die von einer Energieversorgung abhängen

2.2.1.
Die Energieversorgung muß durch ein Druckbegrenzungsventil, das bei Erreichen des Drucks T anspricht, gegen Überdruck geschützt werden.

2.3.
Schutz der Übertragungseinrichtung

2.3.1.
Die Übertragungseinrichtung muß durch ein Druckbegrenzungsventil, das bei einem Druck zwischen 1,5 T und 2,2 T anspricht, geschützt werden.

2.4.
Spurtreue Zugfahrzeug/Anhänger

2.4.1.
Fährt das Zugfahrzeug eines Lastzuges geradeaus, muß der Anhänger in der Spur des Zugfahrzeugs bleiben.
2.4.2.
Zur Einhaltung der Bedingungen von 2.4.1 müssen Anhänger mit einer automatischen oder von Hand betätigten Einspurvorrichtung ausgerüstet sein.

2.5.
Manövrierbarkeit im Fall eines Fehlers in der Übertragungseinrichtung

2.5.1.
Bei Fahrzeugen, die mit einer rein hydraulischen Übertragungseinrichtung ausgerüstet sind, muß bei einem Fehler in der Übertragungseinrichtung die Lenkbarkeit erhalten bleiben. Die Fahrzeuge sind in diesem Zustand (mit Fehler) den Prüfungen zu unterziehen und müssen die Vorschriften von 5.3 des Anhangs I dieser Richtlinie erfüllen. Insbesondere sind die in 5.3.2 beschriebenen Prüfungen bei 5 km/h und 25 km/h nacheinander mit intakter und anschließend mit defekter Übertragungseinrichtung durchzuführen.

2.6.
Elektromagnetische Störungen

2.6.1.
Die Funktion der Lenkanlage darf durch elektromagnetische Felder nicht beeinträchtigt werden. Bis zur Vereinbarung einheitlicher Prüfverfahren übermittelt der Fahrzeughersteller den technischen Diensten seine Prüfverfahren und -ergebnisse.

ANHANG VI

Anlage

zu dem Typgenehmigungsbogen für einen Fahrzeugtyp Nr. … betreffend die Typgenehmigung für einen Fahrzeugtyp gemäß der Richtlinie 70/311/EWG, zuletzt geändert durch die Richtlinie …

Fußnote(n):

(1)

Die Anforderungen des Anhangs III können auch anhand der Richtlinie 71/320/EWG überprüft warden.

(2)

Oder Volleinschlag, falls dieser Wert nicht erreicht werden kann.

(3)

50 bei Fahrzeugen ohne Gelenk mit zwei oder mehreren gelenkten Achsen, außer reibungsgelenkten Achsen.

© Europäische Union 1998-2021

Tipp: Verwenden Sie die Pfeiltasten der Tastatur zur Navigation zwischen Normen.