ANHANG VIII RL 93/6/EWG

VERWENDUNG INTERNER MODELLE

1. Sofern die Voraussetzungen dieses Anhangs erfüllt sind, können die zuständigen Behörden einem Institut gestatten, anstelle der Verfahren der Anhänge I, III und VII oder in Verbindung mit diesen zur Berechnung seiner Eigenkapitalanforderung für das Positionsrisiko, das Fremdwährungsrisiko und/oder das Warenpositionsrisiko sein eigenes internes Risikomanagementmodell zu verwenden. In jedem einzelnen Fall ist die ausdrückliche Anerkennung der Verwendung eines solchen Modells zur Überwachung der Eigenkapitalanforderungen durch die zuständigen Behörden erforderlich.

2. Die Anerkennung erfolgt nur dann, wenn die zuständigen Behörden sich davon überzeugt haben, daß das Risikomanagementmodell des Instituts auf einem soliden Konzept beruht und korrekt angewandt wird und daß insbesondere folgende Qualitätsnormen eingehalten werden:
i)
Das interne Risikomeßmodell ist eng in das tägliche Risikomanagement des Instituts eingebunden und dient als Grundlage für die Meldung von Risikopositionen an die Geschäftsleitung des Instituts;
ii)
das Institut verfügt über eine vom Handelsbereich unabhängige Abteilung zur Risikosteuerung und -überwachung, die direkt der Geschäftsleitung unterstellt ist. Diese Abteilung muß für die Gestaltung und Anwendung des Risikomanagementsystems des Instituts verantwortlich sein. Sie erstellt und analysiert täglich Berichte über die Ergebnisse des Risikomeßmodells des Instituts und über die geeigneten Maßnahmen zur Begrenzung der Handelsgeschäfte;
iii)
der Vorstand und die Geschäftsleitung des Instituts sind aktiv an der Risikosteuerung und -überwachung beteiligt, und die Geschäftsleitungsebene, auf der die täglichen Berichte der Abteilung zur Risikosteuerung und -überwachung geprüft werden, muß über hinreichende Befugnisse verfügen, um sowohl die Reduzierung von Positionen einzelner Händler als auch die Senkung des von dem Institut eingegangenen Gesamtrisikos durchsetzen zu können;
iv)
das Institut verfügt über eine ausreichende Zahl von Mitarbeitern, die mit komplexen Modellen im Handelsbereich, bei der Risikosteuerung und -überwachung, der Revision und der Abwicklung umgehen können;
v)
das Institut verfügt über feststehende Verfahren zur Überwachung und Gewährleistung der Einhaltung schriftlich festgelegter interner Strategien und Kontrollen hinsichtlich der Funktionsweise des Risikomeßsystems insgesamt;
vi)
die Modelle des Instituts haben sich nachweislich durch Risikomessungen von akzeptabler Genauigkeit bewährt;
vii)
das Institut führt häufig ein systematisches Krisentestprogramm durch, dessen Ergebnisse von der Geschäftsleitung geprüft werden und ihren Niederschlag in den von ihr festgelegten Strategien und Begrenzungen finden;
viii)
das Institut muß als Teil seiner regelmäßigen internen Revision eine unabhängige Überprüfung seines Risikomeßsystems vornehmen. In diese Überprüfung sind sowohl die Tätigkeiten der Handelsabteilungen als auch die der unabhängigen Abteilung zur Risikosteuerung und -überwachung einzubeziehen. Mindestens einmal im Jahr muß das Institut eine Überprüfung seines gesamten Risikomanagementsystems vornehmen. In diese Überprüfung ist folgendes einzubeziehen:

die Angemessenheit der schriftlichen Unterlagen über das Risikomanagementsystem und seine Verfahren und über die Organisation der Abteilung zur Risikosteuerung und -überwachung;

die Einbindung der Messungen des Marktrisikos in das tägliche Risikomanagement und die Zuverlässigkeit des Management-Informationssystems;

die Genehmigungsverfahren des Instituts für die von den Mitarbeitern der Handels- und der Abwicklungsabteilungen verwendeten Preismodelle für Risiken und Bewertungssysteme;

die Bandbreite der von dem Risikomeßmodell erfaßten Marktrisiken und die Validierung etwaiger signifikanter Änderungen des Risikomeßverfahrens;

die Richtigkeit und Vollständigkeit der Daten betreffend die Positionen, die Richtigkeit und Angemessenheit der Volatilitäts- und Korrelationsannahmen und die Richtigkeit der Bewertungs- und Risikosensitivitätsberechnungen;

die Verifizierungsverfahren des Instituts zur Bewertung der Einheitlichkeit, der Zeitnähe und der Zuverlässigkeit sowie der Unabhängigkeit der in den internen Modellen verwendeten Datenquellen und

die Verifizierungsverfahren des Instituts zur Bewertung der Rückvergleiche, mit denen die Genauigkeit des Modells getestet wird.

3. Das Institut überwacht die Genauigkeit und Leistungsfähigkeit seines Modells mit Hilfe regelmäßiger Rückvergleiche. Bei diesen Rückvergleichen müssen für jeden Geschäftstag der für diesen Tag unter Zugrundelegung des institutseigenen Modells errechnete Wert des Risikopotentials der Tagesendpositionen des Portfolios und die Änderung des Portfoliowertes im Vergleich zum Tagesendwert des darauffolgenden Geschäftstages einander gegenübergestellt werden. Die zuständigen Behörden prüfen, ob ein Institut in der Lage ist, Rückvergleiche sowohl für tatsächliche als auch für hypothetische Änderungen des Portfoliowertes durchzuführen. Ein Rückvergleich für hypothetische Änderungen des Portfoliowerts beruht auf dem Vergleich zwischen dem Tagesendwert des Portfolios und seinem Wert am Ende des darauffolgenden Tages unter der Annahme unveränderter Tagesendpositionen. Die zuständigen Behörden schreiben vor, daß ein Institut geeignete Maßnahmen zur Verbesserung seiner Rückvergleiche zu ergreifen hat, wenn diese für unzureichend gehalten werden.

4. Die zuständigen Behörden können die Verwendung des internen Modells eines Instituts zur Berechnung der Eigenkapitalanforderung für das spezifische Risiko von gehandelten Schuldinstrumenten und Aktien anerkennen, wenn dieses neben den nachstehend in diesem Anhang genannten Voraussetzungen zusätzlich folgende Bedingungen erfüllt:

Es erklärt die Preisänderungen der Portfolio-Positionen im Zeitablauf;

es erfaßt Konzentrationen im Portfolio hinsichtlich der Größenordnung und der Änderungen der Portfolio-Zusammensetzung;

es funktioniert korrekt auch in ungünstigem Umfeld;

es wird durch Rückvergleiche überprüft, anhand deren beurteilt wird, ob das spezifische Risiko korrekt erfaßt wird. Wenn die zuständigen Behörden derartige Rückvergleiche auf der Grundlage aussagekräftiger Teil-Portfolios zulassen, so müssen diese Teil-Portfolios durchgängig in der gleichen Weise ausgewählt werden.

5. Für Institute, die interne Modelle verwenden, die nicht gemäß Nummer 4 anerkannt sind, wird eine besondere, nach Anhang I berechnete Eigenkapitalanforderung für das spezifische Risiko vorgeschrieben.

6. Für die Zwecke von Nummer 10 Ziffer ii) werden die Ergebnisse der eigenen Berechnungen des Instituts mit einem Faktor von mindestens 3 multipliziert.

7. Dieser Multiplikationsfaktor wird um einen Zuschlagsfaktor zwischen 0 und 1 gemäß der nachstehenden Tabelle erhöht, der sich nach der Zahl der Überschreitungen richtet, die sich aus den Rückvergleichen des Instituts für die unmittelbar vorausgegangenen 250 Geschäftstage ergeben haben. Die zuständigen Behörden schreiben vor, daß ein Institut bei der Berechnung der Überschreitungen durch Rückvergleiche durchgängig entweder die tatsächlichen oder die hypothetischen Änderungen des Portfoliowertes zugrunde legen muß. Eine Überschreitung liegt vor, wenn eine eintägige Änderung des Portfoliowertes den mit Hilfe des institutseigenen Modells errechneten Wert des Risikopotentials für denselben Eintageszeitraum überschreitet. Zur Ermittlung des Zuschlagsfaktors wird die Zahl der Überschreitungen zumindest einmal pro Quartal berechnet.
Zahl der ÜberschreitungenZuschlagsfaktor
weniger als 50,00
50,40
60,50
70,65
80,75
90,85
10 oder mehr1,00
Die zuständigen Behörden können in Einzelfällen und unter außergewöhnlichen Umständen davon absehen, den Multiplikationsfaktor um den Zuschlagsfaktor gemäß der vorstehenden Tabelle zu erhöhen, wenn das Institut den zuständigen Behörden nachweist, daß eine derartige Erhöhung nicht gerechtfertigt wäre und das Modell grundsätzlich solide ist. Legt eine große Zahl von Überschreitungen nahe, daß das Modell nicht ausreichend genau ist, so widerrufen die zuständigen Behörden die Anerkennung des Modells oder machen die unverzügliche Verbesserung des Modells durch geeignete Maßnahmen zur Auflage. Um die zuständigen Behörden in die Lage zu versetzen, die Angemessenheit des Zuschlagsfaktors laufend zu überwachen, teilen die Institute ihnen unverzüglich und in jedem Fall binnen fünf Arbeitstagen mit, wenn aufgrund ihrer Rückvergleiche Überschreitungen ausgewiesen werden, die gemäß der vorstehenden Tabelle einen höheren Zuschlagsfaktor nach sich ziehen würden.

8. Haben die zuständigen Behörden das interne Modell des Instituts gemäß Nummer 4 zur Berechnung der Eigenkapitalanforderung für das spezifische Risiko anerkannt, so erhöht das Institut seine gemäß den Nummern 6, 7 und 10 errechnete Eigenkapitalanforderung um einen Zuschlag, der entweder
i)
dem Anteil des spezifischen Risikos am Wert des Risikopotentials, der gemäß aufsichtsrechtlichen Leitlinien abzutrennen ist, oder — nach Wahl des Instituts —
ii)
dem Wert des Risikopotentials der Teil-Portfolios an Schuldinstrumenten und Aktien, die mit einem spezifischen Risiko behaftet sind,
entspricht. Institute, die von der Möglichkeit unter Ziffer ii) Gebrauch machen, müssen die Aufteilung in Teil-Portfolios vorab festlegen und dürfen diese ohne Zustimmung der zuständigen Behörden nicht ändern.

9. Die zuständigen Behörden können davon absehen, den Zuschlag zur Eigenkapitalunterlegung gemäß Nummer 8 vorzuschreiben, wenn das Institut nachweist, daß sein internes Modell auch das Ereignisrisiko und das Ausfallrisiko seiner Positionen in gehandelten Schuldinstrumenten und Aktien gemäß anerkannten internationalen Standards korrekt erfaßt.

10. Für das Institut gilt eine Eigenkapitalanforderung, die dem höheren der beiden nachstehenden Werte entspricht:
i)
Vortageswert des Risikopotentials, der gemäß den in diesem Anhang beschriebenen Parametern errechnet wurde,
ii)
Durchschnitt der in den vorausgegangenen 60 Geschäftstagen ermittelten Tageswerte des Risikopotentials, der mit dem unter Nummer 6 genannten Faktor, berichtigt um den Faktor gemäß Nummer 7, multipliziert wird.

11. Für die Berechnung des Risikopotentials gelten folgende Mindestanforderungen:
i)
zumindest tägliche Berechnung des Risikopotentials;
ii)
ein einseitiges Konfidenzniveau von 99 %;
iii)
eine Haltedauer von 10 Tagen;
iv)
ein tatsächlicher historischer Beobachtungszeitraum von mindestens einem Jahr, ausgenommen in den Fällen, in denen ein kürzerer Beobachtungszeitraum aufgrund einer erheblichen Zunahme der Preisvolatilität gerechtfertigt ist;
v)
vierteljährliche Aktualisierung der Datenreihen.

12. Die zuständigen Behörden schreiben vor, daß das Modell alle wesentlichen Kursrisiken von Optionen und optionsähnlichen Positionen genau erfaßt und daß für alle anderen Risiken, die von dem Modell nicht erfaßt werden, eine angemessene Eigenkapitalunterlegung besteht.

13. Die zuständigen Behörden schreiben vor, daß das Risikomeßmodell je nach dem Umfang der Tätigkeit des Instituts auf dem jeweiligen Markt eine ausreichende Zahl von Risikofaktoren erfaßt. Es sind zumindest die folgenden Voraussetzungen zu erfüllen:
i)
Beim Zinsrisiko muß das Risikomeßsystem Risikofaktoren für die Zinssätze in jeder Währung, in der das Institut zinsreagible bilanzwirksame und außerbilanzmäßige Positionen hält, enthalten. Das Institut hat die Zinsstrukturkurven nach einem allgemein anerkannten Verfahren zu berechnen. Bei großen, mit einem Zinsänderungsrisiko behafteten Risikopositionen in den wichtigsten Währungen und Märkten ist die Zinsstrukturkurve in mindestens sechs Laufzeitsegmente zu unterteilen, um der unterschiedlichen Volatilität der Zinssätze für die verschiedenen Laufzeiten Rechnung zu tragen. Das Risikomeßsystem muß ferner das Risiko nicht vollkommen korrelierter Entwicklungen der verschiedenen Zinsstrukturkurven erfassen;
ii)
beim Fremdwährungsrisiko muß das Risikomeßsystem Risikofaktoren für Gold und für die einzelnen Fremdwährungen, auf die die Positionen des Instituts lauten, enthalten;
iii)
beim Aktienpositionsrisiko muß das Risikomeßsystem mindestens für jeden Aktienmarkt, in dem das Institut Positionen in erheblichem Umfang hält, einen besonderen Risikofaktor enthalten;
iv)
beim Warenpositionsrisiko muß das Risikomeßsystem mindestens für jede Ware, in der das Institut Positionen in erheblichem Umfang hält, einen besonderen Risikofaktor enthalten. Das Risikomeßsystem muß daneben auch das Risiko unvollständig korrelierter Entwicklungen ähnlicher, aber nicht identischer Waren und das Risiko einer Änderung der Terminkurse aufgrund von Fristeninkongruenzen erfassen. Überdies ist den Markteigenheiten, insbesondere den Lieferterminen und den Möglichkeiten der Händler zum Glattstellen von Positionen, Rechnung zu tragen.

14. Die zuständigen Behörden können einem Institut gestatten, empirische Korrelationen innerhalb und zwischen den einzelnen Risikokategorien anzuwenden, wenn sie der Auffassung sind, daß das Korrelationsmeßsystem des Instituts solide ist und korrekt angewandt wird.

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