ANHANG RL 94/57/EG

MINDESTKRITERIEN FÜR DIE IN ARTIKEL 3 GENANNTEN ORGANISATIONEN

A.
ALLGEMEINE MINDESTKRITERIEN

1.
Die anerkannte Organisation muss weit reichende Erfahrungen mit der Beurteilung des Entwurfs und der Bauausführung von Handelsschiffen belegen können.
2.
Die Organisation muss eine Flotte von mindestens 1000 Seeschiffen (über 100 BRZ) mit zusammen mindestens 5 Millionen BRZ klassifiziert haben.
3.
Die Organisation muss eine der Zahl der klassifizierten Schiffe angemessene Zahl an technischen Mitarbeitern beschäftigen. Für eine Flotte in der unter Nummer 2 genannten Größenordnung sind 100 hauptamtliche Besichtiger erforderlich.
4.
Die Organisation muss ein umfassendes Vorschriftenwerk für den Entwurf, den Bau und die regelmäßige Besichtigung von Handelsschiffen haben, das veröffentlicht und mit Hilfe von Forschungs- und Entwicklungsprogrammen kontinuierlich weiterentwickelt und verbessert wird.
5.
Die Organisation muss ihre Schiffsregister jährlich veröffentlichen lassen oder in einer elektronischen Datenbank erfassen lassen, zu der die Öffentlichkeit Zugang hat.
6.
Die Organisation darf nicht von Schiffseignern oder Schiffsbauern oder anderen abhängig sein, die gewerblich Schiffe bauen, ausrüsten, instand halten oder betreiben. Die Organisation darf in Bezug auf ihre Einnahmen nicht entscheidend von einem einzigen Gewerbeunternehmen abhängig sein. Die anerkannte Organisation darf hoheitlich-relevante Tätigkeiten nicht wahrnehmen, wenn sie mit dem Schiffseigner oder -betreiber identisch ist oder geschäftliche, persönliche oder familiäre Verbindungen zu ihm hat. Diese Inkompatibilität muss auch für die von der anerkannten Organisation beauftragten Besichtiger gelten.
7.
Die Organisation muss gemäß den Bestimmungen des Anhangs der IMO-Entschließung A.789(19) über Spezifikationen für die Besichtigungs- und Zertifizierungsaufgaben der für die Verwaltung tätigen anerkannten Organisationen handeln, soweit im Sinne dieser Richtlinie anwendbar.

B.
BESONDERE MINDESTKRITERIEN

1.
Die Organisation verfügt über

a)
eine erhebliche Zahl von Mitarbeitern für technische, Leitungs-, Hilfs- und Forschungsaufgaben, die den Aufgaben und den klassifizierten Schiffen angemessen ist und darüber hinaus für die Weiterentwicklung der Fähigkeiten und die Pflege des Vorschriftenwerks sorgt;
b)
ein weltweites Netz von ausschließlich für sie tätigen technischen Mitarbeitern oder von technischen Mitarbeitern anderer anerkannter Organisationen.

2.
Die Organisation arbeitet nach standesrechtlichen Grundsätzen.
3.
Die Organisation wird so geleitet und verwaltet, daß die Vertraulichkeit der von der Verwaltung geforderten Auskünfte gewahrt bleibt.
4.
Die Organisation ist bereit, der Verwaltung, der Kommission und den interessierten Parteien sachdienliche Auskünfte zu erteilen.
5.
Die Leitung der Organisation hat ihre Politik, ihre Ziele und ihre Verpflichtungen bezüglich der Qualitätssicherung schriftlich niedergelegt und stellt sicher, dass diese Politik auf allen Ebenen der Organisation verstanden, umgesetzt und fortgeschrieben wird. Die Politik der Organisation muss sich an Zielvorgaben und Indikatoren für die Leistungsfähigkeit in den Bereichen Sicherheit und Verschmutzungsverhütung ausrichten.
6.
Die Organisation hat ein wirksames System für die interne Qualitätssicherung entwickelt und umgesetzt und schreibt dieses System fort; es stützt sich auf geeignete Teile international anerkannter Qualitätssicherungsnormen, steht mit den Normen EN 45004 (Überprüfungsstellen) und EN 29001 — in der Auslegung der IACS-Bestimmungen für die Regelung der Zertifizierung von Qualitätssicherungssystemen — im Einklang und stellt unter anderem sicher, dass

a)
das Vorschriftenwerk der Organisation systematisch erstellt und fortgeschrieben wird;
b)
das Vorschriftenwerk der Organisation befolgt wird und ein internes System zur Messung der Qualität der Dienste hinsichtlich dieses Vorschriftenwerks eingeführt wird;
c)
die Vorschriften für die hoheitlich-relevanten Tätigkeiten, zu deren Durchführung die Organisation zugelassen ist, eingehalten werden und ein internes System zur Messung der Qualität der Dienste hinsichtlich der Einhaltung der internationalen Übereinkommen eingeführt wird;
d)
die Zuständigkeiten, die Befugnisse und die Zusammenarbeit der einzelnen Mitarbeiter, deren Arbeit sich auf die Qualität der von der Organisation erbrachten Dienste auswirkt, schriftlich niedergelegt sind;
e)
alle Arbeiten unter kontrollierten Bedingungen ausgeführt werden;
f)
ein System zur Kontrolle der Tätigkeiten und der Arbeit von Besichtigern sowie technischen und Verwaltungsmitarbeitern, die unmittelbar von der Organisation beschäftigt werden, vorhanden ist;
g)
die hoheitlich-relevanten Tätigkeiten, zu deren Durchführung die Organisation zugelassen ist, ausschließlich von ihren hauptamtlichen Besichtigern oder von hauptamtlichen Besichtigern anderer anerkannter Organisationen durchgeführt werden; in jedem Fall müssen die hauptamtlichen Besichtiger über umfassende Kenntnisse des speziellen Schifftyps, auf dem sie hoheitlich-relevante Tätigkeiten wahrnehmen, soweit dies für die jeweils durchzuführende Besichtigung relevant ist, und der entsprechenden einschlägigen Vorschriften verfügen;
h)
die Besichtiger sich systematisch fortbilden und ihre Kenntnisse laufend auffrischen;
i)
das Erreichen der geforderten Standards auf den von den erbrachten Diensten abgedeckten Gebieten sowie das wirksame Funktionieren des Qualitätssicherungssystems anhand von Aufzeichnungen belegt wird;
j)
ein umfassendes System geplanter und belegter interner Prüfungen (Audits) der qualitätsrelevanten Arbeiten in allen Standorten der Organisation beibehalten wird;
k)
die im Rahmen des Harmonisierten Besichtigungs- und Zeugniserteilungssystems vorgeschriebenen hoheitlich-relevanten Besichtigungen und Überprüfungen, zu denen die Organisation zugelassen ist, im Einklang mit den Bestimmungen des Anhangs und der Anlage der IMO-Entschließung A.746(18) über Leitlinien für die Besichtigung im Rahmen des Harmonisierten Systems der Besichtigung und Zeugniserteilung durchgeführt werden;
l)
klare und unmittelbare Verantwortlichkeiten und Kontrollbefugnisse zwischen der Zentrale und den örtlichen Vertretungen der Gesellschaft sowie zwischen den anerkannten Organisationen und ihren Besichtigern festgelegt sind.

7.
Die Organisation muss ihre Fähigkeiten nachweisen,

a)
ein vollständiges und angemessenes eigenes Vorschriftenwerk zu Schiffskörpern, Maschinen und elektrischen Anlagen sowie Steuer-, Regel- und Überwachungseinrichtungen zu entwickeln und auf dem neuesten Stand zu halten, dessen Qualität international anerkannten technischen Normen entspricht, auf deren Grundlage die Zeugnisse im Rahmen des SOLAS-Übereinkommens und die Sicherheitszeugnisse für Fahrgastschiffe (hinsichtlich der Angemessenheit der Bauausführung und der wichtigsten Maschinenanlagen an Bord der Schiffe) sowie die Freibord-Zeugnisse (hinsichtlich der Angemessenheit der Schiffsfestigkeit) ausgestellt werden können;
b)
alle Überprüfungen und Besichtigungen durchzuführen, die gemäß den internationalen Übereinkommen für die Ausstellung von Zeugnissen vorgeschrieben sind, einschließlich der Mittel, die notwendig sind, um — durch Einsatz beruflich qualifizierten Personals und im Einklang mit dem Anhang der „IMO-Entschließung A.788(19) über Richtlinien für die Umsetzung des Internationalen Codes für die Organisation eines sicheren Schiffsbetriebs (ISM-Code) durch die Verwaltungen” — die Verwendung und die Instandhaltung der an Land und an Bord befindlichen Sicherheitssysteme, die Gegenstand der Zeugniserteilung sein sollen, zu beurteilen.

8.
Das Qualitätssicherungssystem der Organisation muß von einer unabhängigen Prüfstelle zertifiziert sein, die von der Verwaltung des Staates, in dem die Organisation niedergelassen ist, anerkannt sein muß.
9.
Die Organisation muss es Vertretern der Verwaltung und anderen Beteiligten gestatten, sich an der Entwicklung ihres Vorschriftenwerks zu beteiligen.

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