ANHANG I RL 95/28/EG

GELTUNGSBEREICH, BEGRIFFSBESTIMMUNGEN, ANTRAG AUF ERTEILUNG EINER EWG-TYPGENEHMIGUNG, ERTEILUNG DER EWG-TYPGENEHMIGUNG, VORSCHRIFTEN, ÄNDERUNGEN DES TYPS, ÜBEREINSTIMMUNG DER PRODUKTION, ANFORDERUNGEN FÜR DEN EINBAU IM FAHRZEUG

1.
Geltungsbereich

Diese Richtlinie gilt für das Brennverhalten (Entzündbarkeit, Brenngeschwindigkeit und Schmelzverhalten) von Werkstoffen für die Innenausstattung von Fahrzeugen der Klasse M3 mit mehr als 22 Insassen, die weder für Stehplätze ausgelegt noch für die Benutzung im städtischen Verkehr (Stadtbusse) bestimmt sind. Mitgliedstaaten, in denen vor dem in Artikel 3 Absatz 1 Unterabsatz 3 dieser Richtlinie genannten Zeitpunkt Rechtsvorschriften über das Brennverhalten von Werkstoffen für die Innenausstattung anderer Fahrzeugklassen als der vorstehend genannten gelten, können diese Rechtsvorschriften beibehalten, sofern sie die Typgenehmigung für andere Kraftfahrzeugklassen anerkennen, die den Bestimmungen dieser Richtlinie entsprechen.

2.
Begriffsbestimmungen

Im Sinne dieser Richtlinie bezeichnet der Ausdruck

2.1. „Typgenehmigung eines Fahrzeugs” die Genehmigung eines Fahrzeugtyps gemäß der Begriffsbestimmung in Abschnitt 2.2 hinsichtlich des Brennverhaltens der im Fahrgastraum verwendeten Bauteile der Innenausstattung;

2.2. „Fahrzeugtyp” Fahrzeuge, die sich in folgenden wesentlichen Punkten nicht unterscheiden:

2.2.1. im Fahrgastraum verwendete Einrichtungen, wie z. B. Werkstoffe, Sitze, Vorhänge, Trennwände usw.,

2.2.2. Masse der verwendeten Einrichtungen, soweit sie sich auf das in dieser Richtlinie vorgeschriebene Leistungsverhalten auswirken,

2.2.3. zusätzliche Vorrichtungen oder Ausrüstungsteile, soweit sie sich auf das in dieser Richtlinie vorgeschriebene Leistungsverhalten nicht nachteilig auswirken;

2.3. „Typgenehmigung eines Bauteils” die Genehmigung für Einrichtungen, wie z. B. Werkstoffe, Sitze, Vorhänge, Trennwände usw.;

2.4. „Bauteiltyp” Bauteile, die sich in folgenden wesentlichen Punkten nicht unterscheiden:

2.4.1. Grundwerkstoff(e) (z. B. Wolle, Kunststoff, Gummi, Mischwerkstoffe),

2.4.2. vorgesehene Verwendung (Sitzpolsterung, Dachhimmel usw.),

2.4.3. Typenbezeichnung des Herstellers,

2.4.4. Anzahl Schichten bei Verbundwerkstoffen,

2.4.5. sonstige Merkmale, soweit sie sich auf das in dieser Richtlinie vorgeschriebene Leistungsverhalten nennenswert auswirken;

2.5. „Fahrgastraum” den Raum für die Unterbringung der Insassen (einschließlich Bar, Küche, Toilette usw.), der abgegrenzt ist durch:

das Dach,

den Boden,

die Seitenwände,

die Türen,

die Außenverglasung,

die rückwärtige Trennwand des Innenraums oder die Ebene durch die rückwärtige Rückenlehnenstütze,

die senkrechte Querebene durch den R-Punkt des Fahrers gemäß Anhang III der Richtlinie 77/649/EWG auf der Fahrerseite der senkrechten Längsmittelebene des Fahrzeugs,

die vordere Trennwand auf der entgegengesetzten Seite der senkrechten Längsmittelebene des Fahrzeugs;

2.6. „Sitz” eine Konstruktion einschließlich Polsterung, die gegebenenfalls mit dem Fahrzeugaufbau eine Einheit bildet und einer erwachsenen Person Platz bietet. Der Ausdruck umfaßt sowohl einen Einzelsitz als auch den Teil einer Sitzbank, der einer erwachsenen Person Platz bietet;

2.7. „Sitzgruppe” entweder einen Sitz in Form einer Sitzbank oder getrennte Sitze, die nebeneinander angeordnet sind (d. h. die vordersten Verankerungen eines Sitzes befinden sich auf einer Linie mit den hintersten Verankerungen oder vor diesen und auf einer Linie mit den vordersten Verankerungen eines anderen Sitzes oder hinter diesen) und die einer oder mehreren erwachsenen Personen Platz bieten.

2.8. „Sitzbank” eine Konstruktion einschließlich Polsterung, die mehr als einer erwachsenen Person Platz bietet;

2.9. „Brenngeschwindigkeit” den Quotienten aus der nach Anhang IV und/oder Anhang VI dieser Richtlinie gemessenen Brennstrecke und der zum Zurücklegen dieser Strecke von der Flamme benötigten Zeit. Sie wird in Millimetern pro Minute ausgedrückt;

2.10. „Verbundwerkstoff” einen Werkstoff, der sich aus mehreren Schichten ähnlicher oder unterschiedlicher Materialien zusammensetzt, die an ihrer Oberfläche durch Kitten, Verkleben, Plattieren, Schweißen usw. eng miteinander verbunden sind. Sind unterschiedliche Materialien nicht kontinuierlich miteinander verbunden (z. B. durch Nähen, Hochfrequenzschweißen, Nieten), so werden sie nicht als Verbundwerkstoffe angesehen;

2.11. „Exponierte Seite” die Seite eines Werkstoffs, die nach dem Einbau des Werkstoffs in das Fahrzeug dem Fahrgastraum zugewandt ist;

2.12. „Polstermaterial” die Kombination aus innerer Polsterung und Bezugsmaterial, die zusammen das Polster des Sitzrahmens darstellen;

2.13. „Innenverkleidung(en)” Werkstoff(e), der/die (zusammen) die Oberflächenverkleidung und das Trägermaterial des Daches, der Wände oder des Fußbodens darstellt (darstellen).

3.
Antrag auf Erteilung einer EWG-Typgenehmigung für Fahrzeuge

3.1. Der Antrag auf Erteilung einer EWG-Typgenehmigung gemäß Artikel 3 Absatz 4 der Richtlinie 70/156/EWG für einen Fahrzeugtyp in bezug auf das Brennverhalten von Werkstoffen der Innenausstattung ist vom Hersteller des Fahrzeugs einzureichen.

3.2. Anhang II Anlage 1 enthält ein Muster des Beschreibungsbogens.

3.3. Dem technischen Dienst, der die Prüfungen für die Typgenehmigung durchführt, sind folgende Einzelteile bzw. Unterlagen vorzulegen:

3.3.1. im Fall von Bauteilen der Innenausstattung ohne EWG-Typgenehmigung: eine für den zu genehmigenden Typ repräsentative Probe der Bauteile, die in den Fahrzeugen verwendet werden sollen; die Anzahl der bereitzustellenden Proben ist in den Abschnitten 7.2, 7.3 und 7.4 angegeben;

3.3.2. im Fall von Bauteilen der Innenausstattung, für die bereits eine Typgenehmigung vorliegt: Diese Typgenehmigungen sind zusammen mit dem Antrag auf Erteilung der Typgenehmigung für das Fahrzeug einzureichen;

3.3.3. ein für den zu genehmigenden Typ repräsentatives Fahrzeug.

4.
Antrag auf Erteilung einer EWG-Typgenehmigung für Bauteile

4.1. Der Antrag auf Erteilung einer EWG-Typgenehmigung gemäß Artikel 3 Absatz 4 der Richtlinie 70/156/EWG für einen Bauteiltyp in bezug auf das Brennverhalten des verwendeten Werkstoffs ist vom Hersteller einzureichen.

4.2. Anhang II Anlage 2 enthält ein Muster des Beschreibungsbogens.

4.3. Dem technischen Dienst, der die Prüfungen für die Typgenehmigung durchführt, ist folgendes vorzulegen:

4.3.1. Proben in einer den Abschnitten 7.2, 7.3 und 7.4 entsprechenden Anzahl. Die Proben sind mit dem Handelsnamen oder der Handelsmarke des Herstellers und der Typenbezeichnung deutlich und dauerhaft zu kennzeichnen;

4.3.2. bei Einrichtungen, wie z. B. Sitzen, Vorhängen, Trennwänden usw., die in Abschnitt 4.3.1 angegebenen Proben und zusätzlich eine vollständige Einrichtung entsprechend den obigen Angaben.

5.
Erteilung der EWG-Typgenehmigung

5.1. Wenn die einschlägigen Anforderungen erfüllt sind, wird die EWG-Typgenehmigung gemäß Artikel 4 Absatz 3 und soweit zutreffend gemäß Artikel 4 Absatz 4 der Richtlinie 70/156/EWG erteilt.

5.2. Die folgenden Anhänge enthalten ein Muster des EWG-Typgenehmigungsbogens:

5.2.1. Anhang III Anlage 1 für Anträge gemäß Abschnitt 3.1;

5.2.2. Anhang III Anlage 2 für Anträge gemäß Abschnitt 4.1.

5.3. Jeder genehmigte Fahrzeugtyp und jeder genehmigte Bauteiltyp erhält eine Genehmigungsnummer gemäß Anhang VII der Richtlinie 70/156/EWG. Ein Mitgliedstaat darf dieselbe Nummer nicht für mehrere Fahrzeugtypen oder mehrere Bauteiltypen vergeben.

6.
Kennzeichnung

6.1. Jedes Bauteil, das einem nach dieser Richtlinie genehmigten Typ entspricht, muß ein EWG-Typgenehmigungszeichen tragen. Dieses Zeichen setzt sich wie folgt zusammen:

6.1.1. aus einem Rechteck, in dem der kleine Buchstabe „e” , gefolgt von der Kennummer oder den Kennbuchstaben des Mitgliedstaats, der die Typgenehmigung für das Bauteil erteilt hat, eingetragen ist:
1für Deutschland,
2für Frankreich,
3für Italien,
4für die Niederlande,
5für Schweden,
6für Belgien,
7für Ungarn,
8für die Tschechische Republik,
9für Spanien,
11für das Vereinigte Königreich,
12für Österreich,
13für Luxemburg,
17für Finnland,
18für Dänemark,
19für Rumänien
20für Polen,
21für Portugal,
23für Griechenland,
25für Kroatien,
26für Slowenien,
27für die Slowakei,
29für Estland,
32für Lettland,
34für Bulgarien
36für Litauen,
CYfür Zypern,
IRLfür Irland,
MTfür Malta.

6.1.2. In der Nähe des Rechtecks sind folgende Zeichen anzubringen:

6.1.2.1. die Nummer der Grundgenehmigung entsprechend Abschnitt 4 der Typgenehmigungsnummer gemäß Anhang VII der Richtlinie 70/156/EWG; dieser Nummer wird die zweistellige fortlaufende Nummer vorangestellt, die der letzten größeren technischen Änderung der Richtlinie …/…/EWG zu dem Zeitpunkt zugewiesen war, zu dem die EWG-Typgenehmigung für Bauteile erteilt wurde. Die vorliegende Richtlinie erhält die Nummer 00 (Grundrichtlinie);

6.1.2.2. Symbole zur Angabe der Richtung, für die die Brenngeschwindigkeit ermittelt wurde:

in horizontaler Richtung (Anhang IV),

in vertikaler Richtung (Anhang VI),

in horizontaler und vertikaler Richtung (Anhänge IV und VI);

6.1.2.3. Das Symbol gibt an, daß das Bauteil in bezug auf sein Schmelzverhalten genehmigt wurde (Anhang V). Das Symbol gibt an, daß das Bauteil als vollständige Einrichtung, z. B. als Sitz, Trennwand, Gepäcknetz usw., genehmigt wurde.

6.2. Wenn der Sitz als Bauteil genehmigt wurde oder wenn das Kissen und die Rückenlehne eines Sitzes oder einer Sitzbank mit demselben Material bezogen sind, muß das Zeichen auf dem Sitz oder der Sitzbank nur einmal angebracht werden.

6.3. Das Zeichen ist so auf dem Werkstoff anzubringen, daß es selbst nach dem Einbau des Werkstoffs in das Fahrzeug deutlich lesbar und dauerhaft ist.

6.4. Die Anlage enthält ein Muster des EWG-Typgenehmigungszeichens für Bauteile.

7.
Vorschriften

7.1. Die Werkstoffe der Innenausstattung, die im Fahrgastraum des zu genehmigenden Fahrzeugs verwendet werden, sind einer oder mehreren der in den Anhängen IV, V und VI genannten Prüfungen zu unterziehen.

7.2. Vom dem (den) folgenden Werkstoff(en) sind im Fall eines isotropen Werkstoffs 5 Proben oder im Fall eines nichtisotropen Werkstoffs 10 Proben (5 für jede Richtung) der in Anhang IV beschriebenen Prüfung zu unterziehen:

Werkstoffe für die Polsterung eines Sitzes und seiner Zubehörteile (einschließlich des Fahrersitzes);

Werkstoffe für die Innenverkleidung des Daches;

Werkstoffe für die Innenverkleidung der Seiten- und Rückwände, einschließlich der Trennwände;

Werkstoffe zur Wärme- und/oder Schalldämmung;

Werkstoffe für den Bodenbelag;

Werkstoffe für die Innenverkleidung von Gepäckablagen und für Heizungs- und Belüftungsrohre;

Werkstoffe für Beleuchtungskörper.

Ferner ist eine Probe dem technischen Dienst für künftige Referenzzwecke vorzulegen.

7.2.1. Das Prüfergebnis gilt als zufriedenstellend, wenn unter Berücksichtigung der schlechtesten Prüfergebnisse die horizontale Brenngeschwindigkeit 100 mm/min nicht übersteigt oder wenn die Flamme erlischt, bevor der letzte Meßpunkt erreicht ist.

7.3. Von dem (den) folgenden Werkstoff(en) sind 4 Proben — auf beiden Seiten, falls diese nicht identisch sind — der Prüfung nach Anhang V zu unterziehen:

Werkstoffe für die Innenverkleidung des Daches;

Werkstoffe für die Innenverkleidung der am Dach angebrachten Gepäckablagen und für die am Dach angebrachten Heizungs- und Belüftungsrohre;

Werkstoffe für die in den Gepäckablagen und/oder dem Dach angebrachten Leuchtkörper.

Ferner ist eine Probe dem technischen Dienst für künftige Referenzzwecke vorzulegen.

7.3.1. Das Ergebnis der Prüfung nach Anhang V gilt als zufriedenstellend, wenn sich unter Berücksichtigung der schlechtesten Prüfergebnisse kein Tropfen bildet, der die Watte entzündet.

7.4. Im Fall eines isotropen Werkstoffs sind 3 Proben und im Fall eines nichtisotropen Werkstoffs 6 Proben des für die Vorhänge und Jalousien (und/oder andere Behangwerkstoffe) verwendeten Werkstoffs der Prüfung nach Anhang VI zu unterziehen. Ferner ist eine Probe dem technischen Dienst für künftige Referenzzwecke vorzulegen.

7.4.1. Das Ergebnis der Prüfung nach Anhang VI gilt als zufriedenstellend, wenn unter Berücksichtigung der schlechtesten Prüfergebnisse die vertikale Brenngeschwindigkeit 100 mm/min nicht übersteigt.

7.5. Die folgenden Werkstoffe sind den in den Anhängen IV bis VI vorgesehenen Prüfungen nicht zu unterziehen:

7.5.1. aus Metall oder Glas hergestellte Teile;

7.5.2. Zubehörteile von Einzelsitzen, deren nichtmetallische Werkstoffe eine Masse von weniger als 200 g aufweisen. Übersteigt die Gesamtmasse dieser Zubehörteile 400 g an nichtmetallischen Werkstoffen pro Sitz, so muß jeder Werkstoff einer Prüfung unterzogen werden;

7.5.3. Teile, deren Oberfläche oder Volumen jeweils die folgenden Werte nicht überschreitet:

7.5.3.1. 100 cm2 oder 40 cm3 für Teile, die mit einem Einzelsitz verbunden sind;

7.5.3.2. 300 cm2 oder 120 cm3 pro Sitzreihe und als Höchstwert pro laufendem Meter im Innern des Fahrgastraums für Teile, die im Fahrzeug verteilt und nicht mit einem Einzelsitz verbunden sind;

7.5.4. elektrische Kabel;

7.5.5. Teile, bei denen eine Probe mit den in Anhang IV Abschnitt 3.1, Anhang V Abschnitt 3 und Anhang VI Abschnitt 3.1 vorgeschriebenen Abmessungen nicht entnommen werden kann.

8.
Änderung des Fahrzeugtyps und des Werkstofftyps und Änderungen der Typgenehmigungen

8.1. Im Fall von Änderungen eines nach dieser Richtlinie genehmigten Typs kommen die Bestimmungen des Artikels 5 der Richtlinie 70/156/EWG zur Anwendung.

9.
Übereinstimmung der Produktion

9.1. Zur Sicherstellung der Übereinstimmung der Produktion sind die Maßnahmen gemäß Artikel 10 der Richtlinie 70/156/EWG zu treffen.

10.
Anforderungen für den Einbau von Werkstoffen und Einrichtungen im Kraftfahrzeug und/oder in den als Bauteil genehmigten Einrichtungen

10.1. Die Werkstoffe und/oder Einrichtungen, die im Fahrgastraum verwendet werden und als Bauteile genehmigt sind, sind so einzubauen, daß das Risiko des Entstehens und der Ausbreitung von Flammen minimiert wird.

10.2. Diese Werkstoffe und/oder Einrichtungen für die Innenausstattung dürfen nur entsprechend ihrer Zweckbestimmung und in Abhängigkeit von den Prüfungen, denen sie — insbesondere in bezug auf ihr Brenn- und Schmelzverhalten (in horizontaler/vertikaler Richtung) — unterzogen worden sind (siehe Abschnitte 7.2, 7.3 und 7.4), eingebaut werden.

10.3. Eine Verschlechterung des Brennverhaltens der Werkstoffe durch Klebstoffe, die zur Befestigung der Werkstoffe der Innenausstattung an den sie tragenden Konstruktionen verwendet werden, ist nach Möglichkeit auszuschließen.

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