Präambel RL 96/61/EG

DER RAT DER EUROPÄISCHEN UNION —

gestützt auf den Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft, insbesondere auf Artikel 130s Absatz 1,

auf Vorschlag der Kommission(1),

nach Stellungnahme des Wirtschafts- und Sozialausschusses(2),

gemäß dem Verfahren des Artikels 189c des Vertrags(3),

in Erwägung nachstehender Gründe:

(1)
Die Ziele und Prinzipien der gemeinschaftlichen Umweltpolitik, so wie sie in Artikel 130r des Vertrags festgelegt sind, sind insbesondere auf die Vermeidung, Verminderung und, soweit wie möglich, auf die Beseitigung der Verschmutzung durch Maßnahmen, vorzugsweise an der Quelle selbst, sowie auf eine umsichtige Bewirtschaftung der Ressourcen an Rohstoffen gerichtet, wobei das Verursacher- und Vorsorgeprinzip gelten.
(2)
Im fünften Umweltaktionsprogramm, dessen allgemeines Konzept vom Rat und den im Rat vereinigten Vertretern der Regierungen der Mitgliedstaaten in ihrer Entschließung vom 1. Februar 1993(4) gebilligt wurde, wird der integrierten Verminderung der Umweltverschmutzung eine bedeutende Rolle bei der Herstellung eines dauerhaften und umweltgerechten Gleichgewichts zwischen menschlicher Tätigkeit und sozioökonomischer Entwicklung, den Ressourcen und der Regenerationsfähigkeit der Natur eingeräumt.
(3)
Die Durchführung des integrierten Konzepts zur Verminderung der Umweltverschmutzung erfordert Maßnahmen auf Gemeinschaftsebene, um die bestehenden Gemeinschaftsvorschriften auf dem Gebiet der Vermeidung und Verminderung der Umweltverschmutzung durch Industrieanlagen zu ändern und zu ergänzen.
(4)
Mit der Richtlinie 84/360/EWG des Rates vom 28. Juni 1984 zur Bekämpfung der Luftverunreinigung durch Industrieanlagen(5) wurde ein allgemeiner Rahmen eingeführt, dem zufolge vor der Inbetriebnahme oder einer wesentlichen Änderung einer Industrieanlage, die Luftverschmutzung verursachen kann, eine Genehmigung erforderlich ist.
(5)
Die Richtlinie 76/464/EWG des Rates vom 4. Mai 1976 betreffend die Verschmutzung infolge der Ableitung bestimmter gefährlicher Stoffe in die Gewässer der Gemeinschaft(6) unterwirft Einleitungen dieser Stoffe einer Genehmigungspflicht.
(6)
Während es Rechtsvorschriften der Gemeinschaft über die Bekämpfung der Luftverschmutzung und die Vermeidung oder größtmögliche Verminderung der Einleitung gefährlicher Stoffe in die Gewässer gibt, fehlte es an vergleichbaren Gemeinschaftsvorschriften zur Vermeidung oder Verminderung der Emissionen in den Boden.
(7)
Getrennte Konzepte, die lediglich der isolierten Verminderung der Emissionen in Luft, Wasser oder Boden dienen, können dazu führen, daß die Verschmutzung von einem Umweltmedium auf ein anderes verlagert wird, anstatt die Umwelt insgesamt zu schützen.
(8)
Das Ziel des integrierten Konzepts der Verminderung der Verschmutzung besteht darin, Emissionen in Luft, Wasser und Boden unter Einbeziehung der Abfallwirtschaft soweit wie möglich zu vermeiden und, wo dies nicht möglich ist, zu vermindern, um ein hohes Schutzniveau für die Umwelt insgesamt zu erreichen.
(9)
Diese Richtlinie legt einen allgemeinen Rahmen mit Grundsätzen zur integrierten Vermeidung und Verminderung der Umweltverschmutzung fest. Es sind die Maßnahmen vorgesehen, die für die integrierte Vermeidung und Verminderung der Umweltverschmutzung erforderlich sind, damit ein hohes Schutzniveau für die Umwelt insgesamt erreicht wird. Die Umsetzung des Grundsatzes der nachhaltigen und umweltgerechten Entwicklung wird durch ein integriertess Konzept zur Verminderung der Umweltverschmutzung gefördert.
(10)
Die Bestimmungen dieser Richtlinie gelten unbeschadet der Bestimmungen der Richtlinie 85/337/EWG des Rates vom 27. Juni 1985 über die Umweltverträglichkeitsprüfung bei bestimmten öffentlichen und privaten Projekten(7). Ergeben sich aus der Anwendung der letztgenannten Richtlinie bestimmte Angaben oder Ergebnisse und sind diese bei der Erteilung der Genehmigung zu berücksichtigen, so beeinträchtigt die vorliegende Richtlinie die Durchführung der genannten Richtlinie nicht.
(11)
Die Mitgliedstaaten treffen die erforderlichen Maßnahmen, die sicherstellen, daß der Betreiber den allgemeinen Prinzipien bestimmter Grundpflichten genügt. Im Hinblick darauf reicht es aus, daß die zuständigen Behörden diese allgemeinen Prinzipien bei der Festlegung der Genehmigungsauflagen berücksichtigen.
(12)
Die nach dieser Richtlinie getroffenen Maßnahmen müsen in den bestehenden Anlagen im Fall einiger dieser Maßnahmen nach einer bestimmten Frist, andernfalls mit Beginn der Anwendung dieser Richtlinie angewendet werden.
(13)
Der Betreiber einer Anlage soll Umwelterwägungen anstellen, um die Verschmutzungsprobleme effizienter und wirtschaftlicher angehen zu können. Diese Punkte sollen der zuständigen Behörde mitgeteilt werden, damit sich diese vor Erteilung einer Genehmigung vergewissern kann, ob alle geeigneten vorbeugenden oder der Verminderung der Verschmutzung dienenden Maßnahmen vorgesehen wurden. Dabei können starke Unterschiede zwischen den Genehmigungsverfahren zu einem unterschiedlichen Niveau des Umweltschutzes und der öffentlichen Bewußtseinsbildung führen. Die Anträge auf Genehmigung entsprechend dieser Richtlinie müssen deshalb ein Mindestmaß an Angaben umfassen.
(14)
Eine vollständige Koordinierung zwischen den zuständigen Behörden hinsichtlich der Genehmigungsverfahren und -auflagen wird dazu beitragen, das höchstmögliche Schutzniveau für die Umwelt insgesamt zu erreichen.
(15)
Die zuständige Behörde erteilt oder ändert nur dann eine Genehmigung, wenn integrierte Umweltschutzmaßnahmen in bezug auf Luft, Wasser und Boden vorgesehen worden sind.
(16)
Die Genehmigung umfaßt alle zur Erfüllung der Genehmigungsvoraussetzungen erforderlichen Maßnahmen, um so ein hohes Schutzniveau für die Umwelt insgesamt zu erreichen. Diese Maßnahmen können unbeschadet des Genehmigungsverfahrens auch Gegenstand allgemeiner bindender Vorschriften sein.
(17)
Emissionsgrenzwerte, äquivalente Parameter oder äquivalente technische Maßnahmen sind auf die besten verfügbaren Techniken zu stützen, ohne daß dabei die Anwendung einer bestimmten Technik oder Technologie vorgeschrieben würde; zu berücksichtigen sind die technische Beschaffenheit der betroffenen Anlage, ihr geographischer Standort sowie die örtlichen Umweltbedingungen. In allen Fällen sehen die Genehmigungsauflagen Bestimmungen zur weitestgehenden Verminderung der weiträumigen oder grenzüberschreitenden Umweltverschmutzung vor und gewährleisten ein hohes Schutzniveau für die Umwelt insgesamt.
(18)
Es ist Aufgabe der Mitgliedstaaten festzulegen, wie nötigenfalls die technische Beschaffenheit der betroffenen Anlage, ihr geographischer Standort sowie die örtlichen Umweltbedingungen berücksichtigt werden können.
(19)
Macht eine Umweltqualitätsnorm strengere Auflagen erforderlich, als sie mit der besten verfügbaren Technik erfüllbar sind, so sind insbesondere in der Genehmigung zusätzliche Auflagen enthalten, unbeschadet sonstiger Maßnahmen, die im Hinblick auf die Einhaltung der Umweltqualitätsnormen getroffen werden können.
(20)
Da sich auch die besten verfügbaren Techniken — insbesondere aufgrund des technischen Fortschritts — im Laufe der Zeit ändern, muß die zuständige Behörde solche Entwicklungen verfolgen oder darüber informiert sein.
(21)
Änderungen einer Anlage können ihrerseits zur Verschmutzung führen. Daher ist es notwendig, alle Änderungen, die Auswirkungen auf die Umwelt haben können, der zuständigen Behörde mitzuteilen. Eine wesentliche Änderung einer Anlage ist im Einklang mit dieser Richtlinie einem vorherigen Genehmigungsverfahren zu unterwerfen.
(22)
Die Genehmigungsauflagen müssen regelmäßig überprüft und gegebenenfalls aktualisiert werden. Unter bestimmten Bedingungen sind sie auf jeden Fall zu überprüfen.
(23)
Um die Öffentlichkeit über den Betrieb der Anlage und die möglichen Auswirkungen auf die Umwelt zu unterrichten und die Transparenz des Genehmigungsverfahrens überall in der Gemeinschaft zu gewährleisten, muß sie vor einer Entscheidung Zugang haben zu den Informationen über Genehmigungsanträge für neue Anlagen oder wesentliche Änderungen sowie zu den Genehmigungen selbst, deren Aktualisierungen und den damit verbundenen Überwachungsdaten.
(24)
Ein Verzeichnis der wichtigsten Emissionen und der dafür verantwortlichen Quellen kann als ein bedeutendes Instrument angesehen werden, das insbesondere einen Vergleich der verschmutzenden Tätigkeiten in der Gemeinschaft ermöglicht. Die Kommission erstellt dieses Verzeichnis mit Unterstützung eines Regelungsausschusses.
(25)
Die Entwicklung und der Austausch von Informationen auf Gemeinschaftsebene über die besten verfügbaren Techniken werden dazu beitragen, das Ungleichgewicht auf technologischer Ebene in der Gemeinschaft auszugleichen, die weltweite Verbreitung der in der Gemeinschaft festgesetzten Grenzwerte und der angewandten Techniken zu fördern und die Mitgliedstaaten bei der wirksamen Durchführung dieser Richtlinien zu unterstützen.
(26)
Es sind regelmäßig Berichte über die Durchführung und die Wirksamkeit dieser Richtlinie auszuarbeiten.
(27)
Diese Richtlinie erstreckt sich auf solche Anlagen, die ein großes Potential zur Umweltverschmutzung und damit auch zu grenzüberschreitender Verschmutzung haben. Eine grenzüberschreitende Konsultation findet daher statt, wenn Genehmigungsanträge für den Betrieb einer neuen Anlage oder für wesentliche Änderungen einer Anlage gestellt werden, welche erheblich nachteilige Umweltauswirkungen haben können. Die entsprechenden Genehmigungsanträge sollten der Öffentlichkeit des möglicherweise betroffenen Mitgliedstaats zugänglich sein.
(28)
Es kann festgestellt werden, daß für bestimmte Kategorien von Anlagen und Schadstoffen, die unter diese Richtlinie fallen, auf Gemeinschaftsebene Emissionsgrenzwerte festgelegt werden müssen. Im Einklang mit den Bestimmungen des Vertrags setzt der Rat diese Emissionsgrenzwerte fest.
(29)
Die Bestimmungen dieser Richtlinie gelten unbeschadet der Gemeinschaftsvorschriften über Sicherheit und Gesundheitsschutz am Arbeitsplatz —

HAT FOLGENDE RICHTLINIE ERLASSEN:

Fußnote(n):

(1)

ABl. Nr. C 311 vom 17. 11. 1993, S. 6 und ABl. Nr. C 165 vom 1. 7. 1995, S. 9.

(2)

ABl. Nr. C 195 vom 18. 7. 1995, S. 54.

(3)

Stellungnahme des Europäischen Parlaments vom 14. Dezember 1994 (ABl. Nr. C 18 vom 23. 1. 1995), gemeinsamer Standpunkt des Rates vom 27. November 1995 (ABl. Nr. C 87 vom 25. 3. 1996, S. 8) und Beschluß des Europäischen Parlaments vom 22. Mai 1996 (ABl. Nr. C 166 vom 10. 6. 1996).

(4)

ABl. Nr. C 138 vom 17. 5. 1993, S. 1.

(5)

ABl. Nr. L 188 vom 16. 7. 1984, S. 20. Richtlinie geändert durch die Richtlinie 91/692/EWG (ABl. Nr. L 377 vom 31. 12. 1991, S. 48).

(6)

ABl. Nr. L 129 vom 18. 5. 1976, S. 23. Richtlinie geändert durch die Richtlinie 91/692/EWG.

(7)

ABl. Nr. L 175 vom 5. 7. 1985, S. 40.

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