Präambel RL 98/18/EG

DER RAT DER EUROPÄISCHEN UNION —

gestützt auf den Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft, insbesondere auf Artikel 84 Absatz 2,

auf Vorschlag der Kommission(1),

nach Stellungnahme des Wirtschafts- und Sozialausschusses(2),

gemäß dem Verfahren des Artikels 189c des Vertrags(3),

in Erwägung nachstehender Gründe:

(1)
Im Rahmen der gemeinsamen Verkehrspolitik müssen weitere Maßnahmen ergriffen werden, um die Sicherheit des Seeverkehrs zu erhöhen.
(2)
Die Gemeinschaft ist ernstlich besorgt über die jüngsten Fährschiffunglücke, die eine Vielzahl von Menschenleben gefordert haben. Wer in der Gemeinschaft Fahrgastschiffe oder Fahrgast-Hochgeschwindigkeitsfahrzeuge benutzt, kann mit Recht einen angemessenen Sicherheitsstandard an Bord erwarten und muß sich auf ihn verlassen können.
(3)
Die Arbeitsausrüstungen und die persönlichen Schutzausrüstungen der Beschäftigten fallen nicht unter diese Richtlinie, da die Richtlinie 89/391/EWG des Rates vom 12. Juni 1989 über die Durchführung von Maßnahmen zur Verbesserung der Sicherheit und des Gesundheitsschutzes der Arbeitnehmer bei der Arbeit(4) und die jeweiligen Bestimmungen ihrer einschlägigen Einzelrichtlinien auch für die Verwendung von Arbeitsausrüstungen und persönlichen Schutzausrüstungen durch Arbeitnehmer bei ihrer Arbeit auf Fahrgastschiffen in der Inlandfahrt gelten.
(4)
Die Fahrgastbeförderung im Seeverkehr zwischen Mitgliedstaaten ist bereits durch die Verordnung (EWG) Nr. 4055/86 des Rates(5) liberalisiert worden. Die Anwendung des Grundsatzes des freien Dienstleistungsverkehrs auf den Seeverkehr in den Mitgliedstaaten (Seekabotage) gemäß der Verordnung (EWG) Nr. 3577/92(6) soll in der ganzen Gemeinschaft innerhalb der nächsten Jahre abgeschlossen werden.
(5)
Für die Erzielung eines hohen Sicherheitsniveaus und den Abbau von Handelshemmnissen ist es erforderlich, für Fahrgastschiffe und -fahrzeuge im Inlandverkehr geeignete harmonisierte Sicherheitsnormen festzulegen. Normen für die im Auslandverkehr eingesetzten Fahrzeuge werden im Rahmen der Internationalen Seeschiffahrtsorganisation (IMO) entwickelt. Diese Richtlinie sieht die Einführung von Verfahren vor, mit denen Maßnahmen der IMO zur Angleichung der Normen für den internationalen Verkehr an die Normen dieser Richtlinie beantragt werden.
(6)
Wie von der Kommission in ihrer Mitteilung vom 24. Februar 1993 „Für eine gemeinsame Politik im Bereich der Sicherheit im Seeverkehr” angeregt, wurde dieses Organ vom Rat mit seiner Entschließung vom 8. Juni 1993 über eine gemeinsame Politik im Bereich der Sicherheit im Seeverkehr(7) und vom Europäischen Parlament unter anderem in dessen Entschließung vom 27. Oktober 1994 zur Sicherheit auf See(8) nachdrücklich aufgefordert, so bald wie möglich förmliche Vorschläge für Sicherheitsvorschriften für in der Inlandfahrt eingesetzte Fahrgastschiffe vorzulegen.
(7)
Insbesondere im Hinblick auf die Binnenmarktdimension der Fahrgastbeförderung im Seeverkehr ist eine Maßnahme auf Gemeinschaftsebene der einzige Weg, um in der ganzen Gemeinschaft für einen gemeinsamen Sicherheitsstandard bei Schiffen zu sorgen.
(8)
Unter Berücksichtigung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit stellt eine Richtlinie des Rates das geeignete Rechtsinstrument dar, da sie einen Rahmen für eine einheitliche und bindende Anwendung der Sicherheitsnormen durch die Mitgliedstaaten bildet, gleichzeitig aber jedem einzelnen Mitgliedstaat die Entscheidung darüber überlassen wird, welche Form der Umsetzung seiner innerstaatlichen Rechtsordnung am besten entspricht.
(9)
Zur Erhöhung der Sicherheit und zur Vermeidung von Wettbewerbsverzerrungen sollten die gemeinsamen Sicherheitsanforderungen für die in der Gemeinschaft in der Inlandfahrt eingesetzten Fahrgastschiffe und Fahrgast-Hochgeschwindigkeitsfahrzeuge unabhängig davon gelten, welche Flagge sie führen. Für einige Kategorien von Schiffen, für die eine Anwendung der Bestimmungen dieser Richtlinie technisch unangemessen oder unter wirtschaftlichen Aspekten untragbar wäre, ist jedoch eine Ausnahmeregelung erforderlich.
(10)
Fahrgastschiffe sollten entsprechend der Reichweite des Einsatzgebietes und den dort herrschenden Bedingungen in verschiedene Klassen eingeteilt werden. Fahrgast-Hochgeschwindigkeitsfahrzeuge sollten entsprechend dem Code für Hochgeschwindigkeitsfahrzeuge der IMO eingeteilt werden.
(11)
Hauptgrundlage für die Sicherheitsnormen sollten das Übereinkommen zum Schutz des menschlichen Lebens auf See von 1974 in seiner geänderten Fassung, das unter anderem international vereinbarte Normen für in der Auslandfahrt eingesetzte Fahrgastschiffe und Fahrgast-Hochgeschwindigkeitsfahrzeuge enthält, sowie die dazugehörigen Entschließungen der IMO und sonstige Regelungen zur Ergänzung und Auslegung dieses Übereinkommens sein.
(12)
Die einzelnen Klassen neuer und vorhandener Fahrgastschiffe erfordern in Anbetracht der besonderen Bedürfnisse und Beschränkungen dieser verschiedenen Klassen ein unterschiedliches Konzept bei der Festlegung von Sicherheitsanforderungen, die den gleichen Sicherheitsstandard gewährleisten sollen. Bei den zu erfüllenden Sicherheitsanforderungen sollte unterschieden werden zwischen neuen und vorhandenen Schiffen, da die Ausdehnung der Vorschriften für neue Schiffe auf vorhandene Schiffe so umfangreiche Änderungen struktureller Art nach sich ziehen würde, daß diese Schiffe betriebswirtschaftlich nicht mehr rentabel wären.
(13)
Die finanziellen und technischen Auswirkungen der Anpassung vorhandener Schiffe an die in der Richtlinie vorgesehenen Normen rechtfertigen gewisse Übergangszeiten. In Anbetracht der sehr großen Zahl von Inseln in Griechenland, der Notwendigkeit, eine regelmäßige Verbindung auf dem Seeweg zwischen ihnen zu gewährleisten, und der schwerwiegenden Auswirkungen, die eine unmittelbare Anwendung umfassender Modernisierungsanforderungen auf vorhandene Schiffe, die am 1. Oktober 2000 älter als 27 Jahre sind, auf diese Verkehrsdienstleistungen und die damit verbundenen Arbeitsplätze hätte, sollte für solche Schiffe, die ausschließlich zwischen griechischen Häfen verkehren, eine Ausnahmeregelung in bezug auf diese Anforderungen gelten; der Betrieb dieser Schiffe ist auf allen Inlandfahrten in der Gemeinschaft spätestens zu dem Zeitpunkt einzustellen, zu dem sie 35 Jahre alt werden.
(14)
In Anbetracht der wesentlichen Unterschiede in der Planung, Konstruktion und Verwendung von Fahrgast-Hochgeschwindigkeitsfahrzeugen im Vergleich zu herkömmlichen Fahrgastschiffen sollten für diese Fahrzeuge besondere Vorschriften gelten.
(15)
An Bord befindliche Schiffsausrüstungen, die der Richtlinie 96/98/EG des Rates vom 20. Dezember 1996 über Schiffsausrüstung(9) entsprechen, sollten keinen zusätzlichen Prüfungen unterzogen werden, wenn sie an Bord eines Fahrgastschiffes eingebaut sind, da diese Ausrüstungen bereits den Normen und Verfahren der genannten Richtlinie unterliegen.
(16)
Die Mitgliedstaaten sollten mit dem Ziel, die uneingeschränkte Anwendung dieser Richtlinie zu gewährleisten, ein System von Sanktionen für Verstöße gegen die aufgrund dieser Richtlinie angenommenen einzelstaatlichen Bestimmungen festlegen; aufgrund der Richtlinie 95/21/EG des Rates vom 19. Juni 1995 zur Durchsetzung internationaler Normen für die Schiffssicherheit, die Verhütung von Verschmutzung und die Lebens- und Arbeitsbedingungen an Bord von Schiffen, die Gemeinschaftshäfen anlaufen und in Hoheitsgewässern der Mitgliedstaaten fahren (Hafenstaatkontrolle)(10), können sie die Übereinstimmung mit den Bestimmungen dieser Richtlinie überprüfen.
(17)
Vorbehaltlich einer Kontrolle im Rahmen des Ausschußverfahrens können die Mitgliedstaaten durch die örtlichen Umstände gerechtfertigte zusätzliche Sicherheitsanforderungen festlegen, die Anwendung gleichwertiger Normen gestatten, für bestimmte Fahrbedingungen Befreiungen von den Bestimmungen dieser Richtlinie annehmen und Sicherheitsmaßnahmen für außergewöhnlich gefährliche Situationen beschließen.
(18)
Ein Ausschuß, der sich aus Vertretern der Mitgliedstaaten zusammensetzt, muß die Kommission, wenn nötig, bei der wirksamen Anwendung dieser Richtlinie unterstützen. Diese Aufgabe kann der Ausschuß übernehmen, der nach Artikel 12 der Richtlinie 93/75/EWG des Rates vom 13. September 1993 über Mindestanforderungen an Schiffe, die Seehäfen der Gemeinschaft anlaufen oder aus ihnen auslaufen und gefährliche oder umweltschädliche Güter befördern(11), eingesetzt worden ist.
(19)
Bestimmte Vorschriften dieser Richtlinie sowie Anhang I können von diesem Ausschuß angepaßt werden, damit die Entwicklungen auf internationaler Ebene, insbesondere die Änderungen internationaler Übereinkünfte, berücksichtigt werden.
(20)
Zur Kontrolle der wirksamen Umsetzung und Durchsetzung dieser Richtlinie müssen bei neuen und vorhandenen Fahrgastschiffen und -fahrzeugen Besichtigungen durchgeführt werden. Die Konformität mit dieser Richtlinie muß von der Verwaltung des Flaggenstaates oder in ihrem Namen bescheinigt werden —

HAT FOLGENDE RICHTLINIE ERLASSEN:

Fußnote(n):

(1)

ABl. C 238 vom 16.8.1996, S. 1.

(2)

ABl. C 212 vom 22.7.1996, S. 21.

(3)

Stellungnahme des Europäischen Parlaments vom 5. September 1996 (ABl. C 277 vom 23.9.1996, S. 19), gemeinsamer Standpunkt des Rates vom 17. Juni 1997 (ABl. C 293 vom 26.9.1997, S. 1) und Beschluß des Europäischen Parlaments vom 6. November 1997 (ABl. C 358 vom 24.11.1997, S. 27).

(4)

ABl. L 183 vom 29.6.1989, S. 1.

(5)

ABl. L 378 vom 31.12.1986, S. 1.

(6)

ABl. L 364 vom 12.12.1992, S. 7.

(7)

ABl. C 271 vom 7.10.1993, S. 1.

(8)

ABl. C 323 vom 21.11.1994, S. 176.

(9)

ABl. L 46 vom 17.2.1997, S. 25.

(10)

ABl. L 157 vom 7.7.1995, S. 1.

(11)

ABl. L 247 vom 5.10.1993, S. 19.

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