Präambel RL 98/34/EG
DAS EUROPÄISCHE PARLAMENT UND DER RAT DER EUROPÄISCHEN UNION —
gestützt auf den Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft, insbesondere auf die Artikel 100a, 213 und 43,
auf Vorschlag der Kommission(1),
nach Stellungnahme des Wirtschafts- und Sozialausschusses(2),
gemäß dem Verfahren des Artikels 189b des Vertrags(3),
in Erwägung nachstehender Gründe:
- (1)
- Die Richtlinie 89/189/EWG des Rates vom 28. März 1983 über ein Informationsverfahren auf dem Gebiet der Normen und technischen Vorschriften(4) ist mehrfach in wesentlichen Punkten geändert worden. Aus Gründen der Übersichtlichkeit und Klarheit empfiehlt es sich, die genannte Richtlinie zu kodifizieren.
- (2)
- Der Binnenmarkt umfaßt einen Raum ohne Binnengrenzen, in dem der freie Verkehr von Waren, Personen, Dienstleistungen und Kapital gewährleistet ist. Folglich ist das Verbot mengenmäßiger Beschränkungen im Warenaustausch sowie von Maßnahmen mit gleicher Wirkung wie solche mengenmäßigen Beschränkungen eine der Grundlagen der Gemeinschaft.
- (3)
- Im Hinblick auf das reibungslose Funktionieren des Binnenmarktes ist es angebracht, bei den nationalen Maßnahmen zur Erstellung von Normen oder technischen Vorschriften die größtmögliche Transparenz zu gewährleisten.
- (4)
- Handelsbeschränkungen aufgrund technischer Vorschriften für Erzeugnisse sind nur zulässig, wenn sie notwendig sind, um zwingenden Erfordernissen zu genügen und wenn sie einem Ziel allgemeinen Interesses dienen, für das sie eine wesentliche Garantie darstellen.
- (5)
- Es ist unerläßlich, daß die Kommission schon vor dem Erlaß technischer Vorschriften über die erforderlichen Informationen verfügt. Die Mitgliedstaaten sind nach Artikel 5 des Vertrags gehalten, der Kommission die Erfüllung ihrer Aufgabe zu erleichtern; sie sind deshalb verpflichtet, der Kommission von ihren Entwürfen auf dem Gebiet der technischen Vorschriften Mitteilung zu machen.
- (6)
- Desgleichen müssen alle Mitgliedstaaten über die von einem von ihnen geplanten technischen Vorschriften unterrichtet sein.
- (7)
- Durch den Binnenmarkt soll den Unternehmen ein besseres Umfeld für die Wettbewerbsfähigkeit gewährleistet werden; eine bessere Nutzung der Vorteile dieses Marktes durch die Unternehmen erfordert insbesondere eine verstärkte Information. Deshalb ist es notwendig, daß den Wirtschaftsteilnehmern durch die regelmäßige Veröffentlichung der Titel der notifizierten Entwürfe sowie durch die Bestimmungen über die Vertraulichkeit dieser Entwürfe die Möglichkeit gegeben wird, zu den geplanten technischen Vorschriften anderer Mitgliedstaaten Stellung zu nehmen.
- (8)
- Aus Gründen der Rechtssicherheit ist es angebracht, daß die Mitgliedstaaten öffentlich bekanntgeben, daß eine nationale technische Vorschrift unter Einhaltung der vorliegenden Richtlinie in Kraft gesetzt worden ist.
- (9)
- Hinsichtlich der technischen Vorschriften für Erzeugnisse beinhalten die Maßnahmen zur Gewährleistung des reibungslosen Funktionierens des Marktes oder für seine Vollendung insbesondere eine größere Transparenz der nationalen Vorhaben sowie eine Ausweitung der Kriterien und Bedingungen für die Abschätzung der Auswirkungen der geplanten Regelungen auf den Markt.
- (10)
- Aus dieser Sicht ist es wichtig, daß alle für ein Erzeugnis geltenden Bestimmungen und die Entwicklungen bei der nationalen Regelungspraxis für die Erzeugnisse berücksichtigt werden.
- (11)
- Die Vorschriften, die keine technischen Spezifikationen sind und den Lebenszyklus eines Erzeugnisses nach seinem Inverkehrbringen betreffen, können den freien Verkehr dieses Erzeugnisses beeinträchtigen oder Hindernisse beim reibungslosen Funktionieren des Binnenmarktes schaffen.
- (12)
- Es hat sich erwiesen, daß der Begriff der technischen De-facto-Vorschrift geklärt werden muß. Die Bestimmungen, nach denen sich eine Behörde auf technische Spezifikationen oder sonstige Vorschriften bezieht oder zu ihrer Einhaltung auffordert sowie die Produktvorschriften, an denen die Behörde aus Gründen des öffentlichen Interesses beteiligt ist, verleihen diesen Spezifikationen und Vorschriften eine stärkere Verbindlichkeit, als sie eigentlich aufgrund ihres privaten Ursprungs hätten.
- (13)
- Die Kommission und die Mitgliedstaaten müssen außerdem über die erforderliche Frist verfügen, um Änderungen der geplanten Maßnahme vorschlagen zu können, mit denen etwaige aus dieser entstehende Handelshemmnisse beseitigt oder abgeschwächt wer- den.
- (14)
- Der betroffene Mitgliedstaat zieht diese Änderungsvorschläge bei der Ausarbeitung des endgültigen Wortlauts der geplanten Maßnahme in Erwägung.
- (15)
- Der Binnenmarkt setzt voraus, daß die Kommission in Fällen, in denen der Grundsatz der gegenseitigen Anerkennung durch die Mitgliedstaaten nicht angewandt werden kann, verbindliche Rechtsakte der Gemeinschaft erläßt oder deren Erlaß vorschlägt. Es wurde eine besondere Stillhaltefrist festgesetzt, um zu vermeiden, daß durch nationale Maßnahmen die Annahme von in dem gleichen Bereich unterbreiteten verbindlichen Rechtsakten der Gemeinschaft durch den Rat oder durch die Kommission beeinträchtigt wird.
- (16)
- In beiden Fällen ist der betreffende Mitgliedstaat gemäß den allgemeinen Bestimmungen des Artikels 5 des Vertrags verpflichtet, das Inkraftsetzen der geplanten Maßnahme während eines genügend langen Zeitraums auszusetzen, um die Möglichkeit zu schaffen, daß Änderungsvorschläge gemeinsam geprüft werden oder der Vorschlag eines verbindlichen Rechtsakts des Rates ausgearbeitet oder ein verbindlicher Rechtsakt der Kommission angenommen wird. Die in der Vereinbarung der im Rat vereinigten Vertreter der Regierungen der Mitgliedstaaten vom 28. Mai 1969 über die Stillhalteregelung und die Unterrichtung der Kommission(5) in der Fassung der Vereinbarung vom 5. März 1973(6) vorgesehenen Fristen haben sich in solchen Fällen als unzureichend erwiesen; es ist deshalb erforderlich, längere Fristen vorzusehen.
- (17)
- Das in der Vereinbarung vom 28. Mai 1969 vorgesehene Verfahren einer Stillhalteregelung und der Unterrichtung der Kommission ist für die davon erfaßten Erzeugnisse, die nicht unter diese Richtlinie fallen, weiterhin anwendbar.
- (18)
- Um den Beschluß von Gemeinschaftsmaßnahmen durch den Rat zu erleichtern, sollten die Mitglied-staaten davon absehen, eine technische Vorschrift in Kraft zu setzen, wenn der Rat einen gemeinsamen Standpunkt zu einem Vorschlag der Kommission hinsichtlich desselben Sachgebiets festgelegt hat.
- (19)
- Innerstaatliche technische Normen können in der Praxis dieselben Wirkungen auf den freien Warenverkehr ausüben wie technische Vorschriften.
- (20)
- Es ist deshalb erforderlich, die Unterrichtung der Kommission über Entwürfe von Normen unter den gleichen Bedingungen, wie sie für technische Vor-schriften gelten, sicherzustellen. Gemäß Artikel 213 des Vertrags kann die Kommission zur Erfüllung der ihr übertragenen Aufgaben alle erforderlichen Auskünfte einholen und alle erforderlichen Nachprüfungen vornehmen; der Rahmen und die nähere Maßgabe hierfür werden vom Rat gemäß den Bestimmungen des Vertrags festgelegt.
- (21)
- Es ist darüber hinaus erforderlich, daß die Mitglied-staaten und die Normungsgremien über die von den Normungsgremien der anderen Mitgliedstaaten geplanten Normen unterrichtet werden.
- (22)
- Die systematische Notifizierungspflicht besteht nur für Gegenstände, die neu genormt werden, sofern diese auf nationaler Ebene vorgenommenen Maßnahmen Unterschiede in den nationalen Normen zur Folge haben können, die den Markt beeinträchtigen könnten. Jede weitere Notifizierung oder Mitteilung über die Fortschritte der nationalen Arbeiten soll davon abhängen, ob diejenigen, die zuvor über den Gegen-stand der Normung unterrichtet worden sind, an diesen Arbeiten interessiert sind.
- (23)
- Die Kommission muß jedoch die nationalen Normungsprogramme teilweise oder vollständig anfordern können, um die Entwicklungen der Normung in be-stimmten Wirtschaftszweigen zu überprüfen.
- (24)
- Das Europäische Normungssystem muß durch und für die Betroffenen angewandt werden, und zwar auf der Grundlage von Kohärenz, Transparenz, Offenheit, Konsens, Unabhängigkeit von Einzelinteressen, Effizienz und Entscheidungen unter Mitwirkung der einzelnen Staaten.
- (25)
- Das Funktionieren der Normung in der Gemeinschaft muß auf den grundlegenden Rechten der nationalen Normungsgremien beruhen, wie zum Beispiel der Möglichkeit, Normenentwürfe zu erhalten, die aufgrund der übermittelten Bemerkungen getroffenen Maßnahmen zu erfahren, an den nationalen Normungstätigkeiten teilzunehmen oder anstelle nationaler Normen die Ausarbeitung europäischer Normen zu fordern. Es ist Aufgabe der Mitgliedstaaten, die in ihrer Macht stehenden gebotenen Maßnahmen zu ergreifen, damit ihre Normungsgremien diese Rechte respektieren.
- (26)
- Die Bestimmungen hinsichtlich der Stillhaltefrist für die nationalen Normungsgremien während der Ausarbeitung einer europäischen Norm sind an die von diesen Gremien im Rahmen der europäischen Normungsgremien erlassenen Bestimmungen anzupassen.
- (27)
- Es empfiehlt sich, einen Ständigen Ausschuß einzusetzen, dessen Mitglieder von den Mitgliedstaaten ernannt werden und dessen Auftrag darin besteht, die Kommission bei der Prüfung innerstaatlicher Normenentwürfe und bei ihren Bemühungen um Verminde-rung möglicher Beeinträchtigung des freien Warenverkehrs zu unterstützen.
- (28)
- Es ist zweckmäßig, den Ständigen Ausschuß zu den Entwürfen für Normungsaufträge im Sinne dieser Richtlinie anzuhören.
- (29)
- Diese Richtlinie soll die Verpflichtungen der Mitgliedstaaten in bezug auf die in Anhang III Teil B aufgeführten Richtlinien und deren Umsetzungsfristen unberührt lassen —
HABEN FOLGENDE RICHTLINIE ERLASSEN:
Fußnote(n):
- (1)
ABl. C 78 vom 12.3.1997, S. 4.
- (2)
ABl. C 133 vom 28.4.1997, S. 5.
- (3)
Stellungnahme des Europäischen Parlaments vom 17. September 1997 (ABl. C 304 vom 6.10.1997, S. 79), gemeinsamer Standpunkt des Rates vom 23. Februar 1998 (ABl. C 110 vom 8.4.1998, S. 1), Beschluß des Europäischen Parlaments vom 30. April 1998 (ABl. C 152 vom 18.5.1998) und Beschluß des Rates vom 28. Mai 1998.
- (4)
ABl. L 109 vom 26.4.1983, S. 8. Richtlinie zuletzt geändert durch die Entscheidung 96/139/EG der Kommission (ABl. L 32 vom 10.2.1996, S. 31).
- (5)
ABl. C 76 vom 17.6.1969, S. 9.
- (6)
ABl. C 9 vom 15.3.1973, S. 3.
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