Artikel 9 RL 98/41/EG

(1) Ein Mitgliedstaat, aus dessen Hafen ein Fahrgastschiff ausläuft, kann die in Artikel 5 genannte Grenze von 20 Seemeilen herabsetzen.

Entscheidungen zur Herabsetzung der 20-Seemeilen-Grenze für Fahrten zwischen zwei Häfen in verschiedenen Mitgliedstaaten werden von den betreffenden beiden Mitgliedstaaten gemeinsam getroffen.

(2) Ein Mitgliedstaat, aus dessen Hafen ein Fahrgastschiff ausläuft, kann das Fahrgastschiff von der Verpflichtung, dem gemäß Artikel 5 der Richtlinie 2010/65/EU eingerichteten einzigen Fenster die Zahl der an Bord befindlichen Personen zu melden, befreien — vorausgesetzt, dass es sich bei dem betreffenden Schiff nicht um ein Hochgeschwindigkeitsfahrzeug handelt, es im Linienverkehr mit einer Fahrzeit von weniger als einer Stunde zwischen den Anlegehäfen und ausschließlich im gemäß Artikel 4 der Richtlinie 2009/45/EG aufgelisteten Seegebiet D eingesetzt ist, und in diesem Seegebiet die Nähe von Such- und Rettungseinrichtungen gewährleistet ist.

Ein Mitgliedstaat kann Fahrgastschiffe im Verkehr zwischen zwei Häfen, bzw. im Verkehr von und zu ein und demselben Hafen ohne Zwischenstopps, von den Verpflichtungen des Artikels 5 dieser Richtlinie befreien — vorausgesetzt, das betreffende Schiff führt ausschließlich Fahrten im gemäß Artikel 4 der Richtlinie 2009/45/EG aufgelisteten Seegebiet D durch und in diesem Seegebiet ist die Nähe von Such- und Rettungseinrichtungen gewährleistet.

Abweichend von Artikel 5 Absatz 2 und unbeschadet des Übergangszeitraums gemäß Artikel 5 Absatz 3 haben die folgenden Mitgliedstaaten das Recht, die nachstehenden Ausnahmeregelungen anzuwenden:

i)
Deutschland kann für Fahrgastschiffe, die von der und zur Insel Helgoland verkehren, die Zeiträume für die Erhebung und Meldung der in Artikel 5 Absatz 1 genannten Angaben auf bis zu eine Stunde nach der Abfahrt verlängern, und
ii)
Dänemark und Schweden können für Fahrgastschiffe, die von der und zur Insel Bornholm verkehren, die Zeiträume für die Erhebung und Meldung der in Artikel 5 Absatz 1 genannten Angaben auf bis zu einer Stunde nach der Abfahrt verlängern.

(3) Für die in Absatz 2 genannten Fälle ist folgendes Verfahren anzuwenden:

a)
Der Mitgliedstaat meldet der Kommission unverzüglich unter Angabe hinreichender Gründe seinen Beschluss, eine Freistellung von den in Artikel 5 genannten Verpflichtungen zu erteilen. Diese Meldung erfolgt mittels einer von der Kommission für diesen Zweck eingerichteten und betriebenen Datenbank, zu der die Kommission und die Mitgliedstaaten Zugang erhalten. Die Kommission stellt die angenommenen Maßnahmen auf einer öffentlich zugänglichen Website bereit.
b)
Gelangt die Kommission innerhalb von sechs Monaten nach der Meldung zu der Auffassung, dass die Freistellung nicht gerechtfertigt ist oder sich nachteilig auf den Wettbewerb auswirken könnte, so kann sie Durchführungsrechtsakte erlassen, mit denen sie den Mitgliedstaat verpflichtet, seinen Beschluss abzuändern oder zu widerrufen. Diese Durchführungsrechtsakte werden gemäß dem in Artikel 13 Absatz 2 genannten Prüfverfahren erlassen.

(4) Für regelmäßige Verkehre in einem Gebiet, in dem die Wahrscheinlichkeit, eine 2 Meter überschreitende signifikante Wellenhöhe anzutreffen, im Jahresdurchschnitt unter 10 % liegt, und

falls sich das Schiff nicht mehr als ungefähr 30 Seemeilen vom Ausgangspunkt entfernt oder

vorrangig regelmäßige Verkehrsverbindungen für Gemeinschaften in abgelegenen Gebieten, die diese Verbindungen gewohnheitsmäßig benutzen, hergestellt werden sollen,

kann ein Mitgliedstaat, aus dessen Hafen Fahrgastschiffe zu einer Inlandfahrt auslaufen, oder können zwei Mitgliedstaaten, zwischen deren Häfen Fahrgastschiffe verkehren, bei der Kommission beantragen, Gesellschaften ganz oder teilweise von der Verpflichtung zur Registrierung der Angaben gemäß Artikel 5 Absatz 1 zu befreien, wenn diese ihrer Ansicht nach für diese Gesellschaften undurchführbar ist.

Für die Undurchführbarkeit muß ein Nachweis erbracht werden. Zusätzlich ist nachzuweisen, daß in dem Einsatzgebiet dieser Schiffe landseitige Navigationshilfen und verläßliche Wettervorhersagen bereitstehen und daß geeignete und ausreichende Such- und Rettungseinrichtungen verfügbar sind. Ausnahmeregelungen gemäß diesem Absatz dürfen sich nicht nachteilig auf den Wettbewerb auswirken.

Der Antrag wird der Kommission über die in Absatz 3 genannte Datenbank übermittelt. Gelangt die Kommission innerhalb von sechs Monaten nach Antragstellung zu der Auffassung, dass die Ausnahmeregelung nicht gerechtfertigt ist oder sich nachteilig auf den Wettbewerb auswirken könnte, so kann sie Durchführungsrechtsakte erlassen, mit denen sie den Mitgliedstaat verpflichtet, den vorgeschlagenen Beschluss abzuändern oder nicht zu erlassen. Diese Durchführungsrechtsakte werden gemäß dem in Artikel 13 Absatz 2 genannten Prüfverfahren erlassen.

(5) Ein Mitgliedstaat darf für aus seinen Häfen auslaufende Fahrgastschiffe, die die Flagge eines Drittlandes führen, das Vertragspartei des SOLAS-Übereinkommens ist, nicht unter Berufung auf diese Richtlinie eine Freistellung erteilen oder eine Ausnahmeregelung gewähren, wenn sie nach den einschlägigen SOLAS-Bestimmungen für eine Anwendung solcher Befreiungen nicht in Frage kommen.

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