Artikel 7b RL 98/70/EG

Nachhaltigkeitskriterien für Biokraftstoffe

(1) Ungeachtet der Frage, ob Rohstoffe innerhalb oder außerhalb der Gemeinschaft angebaut wurden, wird Energie in Form von Biokraftstoffen für die Zwecke des Artikels 7a nur dann berücksichtigt, wenn sie die in den Absätzen 2 bis 6 des vorliegenden Artikels festgelegten Nachhaltigkeitskriterien erfüllen.

Aus Abfällen und Reststoffen mit Ausnahme von land- und forstwirtschaftlichen Reststoffen und Reststoffen aus der Aquakultur und Fischerei hergestellte Biokraftstoffe müssen jedoch lediglich die in Absatz 2 des vorliegenden Artikels festgelegten Nachhaltigkeitskriterien erfüllen, um für die in Artikel 7a genannten Zwecke berücksichtigt zu werden.

(2) Die durch die Verwendung von Biokraftstoffen erzielte Minderung der Treibhausgasemissionen, die für die in Absatz 1 genannten Zwecke berücksichtigt wird, muss bei Biokraftstoffen, die in Anlagen hergestellt werden, die den Betrieb nach dem 5. Oktober 2015 aufnehmen, mindestens 60 % betragen. Es wird davon ausgegangen, dass eine Anlage in Betrieb ist, wenn die physische Herstellung von Biokraftstoffen erfolgt ist.

Für die Zwecke des Absatzes 1 gilt im Fall von Anlagen, die am 5. Oktober 2015 oder davor in Betrieb waren, dass die Biokraftstoffe bis zum 31. Dezember 2017 eine Treibhausgasemissionseinsparung von mindestens 35 % und ab dem 1. Januar 2018 von mindestens 50 % erzielen müssen.

Die durch die Verwendung von Biokraftstoffen erzielte Einsparung bei den Treibhausgasemissionen wird im Einklang mit Artikel 7d Absatz 1 berechnet.

(3) Biokraftstoffe, die für die in Absatz 1 genannten Zwecke berücksichtigt werden, dürfen nicht aus Rohstoffen hergestellt werden, die auf Flächen mit hohem Wert hinsichtlich der biologischen Vielfalt gewonnen werden, das heißt auf Flächen, die am oder nach dem 1. Januar 2008 folgenden Status hatten, unabhängig davon, ob die Flächen noch diesen Status haben:

a)
Primärwald und andere bewaldete Flächen, das heißt Wald und andere bewaldete Flächen mit einheimischen Arten, in denen es keine deutlich sichtbaren Anzeichen für menschliche Aktivität gibt und die ökologischen Prozesse nicht wesentlich gestört sind;
b)
ausgewiesene Flächen

i)
durch Gesetz oder von der zuständigen Behörde für Naturschutzzwecke; oder
ii)
für den Schutz seltener, bedrohter oder gefährdeter Ökosysteme oder Arten, die in internationalen Übereinkünften anerkannt werden oder in den Verzeichnissen zwischenstaatlicher Organisationen oder der Internationalen Union für die Erhaltung der Natur aufgeführt sind, vorbehaltlich ihrer Anerkennung gemäß dem Verfahren des Artikels 7c Absatz 4 Unterabsatz 2;

sofern nicht nachgewiesen wird, dass die Gewinnung des Rohstoffes den genannten Naturschutzzwecken nicht zuwiderläuft;

c)
Grünland mit großer biologischer Vielfalt, das heißt:

i)
natürliches Grünland, das ohne Eingriffe von Menschenhand Grünland bleiben würde und dessen natürliche Artenzusammensetzung sowie ökologische Merkmale und Prozesse intakt sind; oder
ii)
künstlich geschaffenes Grünland, das heißt Grünland, das ohne Eingriffe von Menschenhand kein Grünland bleiben würde und das artenreich und nicht degradiert ist, sofern nicht nachgewiesen wird, dass die Ernte des Rohstoffs zur Erhaltung des Grünlandstatus erforderlich ist.

Zur Bestimmung, welches Grünland unter Unterabsatz 1 Buchstabe c fällt, legt die Kommission Kriterien und geografische Verbreitungsgebiete fest. Diese Maßnahmen zur Änderung nicht wesentlicher Bestimmungen dieser Richtlinie werden nach dem in Artikel 11 Absatz 4 genannten Regelungsverfahren mit Kontrolle erlassen.

(4) Biokraftstoffe, die für die in Absatz 1 genannten Zwecke berücksichtigt werden, dürfen nicht aus Rohstoffen hergestellt werden, die auf Flächen mit hohem Kohlenstoffbestand gewonnen werden, das heißt auf Flächen, die am 1. Januar 2008 eine der folgenden Stellungen hatten, diese Stellung aber nicht mehr haben:

a)
Feuchtgebiete, das heißt Flächen, die ständig oder für einen beträchtlichen Teil des Jahres von Wasser bedeckt oder durchtränkt sind;
b)
Kontinuierlich bewaldete Gebiete, das heißt Flächen von mehr als einem Hektar mit über 5 m hohen Bäumen und einem Überschirmungsgrad von mehr als 30 % oder mit Bäumen, die auf dem jeweiligen Standort diese Werte erreichen können;
c)
Flächen von mehr als 1 ha mit über 5 m hohen Bäumen und einem Überschirmungsgrad von 10 bis 30 % oder mit Bäumen, die auf dem jeweiligen Standort diese Werte erreichen können, sofern nicht eindeutig nachgewiesen wird, dass die Fläche vor und nach der Umwandlung einen solchen Kohlenstoffbestand hat, dass unter Anwendung der in Anhang IV Teil C beschriebenen Methode die in Absatz 2 des vorliegenden Artikels genannten Bedingungen erfüllt wären.

Dieser Absatz findet keine Anwendung, wenn zum Zeitpunkt der Gewinnung des Rohstoffs die Flächen denselben Status hatten wie im Januar 2008.

(5) Biokraftstoffe, die für die in Absatz 1 genannten Zwecke berücksichtigt werden, dürfen nicht aus Rohstoffen hergestellt werden, die auf Flächen gewonnen werden, die im Januar 2008 Torfmoor waren, sofern nicht nachgewiesen wird, dass der Anbau und die Ernte des betreffenden Rohstoffes keine Entwässerung von zuvor nicht entwässerten Flächen erfordern;

(6) In der Gemeinschaft angebaute landwirtschaftliche Rohstoffe, die für die Herstellung von Biokraftstoffen, die für die in Absatz 1 genannten Zwecke berücksichtigt werden, verwendet werden, müssen gemäß den in Anhang II Teil A der Verordnung (EG) Nr. 73/2009 des Rates vom 19. Januar 2009 mit gemeinsamen Regeln für Direktzahlungen im Rahmen der gemeinsamen Agrarpolitik und mit bestimmten Stützungsregelungen für Inhaber landwirtschaftlicher Betriebe(1) unter der Überschrift „Umwelt” und den in Anhang II Nummer 9 jener Verordnung genannten Anforderungen und Standards und gemäß den Mindestanforderungen für den guten landwirtschaftlichen und ökologischen Zustand im Sinne von Artikel 6 Absatz 1 der genannten Verordnung gewonnen werden.

(7) Die Kommission unterbreitet dem Europäischen Parlament und dem Rat in Bezug auf Drittländer und Mitgliedstaaten, die eine bedeutende Quelle für in der Gemeinschaft verbrauchte Biokraftstoffe oder Rohstoffe für Biokraftstoffe darstellen, alle zwei Jahre einen Bericht über die einzelstaatlichen Maßnahmen, die diese Länder zur Einhaltung der in den Absätzen 2 bis 5 des vorliegenden Artikels genannten Nachhaltigkeitskriterien und zum Schutz von Boden, Wasser und Luft getroffen haben. Der erste Bericht wird 2012 vorgelegt.

Die Kommission berichtet dem Europäischen Parlament und dem Rat alle zwei Jahre über die Folgen einer erhöhten Nachfrage nach Biokraftstoff im Hinblick auf die soziale Tragbarkeit in der Gemeinschaft und in Drittländern sowie über die Folgen der Biokraftstoff-Politik der Gemeinschaft hinsichtlich der Verfügbarkeit von Nahrungsmitteln zu erschwinglichen Preisen, insbesondere für die Menschen in Entwicklungsländern, und über weitergehende entwicklungspolitische Aspekte. In den Berichten ist auf die Wahrung von Landnutzungsrechten einzugehen. Zu Drittländern und zu Mitgliedstaaten, die eine bedeutende Rohstoffquelle für in der Gemeinschaft verbrauchte Biokraftstoffe darstellen, ist in den Berichten jeweils anzugeben, ob das betreffende Land alle der folgenden Übereinkommen der Internationalen Arbeitsorganisation ratifiziert und umgesetzt hat:

Übereinkommen über Zwangs- oder Pflichtarbeit (Nr. 29);

Übereinkommen über die Vereinigungsfreiheit und den Schutz des Vereinigungsrechts (Nr. 87),

Übereinkommen über die Anwendung der Grundsätze des Vereinigungsrechtes und des Rechtes zu Kollektivverhandlungen (Nr. 98);

Übereinkommen über die Gleichheit des Entgelts männlicher und weiblicher Arbeitskräfte für gleichwertige Arbeit (Nr. 100);

Übereinkommen über die Abschaffung der Zwangsarbeit (Nr. 105),

Übereinkommen über die Diskriminierung in Beschäftigung und Beruf (Nr. 111);

Übereinkommen über das Mindestalter für die Zulassung zur Beschäftigung (Nr. 138);

Übereinkommen über das Verbot und unverzügliche Maßnahmen zur Beseitigung der schlimmsten Formen der Kinderarbeit (Nr. 182).

Zu Drittländern und zu Mitgliedstaaten, die eine bedeutende Rohstoffquelle für in der Gemeinschaft verbrauchte Biokraftstoffe darstellen, ist in den Berichten jeweils anzugeben, ob das betreffende Land folgende Übereinkommen ratifiziert und umgesetzt hat:

das Protokoll von Cartagena über die biologische Sicherheit;

das Übereinkommen über den internationalen Handel mit gefährdeten Arten frei lebender Tiere und Pflanzen.

Der erste Bericht wird 2012 vorgelegt. Die Kommission schlägt gegebenenfalls Korrekturen vor, insbesondere dann, wenn nachgewiesen wird, dass sich die Biokraftstoffherstellung in erheblichem Maße auf die Nahrungsmittelpreise auswirkt.

(8) Für die Zwecke des Absatzes 1 dürfen die Mitgliedstaaten Biokraftstoffe, die in Übereinstimmung mit diesem Artikel gewonnen werden, nicht aus sonstigen Nachhaltigkeitsgründen außer Acht lassen.

Fußnote(n):

(1)

ABl. L 30 vom 31.1.2009, S. 16.

© Europäische Union 1998-2021

Tipp: Verwenden Sie die Pfeiltasten der Tastatur zur Navigation zwischen Normen.