Präambel VO (EG) 2002/332

DER RAT DER EUROPÄISCHEN UNION —

gestützt auf den Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft, insbesondere auf Artikel 308,

auf Vorschlag der Kommission(1), vorgelegt nach Anhörung des Wirtschafts- und Finanzausschusses,

nach Stellungnahme des Europäischen Parlaments(2),

nach Stellungnahme der Europäischen Zentralbank(3),

in Erwägung nachstehender Gründe:

(1)
Nach Artikel 119 Absatz 1 Unterabsatz 2 und Absatz 2 des Vertrags gewährt der Rat auf Empfehlung der Kommission und nach Anhörung des Wirtschafts- und Finanzausschusses für den Fall, dass ein Mitgliedstaat hinsichtlich seiner Zahlungsbilanz von Schwierigkeiten betroffen oder ernstlich bedroht ist, einen gegenseitigen Beistand. In Artikel 119 wird nicht festgelegt, mit welchem Instrument der gegenseitige Beistand geleistet wird.
(2)
Die Darlehensgewährung an einen Mitgliedstaat sollte früh genug erfolgen können, um diesem die Möglichkeit zu geben, rechtzeitig und unter geordneten Wechselkursbedingungen wirtschaftspolitische Maßnahmen zur Abwendung einer akuten Zahlungsbilanzkrise und zur Unterstützung seiner Konvergenzanstrengungen vorzunehmen.
(3)
Jede Darlehensgewährung an einen Mitgliedstaat sollte daran gebunden werden, dass dieser zur Wiederherstellung oder Gewährleistung einer tragbaren Zahlungsbilanzsituation wirtschaftspolitische Maßnahmen ergreift, die der Schwere der Situation und ihrer Entwicklung angemessen sind.
(4)
Es sollten im Voraus geeignete Verfahren und Instrumente vorgesehen werden, damit die Gemeinschaft und die Mitgliedstaaten erforderlichenfalls einen mittelfristigen finanziellen Beistand vor allem dann leisten können, wenn die Umstände eine sofortige Aktion erfordern.
(5)
Zur Finanzierung des gewährten Beistands sollte die Gemeinschaft ihre Kreditmöglichkeiten nutzen können, um selbst Mittel aufzunehmen, die sie dann den betreffenden Mitgliedstaaten in Form von Darlehen zur Verfügung stellt. Ein derartiges Vorgehen ist notwendig, um die im Vertrag festgelegten Ziele der Gemeinschaft und insbesondere die harmonische Entwicklung der Volkswirtschaften in der gesamten Gemeinschaft zu verwirklichen.
(6)
Mit der Verordnung (EWG) Nr. 1969/88 des Rates(4) wurde zu diesem Zweck ein einheitliches System des mittelfristigen finanziellen Beistands zur Stützung der Zahlungsbilanzen der Mitgliedstaaten eingeführt.
(7)
Seit 1. Januar 1999 können die an der einheitlichen Währung beteiligten Mitgliedstaaten den mittelfristigen finanziellen Beistand nicht mehr in Anspruch nehmen. Gleichwohl sollte das System des finanziellen Beistands beibehalten werden, um nicht nur dem etwaigen Bedarf der derzeitigen Mitgliedstaaten zu entsprechen, die den Euro nicht eingeführt haben, sondern auch dem Bedarf neuer Mitgliedstaaten, solange diese den Euro noch nicht eingeführt haben.
(8)
Durch die Einführung der einheitlichen Währung hat sich die Zahl der Mitgliedstaaten, die das System in Anspruch nehmen können, erheblich verringert. Dies rechtfertigt eine Herabsetzung des Plafonds von derzeit 16 Mrd. EUR. Der Plafond für die Darlehensvergabe sollte indes auf einem hinreichend hohen Niveau gehalten werden, damit in angemessener Weise auf einen gleichzeitigen Bedarf mehrerer Mitgliedstaaten reagiert werden kann. Die Senkung des Darlehensplafonds von 16 Mrd. EUR auf 12 Mrd. EUR scheint geeignet, diesem Anliegen Rechnung zu tragen und auch die künftigen Erweiterungen der Europäischen Union zu berücksichtigen.
(9)
Angesichts des offenkundigen Missverhältnisses zwischen der Zahl der potenziellen Darlehensempfänger in der dritten Stufe der Wirtschafts- und Währungsunion und der Zahl der Länder, die die Darlehen finanzieren müssten, ist die direkte Finanzierung der Darlehen durch die übrigen Mitgliedstaaten schwer beizubehalten. Diese Darlehen sollten daher ausschließlich durch Inanspruchnahme des Kapitalmarkts oder der Finanzinstitutionen finanziert werden, die angesichts ihres inzwischen erreichten Entwicklungs- und Reifestadiums zu dieser Finanzierung in der Lage sein dürften.
(10)
Außerdem sollten die Modalitäten der Inanspruchnahme der Fazilität unter Berücksichtigung der gewonnenen Erfahrungen präzisiert und die Entwicklung der internationalen Finanzmärkte sowie die bei Nutzung dieser Finanzierungsquellen gegebenen technischen Möglichkeiten und Sachzwänge berücksichtigt werden.
(11)
Die Entscheidung über die Gewährung eines Darlehens oder einer geeigneten Finanzierungsfazilität, die durchschnittliche Laufzeit, den Gesamtbetrag und die Höhe der aufeinander folgenden Tranchen liegt beim Rat. Allerdings sollten die Merkmale der zu gewährenden Tranchen die Laufzeit und die Verzinsung in einer Vereinbarung zwischen dem Empfängermitgliedstaat und der Kommission festgelegt werden. Gelangt die Kommission zu der Auffassung, das die von dem betreffenden Mitgliedstaat gewünschten Darlehensmerkmale zu einer Finanzierung führen würden, die mit den durch die Kapitalmärkte oder Finanzinstitutionen bedingten technischen Sachzwängen nicht vereinbar ist, so muss es ihr möglich sein, andere Finanzierungsmodalitäten vorzuschlagen.
(12)
Um die kraft dieser Verordnung gewährten Darlehen zu finanzieren, sollte die Kommission ermächtigt werden, im Namen der Europäischen Gemeinschaft Anleihen auf den Kapitalmärkten oder bei Finanzinstitutionen aufzunehmen.
(13)
Das mit der Verordnung (EWG) Nr. 1969/88 eingeführte System des finanziellen Beistands sollte entsprechend angepasst werden. Im Interesse der Klarheit sollte jene Verordnung ersetzt werden.
(14)
Der Vertrag enthält Befugnisse für die Annahme dieser Verordnung, welche vorsieht, dass die Darlehen der Gemeinschaft ausschließlich über eine Inanspruchnahme der Kapitalmärkte zu gewähren sind und nicht durch andere Mitgliedstaaten finanziert werden dürfen, nur in Artikel 308.

HAT FOLGENDE VERORDNUNG ERLASSEN:

Fußnote(n):

(1)

ABl. C 180 E vom 24.6.2001, S.199.

(2)

Stellungnahme vom 6. September 2001 (noch nicht im Amtsblatt veröffentlicht).

(3)

ABl. C 151 vom 22.5.2001, S. 18.

(4)

ABl. L 178 vom 8.7.1988, S. 1. Geändert durch die Beitrittsakte von 1994.

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