Präambel VO (EG) 2003/304

DAS EUROPÄISCHE PARLAMENT UND DER RAT DER EUROPÄISCHEN UNION —

gestützt auf den Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft, insbesondere auf Artikel 175 Absatz 1,

auf Vorschlag der Kommission(1),

nach Stellungnahme des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses(2),

nach Anhörung des Ausschusses der Regionen,

gemäß dem Verfahren des Artikels 251 des Vertrags(3),

in Erwägung nachstehender Gründe:

(1)
In der Verordnung (EWG) Nr. 2455/92 des Rates vom 23. Juli 1992 betreffend die Ausfuhr und Einfuhr bestimmter gefährlicher Chemikalien(4) wurde unter anderem ein gemeinsames Notifikations- und Informationssystem für Ausfuhren von Chemikalien in Drittländer geschaffen, die in der Gemeinschaft aufgrund ihrer Auswirkungen auf die menschliche Gesundheit und die Umwelt verboten sind oder strengen Beschränkungen unterliegen. Gleichzeitig wurde die Anwendung des internationalen Verfahrens der „vorherigen Zustimmung nach Inkenntnissetzung” ( „Prior Informed Consent” , PIC) verbindlich vorgeschrieben, das in den rechtlich nicht verbindlichen Londoner Leitlinien für den Informationsaustausch über Chemikalien im internationalen Handel des Umweltprogramms der Vereinten Nationen (UNEP) (in der Fassung von 1989) sowie im Internationalen Verhaltenskodex für das Inverkehrbringen und die Anwendung von Pestiziden (in der Fassung von 1990) der Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation (FAO) verankert ist.
(2)
Am 11. September 1998 unterzeichnete die Gemeinschaft das Rotterdamer Übereinkommen über das Verfahren der vorherigen Zustimmung nach Inkenntnissetzung für bestimmte gefährliche Chemikalien sowie Pestizide im internationalen Handel (PIC-Übereinkommen). Gleichzeitig wurde eine Entschließung über Übergangsbestimmungen verabschiedet, die in der Schlussakte der Diplomatischen Konferenz niedergelegt wurden, womit auf der Grundlage des Übereinkommens ein PIC-Verfahren für die Übergangsphase geschaffen wurde.
(3)
Die Gemeinschaft sollte die Bestimmungen des Übereinkommens umsetzen und bis zu dessen Inkrafttreten ein PIC-Übergangsverfahren anwenden, wobei im Vergleich zur Verordnung (EWG) Nr. 2455/92 keine Abstriche am Niveau des Schutzes von Umwelt und Öffentlichkeit in einführenden Ländern gemacht werden dürfen.
(4)
Unter Berücksichtigung dieses Ziels müssen einige Bestimmungen weiter gehen als die Bestimmungen des Übereinkommens. Gemäß Artikel 15 Absatz 4 des Übereinkommens können die Vertragsparteien Maßnahmen treffen, die die menschliche Gesundheit und die Umwelt strenger schützen als die Vorgaben des Übereinkommens, sofern diese Maßnahmen mit dem Übereinkommen und dem Völkerrecht vereinbar sind.
(5)
Für die Beteiligung der Gemeinschaft am Übereinkommen ist es wesentlich, dass eine einzige Stelle für die Kontakte der Gemeinschaft mit dem Sekretariat und anderen Vertragsparteien des Übereinkommens sowie mit sonstigen Ländern zuständig ist. Die Kommission sollte die Funktion dieser Kontaktstelle übernehmen.
(6)
Für Ausfuhren gefährlicher Chemikalien, die in der Gemeinschaft verboten sind oder strengen Beschränkungen unterliegen, sollte weiterhin ein gemeinsames Ausfuhrnotifikationsverfahren gelten. Folglich sollten für gefährliche Chemikalien — ob in Form der Stoffe selbst oder bei Verwendung in Zubereitungen — die von der Gemeinschaft im Hinblick auf die Verwendung als Pflanzenschutzmittel, als andere Arten von Pestiziden oder als Industriechemikalien zur Verwendung durch Fachleute oder die Öffentlichkeit verboten oder strengen Beschränkungen unterworfen wurden, ähnliche Bestimmungen für die Ausfuhrnotifikation gelten wie für Chemikalien, die in einer oder beiden der im Übereinkommen festgelegten Verwendungskategorien, d. h. für die Verwendung als Pestizide oder als Industriechemikalien, verboten sind oder strengen Beschränkungen unterliegen. Darüber hinaus sollten auch für die dem internationalen PIC-Verfahren unterliegenden Chemikalien dieselben Regeln gelten. Dieses Verfahren der Ausfuhrnotifikation sollte für die Ausfuhren aus der Gemeinschaft in alle Drittländer gelten, und zwar unabhängig davon, ob diese Vertragsparteien des Übereinkommens sind oder dessen Verfahren anwenden. Die Mitgliedstaaten sollten Verwaltungsgebühren erheben können, um ihre Kosten für dieses Verfahren zu decken.
(7)
Exporteure und Importeure sollten verpflichtet sein, Informationen über die Mengen der im internationalen Handel befindlichen und unter diese Verordnung fallenden Chemikalien zu erteilen, damit die Auswirkungen und die Wirksamkeit der Verordnung überwacht und bewertet werden können.
(8)
Rechtsvorschriften der Gemeinschaft oder eines Mitgliedstaats, die zu einem Verbot oder zur strengen Beschränkung der Verwendung von Chemikalien führen, sollten von der Kommission an das Sekretariat des Übereinkommens im Hinblick auf eine Aufnahme der betreffenden Chemikalien in das internationale PIC-Verfahren notifiziert werden, sofern die einschlägigen Kriterien des Übereinkommens erfüllt sind. Zusätzliche Informationen zur Begründung solcher Notifikationen sollten, sofern erforderlich, eingeholt werden.
(9)
Sind Rechtsvorschriften der Gemeinschaft oder eines Mitgliedstaats aufgrund der Kriterien nicht zu notifizieren, sollten dem Sekretariat und anderen Vertragsparteien des Übereinkommens im Interesse eines guten Informationsaustauschs dennoch Angaben über die betreffenden Rechtsvorschriften übermittelt werden.
(10)
Es muss ferner sichergestellt werden, dass die Gemeinschaft Entscheidungen über die Einfuhr von dem internationalen PIC-Verfahren unterliegenden Chemikalien in die Gemeinschaft trifft. Diese Entscheidungen sollten sich auf geltende Gemeinschaftsvorschriften stützen und Verboten oder strengen Beschränkungen durch die Mitgliedstaaten Rechnung tragen. Änderungen des Gemeinschaftsrechts sollten erfolgen, wenn dies gerechtfertigt ist.
(11)
Es sollte sichergestellt werden, dass Mitgliedstaaten und Exporteure Kenntnis von den Entscheidungen einführender Länder über Chemikalien, die dem internationalen PIC-Verfahren unterliegen, erhalten, und dass die Exporteure sich an diese Entscheidungen halten. Um zu vermeiden, dass es zu unerwünschten Ausfuhren kommt, weil ein einführendes Land es beispielsweise versäumt hat, eine Einfuhrentscheidung zu treffen oder auf Ausfuhrnotifikationen zu reagieren, sollten Chemikalien, die in der Gemeinschaft verboten sind oder strengen Beschränkungen unterliegen und die Kriterien des Übereinkommens erfüllen oder unter das internationale PIC-Verfahren fallen, nur mit ausdrücklicher Zustimmung des einführenden Landes ausgeführt werden, und zwar unabhängig davon, ob es sich bei dem Land um eine Vertragspartei des Übereinkommens handelt oder nicht.
(12)
Ferner ist es wichtig, dass alle ausgeführten Chemikalien eine angemessene Haltbarkeitsdauer haben, um wirksam und sicher verwendet werden zu können. Insbesondere bei Pestiziden und vor allem bei deren Ausfuhr in Entwicklungsländer ist es notwendig, dass Informationen über ordnungsgemäße Lagerbedingungen erteilt werden und dass durch eine angepasste Verpackung und Größe der Behälter vermieden wird, dass veraltete Bestände übrig bleiben.
(13)
Das Übereinkommen gilt nicht für Chemikalien enthaltende Artikel. Dennoch sollten die Ausfuhrnotifikationsbestimmungen auch für Artikel gelten, die Chemikalien enthalten, die unter Verwendungs- oder Entsorgungsbedingungen freigesetzt werden könnten und die in der Gemeinschaft in einer oder mehreren der im Übereinkommen festgelegten Verwendungskategorien verboten sind oder strengen Beschränkungen unterliegen oder unter das internationale PIC-Verfahren fallen. Zudem sollten bestimmte Chemikalien und Artikel, die spezifische Chemikalien enthalten, die nicht unter das Übereinkommen fallen, aber besonderen Anlass zu Bedenken geben, überhaupt nicht ausgeführt werden. Welche Chemikalien einer solchen strengen Kontrolle unterliegen, sollte der Rat mit qualifizierter Mehrheit entscheiden.
(14)
Nach dem Übereinkommen sollten Informationen über die Durchfuhr von Chemikalien, die dem internationalen PIC-Verfahren unterliegen, Vertragsparteien des Übereinkommens zur Verfügung gestellt werden, die solche Informationen wünschen.
(15)
Für alle gefährlichen Chemikalien, die zur Ausfuhr in Vertragsparteien und sonstige Länder bestimmt sind, sollten die Gemeinschaftsvorschriften für die Verpackung und Kennzeichnung sowie sonstige Sicherheitsinformationen gelten, es sei denn, diese Bestimmungen stehen im Widerspruch zu spezifischen Anforderungen des einführenden Landes, wobei die einschlägigen internationalen Normen zu berücksichtigen sind.
(16)
Die Mitgliedstaaten sollten für eine wirksame Kontrolle und Durchsetzung der Bestimmungen Behörden — zum Beispiel Zollbehörden — bestimmen, die für die Kontrolle von Ein- und Ausfuhren von unter diese Verordnung fallenden Chemikalien verantwortlich sind. Die Kommission und die Mitgliedstaaten spielen dabei eine zentrale Rolle und sollten bei ihren Tätigkeiten gezielt und koordiniert vorgehen. Die Mitgliedstaaten sollten im Fall von Verstößen für geeignete Sanktionen sorgen.
(17)
Informationsaustausch, gemeinsame Verantwortung und Zusammenarbeit zwischen der Gemeinschaft und ihren Mitgliedstaaten sowie Drittländern sollte im Interesse eines verständigen Umgangs mit Chemikalien gefördert werden, und zwar unabhängig davon, ob die betreffenden Drittländer Vertragsparteien des Übereinkommens sind oder nicht. Insbesondere die technische Hilfe an Entwicklungsländer und Länder mit im Übergang befindlichen Wirtschaftssystemen sollte von der Kommission und den Mitgliedstaaten auf direktem Weg oder aber indirekt über die Unterstützung von Projekten von Nichtregierungsorganisationen gefördert werden, um den betreffenden Ländern die Umsetzung des Übereinkommens zu ermöglichen.
(18)
Um die Wirksamkeit der Verfahren zu gewährleisten, sollten diese regelmäßig überwacht werden. Zu diesem Zweck sollten die Mitgliedstaaten in regelmäßigen Abständen Berichte an die Kommission übermitteln, die ihrerseits dem Europäischen Parlament und dem Rat regelmäßig Bericht erstatten sollte.
(19)
Die zur Durchführung dieser Verordnung erforderlichen Maßnahmen sollten gemäß dem Beschluss 1999/468/EG des Rates vom 28. Juni 1999 zur Festlegung der Modalitäten für die Ausübung der der Kommission übertragenen Durchführungsbefugnisse(5) erlassen werden.
(20)
Die Verordnung (EWG) Nr. 2455/92 sollte daher aufgehoben und ersetzt werden —

HABEN FOLGENDE VERORDNUNG ERLASSEN:

Fußnote(n):

(1)

ABl. C 126 E vom 28.5.2002, S. 291.

(2)

ABl. C 241 vom 7.10.2002, S. 50.

(3)

Stellungnahme des Europäischen Parlaments vom 24. Oktober 2002 (noch nicht im Amtsblatt veröffentlicht) und Beschluss des Rates vom 19. Dezember 2002.

(4)

ABl. L 251 vom 29.8.1992, S. 13. Zuletzt geändert durch die Verordnung (EG) Nr. 300/2002 der Kommission (ABl. L 52 vom 22.2.2002, S. 1).

(5)

ABl. L 184 vom 17.7.1999, S. 23.

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