Präambel VO (EG) 2003/343
DER RAT DER EUROPÄISCHEN UNION —
gestützt auf den Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft, insbesondere auf Artikel 63 Absatz 1 Nummer 1 Buchstabe a),
auf Vorschlag der Kommission(1),
nach Stellungnahme des Europäischen Parlaments(2),
nach Stellungnahme des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses(3),
in Erwägung nachstehender Gründe:
- (1)
- Die Ausarbeitung einer gemeinsamen Asylpolitik einschließlich eines Gemeinsamen Europäischen Asylsystems ist wesentlicher Bestandteil des Ziels der Europäischen Union, schrittweise einen Raum der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts aufzubauen, der allen offen steht, die wegen besonderer Umstände rechtmäßig in der Gemeinschaft um Schutz nachsuchen.
- (2)
- Der Europäische Rat kam auf seiner Sondertagung vom 15. und 16. Oktober 1999 in Tampere überein, auf ein Gemeinsames Europäisches Asylsystem hinzuwirken, das sich auf die uneingeschränkte und umfassende Anwendung des Genfer Abkommens vom 28. Juli 1951, ergänzt durch das New Yorker Protokoll vom 31. Januar 1967, stützt, damit niemand dorthin zurückgeschickt wird, wo er Verfolgung ausgesetzt ist, d. h. der Grundsatz der Nichtzurückweisung (Non refoulement) gewahrt bleibt. In diesem Zusammenhang, und ohne die zu dieser Verordnung festgelegten Zuständigkeitskriterien zu beeinträchtigen, gelten die Mitgliedstaaten, die alle den Grundsatz der Nichtzurückweisung achten, als sichere Staaten für Drittstaatsangehörige.
- (3)
- Entsprechend den Schlussfolgerungen von Tampere sollte dieses System auf kurze Sicht eine klare und praktikable Formel für die Bestimmung des für die Prüfung eines Asylantrags zuständigen Mitgliedstaats umfassen.
- (4)
- Eine solche Formel sollte auf objektiven und für die Mitgliedstaaten und die Betroffenen gerechten Kriterien basieren. Sie sollte insbesondere eine rasche Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaats ermöglichen, um den effektiven Zugang zu den Verfahren zur Bestimmung der Flüchtlingseigenschaft zu gewährleisten und das Ziel einer zügigen Bearbeitung der Asylanträge nicht zu gefährden.
- (5)
- Bezüglich der schrittweisen Einführung eines Gemeinsamen Europäischen Asylsystems, das auf längere Sicht zu einem gemeinsamen Asylverfahren und einem unionsweit geltenden einheitlichen Status für die Personen, denen Asyl gewährt wird, führen sollte, sollten im derzeitigen Stadium die Grundsätze des am 15. Juni 1990 in Dublin unterzeichneten Übereinkommens über die Bestimmung des zuständigen Staates für die Prüfung eines in einem Mitgliedstaat der Europäischen Gemeinschaften gestellten Asylantrags(4) (nachstehend „Dubliner Übereinkommen” genannt), dessen Durchführung die Harmonisierung der Asylpolitik gefördert hat, mit den aufgrund der bisherigen Erfahrungen erforderlichen Änderungen beibehalten werden.
- (6)
- Die Einheit der Familie sollte gewahrt werden, soweit dies mit den sonstigen Zielen vereinbar ist, die mit der Festlegung von Kriterien und Verfahren zur Bestimmung des für die Prüfung eines Asylantrags zuständigen Mitgliedstaats angestrebt werden.
- (7)
- Die gemeinsame Bearbeitung der Asylanträge der Mitglieder einer Familie durch ein und denselben Mitgliedstaat ermöglicht eine genauere Prüfung der Anträge und kohärente damit zusammenhängende Entscheidungen. Die Mitgliedstaaten sollten von den Zuständigkeitskriterien abweichen können, um eine räumliche Annäherung von Familienmitgliedern vorzunehmen, sofern dies aus humanitären Gründen erforderlich ist.
- (8)
- Die schrittweise Schaffung eines Raums ohne Binnengrenzen, in dem der freie Personenverkehr gemäß den Bestimmungen des Vertrags zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft gewährleistet wird, sowie die Festsetzung der Gemeinschaftspolitiken zu den Einreise- und Aufenthaltsbedingungen einschließlich allgemeiner Anstrengungen zur Verwaltung der Außengrenzen erfordern die Erreichung eines Gleichgewichts der Zuständigkeitskriterien im Geiste der Solidarität.
- (9)
- Die Durchführung dieser Verordnung kann dadurch erleichtert und ihre Wirksamkeit erhöht werden, dass die Mitgliedstaaten bilaterale Vereinbarungen treffen, die darauf abzielen, die Kommunikation zwischen den zuständigen Dienststellen zu verbessern, die Verfahrensfristen zu verkürzen, die Bearbeitung von Aufnahme- oder Wiederaufnahmegesuchen zu vereinfachen oder Modalitäten für die Durchführung von Überstellungen festzulegen.
- (10)
- Die Kontinuität zwischen dem im Dubliner Übereinkommen festgelegten Verfahren zur Bestimmung des zuständigen Staates und dem in dieser Verordnung vorgesehenen Ansatz sollte sichergestellt werden. Außerdem sollte die Kohärenz zwischen dieser Verordnung und der Verordnung (EG) Nr. 2725/2000 des Rates vom 11. Dezember 2000 über die Einrichtung von „Eurodac” für den Vergleich von Fingerabdrücken zum Zweck der effektiven Anwendung des Dubliner Übereinkommens(5) sichergestellt werden.
- (11)
- Durch den Betrieb des mit Verordnung (EG) Nr. 2725/2000 geschaffenen Eurodac-Systems und insbesondere durch die Anwendung der Artikel 4 und 8 jener Verordnung sollte die Durchführung dieser Verordnung erleichtert werden.
- (12)
- In Bezug auf die Behandlung von Personen, die unter den Geltungsbereich dieser Verordnung fallen, sind die Mitgliedstaaten gehalten, die Verpflichtungen der völkerrechtlichen Instrumente einzuhalten, bei denen sie Vertragsparteien sind.
- (13)
- Die zur Durchführung dieser Verordnung erforderlichen Maßnahmen sollten gemäß dem Beschluss 1999/468/EG des Rates vom 28. Juni 1999 zur Festlegung der Modalitäten für die Ausübung der der Kommission übertragenen Durchführungsbefugnisse(6) erlassen werden.
- (14)
- Die Durchführung der Verordnung sollte regelmäßig bewertet werden.
- (15)
- Die Verordnung steht im Einklang mit den Grundrechten und Grundsätzen, die insbesondere mit der Charta der Grundrechte der Europäischen Union(7) anerkannt wurden. Sie zielt insbesondere darauf ab, die uneingeschränkte Wahrung des in Artikel 18 verankerten Rechts auf Asyl zu gewährleisten.
- (16)
- Da das Ziel der beabsichtigten Maßnahme, nämlich die Festlegung von Kriterien und Verfahren zur Bestimmung des Mitgliedstaats, der für die Prüfung eines Asylantrags zuständig ist, den ein Drittstaatsangehöriger in einem Mitgliedstaat gestellt hat, auf Ebene der Mitgliedstaaten nicht ausreichend erreicht werden kann und daher wegen des Umfangs und der Wirkungen der Maßnahme besser auf Gemeinschaftsebene zu erreichen ist, kann die Gemeinschaft im Einklang mit dem in Artikel 5 des Vertrags niedergelegten Subsidiaritätsprinzip tätig werden. Entsprechend dem in demselben Artikel genannten Verhältnismäßigkeitsprinzip geht diese Verordnung nicht über das für die Erreichung dieses Ziels erforderliche Maß hinaus.
- (17)
- Entsprechend Artikel 3 des Protokolls über die Position des Vereinigten Königreichs und Irlands, das dem Vertrag über die Europäische Union und dem Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft beigefügt ist, haben das Vereinigte Königreich und Irland mit Schreiben vom 30. Oktober 2001 mitgeteilt, dass sie sich an der Annahme und Anwendung dieser Verordnung beteiligen möchte.
- (18)
- Gemäß den Artikeln 1 und 2 des dem Vertrag über die Europäische Union und dem Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft beigefügten Protokolls über die Position Dänemarks beteiligt sich Dänemark nicht an der Annahme dieser Verordnung, die für Dänemark nicht bindend oder anwendbar ist.
- (19)
- Das Dubliner Übereinkommen bleibt in Kraft und gilt weiterhin zwischen Dänemark und den durch diese Verordnung gebundenen Mitgliedstaaten bis ein Abkommen geschlossen wurde, das Dänemark eine Beteiligung an der Verordnung gestattet —
HAT FOLGENDE VERORDNUNG ERLASSEN:
Fußnote(n):
- (1)
ABl. C 304 E vom 30.10.2001, S. 192.
- (2)
Stellungnahme vom 9. April 2002 (noch nicht im Amtsblatt veröffentlicht).
- (3)
ABl. C 125 vom 27.5.2002, S. 28.
- (4)
ABl. C 254 vom 19.8.1997, S. 1.
- (5)
ABl. L 316 vom 15.12.2000, S. 1.
- (6)
ABl. L 184 vom 17.7.1999, S. 23.
- (7)
ABl. C 364 vom 18.12.2000, S. 1.
© Europäische Union 1998-2021
Tipp: Verwenden Sie die Pfeiltasten der Tastatur zur Navigation zwischen Normen.