Präambel VO (EG) 2004/725

DAS EUROPÄISCHE PARLAMENT UND DER RAT DER EUROPÄISCHEN UNION —

gestützt auf den Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft, insbesondere auf Artikel 80 Absatz 2,

auf Vorschlag der Kommission,

nach Stellungnahme des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses(1),

nach Anhörung des Ausschusses der Regionen,

gemäß dem Verfahren des Artikels 251 des Vertrags(2),

in Erwägung nachstehender Gründe:

(1)
Vorsätzliche rechtswidrige Handlungen und insbesondere der Terrorismus gehören zu den schwersten Bedrohungen der Ideale der Demokratie und der Freiheit und der Werte des Friedens, die das Wesen der Europäischen Union ausmachen.
(2)
Die Gefahrenabwehr für die Schifffahrt der Europäischen Gemeinschaft und die Bürger, die diese nutzen, sowie die Umwelt sollte angesichts drohender vorsätzlicher rechtswidriger Handlungen, wie z. B. Terrorakten, Piraterie oder anderen Handlungen gleicher Art, jederzeit sichergestellt werden.
(3)
Beim Transport von Gütern, die besonders gefährliche Substanzen enthalten, wie chemische und radioaktive Stoffe, sind die potenziellen Folgen der sich aus vorsätzlichen rechtswidrigen Handlungen für die Unionsbürger und die Umwelt ergebenden Gefahren erheblich.
(4)
Die Diplomatische Konferenz der Internationalen Seeschifffahrtsorganisation (IMO) hat am 12. Dezember 2002 Änderungen des Internationalen Übereinkommens von 1974 zum Schutz des menschlichen Lebens auf See (SOLAS-Übereinkommen) sowie einen Internationalen Code für die Gefahrenabwehr auf Schiffen und in Hafenanlagen (ISPS-Code) verabschiedet. Diese Vorschriften sollen die Gefahrenabwehr auf Schiffen, die im internationalen Handel eingesetzt werden, und der zugehörigen Hafenanlagen verbessern; sie umfassen zwingende Bestimmungen, deren Anwendungsbereich in der Gemeinschaft präzisiert werden sollte, sowie Empfehlungen, von denen einige innerhalb der Gemeinschaft zwingend vorgeschrieben werden sollten.
(5)
Unbeschadet der Vorschriften der Mitgliedstaaten im Bereich der nationalen Gefahrenabwehr und der Maßnahmen, die aufgrund des Titels VI des Vertrags über die Europäische Union getroffen werden können, sollte die Verwirklichung des in Erwägungsgrund 2 genannten Ziels der Gefahrenabwehr durch die Annahme geeigneter Maßnahmen im Bereich der Schifffahrtspolitik erfolgen, mit denen gemeinsame Normen für die Auslegung, Umsetzung und Überwachung in der Gemeinschaft der von der IMO am 12. Dezember 2002 angenommenen Bestimmungen festgelegt werden. Der Kommission sollten Durchführungskompetenzen zum Erlass detaillierter Durchführungsbestimmungen übertragen werden.
(6)
Diese Verordnung berücksichtigt die grundlegenden Rechte und anerkannten Grundsätze, insbesondere die Charta der Grundrechte der Europäischen Union.
(7)
Die Gefahrenabwehr sollte nicht nur für Schiffe, die im internationalen Seeverkehr eingesetzt werden, und für die ihnen dienenden Hafenanlagen erhöht werden, sondern auch für innerhalb der Gemeinschaft im nationalen Seeverkehr eingesetzte Schiffe und für die ihnen dienenden Hafenanlagen; dies gilt angesichts der großen Zahl von Fahrgästen, die dieser Verkehr Gefahren aussetzt, insbesondere für Fahrgastschiffe.
(8)
Teil B des ISPS-Codes umfasst eine Reihe von Empfehlungen, die innerhalb der Gemeinschaft zwingend vorgeschrieben werden sollten, um die Verwirklichung des in Erwägungsgrund 2 genannten Ziels der Gefahrenabwehr auf einheitliche Weise zu erreichen.
(9)
Um zu dem anerkannten und notwendigen Ziel der Förderung des innergemeinschaftlichen Kurzstreckenseeverkehrs beizutragen, sollten die Mitgliedstaaten aufgefordert werden, im Hinblick auf Regel 11 der besonderen Maßnahmen zur Erhöhung der Gefahrenabwehr in der Schifffahrt des SOLAS-Übereinkommens die Übereinkünfte über Vorkehrungen zur Gefahrenabwehr in der innergemeinschaftlichen Linienschifffahrt auf festen Strecken unter Nutzung spezifischer zugehöriger Hafenanlagen zu schließen, ohne das allgemein angestrebte Niveau der Gefahrenabwehr zu beeinträchtigen.
(10)
Die ständige Anwendung aller in dieser Verordnung vorgesehenen Regeln zur Gefahrenabwehr könnte bei Hafenanlagen in Häfen, die nur gelegentlich dem internationalen Seeverkehr dienen, unverhältnismäßig sein. Die Mitgliedstaaten sollten unter Berücksichtigung der von ihnen durchgeführten Risikobewertungen bestimmen, welche Häfen betroffen sind, und die Ersatzmaßnahmen festlegen, die ein angemessenes Schutzniveau gewährleisten.
(11)
Die Mitgliedstaaten sollten die Einhaltung der Vorschriften zur Gefahrenabwehr durch Schiffe, die in einen Hafen der Gemeinschaft einzulaufen beabsichtigen, ungeachtet deren Herkunft, wachsam kontrollieren. Die betreffenden Mitgliedstaaten sollten eine „zuständige Behörde für die Gefahrenabwehr im Seeverkehr” benennen, die mit der Koordinierung, Umsetzung und Überwachung der Anwendung der in dieser Verordnung vorgeschriebenen Maßnahmen zur Gefahrenabwehr auf Schiffen und in Hafenanlagen betraut ist. Diese Behörde sollte von jedem Schiff, das beabsichtigt, in den Hafen einzulaufen, im Voraus Informationen über sein internationales Zeugnis zur Gefahrenabwehr an Bord und über die Gefahrenstufen, die für seinen Betrieb gelten oder zuvor gegolten haben, sowie alle weiteren praktischen Informationen zur Gefahrenabwehr verlangen.
(12)
Den Mitgliedstaaten sollte gestattet sein, beim innergemeinschaftlichen oder nationalen Liniendienst im Seeverkehr Freistellungen von dem systematischen Erfordernis der Vorlage der in Erwägungsgrund 11 genannten Informationen zu gewähren, sofern die Unternehmen, die diese Dienste betreiben, auf Anfrage der zuständigen Behörden des Mitgliedstaats in der Lage sind, diese Informationen jederzeit zur Verfügung zu stellen.
(13)
Die Kontrollen zur Gefahrenabwehr im Hafen können von den zuständigen Behörden der Mitgliedstaaten für die Gefahrenabwehr vorgenommen werden, hinsichtlich des internationalen Zeugnisses über die Gefahrenabwehr an Bord eines Schiffes jedoch auch von Inspektoren im Rahmen der Hafenstaatkontrolle gemäß der Richtlinie 95/21/EG des Rates vom 19. Juni 1995 zur Durchsetzung internationaler Normen für die Schiffssicherheit, die Verhütung von Verschmutzung und die Lebens- und Arbeitsbedingungen an Bord von Schiffen, die Gemeinschaftshäfen anlaufen und in Hoheitsgewässern der Mitgliedstaaten fahren (Hafenstaatkontrolle)(3). Sofern unterschiedliche Behörden beteiligt sind, ist daher vorzusehen, dass sich diese gegenseitig ergänzen.
(14)
Angesichts der Tatsache, dass an der Umsetzung der Maßnahmen zur Gefahrenabwehr unterschiedliche Stellen beteiligt sind, sollte jeder Mitgliedstaat eine einzige zuständige Behörde benennen, die auf nationaler Ebene mit der Koordinierung und Überwachung der Anwendung der Maßnahmen zur Gefahrenabwehr in der Schifffahrt betraut ist. Die Mitgliedstaaten sollten die notwendigen Mittel bereitstellen und einen nationalen Plan für die Durchführung dieser Verordnung aufstellen, um das in Erwägungsgrund 2 genannte Ziel der Gefahrenabwehr zu erreichen, insbesondere einen Zeitplan für die vorgezogene Durchführung bestimmter Maßnahmen gemäß der am 12. Dezember 2002 angenommenen Entschließung Nr. 6 der Diplomatischen Konferenz der IMO. Die Wirksamkeit der Kontrollen der Durchführung jedes nationalen Systems sollte Gegenstand von Inspektionen sein, die von der Kommission überwacht werden.
(15)
Die wirksame und einheitliche Anwendung der Maßnahmen dieser Politik wirft wichtige Fragen zu ihrer Finanzierung auf. Die Finanzierung der Kosten bestimmter zusätzlicher Sicherheitsmaßnahmen darf nicht zu Wettbewerbsverzerrungen führen. In diesem Sinne sollte die Kommission unverzüglich eine Studie durchführen (insbesondere zur Klärung der Frage der Aufteilung der Finanzierung zwischen den öffentlichen Behörden und den Betreibern unbeschadet der Aufteilung der Zuständigkeiten zwischen den Mitgliedstaaten und der Gemeinschaft) und dem Europäischen Parlament und dem Rat gegebenenfalls die Ergebnisse sowie eventuelle Vorschläge übermitteln.
(16)
Die zur Durchführung dieser Verordnung erforderlichen Maßnahmen sollten gemäß dem Beschluss 1999/468/EG des Rates vom 28. Juni 1999 zur Festlegung der Modalitäten für die Ausübung der der Kommission übertragenen Durchführungsbefugnisse(4) erlassen werden. Dazu sollte ein Verfahren zur Anpassung dieser Verordnung im Lichte der gewonnenen Erfahrungen vorgesehen werden, um der Weiterentwicklung der internationalen Instrumente Rechnung zu tragen und andere Bestimmungen von Teil B des ISPS-Codes, die von dieser Verordnung nicht bereits jetzt verbindlich vorgeschrieben werden, verbindlich zu machen.
(17)
Da die Ziele dieser Verordnung, nämlich die Schaffung und Umsetzung geeigneter Maßnahmen im Bereich der Seeverkehrspolitik, auf Ebene der Mitgliedstaaten nicht ausreichend erreicht werden können und daher wegen der europäischen Dimension dieser Verordnung besser auf Gemeinschaftsebene zu erreichen sind, kann die Gemeinschaft im Einklang mit dem in Artikel 5 des Vertrags niedergelegten Subsidiaritätsprinzip tätig werden. Entsprechend dem in demselben Artikel niedergelegten Verhältnismäßigkeitsprinzip geht diese Verordnung nicht über das für die Erreichung dieser Ziele erforderliche Maß hinaus —

HABEN FOLGENDE VERORDNUNG ERLASSEN:

Fußnote(n):

(1)

ABl. C 32 vom 5.2.2004, S. 21.

(2)

Stellungnahme des Europäischen Parlaments vom 19. November 2003 (noch nicht im Amtsblatt veröffentlicht) und Beschluss des Rates vom 22. März 2004.

(3)

ABl. L 157 vom 7.7.1995, S. 1. Zuletzt geändert durch die Richtlinie 2002/84/EG des Europäischen Parlaments und des Rates (ABl. L 324 vom 29.11.2002, S. 53).

(4)

ABl. L 184 vom 17.7.1999, S. 23.

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