Präambel VO (EG) 2004/773

DIE KOMMISSION DER EUROPÄISCHEN GEMEINSCHAFTEN —

gestützt auf den Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft,

gestützt auf das Abkommen über den Europäischen Wirtschaftsraum,

gestützt auf die Verordnung (EG) Nr. 1/2003 des Rates vom 16. Dezember 2002 zur Durchführung der in den Artikeln 81 und 82 des Vertrags niedergelegten Wettbewerbsregeln(1), insbesondere auf Artikel 33,

nach Anhörung des Beratenden Ausschusses für Kartell- und Monopolfragen,

in Erwägung nachstehender Gründe:

(1)
Nach der Verordnung (EG) Nr. 1/2003 ist die Kommission ermächtigt, bestimmte Aspekte der Verfahren zur Anwendung der Artikel 81 und 82 EG-Vertrag zu regeln. Es ist notwendig, Vorschriften zu erlassen, um die Einleitung von Verfahren durch die Kommission, die Bearbeitung von Beschwerden sowie die Anhörung der Parteien zu regeln.
(2)
Gemäß der Verordnung (EG) Nr. 1/2003 müssen die einzelstaatlichen Gerichte es vermeiden, Entscheidungen zu erlassen, die einer Entscheidung zuwiderlaufen, die die Kommission in derselben Sache zu erlassen beabsichtigt. Nach Artikel 11 Absatz 6 der genannten Verordnung entfällt die Zuständigkeit der einzelstaatlichen Wettbewerbsbehörden, wenn die Kommission ein Verfahren zum Erlass einer Entscheidung nach Kapitel III der Verordnung (EG) Nr. 1/2003 eingeleitet hat. Es ist daher wichtig, dass die Gerichte und Wettbewerbsbehörden der Mitgliedsstaaten von der Einleitung eines Verfahrens durch die Kommission Kenntnis erhalten. Die Kommission sollte deshalb ihre verfahrenseinleitenden Beschlüsse bekannt machen können.
(3)
Befragt die Kommission natürliche oder juristische Personen mit deren Zustimmung, so sollte sie diese Personen zuvor über die Rechtsgrundlage und die Freiwilligkeit dieser Befragung belehren. Auch sollte ihnen der Zweck der Befragung sowie die etwaige Aufzeichnung dieser Befragung mitgeteilt werden. Im Interesse der Richtigkeit der Aussagen sollte den Befragten Gelegenheit gegeben werden, die aufgezeichneten Aussagen zu berichtigen. Sanktionen gegen natürliche Personen dürfen nur dann auf aus Aussagen gewonnene und nach Artikel 12 der Verordnung (EG) Nr. 1/2003 ausgetauschte Informationen gestützt werden, wenn die Voraussetzungen dieses Artikels erfüllt sind.
(4)
Nach Artikel 23 Absatz 1 Buchstabe d) der Verordnung (EG) Nr. 1/2003 können Unternehmen und Unternehmensvereinigungen mit einer Geldbuße belegt werden, wenn sie es versäumen, innerhalb der von der Kommission gesetzten Frist eine unrichtige, unvollständige oder irreführende Antwort zu berichtigen, die ein Mitglied ihrer Belegschaft im Rahmen einer Nachprüfung erteilt hat. Es ist daher notwendig, die über die Befragung angefertigten Aufzeichnungen dem betreffenden Unternehmen zu übermitteln, und ein Verfahren vorzusehen, um dem Unternehmen Gelegenheit zu geben, die Erläuterungen von Mitgliedern seiner Belegschaft, die nicht zur Erteilung von Auskünften im Namen des Unternehmens befugt sind oder waren, durch Berichtigungen, Änderungen oder Zusätze zu ergänzen. Die Aussagen von Mitgliedern der Belegschaft sollten so, wie sie bei der Nachprüfung aufgezeichnet worden sind, in der bei der Kommission geführten Akte verbleiben.
(5)
Beschwerden stellen eine wesentliche Informationsquelle zur Aufdeckung von Zuwiderhandlungen gegen das Wettbewerbsrecht dar. Es ist wichtig, klare und effiziente Verfahren zur Behandlung der bei der Kommission erhobenen Beschwerden festzulegen.
(6)
Beschwerden im Sinne von Artikel 7 der Verordnung (EG) Nr. 1/2003 sind nur dann zulässig, wenn sie bestimmte festgelegte Angaben enthalten.
(7)
Um den Beschwerdeführern bei der Vorlage der notwendigen Sachverhaltsangaben behilflich zu sein, sollte ein Formblatt erstellt werden. Eine Eingabe sollte nur dann als Beschwerde im Sinne von Artikel 7 der Verordnung (EG) Nr. 1/2003 behandelt werden, wenn die in dem Formblatt aufgeführten Angaben vorgelegt werden.
(8)
Natürliche oder juristische Personen, die sich für eine Beschwerde entschieden haben, sollten Gelegenheit erhalten, an dem von der Kommission zwecks Feststellung einer Zuwiderhandlung eingeleiteten Verfahren mitzuwirken. Der Zugang zu Geschäftsgeheimnissen und anderen vertraulichen Informationen der anderen Verfahrensbeteiligten sollte ihnen jedoch verwehrt werden.
(9)
Den Beschwerdeführern sollte Gelegenheit zur Äußerung gegeben werden, wenn nach Auffassung der Kommission keine ausreichenden Gründe vorliegen, um der Beschwerde stattzugeben. Weist die Kommission eine Beschwerde ab, weil der Fall bereits von einer einzelstaatlichen Wettbewerbsbehörde behandelt wird oder behandelt worden ist, sollte sie dem Beschwerdeführer die betreffende Behörde nennen.
(10)
Um die Verteidigungsrechte der Unternehmen zu wahren, sollte die Kommission den Parteien rechtliches Gehör gewähren, bevor sie eine Entscheidung trifft.
(11)
Geregelt werden sollte auch die Anhörung von Personen, die weder Beschwerdeführer im Sinne von Artikel 7 der Verordnung (EG) Nr. 1/2003 sind noch Parteien, an die eine Mitteilung der Beschwerdepunkte gerichtet worden ist, die aber ein ausreichendes Interesse geltend machen können. Bei Verbraucherverbänden, die beantragen gehört zu werden, sollte allgemein ein ausreichendes Interesse unterstellt werden, wenn das Verfahren Produkte oder Dienstleistungen für Endverbraucher oder Produkte oder Dienstleistungen betrifft, die direkt in diese Produkte oder Dienstleistungen einfließen. Die Kommission sollte darüber hinaus andere Personen auffordern können, sich schriftlich zu äußern und an der Anhörung der Parteien, an die eine Mitteilung der Beschwerdepunkte gerichtet worden ist, teilzunehmen, wenn sie dies als dem Verfahren förderlich erachtet. Sie sollte diese Personen gegebenenfalls auch zur Äußerung in dieser Anhörung auffordern können.
(12)
Um Anhörungen effizienter zu gestalten, sollte der Anhörungsbeauftragte den Parteien, Beschwerdeführern, anderen geladenen Personen, den Dienststellen der Kommission und den Behörden der Mitgliedstaaten gestatten können, während der Anhörung Fragen zu stellen.
(13)
Bei der Gewährung von Akteneinsicht sollte die Kommission den Schutz von Geschäftsgeheimnissen und anderen vertraulichen Informationen sicherstellen. Die Kategorie „andere vertrauliche Informationen” umfasst Informationen, die keine Geschäftsgeheimnisse sind, aber insoweit als vertraulich angesehen werden können, als ein Unternehmen oder eine Person durch ihre Offenlegung erheblich geschädigt werden können. Die Kommission sollte von den Unternehmen oder Unternehmensvereinigungen, die Unterlagen oder Erklärungen vorlegen oder vorgelegt haben, die Kenntlichmachung vertraulicher Informationen verlangen können.
(14)
Sind Geschäftsgeheimnisse oder vertrauliche Informationen zum Nachweis einer Zuwiderhandlung erforderlich, sollte die Kommission bei jedem einzelnen Schriftstück prüfen, ob das Bedürfnis, es offen zu legen, größer ist als der Schaden, der aus dieser Offenlegung entstehen könnte.
(15)
Im Interesse der Rechtssicherheit sollte für die Vorlage der in dieser Verordnung vorgesehenen Mitteilungen und Ausführungen eine Mindestfrist festgesetzt werden.
(16)
Diese Verordnung ersetzt die Verordnung (EG) Nr. 2842/98 der Kommission vom 22. Dezember 1998 über die Anhörung in bestimmten Verfahren nach Artikel 85 und 86 EG-Vertrag(2), die aufgehoben werden sollte.
(17)
Die Verfahrensvorschriften im Verkehrssektor werden durch diese Verordnung den allgemeinen für alle Wirtschaftszweige geltenden Verfahrensvorschriften angepasst. Die Verordnung (EG) Nr. 2843/98 der Kommission vom 22. Dezember 1998 über die Form, den Inhalt und die anderen Einzelheiten der Anträge und Anmeldungen nach den Verordnungen (EWG) Nr. 1017/68, (EWG) Nr. 4056/86 und (EWG) Nr. 3975/87 des Rates über die Anwendung der Wettbewerbsregeln auf den Bereich Verkehr(3) sollten daher aufgehoben werden.
(18)
Mit der Verordnung (EG) Nr. 1/2003 wird das Anmelde- und Genehmigungssystem abgeschafft. Die Verordnung (EG) Nr. 3385/94 der Kommission vom 21. Dezember 1994 über die Form, den Inhalt und die anderen Einzelheiten der Anträge und Anmeldungen nach der Verordnung Nr. 17 des Rates(4) sollte dementsprechend aufgehoben werden —

HAT FOLGENDE VERORDNUNG ERLASSEN:

Fußnote(n):

(1)

ABl. L 1 vom 4.1.2003, S. 1; Verordnung geändert durch die Verordnung (EG) Nr. 411/2004 (ABl. L 68 vom 6.3.2004, S. 1).

(2)

ABl. L 354 vom 30.12.1998, S. 18.

(3)

ABl. L 354 vom 30.12.1998, S. 22.

(4)

ABl. L 377 vom 31.12.1994, S. 28.

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