Präambel VO (EG) 2007/907

DER RAT DER EUROPÄISCHEN UNION —

gestützt auf den Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft,

gestützt auf die Verordnung (EG) Nr. 384/96 des Rates vom 22. Dezember 1995 über den Schutz gegen gedumpte Einfuhren aus nicht zur Europäischen Gemeinschaft gehörenden Ländern(1) ( „Grundverordnung” ), insbesondere auf Artikel 11 Absätze 2 und 3,

auf Vorschlag der Kommission nach Anhörung des Beratenden Ausschusses,

in Erwägung nachstehender Gründe:

A.
VERFAHREN
1.
Geltende Maßnahmen
(1)
Im März 1995 führte der Rat mit der Verordnung (EWG) Nr. 477/95(2) einen endgültigen Antidumpingzoll auf die Einfuhren von Harnstoff mit Ursprung in der Russischen Föderation ( „Russland” ) ein. Der Zoll entsprach der Differenz zwischen einem Mindestpreis von 115 ECU/Tonne und dem Nettopreis frei Grenze der Gemeinschaft, unverzollt, sofern der letztgenannte Preis niedriger war. Die Untersuchung, die zur Einführung dieser Maßnahmen führte, wird nachstehend „Ausgangsuntersuchung” genannt. Nach einer Überprüfung wegen des bevorstehenden Außerkrafttretens der Maßnahmen ( „Auslaufüberprüfung” ) gemäß Artikel 11 Absatz 2 der Grundverordnung erließ der Rat die Verordnung (EG) Nr. 901/2001(3) zur Aufrechterhaltung der vorgenannten Maßnahmen. Derzeit gilt ein variabler Zoll, der auf einem Mindesteinfuhrpreis ( „MEP” ) von 115 EUR/Tonne basiert ( „geltende Maßnahmen” ). Die Untersuchung, die zur Aufrechterhaltung der Maßnahmen führte, wird nachstehend „vorausgegangene Auslaufuntersuchung” genannt.
(2)
Im Dezember 2003 stellte der Rat mit der Verordnung (EG) Nr. 2228/2003(4) die teilweise Interimsüberprüfung ohne Änderung der geltenden Maßnahmen ein, die die Kommission gemäß Artikel 11 Absatz 3 der Grundverordnung von Amts wegen eingeleitet hatte, um die Angemessenheit der Form der geltenden Maßnahmen zu prüfen.
2.
Überprüfungsanträge
(3)
Die Kommission veröffentlichte im August 2005 eine Bekanntmachung über das bevorstehende Außerkrafttreten der geltenden Maßnahmen(5). Daraufhin erhielt sie am 9. Februar 2006 einen Antrag auf Überprüfung wegen des bevorstehenden Außerkrafttretens der geltenden Maßnahmen gemäß Artikel 11 Absatz 2 der Grundverordnung sowie einen Antrag auf eine auf die Form der Maßnahmen beschränkte teilweise Interimsüberprüfung gemäß Artikel 11 Absatz 3 der Grundverordnung.
(4)
Diese Anträge wurden vom Europäischen Düngemittelherstellerverband EFMA ( „Antragsteller” ) im Namen von Herstellern eingereicht, auf die ein größerer Teil, in diesem Fall mehr als 50 %, der gesamten Harnstoffproduktion der Gemeinschaft entfällt.
(5)
Der Antragsteller legte hinreichende Anscheinsbeweise dafür vor, dass das Außerkrafttreten der Maßnahmen wahrscheinlich zum Anhalten oder erneuten Auftreten des Dumpings und der Schädigung des Wirtschaftszweigs der Gemeinschaft im Hinblick auf Einfuhren von Harnstoff mit Ursprung in Russland ( „betroffenes Land” ) führen würde und dass die derzeitige Form der Maßnahmen nicht ausreiche, um die schädigenden Auswirkungen des Dumpings zu beseitigen.
(6)
Darüber hinaus reichte am 14. September 2006 die Joint Stock Company „Mineral and Chemical Company EuroChem” ( „EuroChem” ), ein ausführender Hersteller von Harnstoff in Russland, der den geltenden Antidumpingmaßnahmen unterliegt, einen Antrag auf eine teilweise Interimsüberprüfung der Verordnung (EG) Nr. 901/2001 ein.
(7)
In dem Antrag gemäß Artikel 11 Absatz 3 der Grundverordnung legte das Unternehmen EuroChem Anscheinsbeweise zur Untermauerung seiner Behauptung vor, dass sich in seinem Fall die Umstände, unter denen die Maßnahmen festgelegt wurden, dauerhaft geändert hatten. EuroChem konnte nachweisen, dass ein Vergleich zwischen seinen eigenen Kosten und seinen Ausfuhrpreisen eine deutlich unter dem Niveau der geltenden Maßnahmen liegende Dumpingspanne ergeben würde. EuroChem machte folglich geltend, dass die Aufrechterhaltung der Maßnahmen auf dem derzeitigen Niveau, das sich an der Höhe der vorher festgelegten Schadensspanne orientierte, zur Beseitigung des Dumpings nicht länger erforderlich wäre.
(8)
Die Kommission kam nach Anhörung des Beratenden Ausschusses zu dem Schluss, dass die Beweislage ausreicht, um eine Auslaufüberprüfung gemäß Artikel 11 Absatz 2 der Grundverordnung sowie zwei teilweise Interimsüberprüfungen gemäß Artikel 11 Absatz 3 der Grundverordnung einzuleiten; entsprechende Einleitungsbekanntmachungen(6) wurden im Amtsblatt der Europäischen Union veröffentlicht.
3.
Untersuchung
3.1.
Untersuchungszeitraum
(9)
Bei der Auslaufüberprüfung erstreckte sich die Untersuchung des Anhaltens oder des erneuten Auftretens des Dumpings und der Schädigung über den Zeitraum vom 1. April 2005 bis zum 31. März 2006 ( „Untersuchungszeitraum der Überprüfung” oder „UZÜ” ). Die Analyse der Entwicklungen, die für die Beurteilung der Wahrscheinlichkeit eines Anhaltens oder erneuten Auftretens der Schädigung relevant sind, betraf den Zeitraum von 2002 bis zum Ende des UZÜ ( „Bezugszeitraum” ). Der Zeitraum für die teilweise Interimsüberprüfung, bei der die Angemessenheit der Form der Maßnahmen geprüft wird, deckt sich mit dem Zeitraum der Auslaufüberprüfung. Der Zeitraum für die teilweise Interimsüberprüfung, die sich auf die Untersuchung des Dumpingtatbestands bei dem Unternehmen EuroChem beschränkte, erstreckte sich vom 1. Oktober 2005 bis zum 30. September 2006.
3.2.
Von der Überprüfung betroffene Parteien
(10)
Die Kommission unterrichtete die ausführenden Hersteller in Russland, die bekanntermaßen betroffenen Einführer und Verwender sowie deren Verbände, die Vertreter des betroffenen Ausfuhrlandes, den Antragsteller und die bekannten Gemeinschaftshersteller offiziell über die Einleitung der beiden Überprüfungen. Interessierte Parteien erhielten Gelegenheit, innerhalb der in der Einleitungsbekanntmachung gesetzten Frist schriftlich Stellung zu nehmen und eine Anhörung zu beantragen.
(11)
Die Kommission unterrichtete offiziell EuroChem, den Antragsteller der Überprüfung wegen des bevorstehenden Außerkrafttretens der bestehenden Maßnahmen und der Interimsüberprüfung beschränkt auf die Form der Maßnahmen, sowie die Vertreter Russlands. Interessierte Parteien erhielten Gelegenheit, innerhalb der in der Einleitungsbekanntmachung gesetzten Frist schriftlich Stellung zu nehmen und eine Anhörung zu beantragen.
(12)
Alle interessierten Parteien, die einen entsprechenden Antrag stellten und nachwiesen, dass besondere Gründe für ihre Anhörung sprachen, wurden gehört.
(13)
Bei der Auslaufüberprüfung und bei der auf die Form der Maßnahmen beschränkten teilweisen Interimsüberprüfung erschien es der Kommission angesichts der Vielzahl von Gemeinschaftsherstellern, Einführern in der Gemeinschaft und ausführenden Herstellern in Russland geboten, gemäß Artikel 17 der Grundverordnung zu prüfen, ob mit einer Stichprobe gearbeitet werden sollte. Damit die Kommission über die Notwendigkeit eines Stichprobenverfahrens entscheiden und gegebenenfalls eine Stichprobe bilden konnte, wurden alle oben genannten Parteien aufgefordert, gemäß Artikel 17 Absatz 2 der Grundverordnung binnen 15 Tagen nach Einleitung der Untersuchung mit der Kommission Kontakt aufzunehmen und ihr die in der Einleitungsbekanntmachung angeforderten Informationen zu übermitteln.
(14)
Von den Einführern in der Gemeinschaft übermittelte lediglich einer die in der Einleitungsbekanntmachung angeforderten Informationen und erklärte sich zu einer weiteren Zusammenarbeit mit den Kommissionsdienststellen bereit. Daher erübrigte sich die Stichprobenbildung für die Einführer.
(15)
Neun Gemeinschaftshersteller füllten das Stichprobenformular ordnungsgemäß aus und erklärten sich offiziell bereit, weiter an der Untersuchung mitzuarbeiten. Von diesen neun Unternehmen wurden vier, die den Untersuchungsergebnissen zufolge in Bezug auf die Produktions- und die Verkaufsmenge von Harnstoff in der Gemeinschaft für den Wirtschaftszweig der Gemeinschaft repräsentativ waren, für die Stichprobe ausgewählt. Die vier Gemeinschaftshersteller der Stichprobe repräsentierten rund 50 % der Gesamtproduktion des unter Randnummer (63) definierten Wirtschaftszweigs der Gemeinschaft, während auf die genannten neun Gemeinschaftshersteller rund 60 % der Gemeinschaftsproduktion im UZÜ entfielen. Diese Stichprobe stellte die größte repräsentative Produktions- und Verkaufsmenge von Harnstoff in der Gemeinschaft dar, die in der zur Verfügung stehenden Zeit angemessen untersucht werden konnte.
(16)
Fünf ausführende Hersteller füllten das Stichprobenformular ordnungsgemäß und fristgerecht aus und erklärten sich offiziell bereit, weiter an der Untersuchung mitzuarbeiten. Auf diese fünf ausführenden Hersteller entfielen im UZÜ 60 % der russischen Harnstoffausfuhren in die Gemeinschaft.
(17)
Die Kommission bildete gemäß Artikel 17 der Grundverordnung anhand des größten Volumens der Harnstoffausfuhren in die Gemeinschaft eine Stichprobe von drei ausführenden Herstellern, die in der zur Verfügung stehenden Zeit angemessen untersucht werden konnte. Auf diese drei ausführenden Hersteller der Stichprobe entfielen im UZÜ 50 % der russischen Harnstoffausfuhren in die Gemeinschaft.
(18)
Die betroffenen Parteien wurden gemäß Artikel 17 Absatz 2 der Grundverordnung zur Stichprobenbildung konsultiert und erhoben keine Einwände.
(19)
Anhand zusätzlicher Informationen wurde im Nachhinein festgestellt, dass einer der drei ausführenden Hersteller der Stichprobe nicht zu den Herstellern mit dem größten Volumen an Ausfuhren in die Gemeinschaft zählte. Er wurde daher aus der Stichprobe herausgenommen und durch den an vierter Stelle stehenden ausführenden Hersteller ersetzt. Auf die geänderte Stichprobe entfielen im UZÜ 48 % der russischen Harnstoffausfuhren in die Gemeinschaft.
(20)
Folglich wurden Fragebogen an die vier Gemeinschaftshersteller der Stichprobe, die drei russischen ausführenden Hersteller der Stichprobe sowie an alle Einführer und Verwender gesandt, die sich gemeldet hatten.
(21)
Die vier Gemeinschaftshersteller der Stichprobe und drei ausführende Hersteller in Russland, sowie ein unabhängiger Einführer und sieben Verwender in der Gemeinschaft sandten die Fragebogen ausgefüllt zurück. Außerdem nahmen mehrere Einführer und Verwender und deren Verbände Stellung, ohne jedoch den Fragebogen zu beantworten.
(22)
Die Kommission holte alle für ihre Analysen als notwendig erachteten Informationen ein, prüfte sie und führte in den Betrieben der nachstehend aufgeführten Unternehmen Kontrollbesuche durch:
B.
BETROFFENE WARE UND GLEICHARTIGE WARE
1.
Betroffene Ware
(23)
Die betroffene Ware ist dieselbe wie in der Ausgangsuntersuchung und in der vorausgegangenen Auslaufuntersuchung, nämlich Harnstoff der KN-Codes 31021010 und 31021090 mit Ursprung in Russland.
(24)
Harnstoff wird im Wesentlichen aus Ammoniak hergestellt, das wiederum aus Erdgas gewonnen wird. Er wird in fester oder flüssiger Form angeboten. Harnstoff in fester Form kann für landwirtschaftliche und industrielle Zwecke verwendet werden. Harnstoff landwirtschaftlicher Qualität findet entweder als Streudünger oder als Futtermittelzusatz Verwendung. Harnstoff industrieller Qualität wird als Rohstoff für bestimmte Leime und Kunststoffe verwendet. Flüssiger Harnstoff kann sowohl als Düngemittel als auch für industrielle Zwecke eingesetzt werden. Obgleich Harnstoff in den genannten unterschiedlichen Formen angeboten wird, bleiben seine chemischen Eigenschaften im Wesentlichen gleich und können für die Zwecke dieses Verfahrens als eine einzige Ware angesehen werden.
2.
Gleichartige Ware
(25)
Wie die Ausgangsuntersuchung und die vorausgegangene Auslaufuntersuchung ergaben auch diese Untersuchungen, dass die betroffene Ware und der von den Gemeinschaftsherstellern hergestellte und auf dem Gemeinschaftsmarkt verkaufte Harnstoff sowie der in Russland hergestellte und auf dem Inlandsmarkt verkaufte Harnstoff dieselben grundlegenden chemischen Eigenschaften aufweisen und im Wesentlichen denselben Verwendungen zugeführt werden. Sie werden daher als gleichartige Waren im Sinne des Artikels 1 Absatz 4 der Grundverordnung angesehen.
C.
WAHRSCHEINLICHKEIT EINES ANHALTENS ODER ERNEUTEN AUFTRETENS DES DUMPINGS
1.
Anhalten des Dumpings im Untersuchungszeitraum der Überprüfung
(26)
Gemäß Artikel 11 Absatz 2 der Grundverordnung wurde untersucht, ob im UZÜ Dumping vorlag und falls ja, ob ein Außerkrafttreten der Maßnahmen aller Wahrscheinlichkeit nach zu einem Anhalten des Dumpings führen würde.
1.1.
Allgemeines
(27)
Wie bereits unter Randnummer (16) erläutert, arbeiteten fünf russische ausführende Harnstoffhersteller an der Untersuchung mit. Auf diese fünf Hersteller entfielen im UZÜ 60 % der Harnstoffausfuhren aus Russland in die Gemeinschaft, was einer Menge von 1,39 Mio. Tonnen entsprach. Die Einfuhren der betroffenen Ware aus Russland in die Gemeinschaft machten 16 % des Gemeinschaftsverbrauchs aus, der im UZÜ 8,98 Mio. Tonnen betrug.
(28)
Die Mitarbeit war somit hoch.
1.2.
Normalwert
(29)
Es ist anzumerken, dass ein ausführender Hersteller zwei verbundene Unternehmen kontrolliert, die beide Harnstoff herstellen und ausführen. Die unter Randnummer (19) genannte Stichprobe umfasst somit vier Unternehmen.
(30)
Zunächst wurde für jedes der vier Unternehmen geprüft, ob die Gesamtmenge der Harnstoffverkäufe auf dem Inlandsmarkt im Sinne des Artikels 2 Absatz 2 der Grundverordnung repräsentativ war, d. h. ob sie mindestens 5 % des gesamten Verkaufsvolumens der in die Gemeinschaft ausgeführten betroffenen Ware ausmachte. Die Untersuchung ergab, dass alle vier Unternehmen repräsentative Harnstoffmengen auf dem Inlandsmarkt verkauften.
(31)
Um festzustellen, ob die Harnstoffverkäufe auf dem Inlandsmarkt im normalen Handelsverkehr erfolgten, mussten die Herstellkosten ermittelt werden. In diesem Zusammenhang sei darauf verwiesen, dass Energiekosten, beispielsweise für Strom und Gas, den Großteil der Herstellkosten ausmachen und einen bedeutenden Anteil an den gesamten Produktionskosten haben. Gemäß Artikel 2 Absatz 5 der Grundverordnung wurde daher geprüft, ob die Aufzeichnungen der betroffenen Parteien die mit der Produktion und dem Verkauf der betreffenden Ware verbundenen Kosten in angemessener Weise widerspiegeln.
(32)
Die Untersuchung erbrachte keinen Hinweis darauf, dass die Aufzeichnungen die Stromkosten nicht angemessen widerspiegelten. In diesem Zusammenhang sei unter anderem erwähnt, dass die von den russischen Herstellern im UZÜ gezahlten Strompreise den internationalen Marktpreisen entsprachen, was ein Vergleich mit anderen Ländern wie Kanada und Norwegen bestätigte. Bei den Gaspreisen verhielt es sich indessen anders.
(33)
Anhand der Daten international anerkannter und auf Energiemärkte spezialisierter Quellen wurde festgestellt, dass die von den russischen Herstellern gezahlten Preise ungewöhnlich niedrig waren. Sie betrugen ein Fünftel des Ausfuhrpreises für russisches Erdgas und lagen auch erheblich unter dem von den Gemeinschaftsherstellern gezahlten Preis. Alle verfügbaren Informationen deuten darauf hin, dass die russischen Inlandsgaspreise reguliert waren und weit unter den Marktpreisen lagen, die auf nichtregulierten Märkten für Erdgas gezahlt werden. Da die Gaskosten in den Aufzeichnungen der vier Unternehmen nicht angemessen widergespiegelt waren, mussten sie gemäß Artikel 2 Absatz 5 der Grundverordnung berichtigt werden. Dementsprechend wurden auch die Herstellkosten der Unternehmen der Stichprobe berichtigt.
(34)
Da für den russischen Inlandsmarkt keine unverzerrten Gaspreise verfügbar waren, mussten die Gaspreise gemäß Artikel 2 Absatz 5 der Grundverordnung „auf einer anderen angemessenen Grundlage einschließlich Informationen aus anderen repräsentativen Märkten” ermittelt werden. Für die Preisberichtigung wurde der Durchschnittspreis für russisches Gas bei der Ausfuhr an der deutsch/tschechischen Grenze (Grenzübergang Waidhaus), abzüglich Transportkosten, herangezogen. Waidhaus ist der Hauptumschlagplatz für russische Gaslieferungen in die EU, die den größten Abnehmer für russisches Erdgas darstellt und in der die Preise die Kosten angemessen widerspiegeln; daher kann dieser Markt als repräsentativ angesehen werden.
(35)
Nach der oben genannten Berichtigung der Herstellkosten wiesen nur noch zwei Unternehmen repräsentative Inlandsverkäufe im normalen Handelsverkehr auf. Zur Ermittlung des Normalwerts für diese beiden Unternehmen wurden gemäß Artikel 2 Absatz 2 der Grundverordnung ihre Inlandsverkäufe der gleichartigen Ware zugrunde gelegt.
(36)
Der Normalwert für die beiden anderen Unternehmen wurde gemäß Artikel 2 Absatz 1 der Grundverordnung anhand der Inlandsverkaufspreise der beiden unter Randnummer (35) genannten Hersteller mit repräsentativen Inlandsverkäufen im normalen Handelsverkehr ermittelt. Aus Gründen der Vertraulichkeit konnte diese Information nicht im Einzelnen offen gelegt werden, da eines der beiden Unternehmen, von dem die Information stammt, mit einem Unternehmen verbunden war, für das der Normalwert ermittelt wurde. Im Falle der Offenlegung wäre es diesem Unternehmen daher möglich gewesen, vertrauliche Geschäftsdaten des anderen Unternehmens zu rekonstruieren.
1.3.
Ausfuhrpreis
(37)
In allen Fällen, in denen die Ausfuhren der betroffenen Ware an unabhängige Abnehmer in der Gemeinschaft gingen, wurde der Ausfuhrpreis gemäß Artikel 2 Absatz 8 der Grundverordnung anhand der tatsächlich gezahlten oder zu zahlenden Ausfuhrpreise berechnet.
(38)
Für einen ausführenden Hersteller, der die Verkäufe über einen verbundenen Händler in der Schweiz abwickelte, wurde der Ausfuhrpreis auf der Grundlage der Weiterverkaufspreise, die der verbundene Händler unabhängigen Abnehmern in Rechnung stellte, rechnerisch ermittelt. Dabei wurden Berichtigungen für alle zwischen dem Kauf und dem Weiterverkauf getragenen Kosten einschließlich Frachtkosten und VVG-Kosten vorgenommen sowie zur Berücksichtigung einer angemessenen Gewinnspanne.
1.4.
Vergleich
(39)
Der Normalwert und der Ausfuhrpreis wurden auf der Stufe ab Werk miteinander verglichen. Im Interesse eines gerechten Vergleichs des Normalwerts mit dem Ausfuhrpreis wurden gemäß Artikel 2 Absatz 10 der Grundverordnung für Unterschiede, die die Preise und ihre Vergleichbarkeit beeinflussten, gebührende Berichtigungen vorgenommen. Entsprechende Berichtigungen erfolgten für Unterschiede bei Transport-, Bereitstellungs-, Verlade- und Nebenkosten, Kreditkosten, Provisionen und Verpackungskosten, sofern sie gerechtfertigt und stichhaltig belegt waren.
1.5.
Anhalten des Dumpings
(40)
Zur Ermittlung der Dumpingspanne für jeden ausführenden Hersteller wurde gemäß Artikel 2 Absätze 11 und 12 der Grundverordnung der gewogene durchschnittliche Normalwert mit dem gewogenen durchschnittlichen Ausfuhrpreis verglichen.
(41)
Die Untersuchung ergab, dass das Dumping im UZÜ meist niedriger war als bei der vorausgegangenen Auslaufuntersuchung. Dennoch sind die Dumpingspannen, ausgedrückt in Prozent des cif-Preises frei Grenze der Gemeinschaft, unverzollt, mit Werten zwischen 6 % und 23 % erheblich.
2.
Wahrscheinlichkeit eines Anhaltens des Dumpings
2.1.
Auswirkungen des Aufhebens der geltenden Maßnahmen auf die gedumpten Einfuhren
(42)
Wie unter Randnummer (1) bereits erwähnt, handelt es sich bei den derzeit geltenden Maßnahmen um einen MEP von 115 EUR/Tonne. Die Preise für russische Harnstoffausfuhren in die Gemeinschaft wurden zwar zunächst durch den MEP beeinflusst, lagen jedoch ab 2003 deutlich darüber (vgl. Randnummer (67)), im UZÜ um durchschnittlich 68 %.
(43)
Daher kann der Schluss gezogen werden, dass sich die derzeit geltenden Maßnahmen weder auf die Preise noch auf die Mengen der Harnstoffausfuhren aus Russland auswirkten. Folglich ist auch nicht davon auszugehen, dass sich eine Aufhebung der Maßnahmen auf die Preise oder die Mengen der Harnstoffausfuhren aus Russland auswirken wird.
(44)
Dessen ungeachtet wurde auch geprüft, welche Auswirkungen i) bestehende russische Kapazitätsreserven und etwaige neue Kapazitäten sowie ii) eine eventuelle Umleitung anderer Verkäufe in die Gemeinschaft haben könnten (siehe unten).
2.2.
Kapazitätsreserven
(45)
Der Antragsteller legte in seinem Überprüfungsantrag Nachweise dafür vor, dass in Russland im Zeitraum 2005—2007 mit insgesamt neun Projekten (Modernisierungen, Aufrüstungen und Beseitigung von Kapazitätsengpässen) beträchtliche neue Kapazitäten geschaffen werden sollten, was einem Ausbau der bestehenden Kapazitäten um mindestens 10 % entspräche.
2.2.1.
Kooperierende Hersteller
(46)
Es wurden die möglichen Auswirkungen bestehender Kapazitätsreserven untersucht. Die russischen Hersteller der Stichprobe konnten ihre Produktionskapazität um rund 5 % ausbauen und ihre Produktion im Bezugszeitraum um etwa 15 % steigern. Daher sind ihre nominellen Kapazitätsreserven erheblich zurückgegangen (auf 170000 Tonnen, was rund 6 % der Produktionskapazität entspricht).
(47)
Fünf der neun im Antrag genannten Projekte betrafen kooperierende ausführende Hersteller. Zwei Projekte wurden bereits im Bezugszeitraum abgeschlossen, so dass sich für den UZÜ keine zusätzlichen Kapazitäten ergaben. Für eines der aufgeführten Projekte wurde ein unerheblicher Kapazitätsanstieg ermittelt.
(48)
Es wurde festgestellt, dass das Unternehmen, das die beiden umfangreichsten Projekte durchführt, auf die der Großteil des unter Randnummer (46) genannten Kapazitätsausbaus entfällt, nicht nur in die Harnstoffproduktion, sondern auch in Produktionsanlagen für nachgelagerte Produkte wie Harnstoff-Formaldehyd-Harze (UF-Harze) und Lösungen von Harnstoff und Ammoniumnitrat (HAN) investiert. Diese Projekte befinden sich entweder schon in einem fortgeschrittenen Stadium oder wurden nach dem UZÜ abgeschlossen. Daher ist davon auszugehen, dass der größte Teil der Produktion aus dem Kapazitätsausbau nicht an unabhängige Abnehmer verkauft, sondern ausschließlich als Ausgangsstoff für die nachgelagerten Produkte verwendet wird. Dieser Teil der Produktion wird daher im folgenden Absatz nicht berücksichtigt.
(49)
Folglich dürfte sich aus den drei Projekten eine für den Verkauf an unabhängige Abnehmer verfügbare zusätzliche Kapazität von schätzungsweise 150000—200000 Tonnen ergeben. Dies entspricht 10 %—15 % der russischen Harnstoffausfuhren in die Gemeinschaft im UZÜ bzw. einem potenziellen Marktanteil von 1,5 %—2 % des Gemeinschaftsmarkts.
2.2.2.
Nicht kooperierende Hersteller
(50)
Angaben des Antragstellers zufolge entsprechen die gesamten Kapazitätsreserven ausgedrückt als Prozentsatz der Produktionskapazität in Russland den für die kooperierenden Hersteller ermittelten Kapazitätsreserven. Daher wird davon ausgegangen, dass die nicht kooperierenden Hersteller ebenfalls über eine Kapazitätsreserve von rund 5 % der Produktionskapazität verfügen, die auf rund 140000 Tonnen im UZÜ geschätzt wurde.
(51)
Vier der neun im Antrag genannten Projekte betrafen nicht kooperierende ausführende Hersteller. Diese Projekte wurden auf der Grundlage der verfügbaren Fakten beurteilt. Bei einem Projekt wurde festgestellt, dass es nicht die betroffene Ware, sondern Methanol betraf. Ein Projekt wurde bereits im Bezugszeitraum abgeschlossen, so dass sich für den UZÜ keine zusätzlichen Kapazitäten ergaben. Bei einem Projekt handelte es sich um eine geringfügige Investition von weniger als 1 Mio. EUR/Jahr, dementsprechend wurden dessen Auswirkungen auf die russischen Produktionskapazitäten als nicht quantifizierbar eingestuft. Das verbleibende Projekt könnte zu einem Kapazitätsausbau von rund 100000 Tonnen führen, was etwa 7 % der russischen Harnstoffausfuhren in die Gemeinschaft im UZÜ bzw. einem potenziellen Marktanteil von 1 % des Gemeinschaftsmarkts entspricht.
2.2.3.
Schlussfolgerung zu den Kapazitätsreserven
(52)
Die Untersuchung ergab, dass die mittelfristig verfügbaren zusätzlichen Kapazitäten knapp 500000 Tonnen ausmachen werden. Da jedoch ein Großteil der zusätzlichen Menge, die aufgrund von Modernisierungen, Aufrüstungen und der Beseitigung von Kapazitätsengpässen produziert wird, ausschließlich als Ausgangsstoff für nachgelagerte Produkte verwendet wird, kommt die Kommission zu dem Schluss, dass lediglich rund die Hälfte dieser Menge zum Verkauf an unabhängige Abnehmer zur Verfügung stehen wird.
(53)
Da der russische Inlandsmarkt bedeutungslos ist und sich dies in Zukunft auch nicht ändern dürfte, werden alle Produktionszuwächse für die Ausfuhr bestimmt sein. Die nominelle Kapazitätsauslastung der russischen Hersteller liegt bei rund 95 %, folglich stehen für die Ausfuhr nur in begrenztem Umfang zusätzliche Mengen zur Verfügung.
(54)
Die bestehenden Kapazitätsreserven und die nicht zum Eigenverbrauch bestimmten zusätzlichen Kapazitäten, die in naher Zukunft zu erwarten sind, machen zusammen rund 550000—600000 Tonnen aus, was etwa 40 % der russischen Gesamtausfuhren in die Gemeinschaft im UZÜ und einem potenziellen Anteil von rund 6 % am Gemeinschaftsmarkt entspricht. Allerdings wird den vom Antragsteller vorgelegten Prognosen von auf Düngemittel spezialisierten Beratungsunternehmen zufolge die weltweite Nachfrage nach Harnstoff voraussichtlich in einem ähnlichen Tempo ansteigen wie der Ausbau der weltweiten Kapazitäten. Daher dürften zusätzliche Mengen, die zur Ausfuhr verfügbar sind, in Regionen mit einer zusätzlichen Nachfrage umgeleitet werden. Ein signifikanter Anstieg der aus Russland in die Gemeinschaft ausgeführten Mengen wäre also nur bei einer entsprechenden Nachfragesteigerung wahrscheinlich. Die zusätzlichen Ausfuhren dürften somit keine negativen Auswirkungen auf das Preisniveau des Gemeinschaftsmarkts haben.
(55)
Daher kann nicht der Schluss gezogen werden, dass sich die russischen Kapazitätsreserven auf das Volumen der gedumpten russischen Ausfuhren in die Gemeinschaft auswirken werden.
2.3.
Wahrscheinlichkeit der Umleitung anderer Verkäufe in die Gemeinschaft
(56)
Im UZÜ lagen die Preise der ausführenden Hersteller der Stichprobe für Ausfuhren in die Gemeinschaft auf der Stufe ab Werk rund 1 %—5 % unter den Ausfuhrpreisen in andere Drittländer. Außerdem überstiegen die Inlandspreise die Ausfuhrpreise in die Gemeinschaft. Dies gilt insbesondere für Unternehmen in abgelegenen Gebieten aufgrund der erheblichen Unterschiede bei den Transportkosten.
(57)
Der Antragsteller brachte vor, dass vor allem in Nordafrika und im Nahen Osten umfangreiche Investitionen in die Produktionskapazitäten für Harnstoff getätigt würden. Die neuen Kapazitäten sollen angeblich dazu führen, dass russische Ausführer auf anderen Märkten geringere Absatzmöglichkeiten haben und deshalb ihre Ausfuhren von Harnstoff in die Gemeinschaft steigern. Anhand der unter Randnummer (54) genannten Schätzungen wurde allerdings festgestellt, dass diese Investitionen keine signifikanten Auswirkungen auf die Angebot-Nachfrage-Situation auf dem Weltmarkt haben werden, da die weltweite Nachfrage voraussichtlich gleichzeitig mit der weltweiten Kapazität ansteigen wird.
(58)
Daher kann nicht der Schluss gezogen werden, dass sich eine Umleitung von Waren in die Gemeinschaft auf das Volumen der gedumpten russischen Ausfuhren in die Gemeinschaft auswirken wird.
2.4.
Schlussfolgerung zur Wahrscheinlichkeit eines Anhaltens des Dumpings
(59)
Aufgrund der vorstehenden Analyse und da sich vor allem die derzeit geltenden Maßnahmen nicht auf die Ausfuhrpreise in die Gemeinschaft auswirken, kommt die Kommission zu dem Schluss, dass im Falle eines Aufhebens der Maßnahmen das Dumping wahrscheinlich anhalten wird.
D.
DEFINITION DES WIRTSCHAFTSZWEIGS DER GEMEINSCHAFT
(60)
In der Gemeinschaft wird die gleichartige Ware von 16 Herstellern hergestellt, deren Produktion als die gesamte Gemeinschaftsproduktion im Sinne des Artikels 4 Absatz 1 der Grundverordnung betrachtet wird. Acht der 16 Unternehmen waren 2004 im Zuge der Erweiterung der Europäischen Union zu den Gemeinschaftsherstellern hinzugekommen.
(61)
Von den 16 Gemeinschaftsherstellern arbeiteten neun Unternehmen, die im Überprüfungsantrag aufgeführt waren, an der Untersuchung mit. Drei weitere Hersteller meldeten sich fristgerecht und erteilten die für die Stichprobenbildung erforderlichen Auskünfte. Allerdings boten sie keine weitere Mitarbeit an. Keiner der Gemeinschaftshersteller erhob Einwände gegen den Überprüfungsantrag.
(62)
Die folgenden neun Hersteller waren kooperationsbereit:
(63)
Auf diese neun Gemeinschaftshersteller entfiel im UZÜ mit einem Anteil von 60 % an der Gemeinschaftsproduktion ein erheblicher Teil der Gemeinschaftsproduktion der gleichartigen Ware. Sie werden daher als Wirtschaftszweig der Gemeinschaft im Sinne des Artikels 4 Absatz 1 und des Artikels 5 Absatz 4 der Grundverordnung angesehen und nachstehend auch als „Wirtschaftszweig der Gemeinschaft” bezeichnet. Die sieben nicht kooperierenden Gemeinschaftshersteller werden nachstehend als „übrige Gemeinschaftshersteller” bezeichnet.
(64)
Wie bereits erwähnt, wurde ein Stichprobe aus vier Unternehmen gebildet. Alle Gemeinschaftshersteller der Stichprobe kooperierten und beantworteten den Fragebogen fristgerecht. Darüber hinaus stellten die übrigen fünf kooperierenden Gemeinschaftshersteller ordnungsgemäß einige allgemeine Daten für die Schadensanalyse bereit.
E.
LAGE AUF DEM GEMEINSCHAFTSMARKT
1.
Gemeinschaftsverbrauch
(65)
Der sichtbare Gemeinschaftsverbrauch an Harnstoff wurde anhand der vom Antragsteller vorgelegten Daten und der Eurostat-Daten für alle Einfuhren in die EU ermittelt. Wegen der Erweiterung der Europäischen Union im Jahr 2004 wurde für den Verbrauch aus Gründen der Klarheit und Kohärenz im gesamten Bezugszeitraum der Markt der EU-25 zugrunde gelegt. Da die Untersuchung vor der erneuten Erweiterung der Gemeinschaft um Bulgarien und Rumänien eingeleitet worden war, beschränkt sich die Analyse auf die Situation der EU-25.
(66)
Von 2002 bis zum UZÜ stieg der Gemeinschaftsverbrauch um 4 %.
2.
Menge, Marktanteil und Preise der Einfuhren aus Russland
(67)
Menge, Marktanteile und Durchschnittspreise der Einfuhren aus Russland entwickelten sich wie unten dargestellt. Die Mengen- und Preisentwicklung basiert auf Eurostat-Daten.
(68)
Bis auf einen Höchststand im Jahr 2004, der auf die Erhöhung der Lagerbestände in den zehn EU-Mitgliedstaaten vor der Erweiterung vom 1. Mai 2004 zurückzuführen war, blieben Menge und Marktanteil der russischen Einfuhren im gesamten Bezugszeitraum relativ konstant. Die Preise der russischen Einfuhren stiegen im Bezugszeitraum von 119 EUR/Tonne auf 193 EUR/Tonne an. Diese Entwicklung spiegelt die auch unter Randnummer (85) beschriebenen günstigen Marktbedingungen wider.
(69)
Die russischen Einfuhrpreise belegen, dass die russischen Hersteller seit Beginn des Bezugszeitraums (2002) die betroffene Ware zu einem Preis in die Gemeinschaft ausführten, der weit über dem Mindesteinfuhrpreis von 115 EUR/Tonne lag.
(70)
Um die Höhe der Preisunterbietung im UZÜ zu berechnen, wurden die Ab-Werk-Preise, die der Wirtschaftszweig der Gemeinschaft unabhängigen Abnehmern in Rechnung stellte, mit den cif-Preisen frei Grenze der Gemeinschaft (berichtigt auf den Anlandepreis) der kooperierenden ausführenden Hersteller des betroffenen Landes verglichen. Der Vergleich ergab, dass die Einfuhren aus Russland die Preise des Wirtschaftszweigs der Gemeinschaft nicht unterboten.
3.
Einfuhren aus anderen Ländern
(71)
Die nachstehende Tabelle zeigt die Menge der Einfuhren aus anderen Drittländern im Bezugszeitraum. Die Mengen- und Preisentwicklung basiert ebenfalls auf Eurostat-Daten.
(72)
Es wird darauf hingewiesen, dass sowohl Ägypten als auch Rumänien ihre Ausfuhren von 2002 bis zum UZÜ verringerten, während Kroatien seine Ausfuhren von etwa 126000 Tonnen im Jahr 2002 auf über 187000 Tonnen im UZÜ steigerte. Kroatiens Anteil am Gemeinschaftsmarkt blieb jedoch konstant bei 1 % bis 2 %. Die Ausfuhrpreise Ägyptens in die Gemeinschaft lagen im gesamten Bezugszeitraum über den Preisen des Wirtschaftszweigs der Gemeinschaft, die Ausfuhrpreise Rumäniens ab 2004. Im Gegensatz dazu lagen die Preise Kroatiens im gesamten Bezugszeitraum unter den Preisen des Wirtschaftszweigs der Gemeinschaft. Kroatien konnte seinen Anteil am Gemeinschaftsmarkt im Bezugszeitraum allerdings nicht ausbauen. Dazu ist anzumerken, dass die Einfuhren aus Kroatien seit Januar 2002 aufgrund der Verordnung (EG) Nr. 92/2002 des Rates(7) einem Antidumpingzoll von 9,01 EUR/Tonne unterliegen.
4.
Wirtschaftliche Lage des Wirtschaftszweigs der Gemeinschaft
(73)
Gemäß Artikel 3 Absatz 5 der Grundverordnung prüfte die Kommission alle Wirtschaftsfaktoren und -indizes, die die Lage des Wirtschaftszweigs der Gemeinschaft beeinflussten.
4.1.
Vorbemerkungen
(74)
Wenn mit Stichproben gearbeitet wird, werden üblicherweise bestimmte Schadensindikatoren (Produktion, Produktionskapazität, Produktivität, Lagerbestände, Verkaufsmengen, Marktanteil, Wachstum und Beschäftigung) für den gesamten Wirtschaftszweig der Gemeinschaft (in den nachfolgenden Tabellen „WZ” abgekürzt) analysiert, während die Schadensindikatoren, die sich auf die Ergebnisse einzelner Unternehmen beziehen (Preise, Rentabilität, Löhne, Investitionen, RoI, Cashflow und Kapitalbeschaffungsmöglichkeiten), anhand der Informationen untersucht werden, die von den Gemeinschaftsherstellern der Stichprobe (in den nachfolgenden Tabellen kurz „SP” ) eingeholt werden.
4.2.
Daten über den Wirtschaftszweig der Gemeinschaft insgesamt
a)
(75)
Abgesehen von einem vorübergehenden leichten Anstieg 2003 lag das Gesamtproduktionsvolumen des Wirtschaftszweigs der Gemeinschaft, einschließlich der Produktion für den Eigenverbrauch, von 2002 bis zum UZÜ konstant bei 4,3 Mio. Tonnen. Auch der Anteil der Produktion für den Eigenverbrauch blieb praktisch unverändert bei rund 20 % der Gesamtproduktion, was verdeutlicht, dass sie keinen schädigenden Einfluss auf den Wirtschaftszweig der Gemeinschaft haben konnte.
b)
(76)
Die Produktionskapazität stieg von 2002 bis zum UZÜ um 5 % leicht an. Da das Produktionsvolumen des WZ konstant blieb, ging die Kapazitätsauslastung im Bezugszeitraum von 84 % im Jahr 2002 auf 81 % im UZÜ leicht zurück. Wie in der vorausgegangenen Auslaufuntersuchung bereits angemerkt, kann das zur Produktion von Harnstoff verwendete Ammonium auch zur Produktion anderer Düngemittel verwendet werden. Dementsprechend wird die Kapazitätsauslastung bei der Harnstoffproduktion auch durch die Entwicklung anderer Düngemittel beeinflusst und ist daher als Schadensindikator weniger aussagekräftig.
c)
(77)
Die Endbestände des Wirtschaftszweigs der Gemeinschaft unterlagen im Bezugszeitraum einigen Schwankungen. Von 2002 bis 2005 war ein Anstieg von 27 % zu verzeichnen, auf den in den drei letzten Monaten des UZÜ (Januar bis März 2006) ein drastischer Rückgang folgte. Die starken Schwankungen bei den Lagerbeständen sind darauf zurückführen, dass die Verkäufe jahreszeitlichen Schwankungen unterliegen und dass der zur Deckung des Eigenbedarfs hergestellte Harnstoff zusammen mit dem auf dem freien Markt verkauften Harnstoff gelagert wird. Aus diesem Grund wird der Lagerbestand als Schadensindikator mit geringerer Aussagekraft angesehen.
d)
(78)
Die Verkäufe des Wirtschaftszweigs der Gemeinschaft auf dem Gemeinschaftsmarkt gingen von 2002 bis zum UZÜ um 3 % leicht zurück.
e)
(79)
Der Marktanteil des Wirtschaftszweigs der Gemeinschaft ging im Bezugszeitraum ebenfalls leicht zurück (von 36,5 % im Jahr 2002 auf 34,0 % im UZÜ).
f)
(80)
Der Wirtschaftszweig der Gemeinschaft verlor im Bezugszeitraum einige Marktanteile (1,5 Prozentpunkte) bei einem leicht wachsenden Markt (4 %). Die eingebüßten Marktanteile wurden nicht von russischen Einfuhren übernommen, denn ihr Marktanteil blieb von 2002 bis zum UZÜ konstant (siehe Randnummer (67)). Angesichts der Tatsache, dass auch der Marktanteil der Einfuhren aus anderen Ländern um 3,5 Prozentpunkte zurückging, ist der Schluss zu ziehen, dass die vom Wirtschaftszweig der Gemeinschaft eingebüßten Marktanteile von anderen Gemeinschaftsherstellern übernommen wurden.
g)
(81)
Die Beschäftigung im Wirtschaftszweig der Gemeinschaft ging von 2002 bis zum UZÜ bei leicht steigender Produktion um 6 % zurück, was auf eine Produktivitätssteigerung hinweist.
h)
(82)
Der Output des Wirtschaftszweigs der Gemeinschaft je Beschäftigten und Jahr stieg von 2002 bis zum UZÜ um 6 %, was auf den Rückgang der Beschäftigung um denselben Prozentsatz bei einer stabilen Produktion zurückzuführen ist.
i)
(83)
Die Auswirkungen der Höhe des für den UZÜ festgestellten tatsächlichen Dumpings auf den Wirtschaftszweig der Gemeinschaft werden aus folgenden Gründen als unerheblich und der Indikator als nicht aussagekräftig angesehen: i) das Volumen der Einfuhren aus Russland war im Bezugszeitraum stabil, ii) die russischen Einfuhrpreise stiegen in diesem Zeitraum deutlich an, iii) im UZÜ wurde keine Preisunterbietung festgestellt und iv) die Finanzlage des Wirtschaftszweigs der Gemeinschaft hatte sich verbessert.
j)
(84)
Die oben und auch im Folgenden geprüften Indikatoren zeigen eine deutliche Verbesserung der Wirtschafts- und Finanzlage des Wirtschaftszweigs der Gemeinschaft.
4.3.
Daten über die Gemeinschaftshersteller der Stichprobe
a)
(85)
Der durchschnittliche Nettostückpreis den die Gemeinschaftshersteller der Stichprobe unabhängigen Abnehmern in Rechnung stellten, stieg von 2002 bis zum UZÜ deutlich an, was die günstigen Bedingungen auf den internationalen Harnstoffmärkten in diesem Zeitraum widerspiegelt.
b)
(86)
Von 2002 bis zum UZÜ stiegen die jährlichen Arbeitskosten je Beschäftigten um 11 % leicht an.
c)
(87)
Die jährlichen Investitionen der vier Hersteller der Stichprobe in die gleichartige Ware entwickelten sich im Bezugszeitraum positiv, d. h. sie nahmen trotz gewisser Schwankungen von 2002 bis zum UZÜ um insgesamt 10 % zu.
d)
(88)
Die Rentabilität der Hersteller der Stichprobe wies von 2002 bis zum UZÜ, in dem sie 16,9 % erreichte, eine deutliche Steigerung auf. Dazu ist anzumerken, dass in der Ausgangsuntersuchung eine Gewinnspanne von 5 % ermittelt wurde, die ohne schädigendes Dumping erreichbar schien. Die Kapitalrendite (RoI), ausgedrückt als der Gewinn in Prozent des Nettobuchwerts der Investitionen, folgte weitgehend dem Trend der Rentabilität. Sie nahm im Bezugszeitraum um mehr als das Dreifache zu.
e)
(89)
Der Cashflow stieg im Bezugszeitraum um mehr als das Dreifache an, was der Entwicklung der Rentabilität und der RoI im Bezugszeitraum entspricht.
(90)
Der Untersuchung zufolge hatten die Gemeinschaftshersteller der Stichprobe keine Schwierigkeiten bei der Kapitalbeschaffung.
5.
Schlussfolgerung
(91)
Der Marktanteil des Wirtschaftszweigs der Gemeinschaft ging von 2002 bis zum UZÜ leicht zurück, dies gilt auch für sein Verkaufsvolumen auf dem Gemeinschaftsmarkt. Die allgemeine Finanzlage des Wirtschaftszweigs der Gemeinschaft hat sich jedoch im Bezugszeitraum gegenüber dem Zeitraum vor der vorausgegangenen Auslaufüberprüfung deutlich verbessert; diese hatte im Jahr 2001 zur Aufrechterhaltung der geltenden Maßnahmen geführt, die seit 1995 in Kraft sind.
(92)
Die Rentabilität der Hersteller der Stichprobe stieg im Bezugszeitraum beträchtlich an und übertraf in jedem Jahr des Bezugszeitraums deutlich die in der Ausgangsuntersuchung als Zielvorgabe festgesetzte Gewinnspanne. Auch die Kapitalrendite und der Cashflow nahmen um ein Vielfaches zu. Das Produktionsvolumen des Wirtschaftszweigs der Gemeinschaft blieb stabil. Die Verkaufspreise der Hersteller der Stichprobe entwickelten sich im gesamten Bezugszeitraum positiv. Die Löhne stiegen mäßig und der Wirtschaftszweig der Gemeinschaft erhielt seine Investitionstätigkeit aufrecht.
(93)
Dabei ist zu beachten, dass die außergewöhnlich positive Entwicklung der Rentabilität des Wirtschaftszweigs der Gemeinschaft zur einer Zeit erfolgte, als die russischen Ausfuhrpreise in die Gemeinschaft trotz Dumpings deutlich über dem MEP lagen. Folglich hatten die russischen Ausfuhrpreise im gesamten Bezugszeitraum keine Auswirkungen auf den Wirtschaftszweig der Gemeinschaft.
(94)
Nach Offenlegung der Feststellungen der Kommission brachte der Antragsteller vor, dass die langfristigen Rentabilitätsanforderungen (gemessen als Umsatzrentabilität) für die Harnstoffindustrie bei 25 % nach Steuern liegen sollte. Dies wurde einen Gewinn vor Steuern von rund 36 % des Umsatzes bedeuten. Der Antragsteller behauptete, die Höhe des Gewinns sei durch die Kosten für die Einrichtung eines neuen Ammonium/Harnstoff-Komplexes gerechtfertigt, der eine Kapitalrendite von 11 % erforderlich mache, was angeblich einem Gewinn vor Steuern von 36 % des Umsatzes entspreche. Hierzu ist anzumerken, dass der Antragsteller zu keinem Zeitpunkt dieses Verfahrens einen dermaßen hohen Gewinn als Zielvorgabe beantragt hatte. In der Ausgangsuntersuchung wurde festgelegt, dass ohne schädigendes Dumping eine Gewinnspanne von 5 % erreicht werden könnte. Darüber hinaus hat das Gericht erster Instanz in seinem Urteil in der Rechtssache T-210/95 bestätigt, dass „der Rat (…) für die Berechnung des zur Beseitigung der fraglichen Schädigung geeigneten Zielpreises nur die Gewinnspanne zugrunde legen darf, die der Wirtschaftszweig der Gemeinschaft unter normalen Wettbewerbsbedingungen ohne die gedumpten Einfuhren vernünftigerweise erwarten könnte” .(8) In derselben Rechtssache wurde bestätigt, dass „das Argument (…), die Gemeinschaftsorgane hätten die Gewinnspanne zu wählen, die für die Sicherung des Überlebens des Wirtschaftszweigs der Gemeinschaft und/oder einen angemessenen Ertrag seines Kapitals erforderlich sei, (…) in der Grundverordnung keine Stütze (finde) ” (9). Im vorliegenden Fall hatte der Antragsteller keinerlei Beweis dafür vorgelegt, dass der Wirtschaftszweig der Gemeinschaft ohne die gedumpten Einfuhren in der Lage gewesen wäre, Renditen in der beantragten Höhe zu erzielen. Ebenso wenig hatte er nachgewiesen, welche Gewinnspanne der Wirtschaftszweig der Gemeinschaft ohne die gedumpten Einfuhren hätte erreichen können. Daher wurde das Vorbringen zurückgewiesen.
(95)
Aus vorstehenden Gründen wird der Schluss gezogen, dass keine anhaltende bedeutende Schädigung des Wirtschaftszweigs der Gemeinschaft vorlag.
F.
WAHRSCHEINLICHKEIT EINES ERNEUTEN AUFTRETENS DER SCHÄDIGUNG
(96)
Da keine anhaltende bedeutende Schädigung durch Einfuhren aus dem betroffenen Land festzustellen war, konzentrierte sich die Analyse auf die Wahrscheinlichkeit eines erneuten Auftretens einer bedeutenden Schädigung bei Aufhebung der geltenden Maßnahmen. Zu diesem Zweck wurde analysiert, weshalb die geltenden Maßnahmen keinen Einfluss auf die russischen Einfuhrvolumen und -preise hatten. Darüber hinaus wurden mögliche Auswirkungen der bestehenden russischen Kapazitätsreserven und etwaiger neuer Kapazitäten sowie die Wahrscheinlichkeit untersucht, dass die russischen Hersteller andere Verkäufe in die Gemeinschaft umleiten.
1.
Keine Beeinflussung des Einfuhrvolumens und der Einfuhrpreise durch geltende Maßnahmen
(97)
Der nachstehenden Tabelle ist zu entnehmen, dass die Preise der russischen Ausfuhren der betroffenen Ware in die Gemeinschaft seit 2002 konstant über dem MEP in Höhe von 115 EUR/Tonne lagen, von 2003 bis zum Ende des Bezugszeitraums überschritten sie den MEP sogar deutlich. Im UZÜ waren die russischen Ausfuhrpreise in die Gemeinschaft im Durchschnitt um 68 % höher als der MEP. Dies macht deutlich, dass die geltenden Maßnahmen spätestens seit 2003 keinen Einfluss auf die russischen Ausfuhrpreise hatten.
(98)
Es gibt keine Anhaltspunkte dafür, dass die russischen ausführenden Hersteller nach dem Aufheben der geltenden Maßnahmen ihre Preise senken werden, denn schließlich war es ihnen auch bislang bereits gelungen, ein deutlich höheres Preisniveau zu halten.
(99)
Darüber hinaus haben die russischen Ausführer, wie unter Randnummer (67) erläutert, ihre Ausfuhrmenge in die Gemeinschaft im gesamten Bezugszeitraum relativ konstant gehalten, obschon die geltenden Maßnahmen seit 2002 keine praktischen Auswirkungen auf die Ausfuhrpreise hatten und folglich kein Hemmnis für eine Steigerung der russischen Ausfuhren darstellten.
(100)
Da sich die geltenden Maßnahmen nicht auf die russischen Ausfuhrmengen auswirkten, ist es wenig wahrscheinlich, dass die russischen ausführenden Hersteller nach dem Aufheben der geltenden Maßnahmen zusätzliche Mengen auf dem Gemeinschaftsmarkt verkaufen würden.
(101)
Da sich die geltenden Maßnahmen weder auf die Ausfuhrpreise der russischen Ausführer, noch auf die von den Gemeinschaftseinführern für dieselben Einfuhren zu zahlenden Preise, noch auf die Mengen der russischen Ausfuhren in die Gemeinschaft auswirkten, wird der Schluss gezogen, dass ein Aufheben der Maßnahmen diese Preise oder Mengen wahrscheinlich nicht beeinflussen würde. Aus diesem Grund hätte ein Aufheben der Maßnahmen keine Auswirkungen auf die Lage des Wirtschaftszweigs der Gemeinschaft. Folglich kann auch nicht der Schluss gezogen werden, dass im Falle eines Aufhebens der geltenden Maßnahmen ein erneutes Auftreten der Schädigung des Wirtschaftszweigs der Gemeinschaft wahrscheinlich ist.
(102)
Ungeachtet der obigen Schlussfolgerung wurden in der Untersuchung auch die verschiedenen Vorbringen des Wirtschaftszweigs der Gemeinschaft hinsichtlich möglicher Auswirkungen bestehender russischer Kapazitätsreserven und etwaiger neuer Kapazitäten sowie hinsichtlich der Wahrscheinlichkeit einer Umleitung anderer Verkäufe der russischen Hersteller in die Gemeinschaft geprüft (siehe unten).
2.
Russische Kapazitätsreserven
(103)
Wie unter den Randnummern (46) und (50) erläutert, wies im UZÜ keines der russischen Unternehmen der Stichprobe nennenswerte Kapazitätsreserven auf. Die gesamten Kapazitätsreserven aller russischen Hersteller wurden auf rund 5 % geschätzt. Die Feststellungen der Untersuchung stimmen diesbezüglich voll und ganz mit dem Vorbringen des Antragstellers überein.
(104)
Ferner dürften die neun vom Antragsteller angegebenen Projekte, wie bereits unter Randnummer (52) erwähnt, keine nennenswerten negativen Auswirkungen auf den Gemeinschaftsmarkt haben, da ein erheblicher Teil der im Rahmen dieser Projekte zusätzlich produzierten Mengen für den Eigenverbrauch verwendet wird. Außerdem wäre, wie unter Randnummer (54) erläutert, ein signifikanter Anstieg der aus Russland in die Gemeinschaft ausgeführten Mengen nur bei einer entsprechenden Nachfragesteigerung wahrscheinlich. In diesem Fall dürften die zusätzlichen Ausfuhren keine negativen Auswirkungen auf das Preisniveau auf dem Gemeinschaftsmarkt haben.
(105)
Aus den oben genannten Gründen wird der Schluss gezogen, dass den russischen Herstellern nach den Modernisierungen, den Aufrüstungen und der Beseitigung von Kapazitätsengpässen nur in begrenztem Umfang zusätzliche Mengen zur Steigerung ihrer Verkäufe zur Verfügung stehen werden. Daher ist davon auszugehen, dass die russischen Hersteller keine Möglichkeit haben werden, ihre Ausfuhrverkäufe in die Gemeinschaft im Rahmen ihrer Kapazitätsreserven nennenswert zu steigern.
3.
Wahrscheinlichkeit der Umleitung anderer Verkäufe in die Gemeinschaft
(106)
Wie unter Randnummer (67) erläutert, blieben die russischen Einfuhren in die Gemeinschaft im gesamten Bezugszeitraum relativ konstant und hatten in diesem Zeitraum — bis auf einen Höchststand im Jahr 2004 (etwa 20 %) — einem Marktanteil von rund 16 % am Gemeinschaftsverbrauch. Und dies, obwohl die geltenden Maßnahmen, wie oben erwähnt, im gesamten Bezugszeitraum keine praktischen Auswirkungen auf die Ausfuhrpreise und -mengen hatten und folglich kein Hemmnis für eine Steigerung der russischen Ausfuhren darstellten.
(107)
Die Untersuchung ergab, dass im UZÜ die Ausfuhrpreise der ausführenden Hersteller der Stichprobe in die Gemeinschaft auf der Stufe ab Werk rund 1 %—5 % unter den Ausfuhrpreisen in andere Drittländer lagen. Wie unter Randnummer (56) bereits erwähnt, lagen darüber hinaus die russischen Inlandspreise ab Werk über den Ausfuhrpreisen in die Gemeinschaft. Dies gilt, wie bereits gesagt, vor allem für Unternehmen in abgelegenen Gebieten aufgrund der erheblichen Unterschiede bei den Transportkosten. Es kann mithin der Schluss gezogen werden, dass für die russischen Hersteller die Preise auf dem Gemeinschaftsmarkt im Vergleich zu den Preisen auf anderen wichtigen Märkten nicht besonders attraktiv sind.
(108)
Der Antragsteller brachte außerdem vor, dass die Produktion aus zusätzlichen Kapazitäten, die derzeit insbesondere in Nordafrika (Algerien und Ägypten) und dem Nahen Osten (Iran) geschaffen werden, die Weltmarktpreise drücken würde (vgl. Randnummer (57). Dies würde den russischen Ausführern eine Erschließung dieser Märkte erschweren, was sie zur Steigerung ihrer Ausfuhrmengen in die Gemeinschaft veranlassen würde. Hierzu ist anzumerken, dass den unter Randnummer (54) genannten Schätzungen zufolge diese Investitionen keine signifikanten Auswirkungen auf die Angebot-Nachfrage-Situation auf dem Weltmarkt haben werden, da die weltweite Nachfrage voraussichtlich gleichzeitig mit der weltweiten Kapazität ansteigen wird. Die Untersuchung ergab außerdem, dass die russischen Hersteller bereits erhebliche Marktanteile auf den asiatischen Märkten (insbesondere in der Volksrepublik China) und den afrikanischen Märkten verloren haben und dass sie dem Druck auf den lateinamerikanischen Märkten recht gut standhalten. Angesichts der prognostizierten Angebot-Nachfrage-Situation auf dem Weltmarkt scheint die Behauptung, dass die russischen ausführenden Hersteller mit Ausnahme von Europa auf allen Märkten weitere Marktanteile verlieren würden, unhaltbar.
(109)
Der Antragsteller brachte vor, dass der unfaire Kostenvorteil, von dem die russischen Hersteller aufgrund der Berechnung von zweierlei Gaspreisen profitierten, unter anderem eine erhebliche Preisunterbietung durch die russischen Ausführer zur Folge haben könnte, falls sich die Angebot-Nachfrage-Situation auf dem Weltmarkt ungünstig entwickeln würde. Dies ist zwar nicht auszuschließen, da die Untersuchung ergab, dass die Kostenstruktur der russischen Ausführer aufgrund der Berechnung von zweierlei Gaspreisen in Russland tatsächlich erheblich verzerrt ist, doch die potenzielle Preisunterbietung wäre keine unmittelbare Folge einer Aufhebung der Maßnahmen, sondern sie hätte andere Ursachen.
(110)
Folglich kann nicht der Schluss gezogen werden, dass die russischen Hersteller die Absicht haben, nennenswerte Anteile der derzeit in Drittländer ausgeführten oder auf dem Inlandsmarkt verkauften Mengen in die Gemeinschaft umzuleiten oder ihre Preise infolge der Aufhebung der Maßnahmen zu senken, auch wenn nicht auszuschließen ist, dass dies aus anderen Gründen dennoch geschieht.
4.
Schlussfolgerung zur Wahrscheinlichkeit eines erneuten Auftretens der Schädigung
(111)
Wie oben ausgeführt, wirkten sich die geltenden Maßnahmen weder auf die Ausfuhrpreise der russischen Ausführer, noch auf die von den Gemeinschaftseinführern für dieselben Einfuhren gezahlten Preise, noch auf die Mengen der russischen Ausfuhren in die Gemeinschaft aus. Ebenso wenig war trotz der anhaltenden Einfuhren gedumpter Ware aus Russland eine Schädigung des Wirtschaftszweigs der Gemeinschaft festzustellen. Aus diesen Gründen wird eine Aufhebung der geltenden Maßnahmen keine Auswirkungen auf die russischen Ausfuhrpreise oder -mengen haben und somit auch die Lage des Wirtschaftszweigs der Gemeinschaft nicht beeinflussen.
(112)
Im Übrigen wurde die obige Schlussfolgerung auch durch eine Analyse weiterer vom Antragsteller vorgebrachter exogener Faktoren nicht in Frage gestellt, denn sie ergab keinerlei Hinweise darauf, dass aufgrund exogener Faktoren eine Steigerung der Mengen oder eine Senkung der Preise der russischen Einfuhren in die Gemeinschaft nach vernünftigem Ermessen möglich wäre.
(113)
Aus den oben genannten Gründen kann nicht der Schluss gezogen werden, dass im Falle der Aufhebung der geltenden Maßnahmen ein erneutes Auftreten der Schädigung des Wirtschaftszweigs der Gemeinschaft wahrscheinlich ist.
G.
ANTIDUMPINGMASSNAHMEN
(114)
Alle Parteien wurden über die wesentlichen Tatsachen und Erwägungen unterrichtet, auf deren Grundlage die Aufhebung der geltenden Maßnahmen empfohlen werden soll. Es wurde ihnen ferner eine Frist zur Stellungnahme eingeräumt.
(115)
Aufgrund des dargelegten Sachverhalts sollten die Antidumpingmaßnahmen gegenüber Einfuhren von Harnstoff mit Ursprung in Russland gemäß Artikel 11 Absatz 2 der Grundverordnung aufgehoben und das Verfahren eingestellt werden.
(116)
Angesichts des unter Randnummer (109) beschriebenen Sachverhalts, wonach die Kostenstruktur der russischen Ausführer durch die Berechnung von zweierlei Gaspreisen in Russland deutlich verzerrt ist, wird eine sehr genaue Kontrolle der Entwicklung der Harnstoffeinfuhren aus Russland für notwendig erachtet, damit rasch geeignete Maßnahmen ergriffen werden können, falls die Situation dies erfordert.
(117)
Da die geltenden Maßnahmen gemäß den vorstehenden Randnummern aufgehoben und das Verfahren eingestellt werden sollte, wäre auch die teilweise Interimsüberprüfung bezüglich der Angemessenheit der Form der Maßnahmen sowie die teilweise Interimsüberprüfung, sie sich auf die Untersuchung des Dumpingtatbestandes bei EuroChem beschränkte, einzustellen —

HAT FOLGENDE VERORDNUNG ERLASSEN:

Fußnote(n):

(1)

ABl. L 56 vom 6.3.1996, S. 1. Verordnung zuletzt geändert durch die Verordnung (EG) Nr. 2117/2005 (ABl. L 340 vom 23.12.2005, S. 17).

(2)

ABl. L 49 vom 4.3.1995, S. 1.

(3)

ABl. L 127 vom 9.5.2001, S. 11.

(4)

ABl. L 339 vom 24.12.2003, S. 1.

(5)

ABl. C 209 vom 26.8.2005, S. 2.

(6)

ABl. C 105 vom 4.5.2006, S. 12, ABl. C 23 vom 1.2.2007, S. 8.

(7)

ABl. L 17 vom 19.1.2002, S. 1. Verordnung zuletzt geändert durch die Verordnung (EG) Nr. 73/2006 (ABl. L 12 vom 18.1.2006, S. 1).

(8)

Rechtssache T-210/95 EFMA gegen Rat [1995] Slg. II-3291, Randnummer 60.

(9)

Ebd. Randnummer 59.

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