IFRIC 23 VO (EG) 2008/1126

Unsicherheit Bezüglich der Ertragsteuerlichen Behandlung

VERWEISE

IAS 1 Darstellung des Abschlusses

IAS 8 Rechnungslegungsmethoden, Änderungen von rechnungslegungsbezogenen Schätzungen und Fehler

IAS 10 Ereignisse nach dem Abschlussstichtag

IAS 12 Ertragsteuern

HINTERGRUND

1.
IAS 12 Ertragsteuern enthält Anforderungen in Bezug auf tatsächliche und latente Steueransprüche und Steuerschulden. Ein Unternehmen wendet die Vorschriften von IAS 12 auf der Grundlage der anwendbaren Steuerrechtsvorschriften an.
2.
Wie das Steuerrecht auf einen bestimmten Geschäftsvorfall oder Umstand anzuwenden ist, ist möglicherweise unklar. Ob eine bestimmte steuerliche Behandlung nach dem Steuerrecht akzeptiert werden kann, bleibt möglicherweise unbekannt, bis die zuständige Steuerbehörde oder ein Gericht zu einem späteren Zeitpunkt eine Entscheidung fällt. Daher kann sich die Anfechtung oder die Prüfung einer bestimmten steuerlichen Behandlung durch die Steuerbehörde auf die Rechnungslegung eines Unternehmens in Bezug auf seine tatsächlichen oder latenten Steueransprüche oder Steuerschulden auswirken.
3.
In dieser Interpretation werden die folgenden Begriffe verwendet:

a)
„steuerliche Behandlung” bezeichnet die Behandlung, die ein Unternehmen bei seinen Ertragsteuererklärungen verwendet hat oder zu verwenden beabsichtigt.
b)
„Steuerbehörde” bezeichnet die Stelle oder Stellen, die entscheidet bzw. entscheiden, ob eine steuerliche Behandlung nach dem Steuerrecht akzeptiert werden kann. Dies schließt auch Gerichte ein.
c)
„unsichere steuerliche Behandlung” bezeichnet eine steuerliche Behandlung, bei der unsicher ist, ob die zuständige Steuerbehörde sie nach dem Steuerrecht akzeptieren wird. So ist beispielsweise die Entscheidung eines Unternehmens, in einem Steuerhoheitsgebiet keine Ertragsteuer zu erklären oder bestimmte Erträge nicht im zu versteuernden Gewinn zu erfassen, eine unsichere steuerliche Behandlung, solange unsicher ist, ob diese Behandlung nach dem Steuerrecht akzeptiert werden kann.

ANWENDUNGSBEREICH

4.
Diese Interpretation beinhaltet eine Klarstellung, wie die in IAS 12 festgelegten Ansatz- und Bewertungsvorschriften anzuwenden sind, wenn Unsicherheit bezüglich der ertragsteuerlichen Behandlung besteht. In solchen Fällen hat das Unternehmen seine tatsächlichen oder latenten Steueransprüche oder Steuerschulden unter Anwendung der Vorschriften von IAS 12 anzusetzen und zu bewerten und dafür die nach Maßgabe dieser Interpretation ermittelten Werte des zu versteuernden Gewinns (steuerlichen Verlustes), der steuerlichen Basis, der noch nicht genutzten steuerlichen Verluste und der noch nicht genutzten Steuergutschriften sowie der Steuersätze zugrundezulegen.

FRAGESTELLUNGEN

5.
Im Falle von Unsicherheit bezüglich der ertragsteuerlichen Behandlung regelt diese Interpretation,

a)
ob ein Unternehmen unsichere steuerliche Behandlungen gesondert zu berücksichtigen hat;
b)
welche Annahmen ein Unternehmen bezüglich der Prüfung der steuerlichen Behandlung durch die Steuerbehörden zu treffen hat;
c)
wie ein Unternehmen den zu versteuernden Gewinn (den steuerlichen Verlust), die steuerliche Basis, die noch nicht genutzten steuerlichen Verluste, die noch nicht genutzten Steuergutschriften und die Steuersätze zu bestimmen hat;
d)
wie ein Unternehmen geänderte Fakten und Umstände zu berücksichtigen hat.

BESCHLUSS

Gesonderte Berücksichtigung unsicherer steuerlicher Behandlungen

6.
Bei der Frage, ob eine unsichere steuerliche Behandlung gesondert oder zusammen mit einer oder mehreren anderen unsicheren steuerlichen Behandlungen zu berücksichtigen ist, wählt das Unternehmen diejenige Methode, die sich besser für die Vorhersage der Auflösung der Unsicherheit eignet. Zur Bestimmung der Methode, die sich besser für die Vorhersage der Auflösung der Unsicherheit eignet, könnte ein Unternehmen beispielsweise berücksichtigen, a) wie es seine Ertragssteuererklärungen erstellt und dies zu den steuerlichen Behandlungen passt oder b) wie die Steuerbehörde nach Einschätzung des Unternehmens die Prüfung vornehmen und bei dieser Prüfung möglicherweise entstehende Probleme lösen wird.
7.
Berücksichtigt ein Unternehmen in Anwendung von Paragraph 6 mehrere unsichere steuerliche Behandlungen zusammen, so bezeichnet der Ausdruck „unsichere steuerliche Behandlung” in dieser Interpretation die gesamte Gruppe dieser unsicheren steuerlichen Behandlungen.

Prüfung durch die Steuerbehörden

8.
Bei der Beurteilung, ob und wie sich eine unsichere steuerliche Behandlung auf die Bestimmung des zu versteuernden Gewinns (steuerlichen Verlustes), der steuerlichen Basis, der noch nicht genutzten steuerlichen Verluste, der noch nicht genutzten Steuergutschriften und der Steuersätze auswirkt, hat das Unternehmen davon auszugehen, dass eine Steuerbehörde sämtliche Beträge prüfen wird, zu deren Prüfung sie befugt ist, und dass sie für deren Prüfung über sämtliche einschlägigen Informationen verfügt.

Bestimmung des zu versteuernden Gewinns (steuerlichen Verlusts), der steuerlichen Basis, der noch nicht genutzten steuerlichen Verluste, der noch nicht genutzten Steuergutschriften und der Steuersätze

9.
Ein Unternehmen hat zu beurteilen, ob es wahrscheinlich ist, dass eine Steuerbehörde eine unsichere steuerliche Behandlung akzeptiert.
10.
Ist es nach Auffassung des Unternehmens wahrscheinlich, dass die Steuerbehörde eine unsichere steuerliche Behandlung akzeptiert, so hat das Unternehmen den zu versteuernden Gewinn (den steuerlichen Verlust), die steuerliche Basis, die noch nicht genutzten steuerlichen Verluste, die noch nicht genutzten Steuergutschriften oder die Steuersätze im Einklang mit der steuerlichen Behandlung zu bestimmen, die es in seinen Ertragsteuererklärungen verwendet hat bzw. zu verwenden beabsichtigt.
11.
Ist es nach Auffassung des Unternehmens unwahrscheinlich, dass die Steuerbehörde eine unsichere steuerliche Behandlung akzeptiert, so hat das Unternehmen bei der Bestimmung des zu versteuernden Gewinns (steuerlichen Verlusts), der steuerlichen Basis, der noch nicht genutzten steuerlichen Verluste, der noch nicht genutzten Steuergutschriften oder der Steuersätze die Auswirkung der Unsicherheit zu berücksichtigen. Zur Berücksichtigung der Auswirkung der Unsicherheit hat ein Unternehmen auf jede unsichere steuerliche Behandlung diejenige der beiden folgenden Methoden anzuwenden, die sich seiner Einschätzung nach besser für die Vorhersage der Auflösung der Unsicherheit eignet:

a)
den wahrscheinlichsten Betrag — derjenige Betrag, der innerhalb der Vielzahl möglicher Ergebnisse am wahrscheinlichsten ist. Der wahrscheinlichste Betrag ist möglicherweise besser für die Vorhersage der Auflösung der Unsicherheit geeignet, wenn die möglichen Ergebnisse binär sind oder sich auf einen Wert konzentrieren;
b)
den Erwartungswert — die Summe der wahrscheinlichkeitsgewichteten Beträge innerhalb der Vielzahl möglicher Ergebnisse. Der Erwartungswert ist möglicherweise besser für die Vorhersage der Auflösung der Unsicherheit geeignet, wenn es eine Vielzahl möglicher Ergebnisse gibt, die weder binär sind noch sich auf einen Wert konzentrieren.

12.
Wenn sich eine unsichere steuerliche Behandlung sowohl auf tatsächliche als auch auf latente Steuern auswirkt (wenn sie sich z. B. sowohl auf den zu versteuernden Gewinn, auf dessen Grundlage die tatsächliche Steuer ermittelt wird, als auch auf die steuerliche Basis, die zur Ermittlung der latenten Steuern herangezogen wird, auswirkt), hat ein Unternehmen für die tatsächlichen und die latenten Steuern konsistente Ermessensentscheidungen zu fällen und Schätzungen vorzunehmen, die für beide Steuern kohärent sind.

Geänderte Fakten und Umstände

13.
Falls sich die einer Ermessensentscheidung oder Schätzung zugrunde liegenden Fakten oder Umstände ändern oder falls Informationen bekannt werden, die sich auf diese Ermessensentscheidung oder Schätzung auswirken, hat ein Unternehmen die nach Maßgabe dieser Interpretation erforderliche Ermessensentscheidung oder Schätzung zu überprüfen. Geänderte Fakten und Umstände können beispielsweise bewirken, dass ein Unternehmen hinsichtlich der voraussichtlich akzeptierten steuerlichen Behandlung zu einer anderen Schlussfolgerung und/oder hinsichtlich der von ihm geschätzten Auswirkung der Unsicherheit zu einem anderen Ergebnis gelangt. Die Paragraphen A1–A3 enthalten Leitlinien für die Berücksichtigung geänderter Fakten und Umstände.
14.
Ein Unternehmen hat die Auswirkung von geänderten Fakten und Umständen oder von neuen Informationen gemäß IAS 8 Rechnungslegungsmethoden, Änderungen von rechnungslegungsbezogenen Schätzungen und Fehler in Form einer Berichtigung der rechnungslegungsbezogenen Schätzungen zu erfassen. Ein Unternehmen hat IAS 10 Ereignisse nach dem Abschlussstichtag anzuwenden, um zu beurteilen, ob es sich bei einer nach dem Abschlussstichtag eingetretenen Änderung um ein zu berücksichtigendes oder nicht zu berücksichtigendes Ereignis handelt.

© Europäische Union 1998-2021

Tipp: Verwenden Sie die Pfeiltasten der Tastatur zur Navigation zwischen Normen.