Präambel VO (EG) 2008/236

DER RAT DER EUROPÄISCHEN UNION —

gestützt auf den Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft,

gestützt auf die Verordnung (EG) Nr. 384/96 des Rates vom 22. Dezember 1995 über den Schutz gegen gedumpte Einfuhren aus nicht zur Europäischen Gemeinschaft gehörenden Ländern(1) ( „Grundverordnung” ), insbesondere auf Artikel 11 Absatz 3,

auf Vorschlag der Kommission nach Anhörung des Beratenden Ausschusses,

in Erwägung nachstehender Gründe:

A.
VERFAHREN
1.
Geltende Maßnahmen
(1)
Bei den derzeit geltenden Maßnahmen handelt es sich um einen endgültigen Antidumpingzoll, der mit der Verordnung (EG) Nr. 658/2002 des Rates(2), auf die Einfuhren von Ammoniumnitrat mit Ursprung in Russland eingeführt wurde.
2.
Überprüfungsantrag
(2)
Die Kommission erhielt einen Antrag auf eine teilweise Interimsüberprüfung nach Artikel 11 Absatz 3 der Grundverordnung.
(3)
Der Antrag wurde von OJSC Acron und OJSC Dorogobuzh gestellt, zwei verbundenen ausführenden Herstellern in Russland, die der Holdinggesellschaft „Acron” angehören. Aufgrund ihrer Verbundenheit werden diese beiden Unternehmen für die Zwecke dieser Untersuchung als eine Rechtsperson behandelt ( „Antragsteller” ). Der Antrag beschränkt sich auf die Untersuchung der Frage, inwieweit die Ausfuhren des Antragstellers gedumpt sind.
(4)
Der Antragsteller behauptete und legte hinreichende Anscheinsbeweise dafür vor, dass sich die Umstände, auf deren Grundlage die Maßnahmen eingeführt wurden, dauerhaft verändert hätten. Er legte Anscheinsbeweise dafür vor, dass ein Vergleich seiner eigenen Kosten für Ammoniumnitrat mit seinen Ausfuhrpreisen in die Gemeinschaft eine Dumpingspanne erheblich unter den derzeit geltenden Maßnahmen ergeben würde. Damit wäre eine Aufrechterhaltung der Maßnahmen in ihrer jetzigen Höhe, die sich auf die zuvor ermittelte Dumpingspanne stützen, zum Ausgleich des Dumpings nicht länger erforderlich.
3.
Einleitung
(5)
Die Kommission kam nach Anhörung des Beratenden Ausschusses zu dem Schluss, dass genügend Beweise vorlagen, um die Einleitung einer teilweisen Interimsüberprüfung zu rechtfertigen, und leitete am 19. Dezember 2006 mit einer im Amtsblatt der Europäischen Union veröffentlichten Bekanntmachung(3) gemäß Artikel 11 Absatz 3 der Grundverordnung eine teilweise Interimsüberprüfung der für die Einfuhren von Ammoniumnitrat mit Ursprung in Russland geltenden Antidumpingmaßnahmen ein.
(6)
Die Überprüfung war auf die Untersuchung des Dumpings beschränkt und sollte zeigen, ob die für den Antragsteller geltenden Maßnahmen aufrechterhalten, aufgehoben oder geändert werden müssen.
4.
Untersuchung
(7)
Die Dumpinguntersuchung betraf den Zeitraum vom 1. Oktober 2005 bis zum 30. September 2006 ( „Untersuchungszeitraum der Überprüfung” oder „UZÜ” ).
(8)
Die Kommission unterrichtete den Antragsteller und die Vertreter des Ausfuhrlandes sowie den Wirtschaftszweig der Gemeinschaft offiziell über die Einleitung der Überprüfung. Sie gab den interessierten Parteien Gelegenheit, ihren Standpunkt schriftlich darzulegen und eine Anhörung zu beantragen.
(9)
Alle interessierten Parteien, die einen entsprechenden Antrag stellten und nachwiesen, dass besondere Gründe für ihre Anhörung sprachen, wurden gehört.
(10)
Dem Antragsteller und seinen verbundenen Vertriebsunternehmen auf dem russischen Inlandsmarkt wurde ein Fragebogen zugesandt. Der Antragsteller sowie zwei der verbundenen Vertriebsunternehmen sandten einen vollständig ausgefüllten Fragebogen zurück.
(11)
Die Kommission holte alle für die Dumpingermittlung als notwendig erachteten Informationen ein und prüfte sie. In den Betrieben folgender Unternehmen wurden Kontrollbesuche durchgeführt:
B.
BETROFFENE WARE UND GLEICHARTIGE WARE
1.
Betroffene Ware
(12)
Gegenstand der Überprüfung ist dieselbe Ware wie in den unter Randnummer 1 aufgeführten Untersuchungen, d. h. feste Stickstoffdünger mit einem Ammoniumnitratgehalt von mehr als 80 GHT mit Ursprung in Russland ( „betroffene Ware” ), die derzeit unter den KN-Codes 31023090, 31024090, ex31022900, ex31026000, ex31029000, ex31051000, ex31052010, ex31055100, ex31055900 und ex31059091 eingereiht werden.
2.
Gleichartige Ware
(13)
Wie in den vorausgegangenen Untersuchungen festgestellt und in dieser Untersuchung bestätigt, weisen die betroffene Ware und die vom Antragsteller hergestellten und auf dem russischen Inlandsmarkt verkauften Waren dieselben grundlegenden materiellen und chemischen Eigenschaften auf und werden im Wesentlichen denselben Verwendungen zugeführt, so dass sie als gleichartige Waren im Sinne des Artikels 1 Absatz 4 der Grundverordnung anzusehen sind. Da diese Überprüfung auf die Untersuchung der Frage beschränkt war, inwieweit die Ausfuhren des Antragstellers gedumpt sind, wurden keine Schlussfolgerungen hinsichtlich der vom Wirtschaftszweig der Gemeinschaft hergestellten und auf dem Gemeinschaftsmarkt verkauften Ware gezogen.
C.
UNTERSUCHUNGSERGEBNISSE
(14)
Gemäß Artikel 11 Absatz 3 der Grundverordnung wurde untersucht, ob sich die Umstände, auf deren Grundlage die geltende Dumpingspanne ermittelt wurde, verändert haben und ob diese Veränderung von Dauer war.
1.
Normalwert
(15)
Zur Ermittlung des Normalwerts wurde zunächst geprüft, ob der Gesamtumfang der Inlandsverkäufe des Antragstellers repräsentativ im Sinne des Artikels 2 Absatz 2 der Grundverordnung war. Die Inlandsverkäufe des Antragstellers erwiesen sich im Vergleich zu seinen Ausfuhrverkäufen als repräsentativ, da sie mehr als 5 % seiner zur Ausfuhr in die Gemeinschaft verkauften Menge entsprachen.
(16)
Anschließend prüfte die Kommission, ob die Inlandsverkäufe als Geschäfte im normalen Handelsverkehr im Sinne des Artikels 2 Absatz 4 der Grundverordnung angesehen werden konnten. Zu diesem Zweck wurden die Produktionskosten der vom Antragsteller hergestellten und auf dem Inlandsmarkt verkauften Ware geprüft.
(17)
Gas ist ein wichtiger Rohstoff bei der Herstellung der betroffenen Ware, auf den ein erheblicher Anteil der Produktionskosten entfällt. Gemäß Artikel 2 Absatz 5 der Grundverordnung wurde geprüft, ob die Aufzeichnungen der betroffenen Parteien die mit der Produktion und dem Verkauf der betroffenen Ware verbundenen Kosten in angemessener Weise widerspiegeln.
(18)
Anhand der Daten international anerkannter und auf Energiemärkte spezialisierter Quellen wurde festgestellt, dass die vom Antragsteller gezahlten Preise ungewöhnlich niedrig waren. So betrugen sie ein Fünftel des Ausfuhrpreises für russisches Erdgas und lagen auch erheblich unter dem von den Gemeinschaftsherstellern gezahlten Preis. Alle verfügbaren Informationen deuten darauf hin, dass die russischen Inlandsgaspreise reguliert waren und weit unter den Marktpreisen lagen, die auf nicht regulierten Märkten für Erdgas gezahlt wurden.
(19)
Da die Gaskosten in den Büchern des Antragstellers nicht angemessen widergespiegelt waren, mussten sie entsprechend berichtigt werden. Für den russischen Inlandsmarkt waren keine unverzerrten Gaspreise verfügbar, daher mussten die Gaspreise gemäß Artikel 2 Absatz 5 der Grundverordnung „auf einer anderen angemessenen Grundlage einschließlich Informationen aus anderen repräsentativen Märkten” ermittelt werden. Zur Preisberichtigung wurde der Durchschnittspreis für russisches Gas bei der Ausfuhr an der deutsch/tschechischen Grenze (Grenzübergang Waidhaus), abzüglich Transportkosten und berichtigt um die örtlichen Vertriebskosten, herangezogen. Waidhaus ist der Hauptumschlagplatz für russische Gaslieferungen in die EU, die der größte Abnehmer für russisches Erdgas ist und in der die Preise die Kosten angemessen widerspiegeln; daher kann dieser Markt als repräsentativ angesehen werden.
(20)
Nach Unterrichtung über die Ergebnisse der Untersuchung machte der Antragsteller geltend, eine Berichtigung des von ihm auf dem Inlandsmarkt gezahlten Gaspreises sei nicht gerechtfertigt, da die in seinen Büchern aufgeführten Kosten die mit der Produktion und dem Verkauf der gleichartigen Ware im Ursprungsland verbundenen Kosten in vollem Umfang widerspiegelten.
(21)
Nun muss bei der Überprüfung der Produktionskosten der gleichartigen Ware gemäß Artikel 2 Absatz 5 der Grundverordnung jedoch festgestellt werden, ob die in den Büchern des Unternehmens aufgeführten Kosten die mit der Produktion und dem Verkauf der betroffenen Ware verbundenen Kosten in angemessener Weise widerspiegeln. Die unter Randnummer 18 erläuterten Gründe führten zu dem Schluss, dass dies nicht der Fall war. Der Antragsteller ging nicht auf den offensichtlich bedeutenden Unterschied zwischen dem auf dem russischen Inlandsmarkt gezahlten Gaspreis und dem Ausfuhrpreis für russisches Erdgas einerseits und dem von den Gemeinschaftsherstellern gezahlten Preis andererseits ein. Außerdem berücksichtigte er nicht die Tatsache, dass die Inlandspreise für Erdgas in Russland reguliert und somit nicht als das Ergebnis des freien Spiels der Marktkräfte angesehen werden konnten. Schließlich konnte er nicht erklären, weshalb ungeachtet der unter Randnummer 18 genannten Gründe die Kosten für das zur Herstellung der auf dem Inlandsmarkt verkauften gleichartigen Ware benötigte Gas in seinen Büchern in angemessener Weise widergespiegelt sein sollten. Das Vorbringen musste daher zurückgewiesen werden.
(22)
Der Antragsteller machte ferner geltend, durch die Vornahme einer Gaspreisberichtigung sei de facto eine in der Grundverordnung nicht vorgesehene Methode zur Ermittlung des Normalwertes angewandt worden. Indem die Gaskosten auf dem Inlandsmarkt durch die unter Randnummer 19 erläuterten Kosten ersetzt worden seien, und aufgrund der Tatsache, dass diese Kosten einen Großteil der Gesamtkosten der gleichartigen Ware und somit auch des rechnerisch ermittelten Normalwertes ausmachten, sei der Normalwert de facto anhand von Daten aus einem „repräsentativen” Drittmarkt bestimmt worden. Die Grundverordnung hingegen sehe für Marktwirtschaftsländer nur die folgenden Methoden zur Ermittlung des Normalwertes vor:
(23)
Wie auch unter den Randnummern 45 bis 48 dargelegt, ist in diesem Zusammenhang zunächst darauf hinzuweisen, dass der Normalwert nach den in Artikel 2 Absätze 1 bis 6 der Grundverordnung festgelegten Methoden ermittelt wurde. Um jedoch festzustellen, ob die Inlandsverkäufe nach den Preisen zu urteilen im normalen Handelsverkehr getätigt wurden, d. h. ob sie gewinnbringend waren, muss zunächst ermittelt werden, ob die Kosten des Antragstellers eine zuverlässige Grundlage im Sinne des Artikels 2 Absatz 5 der Grundverordnung darstellten. Erst nach der zuverlässigen Ermittlung der Kosten kann bestimmt werden, welche Methode zur Ermittlung des Normalwertes angewandt werden sollte. Die Behauptung, durch die Ermittlung zuverlässiger Kosten gemäß Artikel 2 Absatz 5 der Grundverordnung sei eine neue Methode zur Ermittlung des Normalwertes eingeführt worden, ist daher falsch.
(24)
Des Weiteren machte der Antragsteller geltend, bei einer Kostenberichtigung gemäß Artikel 2 Absatz 5 der Grundverordnung dürften die berichtigten Kosten die entsprechenden Kosten im Ausfuhrland nicht übersteigen, ansonsten würde die zur Berichtigung angewandte Methode Artikel 2 Absatz 3 der Grundverordnung zuwiderlaufen, dem zufolge der Normalwert der gleichartigen Ware anhand der Herstellkosten im Ursprungsland zu berechnen ist.
(25)
Die Kostenberichtigung erfolgte im Einklang mit Artikel 2 Absatz 5 der Grundverordnung. Dieser Artikel bezieht sich nicht auf die „Herstellkosten im Ursprungsland” , sondern ermächtigt die Institutionen ausdrücklich, die Herstellkosten „andere repräsentativer Märkte” als diejenigen des Ursprungslands heranzuziehen. Der Einwand des Antragstellers musste daher zurückgewiesen werden.
(26)
Entgegen der Behauptung des Antragstellers stehen schließlich auch die Feststellungen unter den Randnummern 18 und 19 nicht im Widerspruch zu Artikel 1 der Grundverordnung. In Artikel 1 der Grundverordnung ist zwar festgelegt, dass der Normalwert auf der Grundlage von Daten aus dem Ausfuhrland ermittelt werden sollte, aus der Grundverordnung geht jedoch auch deutlich hervor, dass es Ausnahmen zu dieser Regel gibt.
(27)
Das diesbezügliche Vorbringen des Antragstellers musste daher zurückgewiesen werden.
(28)
Der Antragsteller brachte außerdem vor, dass für den Fall einer Berichtigung seiner Erdgaskosten auf dem Inlandsmarkt diese Berichtigung entweder auf der Grundlage
(29)
Erstens bedeutet die Tatsache, dass die Kommission eine andere Grundlage hätte wählen können, nicht, dass die Wahl von Waidhaus unangemessen wäre. Die wichtigste Bedingung bei der Wahl der Grundlage zur Ermittlung der Gaspreise ist, dass die Grundlage in angemessener Weise einen Preis widerspiegelt, der das Ergebnis des freien Spiels der Marktkräfte ist. Es ist unstrittig, dass die Preise am Grenzübergang Waidhaus diese Bedingung erfüllen. Zweitens spricht die Tatsache, dass im UZÜ nur eine geringe Gasmenge zu nicht regulierten Preisen auf dem Inlandsmarkt verkauft wurde und die betreffenden Preise erheblich näher am regulierten Inlandspreis lagen als am frei festgelegten Ausfuhrpreis, stark dafür, dass diese nicht regulierten Preise durch die vorherrschenden regulierten Preise verzerrt waren. Aus diesem Grund konnten die nicht regulierten Inlandspreise nicht herangezogen werden. Außerdem wurde die Auffassung vertreten, dass die Preise für die Ausfuhren von russischem Gas in die baltischen Staaten aufgrund der relativ geringen Ausfuhrmengen in diese Länder nicht repräsentativ genug waren. Im Übrigen standen die notwendigen Angaben zu den Transport- und Vertriebskosten nicht zur Verfügung, so dass es nicht möglich war, zuverlässige Preise für die Ausfuhren in die baltischen Staaten zu ermitteln. Die weitaus größte Gasmenge wird allerdings über den Umschlagplatz Waidhaus ausgeführt, der daher eine geeignete Grundlage für eine Berichtigung darstellt. Der Antragsteller legte keine Beweise dafür vor, dass es außer dem Umschlagplatz Waidhaus repräsentative Märkte gibt, deren Preise in angemessener Weise einen Preis widerspiegeln, der das Ergebnis des freien Spiels der Marktkräfte ist. Daher wurden diese Vorbringen zurückgewiesen.
(30)
In diesem Zusammenhang machte der Antragsteller außerdem geltend, dass er rund 50 % seines zur Düngemittelherstellung benötigten Erdgases auf dem nicht regulierten Markt in Russland kaufe. Es sei daher diskriminierend, seine Gaskosten zu berichtigen, während bei anderen Ausführern mit ähnlich hohen Kosten keine Berichtigung vorgenommen würde. Hierzu ist anzumerken, dass der überprüften Fragebogenantwort zufolge der Antragsteller im UZÜ nur unbedeutende Erdgaskäufe auf dem nicht regulierten Markt in Russland getätigt hat. Diesem Vorbringen konnte daher nicht stattgegeben werden.
(31)
Zu der unter Randnummer 28 Ziffer iii genannten dritten Alternative, die Berichtigung auf der Grundlage der tatsächlichen Produktionskosten für Erdgas in Russland vorzunehmen, ist zunächst anzumerken, dass diese Alternative entgegen der Behauptung des Antragstellers nicht ausdrücklich in Artikel 2 Absatz 5 der Grundverordnung vorgesehen ist. Außerdem ist, wie unter Randnummer 29 erwähnt, die wichtigste Bedingung bei der Wahl der Grundlage zur Ermittlung der Gaspreise, dass die Grundlage in angemessener Weise einen Preis widerspiegelt, der das Ergebnis des freien Spiels der Marktkräfte ist. In diesem Zusammenhang ist daher die Frage, ob der Lieferant mit dem Preis, den er dem Abnehmer in Rechnung stellt, einen Gewinn erzielt, irrelevant. Das Vorbringen musste daher zurückgewiesen werden.
(32)
Der Antragsteller behauptete ferner, dass die vom Staat regulierten Inlandspreise für russisches Erdgas kontinuierlich anstiegen und Niveaus erreichten, die die Gasproduktionskosten deckten. Daher könne der Preis auf dem Inlandsmarkt nicht als nicht wettbewerbsfähig oder unangemessen niedrig betrachtet werden.
(33)
Dieses Argument ist unbegründet, da ein repräsentativer Markt nicht danach ausgewählt wird, ob die Preise an sich gewinnbringend sind, sondern danach, ob sie das Ergebnis unverzerrter Marktkräfte sind, wie unter Randnummer 29 erläutert. Dies ist bei staatlich regulierten Preisen nicht der Fall. Zudem widerspricht dieses Argument den öffentlich abgegebenen Erklärungen des russischen Gaslieferanten (die in seiner veröffentlichten geprüften Buchführung bestätigt wurden), denen zufolge die Gaspreise auf dem russischen Inlandsmarkt die Produktions-, Transport- und Verkaufskosten nicht decken. Daher wurde dieser Einwand zurückgewiesen.
(34)
Bezüglich der Methode zur Berechnung des Gaspreises am Grenzübergang Waidhaus als solche brachte der Antragsteller vor, der für alle Ausfuhren zu entrichtende russische Ausfuhrzoll hätte vom Waidhaus-Preis abgezogen werden müssen, da er nicht auf dem Inlandsmarkt fällig werde.
(35)
Tatsächlich ist der Marktpreis am Grenzübergang Waidhaus, der als repräsentativer Markt im Sinne des Artikels 2 Absatz 5 der Grundverordnung angesehen wurde, der Preis nach Ausfuhrabgaben und nicht der Preis vor diesen Abgaben. Aus der Sicht des Käufers ist der von ihm am Grenzübergang Waidhaus zu zahlende Preis relevant, und dabei ist es unerheblich, welcher Prozentanteil dieses Preises eine Ausfuhrabgabe darstellt und welcher Prozentanteil an den Gaslieferanten gezahlt wird. Letzterer wird allerdings stets versuchen, seinen Preis zu maximieren, und daher den höchsten Preis in Rechnung stellen, den seine Abnehmer zu zahlen bereit sind. Da dieser Preis stets deutlich über den Produktionskosten des Gaslieferanten liegt und ihm somit große Gewinne ermöglicht, wird seine Preisgestaltung nicht in erster Linie durch die Höhe der Ausfuhrabgaben bestimmt, sondern vielmehr durch den Preis, den die Abnehmer zu zahlen bereit sind. Daher wurde der Schluss gezogen, dass der Preis einschließlich der Ausfuhrabgabe und nicht der Preis vor dieser Abgabe der unverzerrte, marktbestimmte Preis ist. Infolgedessen wurde das entsprechende Vorbringen des Antragstellers zurückgewiesen.
(36)
Der Antragsteller brachte des Weiteren vor, der Preis am Grenzübergang Waidhaus hätte um Qualität, Verfügbarkeit, Marktgängigkeit, Beförderung und sonstige Verkaufsbedingungen berichtigt werden müssen, die auf dem Ausfuhrmarkt für Erdgas und auf dem Inlandsmarkt unterschiedlich seien. Dazu ist zunächst anzumerken, dass der Waidhaus-Preis um die auf dem Ausfuhrmarkt und dem Inlandsmarkt unterschiedlichen Transportkosten berichtigt wurde; der diesbezügliche Einwand des Antragstellers war daher nicht gerechtfertigt und musste zurückgewiesen werden. Für die anderen Faktoren legte der Antragsteller keine weiteren Informationen oder sachdienliche Beweise vor. Insbesondere wies er nicht nach, noch lagen weitere Informationen dafür vor, dass in Bezug auf Qualität, Verfügbarkeit, Marktgängigkeit und sonstige Verkaufsbedingungen Unterschiede gegeben waren, die weitere Berichtigungen gerechtfertigt hätten; er bemühte sich auch nicht, die angeblichen Unterschiede zu quantifizieren.
(37)
In diesem Zusammenhang machte der Antragsteller des Weiteren geltend, der Waidhaus-Preis sei nicht um natürliche komparative Vorteile berichtigt worden. Da in Russland Gas in großem Umfang verfügbar sei, in der Gemeinschaft dagegen nicht, sei es nur natürlich, dass die Inlandspreise in Russland niedriger seien als der Preis des ausgeführten Gases. Zudem werde die Ausfuhrkapazität durch die Beschränkungen des bestehenden Gastransportsystems begrenzt, was die russischen Ausfuhrpreise erhöhe. Außerdem sollten die „abnorm hohen Gewinne” , die der russische Gaslieferant auf dem Ausfuhrmarkt erzielt habe, von dem zugrunde gelegten Waidhaus-Preis abgezogen werden.
(38)
Wie unter Randnummer 29 erläutert, ist die wichtigste Bedingung bei der Wahl der Waidhaus-Preise als Grundlage zur Ermittlung der Gaspreise, dass sie in angemessener Weise einen Preis widerspiegeln, der das Ergebnis des freien Spiels der Marktkräfte ist. Die auf dem Inlandsmarkt vorherrschenden Bedingungen sind in diesem Zusammenhang unerheblich. Daher mussten diese Einwände zurückgewiesen werden.
(39)
Der Antragsteller erhob ferner Einspruch dagegen, dass die Handelsspanne der örtlichen Vertriebsunternehmen zu dem berichtigten Gaspreis hinzugerechnet wurde, und behauptete, die Gewinne der Vertriebsunternehmen seien bereits im Waidhaus-Preis berücksichtigt. Da es sich bei den örtlichen Vertriebsunternehmen in Russland um hundertprozentige Tochtergesellschaften des Gaslieferanten handle, würde ihr Gewinn möglicherweise doppelt berücksichtigt.
(40)
Zunächst ist anzumerken, dass die Handelsspanne örtlicher Vertriebsunternehmen nicht nur ihre Gewinnspanne, sondern auch ihre zwischen Ankauf und Weiterverkauf des Erdgases anfallenden Kosten beinhaltet.
(41)
Außerdem konnte der Einwand nicht mehr hinreichend überprüft werden. Grund dafür ist die Tatsache, dass der russische Gaslieferant und seine Tochtergesellschaften nicht Gegenstand dieser Untersuchung waren und deshalb keine ausreichenden Informationen über das Unternehmen und seine Kostenstrukturen verfügbar waren. Außerdem ist die Situation in Russland u. a. aufgrund der engen Verknüpfung zwischen dem Gaslieferanten und der russischen Regierung nicht transparent genug, um einen hinreichenden Zugang zu den erforderlichen Nachweisen zu ermöglichen.
(42)
Der Antragsteller, bei dem die Beweislast liegt, konnte keinerlei Informationen oder Beweise vorlegen, aus denen hervorgegangen wäre, ob und inwieweit die Vertriebskosten tatsächlich im Waidhaus-Preis inbegriffen sind. Da jedoch inländische Abnehmer Gas von örtlichen Lieferanten kauften, war davon auszugehen, dass sie örtliche Vertriebskosten zahlen mussten, die als solche nicht im unberichtigten Waidhaus-Preis enthalten sind. Daher war zum gegenwärtigen Stand des Verfahrens davon auszugehen, dass die Berichtigung gerechtfertigt war; der Einwand wurde folglich zurückgewiesen.
(43)
Die Gemeinschaftsinstitutionen berücksichtigten allerdings auch, dass die Auswirkungen dieser Berichtigung auf die Berechnung der Dumpingspanne erheblich sein dürften. Aufgrund der unter Randnummer 41 erläuterten besonderen Situation zog die Kommission daher diesbezüglich eine Wiederaufnahme der Untersuchung unter der Bedingung in Erwägung, dass der Antragsteller hinreichend nachprüfbare Beweise vorlegt.
(44)
Der Antragsteller verwies des Weiteren auf nicht wettbewerbsfähige Gaspreise auf dem deutschen Inlandsmarkt. Hierzu ist anzumerken, dass die laufenden Untersuchungen der deutschen Kartellbehörden die Preise betreffen, zu denen die wichtigsten deutschen Gasanbieter das Gas auf dem Inlandsmarkt verkaufen; diese Preise stehen daher in keinerlei Beziehung zu dem Preis, der für russisches Gas bei der Ausfuhr am Grenzübergang Waidhaus in Rechnung gestellt wird.
(45)
Nachdem die Produktionskosten wie oben erläutert berichtigt wurden, waren keine Inlandsverkäufe im normalen Handelsverkehr gemäß Artikel 2 Absatz 4 der Grundverordnung zu verzeichnen.
(46)
Daher wurde die Auffassung vertreten, dass die Inlandspreise keine angemessene Grundlage für die Ermittlung des Normalwerts waren und dass eine andere Methode angewendet werden musste. Im Einklang mit Artikel 2 Absätze 3 und 6 der Grundverordnung wurde der Normalwert rechnerisch ermittelt, indem zu den Produktionskosten des Ausführers für die betroffene Ware, soweit erforderlich berichtigt wie unter Randnummer 19 erläutert, ein angemessener Betrag für die Vertriebs-, Verwaltungs- und Gemeinkosten ( „VVG-Kosten” ) und eine angemessene Gewinnspanne hinzugerechnet wurden.
(47)
Die VVG-Kosten und Gewinne konnten nicht gemäß dem einleitenden Satz des Artikels 2 Absatz 6 der Grundverordnung ermittelt werden, da der Antragsteller im normalen Handelsverkehr keine repräsentativen Inlandsverkäufe der betroffenen Ware getätigt hatte. Artikel 2 Absatz 6 Buchstabe a der Grundverordnung konnte nicht angewandt werden, da nur ein Antragsteller Gegenstand der Untersuchung ist. Artikel 2 Absatz 6 Buchstabe b konnte ebenfalls nicht angewandt werden, da die Produktionskosten des Antragstellers für Waren, die zu derselben allgemeinen Warengruppe gehören, aus den unter Randnummer 18 genannten Gründen ebenfalls hinsichtlich der Gaspreise berichtigt werden müssten. Mithin wurden VVG-Kosten und Gewinne gemäß Artikel 2 Absatz 6 Buchstabe c der Grundverordnung festgesetzt.
(48)
Wie in Artikel 2 Absatz 6 Buchstabe c der Grundverordnung vorgesehen, wurden die VVG-Kosten anhand einer vertretbaren Methode ermittelt. Der nordamerikanische Markt mit starker inländischer und ausländischer Konkurrenz verzeichnete eine erhebliche Menge inländischer Verkäufe. Berücksichtigt wurden öffentlich verfügbare Informationen über größere Unternehmen aus dem Düngemittelsektor. Es wurde festgestellt, dass entsprechende Daten nordamerikanischer Hersteller (USA und Kanada) für den Untersuchungszweck am besten geeignet waren, da über börsennotierte Unternehmen aus diesem Teil der Welt zuverlässige und vollständige Finanzdaten in großem Umfang öffentlich zugänglich waren. Mithin wurden VVG-Kosten und Gewinne aufgrund der gewogenen durchschnittlichen VVG-Kosten und Gewinne dreier nordamerikanischer Hersteller, die zu den größten Unternehmen auf dem Stickstoffdüngemittelsektor gehören, ermittelt und zwar im Bezug auf ihre Inlandsverkäufe der gleichen allgemeinen Warengruppe (Stickstoffdünger). Die Kommission erachtete diese drei Hersteller als repräsentativ für den Wirtschaftszweig der Stickstoffdüngemittel und ihre VVG-Kosten und Gewinne mithin als repräsentativ für diejenigen, die auf diesem Sektor erfolgreich tätige Unternehmen normalerweise aufweisen. Es gab keine Anhaltspunkte dafür, dass der so ermittelte Gewinn über dem Gewinn liegen würde, den andere russische Hersteller durch den Verkauf von Waren derselben allgemeinen Warengruppe auf ihrem Inlandsmarkt erzielten.
(49)
Der Wirtschaftszweig der Gemeinschaft erhob Einspruch gegen die oben beschriebene Festlegung der VVG-Kosten und behauptete, dass die VVG-Kosten des Antragstellers hätten herangezogen werden sollen. Artikel 2 Absatz 6 der Grundverordnung sieht jedoch vor, dass die Beträge für die VVG-Kosten nur für den Fall anhand der Zahlen, die der betreffende ausführende Hersteller bei der Produktion und dem Verkauf der gleichartigen Ware tatsächlich verzeichnet, festgesetzt werden, dass diese Verkäufe im normalen Handelsverkehr getätigt wurden. Wie unter den Randnummern 45 und 46 ausgeführt, war dies hier nicht der Fall, daher musste der Einspruch zurückgewiesen werden.
2.
Ausfuhrpreis
(50)
Der Ausfuhrpreis wurde gemäß Artikel 2 Absatz 8 der Grundverordnung anhand des Preises berechnet, der bei der Ausfuhr in die Gemeinschaft für die betroffene Ware tatsächlich gezahlt wurde oder zu zahlen war.
3.
Vergleich
(51)
Der Normalwert und der Ausfuhrpreis wurden auf der Stufe ab Werk miteinander verglichen. Im Interesse eines gerechten Vergleichs der Normalwerte mit den Ausfuhrpreisen wurden gemäß Artikel 2 Absatz 10 der Grundverordnung gebührende Berichtigungen für Unterschiede vorgenommen, die die Preise und die Vergleichbarkeit der Preise beeinflussen. Diese Berichtigungen betrafen Transport-, Kredit- und Verpackungskosten sowie Bankgebühren; sie wurden in den Fällen zugestanden, in denen die entsprechenden Anträge begründet, korrekt und stichhaltig belegt waren.
4.
Dumpingspanne
(52)
Zur Ermittlung der Dumpingspanne wurde gemäß Artikel 2 Absätze 11 und 12 der Grundverordnung der gewogene durchschnittliche Normalwert mit dem gewogenen durchschnittlichen Ausfuhrpreis verglichen.
(53)
Die Untersuchung ergab, dass im UZÜ Dumping stattfand. Die Dumpingspanne beträgt, ausgedrückt als Prozentsatz des cif-Preises frei Grenze der Gemeinschaft, unverzollt, 42,06 %.
5.
Anhalten der im UZÜ vorliegenden Umstände
(54)
Gemäß Artikel 11 Absatz 3 der Grundverordnung wurde geprüft, ob die Annahme vertretbar ist, dass sich die Umstände hinsichtlich des Dumpings dauerhaft verändert haben.
(55)
In der Ausgangsuntersuchung wurde der Normalwert auf der Grundlage der Preise gewinnbringender Verkäufe auf dem US-amerikanischen Inlandsmarkt ermittelt, da Russland zum damaligen Zeitpunkt kein Marktwirtschaftsland war. Da Russland im Rahmen dieser Überprüfung als Marktwirtschaftsland angesehen wird, wurde der Normalwert anhand der gegebenenfalls berichtigten Produktionskosten des Antragstellers ermittelt. Es wurden keine Hinweise dafür gefunden, dass der bei dieser Überprüfung ermittelte Normalwert nicht als dauerhaft angesehen werden könnte.
(56)
Es wurden auch keine Hinweise dafür gefunden, dass die Ausfuhren nicht weiterhin zu den derzeitigen Preisen verkauft würden.
(57)
Mithin wurde der Schluss gezogen, dass sich die Umstände in Bezug auf den Dumpingtatbestand (in dieser Untersuchung ermittelt anhand eines Vergleichs des Normalwerts und der Ausfuhrpreise des Antragstellers) seit der Ausgangsuntersuchung dauerhaft geändert haben.
D.
EINSTELLUNG DER ÜBERPRÜFUNG
(58)
Da in der Ausgangsuntersuchung der Zoll in Form eines bestimmten Betrags pro Tonne festgesetzt wurde, sollte dies auch in dieser Untersuchung geschehen. Der auf der Grundlage der derzeitigen Dumpingspanne berechnete Zoll würde 48,09 EUR pro Tonne betragen.
(59)
Wie unter Randnummer 94 der Verordnung (EG) Nr. 658/2002 des Rates ausgeführt, wurde bei der Einführung endgültiger Maßnahmen im Jahr 2002 gemäß der Regel des niedrigeren Zolls bei der Festsetzung des endgültig einzuführenden Zolls die Schadensspanne zugrunde gelegt. Gemäß Artikel 1 Absatz 2 der Verordnung (EG) Nr. 658/2002 schwankt der derzeit geltende Zoll je nach Warentyp zwischen 41,42 EUR pro Tonne und 47,07 EUR pro Tonne.
(60)
Da der auf der Grundlage der derzeitigen Dumpingspanne ermittelte Zoll höher ist als der derzeit geltende Zoll, sollte die Überprüfung ohne Änderung des für den Antragsteller geltenden Zolls eingestellt werden; der geltende Zoll sollte in Höhe des in der Ausgangsuntersuchung ermittelten endgültigen Antidumpingzollsatzes beibehalten werden.
E.
VERPFLICHTUNG
(61)
Der Antragsteller bekundete sein Interesse an einem Verpflichtungsangebot, versäumte es jedoch, innerhalb der in Artikel 8 Absatz 2 der Grundverordnung genannten Fristen ein hinreichend fundiertes Verpflichtungsangebot abzugeben. Die Kommission konnte daher kein Verpflichtungsangebot annehmen. Allerdings wird die Auffassung vertreten, dass aufgrund der Komplexität mehrerer Fragen, nämlich
(62)
Wie oben erwähnt, konnte der Antragsteller aufgrund der Komplexität dieser Fragen innerhalb der vorgeschriebenen Frist kein annehmbares Verpflichtungsangebot unterbreiten. Aufgrund dieser Sachlage ist der Rat der Auffassung, dass dem Antragsteller ausnahmsweise gestattet werden sollte, sein Verpflichtungsangebot nach Ablauf der vorgenannten Frist, jedoch innerhalb von zehn Kalendertagen nach Inkrafttreten dieser Verordnung, zu vervollständigen.
F.
UNTERRICHTUNG
(63)
Alle interessierten Parteien wurden über die wesentlichen Tatsachen und Erwägungen unterrichtet, auf deren Grundlage die Überprüfung eingestellt und der geltende Antidumpingzoll für Einfuhren der vom Antragsteller hergestellten betroffenen Ware beibehalten werden sollte. Alle Parteien erhielten Gelegenheit, Stellung zu nehmen. Soweit angezeigt und stichhaltig begründet, wurden ihre Stellungnahmen berücksichtigt —

HAT FOLGENDE VERORDNUNG ERLASSEN:

Fußnote(n):

(1)

ABl. L 56 vom 6.3.1996, S. 1. Zuletzt geändert durch die Verordnung (EG) Nr. 2117/2005 (ABl. L 340 vom 23.12.2005, S. 17).

(2)

ABl. L 102 vom 18.4.2002, S. 1. Zuletzt geändert durch die Verordnung (EG) Nr. 945/2005 (ABl. L 160 vom 23.6.2005, S. 1).

(3)

ABl. C 311 vom 19.12.2006, S. 55.

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