Artikel 6 VO (EG) 2009/1071

Voraussetzungen bezüglich der Anforderung der Zuverlässigkeit

(1) Vorbehaltlich Absatz 2 des vorliegenden Artikels legen die Mitgliedstaaten fest, welche Voraussetzungen ein Unternehmen und ein Verkehrsleiter erfüllen müssen, damit die Anforderung der Zuverlässigkeit nach Artikel 3 Absatz 1 Buchstabe b erfüllt ist.

Bei der Entscheidung darüber, ob ein Unternehmen diese Anforderung erfüllt hat, berücksichtigen die Mitgliedstaaten das Verhalten des Unternehmens, seiner Verkehrsleiter, seiner geschäftsführenden Direktoren und gegebenenfalls anderer vom jeweiligen Mitgliedstaat bestimmter maßgeblicher Personen. Jede Bezugnahme in diesem Artikel auf Verurteilungen, Sanktionen oder Verstöße schließt die Verurteilungen und Sanktionen gegen bzw. die Verstöße durch das Unternehmen selbst, seine Verkehrsleiter, seine geschäftsführenden Direktoren und gegebenenfalls andere vom jeweiligen Mitgliedstaat bestimmte maßgebliche Personen ein.

Die in Unterabsatz 1 genannten Voraussetzungen umfassen mindestens Folgendes:

a)
Die Zuverlässigkeit des Verkehrsleiters oder des Verkehrsunternehmens darf nicht zwingend in Frage gestellt sein, etwa durch Verurteilungen oder Sanktionen aufgrund eines schwerwiegenden Verstoßes gegen geltende einzelstaatliche Vorschriften in folgenden Bereichen:

i)
Handelsrecht,
ii)
Insolvenzrecht,
iii)
Entgelt- und Arbeitsbedingungen der Branche,
iv)
Straßenverkehr,
v)
Berufshaftpflicht,
vi)
Menschen- oder Drogenhandel,und
vii)
Steuerrecht, und

b)
gegen den Verkehrsleiter oder das Verkehrsunternehmen darf in keinem Mitgliedstaat ein Urteil wegen einer schwerwiegenden Straftat oder eine Sanktion verhängt worden sein wegen eines schwerwiegenden Verstoßes gegen Gemeinschaftsvorschriften, insbesondere in folgenden Bereichen:

i)
Lenk- und Ruhezeiten der Fahrer, Arbeitszeit sowie Einbau und Nutzung der Kontrollgeräte,
ii)
höchstzulässiges Gewicht und Abmessungen der Nutzfahrzeuge im grenzüberschreitenden Verkehr,
iii)
Grundqualifikation und Weiterbildung der Fahrer,
iv)
Verkehrstüchtigkeit der Nutzfahrzeuge einschließlich der vorgeschriebenen technischen Überwachung der Kraftfahrzeuge,
v)
Zugang zum Markt des grenzüberschreitenden Güterkraftverkehrs oder gegebenenfalls Zugang zum Markt des grenzüberschreitenden Personenkraftverkehrs,
vi)
Sicherheit beim Transport gefährlicher Güter auf der Straße,
vii)
Einbau und Benutzung von Geschwindigkeitsbegrenzern in bestimmten Fahrzeugklassen,
viii)
Führerscheine,
ix)
Zugang zum Beruf,
x)
Tiertransporte,
xi)
Entsendung von Arbeitnehmern im Kraftverkehr,
xii)
auf vertragliche Schuldverhältnisse anzuwendendes Recht,
xiii)
Kabotage.

(2) Für die Zwecke des Absatzes 1 Unterabsatz 3 Buchstabe b gilt Folgendes: Wurde gegen den Verkehrsleiter oder das Verkehrsunternehmen in einem oder mehreren Mitgliedstaaten ein Urteil wegen einer schwerwiegenden Straftat oder eine Sanktion wegen schwerster Verstöße gegen Unionsvorschriften gemäß Anhang IV in einem oder mehreren Mitgliedstaaten verhängt, so führt die zuständige Behörde des Niederlassungsmitgliedstaats rechtzeitig auf geeignete Art und Weise ein Verwaltungsverfahren, gegebenenfalls einschließlich einer Kontrolle vor Ort in den Räumlichkeiten des betreffenden Unternehmens, durch und schließt dieses ab.

Während des Verwaltungsverfahrens erhalten der Verkehrsleiter oder gegebenenfalls andere rechtliche Vertreter des Verkehrsunternehmens das Recht, ihre Argumente und Erläuterungen darzulegen.

Im Rahmen des Verwaltungsverfahrens bewertet die zuständige Behörde, ob in Anbetracht der speziellen Gegebenheiten die Aberkennung der Zuverlässigkeit im konkreten Fall eine unverhältnismäßige Reaktion darstellen würde. Bei dieser Bewertung berücksichtigt die zuständige Behörde die Anzahl schwerwiegender Verstöße gegen die nationalen und Unionsvorschriften gemäß Absatz 1 Unterabsatz 3 sowie die Zahl der schwersten Verstöße gegen die Unionsvorschriften gemäß Anhang IV, deretwegen gegen den Verkehrsleiter oder das Verkehrsunternehmen ein Urteil oder Sanktionen verhängt worden sind. Alle Feststellungen sind angemessen zu begründen und zu rechtfertigen.

Ist die Aberkennung der Zuverlässigkeit nach Auffassung der zuständigen Behörde unverhältnismäßig, so entscheidet sie, dass das betreffende Unternehmen die Anforderung der Zuverlässigkeit weiterhin erfüllt. Die Begründung für diese Entscheidung wird in das einzelstaatliche Register aufgenommen. Die Zahl solcher Entscheidungen wird in dem in Artikel 26 Absatz 1 genannten Bericht aufgeführt.

Ist die Aberkennung der Zuverlässigkeit nach Auffassung der zuständigen Behörde nicht unverhältnismäßig, so führt die Verurteilung oder Sanktion zur Aberkennung der Zuverlässigkeit.

(2a) Die Kommission erlässt Durchführungsrechtsakte zur Erstellung einer Liste der Kategorien, Arten und Schweregrade der gegen die Unionsvorschriften begangenen schwerwiegenden Verstöße nach Absatz 1 Unterabsatz 3 Buchstabe b, die neben den in Anhang IV aufgeführten Verstößen zur Aberkennung der Zuverlässigkeit führen können. Die Mitgliedstaaten tragen den Informationen über solche Verstöße, auch den von anderen Mitgliedstaaten erhaltenen Informationen, Rechnung, wenn sie die Prioritäten für die Kontrollen nach Artikel 12 Absatz 1 festlegen.

Zu diesem Zweck handelt die Kommission wie folgt:

a)
Sie legt die Kategorien und Arten von Verstößen fest, die am häufigsten festgestellt werden;
b)
sie definiert die Schwere der Verstöße nach der von ihnen ausgehenden Gefahr von tödlichen oder schweren Verletzungen oder Wettbewerbsverfälschungen im Güterkraftverkehrsmarkt, auch durch Beeinträchtigung der Arbeitsbedingungen der Beschäftigten im Verkehrssektor;
c)
sie setzt die Häufigkeit der Verstöße fest, bei deren Überschreiten wiederholte Verstöße als schwerwiegendere Verstöße eingestuft werden, und zwar unter Berücksichtigung der Zahl der Fahrzeuge, die vom Verkehrsleiter für die Verkehrstätigkeit eingesetzt werden.

Diese Durchführungsrechtsakte werden gemäß dem in Artikel 25 Absatz 3 genannten Prüfverfahren erlassen.

(3) Die Anforderung nach Artikel 3 Absatz 1 Buchstabe b gilt so lange als nicht erfüllt, wie eine Rehabilitierungsmaßnahme oder eine andere Maßnahme gleicher Wirkung gemäß den einschlägigen einzelstaatlichen Vorschriften nicht erfolgt ist.

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