Artikel 4 VO (EG) 2009/1107

Genehmigungskriterien für Wirkstoffe

(1) Ein Wirkstoff wird gemäß Anhang II genehmigt, wenn aufgrund des wissenschaftlichen und technischen Kenntnisstandes zu erwarten ist, dass unter Berücksichtigung der Genehmigungskriterien in den Nummern 2 und 3 jenes Anhangs Pflanzenschutzmittel, die diesen Wirkstoff enthalten, die Voraussetzungen der Absätze 2 und 3 erfüllen.

Bei der Bewertung des Wirkstoffs wird zunächst ermittelt, ob die Genehmigungskriterien nach Anhang II Nummern 3.6.2 bis 3.6.4 und Nummer 3.7 erfüllt sind. Sind diese Kriterien erfüllt, so wird anschließend geprüft, ob die in Anhangs II Nummern 2 und 3 festgelegten übrigen Genehmigungskriterien erfüllt sind.

(2) Die Rückstände von Pflanzenschutzmitteln müssen als Folge der Verwendung entsprechend der guten Pflanzenschutzpraxis und unter der Voraussetzung realistischer Verwendungsbedingungen folgende Anforderungen erfüllen:

a)
Sie dürfen keine schädlichen Auswirkungen auf die Gesundheit von Menschen, einschließlich besonders gefährdeter Personengruppen, oder von Tieren — unter Berücksichtigung von Kumulations- und Synergieeffekten, wenn es von der Behörde anerkannte wissenschaftliche Methoden zur Messung solcher Effekte gibt — noch auf das Grundwasser haben.
b)
Sie dürfen keine unannehmbaren Auswirkungen auf die Umwelt haben.

Für Rückstände mit toxikologischer, ökotoxikologischer, ökologischer Relevanz oder Relevanz für das Trinkwasser müssen allgemein gebräuchliche Messverfahren zur Verfügung stehen. Analysestandards müssen allgemein verfügbar sein.

(3) Pflanzenschutzmittel müssen als Folge der Verwendung entsprechend der guten Pflanzenschutzpraxis und unter der Voraussetzung realistischer Verwendungsbedingungen folgende Anforderungen erfüllen:

a)
Sie müssen hinreichend wirksam sein.
b)
Sie dürfen keine sofortigen oder verzögerten schädlichen Auswirkungen auf die Gesundheit von Menschen, einschließlich besonders gefährdeter Personengruppen, oder von Tieren — weder direkt noch über das Trinkwasser (unter Berücksichtigung der bei der Trinkwasserbehandlung entstehenden Produkte), über Nahrungs- oder Futtermittel oder über die Luft oder Auswirkungen am Arbeitsplatz oder durch andere indirekte Effekte unter Berücksichtigung bekannter Kumulations- und Synergieeffekte, soweit es von der Behörde anerkannte wissenschaftliche Methoden zur Bewertung solcher Effekte gibt — noch auf das Grundwasser haben.
c)
Sie dürfen keine unannehmbaren Auswirkungen auf Pflanzen oder Pflanzenerzeugnisse haben.
d)
Sie dürfen bei den zu bekämpfenden Wirbeltieren keine unnötigen Leiden oder Schmerzen verursachen.
e)
Sie dürfen keine unannehmbaren Auswirkungen auf die Umwelt haben, und zwar unter besonderer Berücksichtigung folgender Aspekte, soweit es von der Behörde anerkannte wissenschaftliche Methoden zur Bewertung solcher Effekte gibt:

i)
Verbleib und Ausbreitung in der Umwelt, insbesondere Kontamination von Oberflächengewässern einschließlich Mündungs- und Küstengewässern, Grundwasser, Luft und Boden, unter Berücksichtigung von Orten in großer Entfernung vom Ort der Verwendung nach einem Ferntransport in der Umwelt;
ii)
Auswirkung auf Arten, die nicht bekämpft werden sollen, einschließlich des dauerhaften Verhaltens dieser Arten;
iii)
Auswirkung auf die biologische Vielfalt und das Ökosystem.

(4) Die Anforderungen der Absätze 2 und 3 werden unter Berücksichtigung der einheitlichen Grundsätze gemäß Artikel 29 Absatz 6 bewertet.

(5) Für die Genehmigung eines Wirkstoffs gelten die Bestimmungen der Absätze 1, 2 und 3 als erfüllt, wenn dies in Bezug auf einen oder mehrere repräsentative Verwendungszwecke mindestens eines Pflanzenschutzmittels, das diesen Wirkstoff enthält, nachgewiesen wurde.

(6) In Bezug auf die menschliche Gesundheit dürfen keine bei Menschen erhobenen Daten dazu genutzt werden, die Sicherheitsschwellen zu senken, die sich aus Versuchen oder Studien an Tieren ergeben.

(7) Abweichend von Absatz 1 kann ein Wirkstoff für den Fall, dass er aufgrund von im Antrag enthaltenen dokumentierten Nachweisen zur Bekämpfung einer ernsten, nicht durch andere verfügbare Mittel einschließlich nichtchemischer Methoden abzuwehrenden Gefahr für die Pflanzengesundheit notwendig ist, für einen begrenzten Zeitraum genehmigt werden, der zur Bekämpfung dieser ernsthaften Gefahr notwendig ist, allerdings höchstens fünf Jahre beträgt, auch wenn er die in Anhang II Nummern 3.6.3, 3.6.4, 3.6.5 oder 3.8.2 genannten Kriterien nicht erfüllt; dies gilt unter der Voraussetzung, dass die Verwendung des Wirkstoffs Risikominderungsmaßnahmen unterliegt, um sicherzustellen, dass die Exposition von Menschen und der Umwelt gegenüber diesem Wirkstoff so gering wie möglich gehalten wird. Für diese Stoffe werden Rückstandhöchstgehalte gemäß der Verordnung (EG) Nr. 396/2005 festgesetzt.

Diese Abweichung gilt nicht für Wirkstoffe, die gemäß der Verordnung (EG) Nr. 1272/2008 als krebserzeugend der Kategorie 1A, krebserzeugend der Kategorie 1B ohne Schwellenwert oder als reproduktionstoxisch der Kategorie 1A eingestuft oder einzustufen sind.

Die Mitgliedstaaten können Pflanzenschutzmittel mit gemäß diesem Absatz zugelassenen Wirkstoffen nur genehmigen, wenn dies zur Bekämpfung der ernsthaften Gefahr für die Pflanzengesundheit in ihrem Hoheitsgebiet notwendig ist.

Gleichzeitig arbeiten sie einen Plan für ein schrittweises Verbot aus, zur Kontrolle der ernsthaften Gefahr mit anderen Mitteln einschließlich nichtchemischer Methoden; diesen Plan übermitteln sie unverzüglich der Kommission.

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