Artikel 3a VO (EG) 2009/715

Zertifizierung von Speicheranlagenbetreibern

(1) Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass jeder Speicheranlagenbetreiber, einschließlich jedes Speicheranlagenbetreibers, der von einem Fernleitungsnetzbetreiber kontrolliert wird, entweder von der nationalen Regulierungsbehörde oder einer anderen vom betreffenden Mitgliedstaat gemäß Artikel 3 Absatz 2 der Verordnung (EU) 2017/1938 des Europäischen Parlaments und des Rates(1) benannten zuständigen Behörde (im Folgenden jeweils „Bescheinigungsbehörde” ) nach dem in diesem Artikel festgelegten Verfahren zertifiziert wird.

Dieser Artikel gilt auch für Speicheranlagenbetreiber, die von Fernleitungsnetzbetreibern kontrolliert werden, die bereits nach den in den Artikeln 9, 10 und 11 der Richtlinie 2009/73/EG genannten Entflechtungsvorschriften zertifiziert sind.

(2) Die Bescheinigungsbehörde erstellt den Entwurf einer Entscheidung über die Zertifizierung in Bezug auf Speicheranlagenbetreiber, die unterirdische Gasspeicheranlagen mit einer Kapazität von mehr als 3,5 TWh betreiben, unabhängig von der Anzahl der Speicheranlagenbetreiber, deren gesamte Speicheranlagen, am 31. März 2021 und am 31. März 2022 einen Füllstand von durchschnittlich weniger als 30 % ihrer maximalen Kapazität aufwiesen, bis zum 1. Februar 2023 oder binnen 150 Arbeitstagen nach Eingang einer Mitteilung gemäß Absatz 9.

Für die in Unterabsatz 1 genannten Speicheranlagenbetreiber bemüht sich die Bescheinigungsbehörde nach besten Kräften, vor dem 1. November 2022 einen Entwurf für einen Beschluss zur Zertifizierung zu erstellen.

In Bezug auf alle anderen Speicheranlagenbetreiber erstellt die Bescheinigungsbehörde den Entwurf einer Entscheidung zur Zertifizierung bis zum 2. Januar 2024 oder innerhalb von 18 Monaten nach Eingang einer Mitteilung gemäß den Absätzen 8 oder 9.

(3) Bei der Prüfung des Risikos der Energieversorgungssicherheit in der Union berücksichtigt die Bescheinigungsbehörde alle Risiken für die Gasversorgungssicherheit auf nationaler, regionaler oder unionsweiter Ebene sowie jede Minderung solcher Risiken, die unter anderem zurückzuführen sind auf:

a)
Eigentums-, Liefer- oder sonstige Geschäftsbeziehungen, die negative Auswirkungen auf die Anreize und die Fähigkeit des Speicheranlagenbetreibers, die unterirdische Gasspeicheranlage zu befüllen, haben könnten;
b)
die Rechte und Pflichten der Union gegenüber einem Drittland, die aus dem Völkerrecht erwachsen, einschließlich Vereinbarungen mit einem oder mehreren Drittländern, denen die Union als Vertragspartei angehört und durch die die Fragen der Energieversorgungssicherheit geregelt werden;
c)
die Rechte und Pflichten der betroffenen Mitgliedstaaten gegenüber einem Drittland, die aus von den betroffenen Mitgliedstaaten mit einem oder mehreren Drittländern geschlossenen Vereinbarungen erwachsen, soweit diese Vereinbarungen mit dem Unionsrecht im Einklang stehen, oder
d)
andere besondere Gegebenheiten und Umstände im Einzelfall.

(4) Wenn die Bescheinigungsbehörde zu dem Schluss kommt, dass eine Person, die den Speicheranlagenbetreiber im Sinne des Artikels 9 der Richtlinie 2009/73/EG direkt oder indirekt kontrolliert oder Rechte an einem Speicheranlagenbetreiber ausübt, die Energieversorgungssicherheit oder die wesentlichen Sicherheitsinteressen der Union oder eines Mitgliedstaats gefährden könnte, verweigert die Bescheinigungsbehörde die Zertifizierung. Stattdessen kann die Bescheinigungsbehörde eine Entscheidung zur Zertifizierung unter Bedingungen erlassen, mit denen gewährleistet wird, dass alle Risiken, die negative Auswirkungen auf die Befüllung der unterirdischen Gasspeicheranlagen haben könnten, ausreichend gemindert werden, sofern die Durchführbarkeit der Bedingungen durch eine wirksame Umsetzung und Überwachung vollständig gewährleistet werden kann. Zu solchen Bedingungen kann insbesondere die Anforderung gehören, dass der Eigentümer oder der Betreiber des Speichersystems die Verwaltung des Speichersystems übertragen muss.

(5) Gelangt die Bescheinigungsbehörde zu dem Schluss, dass die Risiken für die Gasversorgung nicht durch Bedingungen gemäß Absatz 4, einschließlich der Bedingung, dass der Eigentümer oder der Betreiber des Speichersystems die Verwaltung des Speichersystems übertragen muss, begrenzt werden können, und verweigert sie daher die Zertifizierung, so

a)
verpflichtet sie den Eigentümer, den Betreiber des Speichersystems oder jede sonstige Person, die ihrer Ansicht nach die Energieversorgungssicherheit oder die wesentlichen Sicherheitsinteressen der Union oder eines Mitgliedstaats gefährden könnten, ihre Anteile oder Rechte am Eigentum der Speicheranlage oder des Speicheranlagenbetreibers zu veräußern, und setzt eine Frist für diese Veräußerung;
b)
ordnet sie, soweit angemessen, vorübergehende Maßnahmen an, um sicherzustellen, dass eine solche Person so lange keine Kontrolle über diesen Speicheranlageneigentümer oder -betreiber und keine Rechte an diesem Speicheranlageneigentümer oder -betreiber ausüben kann, bis die Anteile oder Rechte veräußert sind; und
c)
stellt im Einklang mit nationalem Recht geeignete Ausgleichsmaßnahmen zur Verfügung.

(6) Die Bescheinigungsbehörde übermittelt der Kommission unverzüglich den Entwurf ihrer Entscheidung über die Zertifizierung zusammen mit allen relevanten Informationen.

Die Kommission übermittelt der Bescheinigungsbehörde binnen 25 Arbeitstagen nach der Übermittlung eine Stellungnahme zum Entwurf der Entscheidung über die Zertifizierung. Die Bescheinigungsbehörde trägt der Stellungnahme der Kommission so weit wie möglich Rechnung.

(7) Die Bescheinigungsbehörde erlässt die Entscheidung über die Zertifizierung binnen 25 Arbeitstagen nach Erhalt der Stellungnahme der Kommission.

(8) Vor der Inbetriebnahme einer neu gebauten unterirdischen Gasspeicheranlage muss der Speicheranlagenbetreiber gemäß den Absätzen 1 bis 7 zertifiziert werden. Der Speicheranlagenbetreiber teilt der Bescheinigungsbehörde seine Absicht zur Inbetriebnahme der Speicheranlage mit.

(9) Speicheranlagenbetreiber teilen der betreffenden Bescheinigungsbehörde alle geplanten Transaktionen mit, die eine Neubewertung ihrer Einhaltung der Zertifizierungsanforderungen gemäß den Absätzen 1 bis 4 erforderlich machen würden.

(10) Die Bescheinigungsbehörden überwachen kontinuierlich die Einhaltung der Anforderungen aus den Absätzen 1 bis 4 durch die Speicheranlagenbetreiber. Unter folgenden Umständen leiten sie zur Neubeurteilung der Einhaltung der Anforderungen ein Zertifizierungsverfahren ein:

a)
bei Erhalt einer Mitteilung eines Speicheranlagenbetreibers gemäß den Absätzen 8 oder 9;
b)
aus eigener Initiative, wenn sie Kenntnis davon haben, dass eine geplante Änderung hinsichtlich der Rechte an oder der Einflussnahme auf einen Speicheranlagenbetreiber zu einem Verstoß gegen die Anforderungen der Absätze 1, 2 und 3 führen könnte;
c)
auf einen begründeten Antrag durch die Kommission.

(11) Die Mitgliedstaaten treffen alle erforderlichen Maßnahmen, um den Weiterbetrieb der unterirdischen Gasspeicheranlagen in ihrem jeweiligen Hoheitsgebiet sicher zu stellen. Diese unterirdischen Gasspeicheranlagen dürfen den Betrieb nur im Falle nicht erfüllter technischer Anforderungen und Sicherheitsanforderungen einstellen oder wenn die Bescheinigungsbehörde nach der Durchführung einer Bewertung sowie unter Berücksichtigung der Stellungnahme des ENTSO (Gas) zu dem Schluss kommt, dass eine solche Einstellung des Betriebs die Gasversorgungssicherheit auf Unions- oder auf nationaler Ebene nicht beeinträchtigen würde.

Soweit angemessen, sind geeignete Ausgleichsmaßnahmen zu treffen, wenn eine Einstellung des Betriebs nicht gestattet wird.

(12) Die Kommission kann Leitlinien zur Anwendung dieses Artikels erlassen.

(13) Dieser Artikel gilt nicht für die für Speicherung genutzten Teile von LNG-Anlagen.

Fußnote(n):

(1)

Verordnung (EU) 2017/1938 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 25. Oktober 2017 über Maßnahmen zur Gewährleistung der sicheren Gasversorgung und zur Aufhebung der Verordnung (EU) Nr. 994/2010 (ABl. L 280 vom 28.10.2017, S. 1).

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