ANHANG I VO (EG) 94/1467

EINZELHEITEN ZUR DURCHFÜHRUNG DES AKTIONSPROGRAMMS

I.
ZIELE

Ziel ist es, die Erhaltung, Beschreibung, Bewertung, Sammlung und Nutzung von potentiell wertvollen pflanzengenetischen und tiergenetischen Ressourcen in der Gemeinschaft sowie die einschlägige Dokumentierung zu gewährleisten und zu verbessern. Zu diesem Zweck empfiehlt es sich, die in den Mitgliedstaaten bereits eingeleiteten Aktionen zu koordinieren, zu ergänzen und auszubauen. Bei allen Aktionen wird das Subsidiaritätsprinzip angewendet. Gegebenenfalls sind die im Programm vorgesehenen Aktionen in Verbindung mit Maßnahmen durchzuführen, die von fachlich anerkannten internationalen Organisationen auf dem gleichen Gebiet unternommen werden.

II.
ALLGEMEINE BESTIMMUNGEN

1. Das Programm wird von der Kommission durchgeführt.

2. Die Einzelheiten der Durchführung nach Artikel 8 dieser Verordnung umfassen ein laufendes Verzeichnis der genetischen Ressourcen der Landwirtschaft der Gemeinschaft, konzertierte Aktionen, Vorhaben auf Kostenteilungsbasis zur Erhaltung, Beschreibung, Sammlung und Nutzung dieser genetischen Ressourcen sowie flankierende Maßnahmen.

Laufendes Verzeichnis

Es wird ein laufendes Verzeichnis über Art und Zustand der in der Gemeinschaft gesammelten Ressourcen der Landwirtschaft und über die derzeitigen Maßnahmen zur Erhaltung, Beschreibung, Sammlung und Nutzung dieser Ressourcen erstellt. Dieses Verzeichnis wird regelmäßig auf den neuesten Stand gebracht und veröffentlicht. Erstellung und regelmäßige Veröffentlichung dieses Verzeichnisses werden aus den zur Durchführung dieses Programms insgesamt bereitgestellten Mitteln finanziert.

Konzertierte Aktionen

Bei den konzertierten Aktionen handelt es sich um gemeinschaftliche Anstrengungen zur Koordinierung der in den Mitgliedstaaten eingeleiteten Einzelaktionen zur Erhaltung, Beschreibung, Sammlung und Nutzung der genetischen Ressourcen der Landwirtschaft. Die Gemeinschaft kann sich an diesen Aktionen mit bis zu 100 % der Konzertierungskosten beteiligen.

Vorhaben auf Kostenteilungsbasis zur Erhaltung, Beschreibung, Sammlung und Nutzung der genetischen Ressourcen der Landwirtschaft

Für die Vorhaben zur Erhaltung, Beschreibung, Sammlung und Nutzung der genetischen Ressourcen der Landwirtschaft werden Kostenteilungsverträge geschlossen. Die Gemeinschaft beteiligt sich an diesen Vorhaben mit höchstens 50 % der Gesamtkosten.

Die Vorhaben auf Kostenteilungsbasis sind grundsätzlich von in der Gemeinschaft ansässigen Beteiligten durchzuführen. Dabei wird bis zu einem gewissen Grad solchen Vorhaben der Vorzug gegeben, bei denen die Beteiligung von mindestens zwei voneinander unabhängigen, in verschiedenen Mitgliedstaaten ansässigen Partnern vorgesehen ist. Die Verträge für Vorhaben auf Kostenteilungsbasis zur Erhaltung, Beschreibung, Sammlung und Nutzung der genetischen Ressourcen der Landwirtschaft werden in der Regel im Anschluß an ein Auswahlverfahren auf der Grundlage von im Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften veröffentlichten Aufforderungen zur Einreichung von Vorschlägen geschlossen. In dringenden Fällen kann auch das nicht offene Verfahren angewendet werden.

Flankierende Maßnahmen

Die flankierenden Maßnahmen umfassen

die Veranstaltung von Seminaren, Fachkonferenzen und Workshops,

interne Koordinierungsmaßnahmen mit Unterstützung spezialisierter Fachgruppen,

Maßnahmen zur Ausbildung und Mobilität von Fachkräften,

Förderung der Nutzung der Ergebnisse.

Die Gemeinschaft kann sich an den flankierenden Maßnahmen mit bis zu 100 % der Gesamtkosten beteiligen.

3. Jede natürliche oder juristische Person, die aus einem Mitgliedstaat stammt und in der Gemeinschaft ansässig ist, kann sich an der Durchführung der im Rahmen des Programms vorgesehenen Aktionen beteiligen. Über eine etwaige Beteiligung von Partnern aus Drittländern und über einen diesbezüglichen finanziellen Beitrag der Gemeinschaft wird von Fall zu Fall entschieden.

4. Die Verbreitung der bei der Durchführung der Aktionen und Vorhaben erzielten Ergebnisse und Kenntnisse wird aus den Mitteln des Programms finanziert.

5. Jeder Vorschlag für eine Aktion muß eine Erklärung zur Umweltverträglichkeit enthalten. Diese Erklärung umfaßt außerdem eine Verpflichtung zur Einhaltung der einschlägigen Sicherheitsvorschriften.

III.
TECHNISCHE ASPEKTE

1.
Bereich

a)
In Betracht kommende Maßnahmen

Das Programm betrifft die Erhaltung, Beschreibung, Bewertung, Sammlung und Nutzung der im Gebiet der Gemeinschaft derzeit beheimateten pflanzengenetischen und tiergenetischen Ressourcen, die verlorenzugehen drohen, wenn keine besonderen Maßnahmen ergriffen werden. Dabei geht es um Pflanzen (Samenpflanzen und einige Sporenpflanzen), Tiere (Wirbeltiere und bestimmte Wirbellose) und Mikroorganismen. In Betracht kommen alle Arten von Material einschließlich Zuchtsorten und Kulturrassen, Landsorten/-rassen, Zuchtmaterial, Sammlungen von Genmaterial sowie freilebende Arten. Das Programm deckt sowohl Material in der Wachstumsphase als auch Material in Keimruhe (Samen, Embryonen, Sperma und Pollen) ab. Es werden Ex-situ- und In-situ-Sammlungen erfaßt. Das Schwergewicht liegt auf Arten, die für die Landwirtschaft, den Gartenbau und die Forstwirtschaft der Gemeinschaft von wirtschaftlicher Bedeutung sind oder sein könnten. Dabei wird solchen Vorhaben der Vorzug gegeben, bei denen es um die Nutzung der genetischen Ressourcen zu folgenden Zwecken geht:

Diversifizierung der landwirtschaftlichen Erzeugung,

Verbesserung der Qualität der Erzeugnisse,

besserer Schutz der Umwelt.

Für das Programm gelten folgende Begriffsbestimmungen:

„Dokumentierung” bedeutet das Sammeln und Aufzeichnen aller Arten von Daten;

der „Paß” enthält die am Ort der Sammlung aufgezeichneten Daten;

„Beschreibung” ist die anschließende Aufzeichnung primärer taxonomischer Beschreibungsmerkmale;

„Bewertung” ist die Bewertung anderer Merkmale, wie z. B. Krankheits- oder Streßresistenz.

Bei der Erfassung von Sammlungen und der Durchführung neuer Sammlungen wird im Rahmen des Programms darauf hingewirkt, daß regionenbezogenes traditionelles Erfahrungswissen der Nutzer (Landwirte, Gärtner) über Anbauweise, besondere Verwendung, Verarbeitung, Geschmack usw. mit aufgenommen wird.

b)
Nicht in Betracht kommende Maßnahmen

Folgende Maßnahmen kommen für eine finanzielle Beteiligung der Gemeinschaft im Rahmen dieses Programms nicht in Betracht: theoretische Studien, Studien zum Testen von Hypothesen, Studien zur Verbesserung des Instrumentariums oder von Techniken, Arbeiten unter Verwendung von nicht erprobten Techniken oder von „Modellsystemen” sowie alle sonstigen Forschungsaktivitäten. Solche Aktionen könnten etwa im Rahmen der spezifischen Programme der Gemeinschaftsprogramme für Forschung und technologische Entwicklung in Betracht gezogen werden. In den Mitgliedstaaten bereits laufende Arbeiten werden lediglich im Rahmen „konzertierter Aktionen” unterstützt. Arbeiten im Zusammenhang mit niederen Tieren und Pflanzen sowie Mikroorganismen kommen nicht in Betracht, es sei denn, diese werden zu Land oder in Süßwasser gezüchtet oder kultiviert oder eignen sich für die Verwendung als biologische Bekämpfungsmittel in der Landwirtschaft. Eine Ausnahme ist der spezielle Fall von genetischen Beziehungen zwischen Parasit bzw. Symbiont einerseits und Wirt andererseits, wenn beide Organismen konserviert werden sollen. Das Sammeln und die Beschaffung von Material unterliegen den obengenannten Prioritäten.

2.
Aktionen

Es werden folgende Aktionen gefördert:

a)
Verzeichnis

Es wird ein laufendes Verzeichnis der in der Gemeinschaft durchgeführten Arbeiten zur Erhaltung, Beschreibung, Sammlung und Nutzung der genetischen Ressourcen der Landwirtschaft sowie der In-situ-Programme und der Ex-situ-Sammlungen erstellt, regelmäßig auf den neuesten Stand gebracht und veröffentlicht. Das Verzeichnis gibt einen Überblick über die Sammlungen von konservierten genetischen Ressourcen und verwandte Aktivitäten in der Gemeinschaft. Ziel ist es, ein Hilfsinstrument für die im Rahmen des Programms durchgeführten Maßnahmen zu schaffen und eine möglichst umfassende Kenntnis und Nutzung des konservierten Materials zu fördern. Das Verzeichnis enthält vollständige Angaben zu allen Datenbanken und insbesondere zu allen durch das Programm unterstützten Sammlungen sowie andere sachdienliche Angaben.

b)
Erhaltung, Dokumentierung und Informationsaustausch

Ziel ist es, die Bemühungen der Gemeinschaft zur Erhaltung der tiergenetischen und pflanzengenetischen Ressourcen der Landwirtschaft, einschließlich Waldbäume, sowie zur Erstellung der einschlägigen Dokumentierung zu stärken, indem die bereits laufenden Arbeiten aufeinander abgestimmt und Maßnahmen, die einen Doppelaufwand bedeuten, eingestellt werden. Die Arbeit wird in mehreren aufeinander aufbauenden Stufen durchgeführt. Arbeiten einer späteren Stufe kommen nur dann für eine finanzielle Beteiligung der Gemeinschaft in Frage, wenn die vorherigen Stufen nachweislich im Rahmen des Programms oder bereits zuvor abgeschlossen worden sind. Schließlich können auch neue Maßnahmen unterstützt werden, sofern nachweislich ein Bedarf vorhanden ist (Stufe 6). Zum Zweck der Harmonisierung müssen die Datenbanken, die bei allen durch das Programm finanzierten Aktionen verwendet werden, kompatibel werden. Während jeder Stufe werden die gewonnenen Informationen veröffentlicht und das gesammelte Material, soweit möglich, zugänglich gemacht. Für jede Art gelten folgende Stufen:

Stufe 1: Erstellung des Arbeitsplans

Erstellung einer Minimalliste primärer Beschreibungsmerkmale, Entwurf und Test einer gemeinsamen Datenbank und eines gemeinsamen Formats für den Datenaustausch. Die gemeinsame Datenbank sollte benutzerfreundlich sein und die Standardsprache verwenden. Die ausgewählten Beschreibungsmerkmale sollten in hohem Grad vererbbar sein, in allen Umgebungen zur Ausprägung kommen und ohne hohen Kostenaufwand zu bewerten sein.

Stufe 2: Beschreibung der Sammlungen

Errichtung der Datenbank. Zusammenstellen der Paßdaten, Vermehrung oder Regeneration des Materials und Darstellung der primären Beschreibungsmerkmale.

Stufe 3: Bewertung (sekundäre Beschreibung)

Gegebenenfalls Einbeziehung sachdienlicher Daten aus anderen Screening-Tests (siehe unten „Bewertung und Nutzung” ).

Stufe 4: Sortieren der Sammlungen

Mit Hilfe der gemeinsamen Datenbank sind Dubletten und Lücken in den vorhandenen Sammlungen zu ermitteln. Gegebenenfalls wird ein Teil des Gesamtbestandes als „Kernsammlung” ausgewiesen.

Stufe 5: Rationalisierung der Sammlungen

Sofern Dubletten zwischen den Sammlungen bestehen, sind die Bestände zu rationalisieren und aufeinander abzustimmen. Eine gewisse Überschneidung zwischen den Beständen ist als Sicherung gegen zufällige Verluste notwendig. Dubletten von Kernmaterial sind an mindestens zwei ausgewiesenen Standorten aufzubewahren. Die gesamte Sammlung kann über mehrere ausgewiesene Standorte verteilt sein.

Stufe 6: Beschaffung (Sammeln) von genetischen Ressourcen

Es können Sammelaktionen durchgeführt werden, sofern

i)
die Sammlungen lückenhaft sind, wodurch ihre Verwendbarkeit nachweislich beeinträchtigt wird, oder
ii)
nicht gesammeltes Material existiert, bei dem Grund zu der Annahme besteht, daß es einzigartig ist und verlorenginge, wenn es nicht gesammelt würde.

Dabei werden die bewährten Sammel- und Speicherungspraktiken befolgt, und das gesammelte Material wird dokumentiert und in die Datenbank eingegeben (Stufen 1 bis 5). Bei Tieren kann der Begriff „Sammeln” auch das Sammeln und Konservieren von Sperma, Eiern und Embryonen bedrohter und einzigartiger Rassen beinhalten.

Besonderes Gewicht wird auf die Veröffentlichung der bei den obengenannten Aktivitäten gewonnenen Daten und die Verbreitung des dabei erhaltenen Materials gelegt.

c)
Bewertung und Nutzung

Ziel ist eine bessere Bewertung und Nutzung des Materials, das in der Gemeinschaft in Sammlungen genetischer Ressourcen (in situ und ex situ) gespeichert ist. Folgende Aktionen können gefördert werden:

Aktionen, die unmittelbar in die Nutzung des konservierten Materials in der Landwirtschaft münden (z. B. Vermehrung des in Betracht kommenden Materials und seine Erprobung in Feldversuchen);

Einholen einschlägiger Informationen bei Benutzern, die in der Vergangenheit genetische Ressourcen von der Genbank erhalten haben, und Sammeln einschlägiger Informationen aus der Fachliteratur;

routinemäßige Bewertung der Leistungsfähigkeit des konservierten Materials unter praktischen Bedingungen;

routinemäßiges Screening des konservierten Materials im Hinblick auf nützliche relevante Gene (z. B. Produktqualität, Resistenz gegenüber Krankheiten, Schädlingen und Streßfaktoren, allgemeine Kombinationsfähigkeit, männliche Sterilität);

Aufzeichnung anderer Merkmale, die wirtschaftlich ohne Bedeutung, für die Praxis jedoch von Nutzen sind (z. B. schnellere oder präzisere Identifizierung von Genotypen).

3.
Beteiligung

Es gibt zwei Arten der Beteiligung an den Vorhaben auf Kostenteilungsbasis. Dabei gelten folgende Kriterien:

a) Benannter Beteiligter Ein benannter Beteiligter

ist entweder für Studien auf Promoviertenebene anerkannt — der Beteiligte muß bereit sein, Studierende für Studien (3 Jahre) nach dem Hochschulabschluß anzunehmen —

und/oder

ist von dem Mitgliedstaat anerkannt

und/oder

verfügt über die Bestätigung des Mitgliedstaats, daß er im fraglichen Bereich eine vergleichbare Befähigung besitzt;

und

falls er für eine Sammlung verantwortlich ist, muß diese Sammlung

allen Benutzern mit redlichen Absichten zur Verfügung stehen;

mit den Normen guter Praxis im Einklang stehen;

aktiv benutzt werden.

b) Komplementärbeteiligter Ein Komplementärbeteiligter verfügt über Material, das Material von derselben Art in einer ausgewiesenen Genbank ergänzt, oder besitzt ergänzende Fachkenntnisse. Komplementärbeteiligte werden als Unterauftragnehmer in Zusammenarbeit mit einem benannten Beteiligten zu den Arbeiten hinzugezogen.

Da es sich um ein multidisziplinäres Programm handelt, wird auf die Beteiligung aller einschlägigen Disziplinen (vor allem solcher, die sich mit der Nutzung des gespeicherten Materials befassen) besonderer Wert gelegt.

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