Präambel VO (EG) 94/2100
DER RAT DER EUROPÄISCHEN UNION —
gestützt auf den Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft, insbesondere auf Artikel 235,
auf Vorschlag der Kommission(1)
nach Stellungnahme des Europäischen Parlaments(2),
nach Stellungnahme des Wirtschafts- und Sozialausschusses(3),
in Erwägung nachstehender Gründe:
Bei den Pflanzensorten stellen sich spezifische Probleme bei der jeweils geltenden Regelung für die gewerblichen Schutzrechte.
Die Regelungen für die gewerblichen Schutzrechte für Pflanzensorten sind auf Gemeinschaftsebene nicht harmonisiert worden; deshalb finden nach wie vor die inhaltlich verschiedenen Regelungen der Mitgliedstaaten Anwendung.
Dementsprechend ist es zweckmäßig, eine Gemeinschaftsregelung einzuführen, die zwar parallel zu den einzelstaatlichen Regelungen besteht, jedoch die Erteilung von gemeinschaftsweit geltenden gewerblichen Schutzrechten erlaubt.
Ferner ist es zweckmäßig, daß die Gemeinschaftsregelung nicht von den Behörden der Mitgliedstaaten, sondern von einem Amt der Gemeinschaft mit eigener Rechtspersönlichkeit, nämlich dem „Gemeinschaftlichen Sortenamt” umgesetzt und angewendet wird.
Es ist die Entwicklung neuer Züchtungsverfahren einschließlich solcher biotechnischer Art zu berücksichtigen. Zum Anreiz für die Züchtung oder die Entdeckung neuer Sorten muß daher eine Verbesserung des Schutzes für Pflanzenzüchter aller Art gegenüber den derzeitigen Verhältnissen vorgesehen werden, ohne jedoch dadurch den Zugang zum Schutz insgesamt oder bei bestimmten Züchtungsverfahren ungerechtfertigt zu beeinträchtigen.
Schutzgegenstand müssen Sorten aller botanischen Gattungen und Arten sein können.
Schützbare Sorten müssen international anerkannte Voraussetzungen erfüllen, d. h. unterscheidbar, homogen, beständig und neu sowie mit einer vorschriftsmäßigen Sortenbezeichnung gekennzeichnet sein.
Es ist wichtig, eine Begriffsbestimmung für die Pflanzensorte vorzusehen, um die ordnungsgemäße Wirkungsweise des Systems sicherzustellen.
Mit der Begriffsbestimmung sollen keine Definitionen geändert werden, die gegebenenfalls auf dem Gebiet des geistigen Eigentums, insbesondere des Patents, eingeführt sind, und auch nicht Rechtsvorschriften, die die Schützbarkeit von Erzeugnissen, einschließlich Pflanzen und Pflanzenmaterial, oder von Verfahren durch ein solches anderes gewerbliches Schutzrecht regeln, beeinträchtigen oder von der Anwendung ausschließen.
Es ist jedoch in hohem Maße wünschenswert, für beide Bereiche eine gemeinsame Begriffsbestimmung verfügbar zu haben. Daher sollten geeignete Bemühungen auf internationaler Ebene um eine solche gemeinsame Begriffsbestimmung unterstützt werden.
Für die Erteilung des gemeinschaftlichen Sortenschutzes kommt es auf die Feststellung der für die Sorte maßgebenden wichtigen Merkmale an, die aber nicht notwendigerweise an ihre wirtschaftliche Bedeutung anknüpfen.
Das System muß auch klarstellen, wem das Recht auf den gemeinschaftlichen Sortenschutz zusteht. Für eine Reihe von Fällen steht es nicht einem einzelnen, sondern mehreren Personen gemeinsam zu. Auch die formelle Berechtigung zur Antragstellung muß geregelt werden.
Das System muß auch den in dieser Verordnung verwendeten Begriff „Inhaber” definieren; sofern der Begriff „Inhaber” ohne nähere Angaben in dieser Verordnung, einschließlich in Artikel 29 Absatz 5, verwendet wird, ist er im Sinne von Artikel 13 Absatz 1 zu verstehen.
Da die Wirkung des gemeinschaftlichen Sortenschutzes für das gesamte Gebiet der Gemeinschaft einheitlich sein soll, müssen die Handlungen, die der Zustimmung des Inhabers unterliegen, genau abgegrenzt werden. So wird zwar einerseits der Schutzumfang gegenüber den meisten einzelstaatlichen Systemen auf bestimmtes Material der Sorte erweitert, um Bewegungen über schutzfreie Gebiete außerhalb der Gemeinschaft zu berücksichtigen; andererseits muß die Einführung des Erschöpfungsgrundsatzes sicherstellen, daß der Schutz nicht ungerechtfertigt ausufert.
Das System bestätigt zum Zwecke des Züchtungsanreizes grundsätzlich die international geltende Regel des freien Zugangs zu geschützten Sorten, um daraus neue Sorten zu entwickeln und auszuwerten.
Für bestimmte Fälle, wenn die neue Sorte, obwohl unterscheidbar, im wesentlichen aus der Ausgangssorte gezüchtet wurde, ist allerdings eine gewisse Form der Abhängigkeit von dem Inhaber der zuletzt genannten Sorte zu schaffen.
Im übrigen muß die Ausübung des gemeinschaftlichen Sortenschutzes Beschränkungen unterliegen, die durch im öffentlichen Interesse erlassene Bestimmungen festgelegt sind.
Dazu gehört auch die Sicherung der landwirtschaftlichen Erzeugung. Zu diesem Zweck müssen die Landwirte die Genehmigung erhalten, den Ernteertrag unter bestimmten Bedingungen für die Vermehrung zu verwenden.
Es muß sichergestellt werden, daß die Voraussetzungen gemeinschaftlich festgelegt werden.
Auch Zwangsnutzungsrechte unter bestimmten Voraussetzungen sind im öffentlichen Interesse vorzusehen; hierzu kann die Notwendigkeit gehören, den Markt mit Pflanzenmaterial, das Besonderheiten aufweist, zu versorgen oder einen Anreiz zur ständigen Züchtung besserer Sorten aufrechtzuerhalten.
Die Verwendung der festgesetzten Sortenbezeichnung sollte grundsätzlich vorgeschrieben werden.
Der gemeinschaftliche Sortenschutz sollte grundsätzlich mindestens 25 Jahre, bei Rebsorten und Baumarten mindestens 30 Jahre dauern. Sonstige Beendigungsgründe des Schutzes müssen angegeben werden.
Der gemeinschaftliche Sortenschutz ist ein Vermögensgegenstand seines Inhabers. Seine Rolle im Verhältnis zu den nicht harmonisierten Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten, insbesondere denen des bürgerlichen Rechts, muß daher klargestellt werden. Dies gilt auch für die Regelung von Rechtsverletzungen und für die Geltendmachung von Rechten auf den gemeinschaftlichen Sortenschutz.
Es ist weiterhin sicherzustellen, daß die volle Anwendung der Grundsätze des Systems des gemeinschaftlichen Sortenschutzes durch Einwirkungen von anderen Systemen nicht beeinträchtigt wird. Zu diesem Zweck bedarf es für das Verhältnis zu anderen gewerblichen Schutzrechten gewisser Regeln, die mit bestehenden internationalen Verpflichtungen der Mitgliedstaaten in Einklang stehen.
Es ist in diesem Zusammenhang unerläßlich zu überprüfen, ob und in welchem Umfang die Bedingungen des nach anderen gewerblichen Schutzrechten wie dem Patentrecht gewährten Schutzes angepaßt oder in anderer Weise zum Zweck der Schlüssigkeit mit dem gemeinschaftlichen Sortenschutz geändert werden müssen. Soweit erforderlich, ist dies durch abgewogene Regeln in ergänzenden Rechtsvorschriften der Gemeinschaft vorzusehen.
Die Aufgaben und Befugnisse des Gemeinschaftlichen Sortenamtes, einschließlich seiner Beschwerdekammern, betreffend die Erteilung, Beendigung oder Nachprüfung des gemeinschaftlichen Sortenschutzes und die Bekanntmachung, sowie die Strukturen des Amtes und die Regeln, nach denen das Amt zu verfahren hat, das Zusammenwirken mit der Kommission und den Mitgliedstaaten, insbesondere über einen Verwaltungsrat, die Einbeziehung der Prüfungsämter in die technische Prüfung und die erforderlichen Haushaltsmaßnahmen sind so weit wie möglich nach dem Muster der für andere Systeme entwickelten Regeln auszugestalten.
Das Amt wird über den vorgenannten Verwaltungsrat, der sich aus Vertretern der Mitgliedstaaten und der Kommission zusammensetzt, unterstützt und überwacht.
Der Vertrag enthält nur in Artikel 235 Befugnisse für den Erlaß dieser Verordnung.
Diese Verordnung berücksichtigt die bestehenden internationalen Übereinkommen, wie z. B. das Internationale Übereinkommen zum Schutz von Pflanzenzüchtungen (UPOV-Übereinkommen) oder das Übereinkommen über die Erteilung Europäischer Patente (Europäisches Patentübereinkommen) oder das Abkommen über handelsbezogene Aspekte der Rechte des geistigen Eigentums, einschließlich des Handels mit nachgeahmten Waren. Sie verbietet die Patentierung von Pflanzensorten daher nur in dem durch das Europäische Patentübereinkommen geforderten Umfang, d. h. nur bei Pflanzensorten als solchen.
Diese Verordnung wird gegebenenfalls infolge künftiger Entwicklungen bei den vorgenannten Übereinkommen im Hinblick auf Änderungen überprüft werden müssen —
HAT FOLGENDE VERORDNUNG ERLASSEN:
Fußnote(n):
- (1)
ABl. Nr. C 244 vom 28. 9. 1990, S. 1, und ABl. Nr. C 113 vom 23. 4. 1993, S. 7.
- (2)
ABl. Nr. C 305 vom 23. 11. 1992, S. 55, und ABl. Nr. C 67 vom 16. 3. 1992, S. 148.
- (3)
ABl. Nr. C 60 vom 8. 3. 1991, S. 45.
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