Präambel VO (EG) 96/384

DER RAT DER EUROPÄISCHEN UNION —

gestützt auf den Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft, insbesondere auf Artikel 113,

gestützt auf die Verordnungen über die gemeinsamen Agrarmarktorganisationen sowie die aufgrund von Artikel 235 des Vertrags erlassenen Verordnungen für landwirtschaftliche Verarbeitungserzeugnisse, insbesondere auf diejenigen Bestimmungen dieser Verordnungen, welche ein Abweichen von dem allgemeinen Grundsatz ermöglichen, daß alle Schutzmaßnahmen an den Grenzen allein durch die in diesen Verordnungen vorgesehenen Maßnahmen ersetzt werden.

auf Vorschlag der Kommission(1),

nach Stellungnahme des Europäischen Parlaments(2),

in Erwägung nachstehender Gründe:

(1)
Der Rat hat mit der Verordnung (EWG) Nr. 2423/88(3) eine gemeinsame Regelung für den Schutz gegen gedumpte oder subventionierte Einfuhren aus nicht zur Europäischen Gemeinschaft gehörenden Ländern erlassen.
(2)
Diese Regelung wurde in Übereinstimmung mit den bestehenden internationalen Verpflichtungen festgelegt, insbesondere denjenigen, die sich aus Artikel VI des Allgemeinen Zoll- und Handelsabkommens — nachstehend GATT genannt —, aus dem Übereinkommen zur Durchführung des Artikels VI des GATT (Antidumping-Kodex 1979) und aus dem Übereinkommen zur Auslegung und Anwendung der Artikel VI, XVI und XXIII des GATT (Kodex über Subventionen und Ausgleichszölle) ergeben.
(3)
Die 1994 abgeschlossenen multilateralen Handelsverhandlungen führten zu neuen Übereinkommen zur Durchführung des Artikels VI des GATT, und es ist daher angemessen, die Regelung der Gemeinschaft zur Berücksichtigung dieses neuen Übereinkommens zu ändern. Da die neuen Regeln für Dumping und Subventionen unterschiedlicher Natur sind, ist es ferner wünschenswert, getrennte Regelungen der Gemeinschaft für diese beiden Bereiche einzuführen, so daß die neuen Regeln für den Schutz gegen Subventionen und für Ausgleichszölle in einer getrennten Verordnung festgelegt werden.
(4)
Bei der Anwendung dieser Regeln ist es zur Aufrechterhaltung des mit dem GATT-Übereinkommen errichteten Gleichgewichts zwischen Rechten und Pflichten unbedingt notwendig, daß die Gemeinschaft der Auslegung dieser Regeln durch ihre wichtigsten Handelspartner Rechnung trägt.
(5)
Das neue Antidumping-Übereinkommen, also das Übereinkommen zur Durchführung des Artikels VI des Allgemeinen Zoll- und Handelsabkommens 1994 (nachstehend „Antidumping-Übereinkommen 1994” genannt), enthält neue und ausführliche Regeln, insbesondere für die Berechnung des Dumpings, die Verfahren zur Einleitung und Durchführung der Untersuchung, einschließlich der Ermittlung und der Auswertung der Tatsachen, die Einführung vorläufiger Maßnahmen, die Einführung und die Vereinnahmung von Antidumpingzöllen, die Geltungsdauer und die Überprüfung von Antidumpingmaßnahmen sowie die Unterrichtung über Informationen im Zusammenhang mit Antidumpinguntersuchungen. Angesichts des Umfangs der Änderungen und zur Sicherung einer angemessenen und transparenten Anwendung der neuen Regeln sollten die Formulierungen des neuen Übereinkommens soweit wie möglich in das Gemeinschaftsrecht übertragen werden.
(6)
Es sollten klare und ausführliche Regeln für die Ermittlung des Normalwerts abgefaßt werden; insbesondere sollte sich die Ermittlung in allen Fällen auf repräsentative Verkäufe im normalen Handelsverkehr im Ausfuhrland stützen. Es ist zweckmäßig zu definieren, unter welchen Umständen Inlandsverkäufe als mit Verlust getätigt angesehen und nicht berücksichtigt und die verbleibenden Verkäufe oder der rechnerisch ermittelte Normalwert oder die Verkäufe an ein Drittland zugrunde gelegt werden können. Ferner sollten eine angemessene Verteilung der Kosten, einschließlich in Situationen der Produktionsaufnahme, vorgesehen und Leitlinien für die Definition der Produktionsaufnahme sowie den Umfang und die Methode der Verteilung festgelegt werden. Bei der rechnerischen Ermittlung des Normalwerts ist es ferner notwendig, die Methode anzugeben, die für die Bestimmung der Vertriebs-, Verwaltungs- und Gemeinkosten und den Gewinn anzuwenden ist, die in diesem Normalwert enthalten sein müssen.
(7)
Bei der Ermittlung des Normalwerts für Länder ohne Marktwirtschaft erscheint es zweckmäßig, Regeln für die Wahl des geeigneten Drittlands mit Marktwirtschaft festzulegen, das zu diesem Zweck heranzuziehen ist, und für den Fall, daß ein angemessenes Drittland nicht ermittelt werden kann, vorzusehen, daß der Normalwert auf andere angemessene Weise bestimmt werden kann.
(8)
Es ist der Begriff „Ausfuhrpreis” zu definieren und anzugeben, welche Berichtigungen in den Fällen vorzunehmen sind, in denen dieser Preis unter Zugrundelegung des ersten Preises am freien Markt errechnet werden muß.
(9)
Um einen gerechten Vergleich zwischen dem Ausfuhrpreis und dem Normalwert zu ermöglichen, sollten die Faktoren aufgelistet werden, die die Preise und die Vergleichbarkeit der Preise beeinflussen können, und spezifische Regeln für die Bestimmungen der Berichtigungen festgelegt werden, wobei zu berücksichtigen ist, daß doppelte Berichtigungen zu vermeiden sind. Ferner ist vorzusehen, daß für den Vergleich Durchschnittspreise herangezogen werden können, obgleich individuelle Ausfuhrpreise mit einem durchschnittlichen Normalwert verglichen werden können, wenn erstere nach Verwender, Region oder Zeitraum variieren.
(10)
Es sind klare und ausführliche Leitlinien für die Faktoren festzulegen, die für die Feststellung ausschlaggebend sein können, ob die gedumpten Einfuhren eine bedeutende Schädigung verursacht haben oder eine Schädigung zu verursachen drohen. Bei dem Nachweis, daß das Volumen und die Preise der betreffenden Einfuhren für die Schädigung eines Wirtschaftszweigs der Gemeinschaft verantwortlich sind, sollten die Auswirkungen anderer Faktoren und insbesondere die jeweiligen Marktbedingungen in der Gemeinschaft berücksichtigt werden.
(11)
Es empfiehlt sich, den Begriff „Wirtschaftszweig der Gemeinschaft” zu definieren und vorzusehen, daß die mit Ausführern verbundenen Parteien aus dem Wirtschaftszweig ausgeschlossen werden können; der Begriff „verbunden” ist zu definieren. Ferner ist vorzusehen, daß Antidumpingmaßnahmen in bezug auf Hersteller in einer Region der Gemeinschaft getroffen werden können; für die Definition dieser Region sind Leitlinien festzulegen.
(12)
Es ist festzulegen, wer einen Antidumpingantrag stellen kann, inwieweit dieser von dem Wirtschaftszweig der Gemeinschaft unterstützt werden sollte und welche Informationen dieser Antrag zu dem Dumping, der Schädigung und dem ursächlichen Zusammenhang enthalten sollte. Außerdem sind die Verfahren für die Ablehnung von Anträgen oder die Einleitung von Antidumpingverfahren festzulegen.
(13)
Es ist festzulegen, wie die interessierten Parteien davon unterrichtet werden, welche Informationen die Behörden benötigen, wie ihnen ausreichend Gelegenheit gegeben wird, alle einschlägigen Beweise vorzulegen, und wie sie uneingeschränkt Gelegenheit erhalten, ihre Interessen zu verteidigen. Außerdem sind die Regeln und Verfahren klar festzulegen, die bei der Untersuchung einzuhalten sind, insbesondere, daß interessierte Parteien innerhalb bestimmter Fristen sich selbst melden, ihren Standpunkt darlegen und ihre Informationen vorlegen müssen, wenn diese Standpunkte und Informationen berücksichtigt werden sollen. Ferner sollte festgelegt werden, unter welchen Voraussetzungen eine interessierte Partei Zugang zu Informationen anderer interessierter Parteien erhalten und zu den Informationen Stellung nehmen kann. Bei der Sammlung der Informationen sollten die Mitgliedstaaten und die Kommission zusammenarbeiten.
(14)
Es sind die Bedingungen festzusetzen, unter denen vorläufige Zölle eingeführt werden können, u. a., daß sie frühestens 60 Tage und spätestens neun Monate nach der Einleitung des Verfahrens eingeführt werden können. Aus Verwaltungsgründen ist ferner vorzusehen, daß diese Zölle in allen Fällen von der Kommission entweder direkt für einen Zeitraum von neun Monaten oder in zwei Phasen von sechs und drei Monaten eingeführt werden können.
(15)
Es sind die Verfahren für die Annahme von Verpflichtungen festzulegen, die das Dumping und die Schädigung anstelle der Einführung vorläufiger oder endgültiger Zölle beseitigen. Ferner ist festzulegen, welche Folgen eine Verletzung oder Rücknahme von Verpflichtungen hat und daß vorläufige Zölle im Fall einer mutmaßlichen Verletzung eingeführt werden können oder wenn eine weitere Untersuchung zur Vervollständigung der Sachaufklärung erforderlich ist. Bei der Annahme von Verpflichtungen sollte darauf geachtet werden, daß die vorgeschlagenen Verpflichtungen und ihre Einhaltung nicht zu einem wettbewerbsschädigenden Verhalten führen.
(16)
Es ist notwendig, den Abschluß von Verfahren mit oder ohne Maßnahmen normalerweise innerhalb von zwölf Monaten und spätestens von 15 Monaten nach der Einleitung der Untersuchung vorzusehen. Untersuchungen oder Verfahren sollten eingestellt werden, wenn das Dumping geringfügig oder die Schädigung unerheblich ist, und es empfiehlt sich, diese Begriffe zu definieren. In den Fällen, in denen Maßnahmen einzuführen sind, ist der Abschluß der Untersuchungen vorzusehen und festzulegen, daß die Maßnahmen niedriger als die Dumpingspannen sein sollten, wenn ein niedrigerer Betrag zur Beseitigung der Schädigung ausreicht, und ferner die Methode für die Berechnung der Höhe der Maßnahmen im Falle einer Stichprobenauswahl zu bestimmen.
(17)
Soweit angemessen, ist die rückwirkende Erhebung vorläufiger Zölle vorzusehen und festzulegen, welche Umstände die rückwirkende Erhebung von Zöllen auslösen können, um ein Unterlaufen der einzuführenden endgültigen Maßnahmen zu verhindern. Ferner ist vorzusehen, daß die Zölle im Fall einer Verletzung oder Rücknahme von Verpflichtungen rückwirkend erhoben werden können.
(18)
Die Maßnahmen sollten nach fünf Jahren auslaufen, es sei denn, eine Überprüfung spricht für ihre Aufrechterhaltung. In den Fällen, in denen ausreichende Beweise für veränderte Umstände vorgelegt werden, sollten Interimsüberprüfungen oder Untersuchungen durchgeführt werden, um festzustellen, ob die Erstattung von Antidumpingzöllen gerechtfertigt ist. Außerdem ist festzulegen, daß bei einer Neuberechnung des Dumpings, die eine rechnerische Ermittlung der Ausfuhrpreise erforderlich macht, die Zölle nicht als zwischen der Einfuhr und dem Wiederverkauf entstandene Kosten behandelt werden, wenn sich diese Zölle in den Preisen der Waren widerspiegeln, die Gegenstand von Maßnahmen in der Gemeinschaft sind.
(19)
Insbesondere ist eine Neufeststellung der Ausfuhrpreise und der Dumpingspannen vorzusehen, wenn der Zoll von dem Ausführer über eine Form von Ausgleichsvereinbarung getragen wird und sich nicht in den Preisen der Waren widerspiegelt, die Gegenstand von Maßnahmen in der Gemeinschaft sind.
(20)
Das Antidumping-Übereinkommen 1994 enthält keine Bestimmungen über die Umgehung von Antidumpingmaßnahmen, obgleich in einem gesonderten GATT-Ministerbeschluß die Umgehung als ein Problem anerkannt und dessen Lösung dem GATT-Antidumpingausschuß übertragen wird. Da die multilateralen Verhandlungen bisher scheiterten und das Ergebnis der Befassung des GATT-Antidumpingausschusses nicht vorliegt, sind neue Bestimmungen in das Gemeinschaftsrecht einzuführen, um Praktiken, einschließlich der einfachen Montage in der Gemeinschaft oder in einem Drittland, zu regeln, die in erster Linie auf die Umgehung von Antidumpingmaßnahmen abzielen.
(21)
Es ist zweckdienlich, die Aussetzung von Antidumpingmaßnahmen im Fall einer vorübergehenden Veränderung der Marktbedingungen zu gestatten, die die Beibehaltung derartiger Maßnahmen einstweilig nicht geeignet erscheinen lassen.
(22)
Es ist vorzusehen, daß die von der Untersuchung betroffenen Einfuhren Gegenstand einer zollamtlichen Erfassung sein können, so daß in der Folge Maßnahmen gegenüber diesen Einfuhren angewandt werden können.
(23)
Zur Sicherung einer ordnungsgemäßen Durchsetzung der Maßnahmen müssen die Mitgliedstaaten den Einfuhrhandel bei Waren, die Gegenstand der Untersuchungen und Gegenstand von Maßnahmen sind, und den Betrag der im Rahmen dieser Verordnung vereinnahmten Zölle überwachen und der Kommission darüber Bericht erstatten.
(24)
Ferner sind in regelmäßigen Zeitabständen und bestimmten Phasen der Untersuchung Konsultationen in einem Beratenden Ausschuß vorzusehen. Der Ausschuß sollte sich aus Vertretern der Mitgliedstaaten und einem Vertreter der Kommission, der den Vorsitz führt, zusammensetzen.
(25)
Es sind Kontrollbesuche zur Überprüfung der Informationen zu dem Dumping und der Schädigung vorzusehen, wobei diese Kontrollbesuche von einer ordnungsgemäßen Beantwortung der Fragebogen abhängen sollten.
(26)
Um einen fristgerechten Abschluß der Untersuchungen zu ermöglichen, ist es wichtig, in den Fällen, in denen die Zahl der betroffenen Parteien oder Transaktionen sehr groß ist, eine Stichprobenauswahl vorzusehen.
(27)
Es ist vorzusehen, daß für Parteien, die nicht in zufriedenstellender Weise an der Untersuchung mitarbeiten, andere Informationen für die Sachaufklärung herangezogen werden können und daß derartige Informationen für die Parteien weniger günstig sein können, als wenn sie an der Untersuchung mitgearbeitet hätten.
(28)
Eine vertrauliche Behandlung von Informationen ist vorzusehen, um Geschäftsgeheimnisse nicht zu verbreiten.
(29)
Es ist eine ordnungsgemäße Unterrichtung der betroffenen Parteien über die wesentlichen Tatsachen und Erwägungen vorzusehen, die unter gebührender Berücksichtigung des Entscheidungsprozesses in der Gemeinschaft innerhalb einer Frist stattfinden muß, die den Parteien die Verteidigung ihrer Interessen ermöglicht.
(30)
Es ist angebracht, ein Verwaltungssystem vorzusehen, damit Argumente zu der Frage vorgebracht werden können, ob Maßnahmen im Interesse der Gemeinschaft einschließlich des Interesses der Verbraucher liegen, und Fristen für die Vorlage dieser Informationen sowie das Recht der betroffenen Parteien auf Unterrichtung festzulegen.
(31)
Mit der Verordnung (EG) Nr. 3283/94 des Rates vom 22. Dezember 1994 über den Schutz gegen gedumpte Einfuhren aus nicht zur Europäischen Gemeinschaft gehörenden Ländern(4) hob der Rat die Verordnung (EWG) Nr. 2423/88 auf und errichtete ein neues gemeinsames Schutzsystem gegen gedumpte Einfuhren aus nicht zur Europäischen Gemeinschaft gehörenden Ländern.
(32)
Bei der Bekanntmachung der Verordnung (EG) Nr. 3283/94 traten erhebliche Irrtümer im Wortlaut zutage.
(33)
Außerdem ist die genannte Verordnung schon zweimal geändert worden.
(34)
Im Interesse der Klarheit, Transparenz und Rechtssicherheit sollte die genannte Verordnung daher, unbeschadet der bereits nach ihr oder nach der Verordnung (EWG) Nr. 2423/88 eingeleiteten Antidumpingverfahren, aufgehoben oder ersetzt werden —

HAT FOLGENDE VERORDNUNG ERLASSEN:

Fußnote(n):

(1)

ABl. Nr. C 319 vom 30. 11. 1995.

(2)

ABl. Nr. C 17 vom 22. 1. 1996.

(3)

ABl. Nr. L 209 vom 2. 8. 1988, S. 1. Verordnung zuletzt geändert durch die Verordnung (EG) Nr. 522/94 (ABl. Nr. L 66 vom 10. 3. 1994, S. 10).

(4)

ABl. Nr. L 349 vom 31. 12. 1994, S. 1.Verordnung zuletzt geändert durch die Verordnung (EG) Nr. 1251/95 (ABl. Nr. L 122 vom 2. 6. 1995, S. 1).

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