Präambel VO (EG) 97/1035

DER RAT DER EUROPÄISCHEN UNION —

gestützt auf den Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft, insbesondere auf die Artikel 213 und 235,

auf Vorschlag der Kommission(1),

nach Stellungnahme des Europäischen Parlaments(2),

nach Stellungnahme des Wirtschafts- und Sozialausschusses(3),

nach Stellungnahme des Ausschusses der Regionen,

in Erwägung nachstehender Gründe:

(1)
Bei der Ausarbeitung und der Durchführung ihrer Politiken und Rechtsakte muß die Gemeinschaft die Grundrechte wahren; im besonderen ist die Achtung der Menschenrechte eine Voraussetzung für die Rechtmäßigkeit der gemeinschaftlichen Rechtsakte.
(2)
Die Erfassung und Analyse objektiver, zuverlässiger und vergleichbarer Informationen auf Gemeinschaftsebene über die Phänomene des Rassismus, der Fremdenfeindlichkeit und des Antisemitismus sind daher erforderlich, damit sich die Gemeinschaft ein vollständiges Bild von diesen Phänomenen machen und ihrer Verpflichtung, die Grundrechte zu achten, nachkommen und sie bei der Ausarbeitung und Durchführung ihrer Politiken und der Rechtsakte, die sie in ihrem Zuständigkeitsbereich erläßt, berücksichtigen kann.
(3)
Die Organe der Gemeinschaft und die Mitgliedstaaten haben wiederholt auf die große Bedeutung hingewiesen, die der Achtung der Menschenrechte zukommt.
(4)
In ihrer Gemeinsamen Erklärung vom 5. April 1977(4) unterstreichen das Europäische Parlament, der Rat und die Kommission „die vorrangige Bedeutung, die sie der Achtung der Grundrechte beimessen” , und erklären, daß sie diese Rechte bei der Ausübung ihrer Befugnisse beachten und dies auch in Zukunft tun werden.
(5)
Am 11. Juni 1986 verabschiedeten das Europäische Parlament, der Rat, die im Rat vereinigten Vertreter der Mitgliedstaaten und die Kommission eine Erklärung gegen Rassismus und Fremdenfeindlichkeit(5), in der sie „auf die Bedeutung einer angemessenen Unterrichtung und einer Sensibilisierung aller Bürger angesichts der Gefahren des Rassismus und der Fremdenfeindlichkeit” hinweisen und die „Notwendigkeit” hervorheben, „dafür zu sorgen, daß jeder Akt und jede Form von Diskriminierung vermieden oder unterbunden wird” .
(6)
Der Rat und die im Rat vereinigten Vertreter der Regierungen der Mitgliedstaaten nahmen am 29. Mai 1990 eine Entschließung zur Bekämpfung von Rassismus und Fremdenfeindlichkeit(6) an.
(7)
Der Rat und die im Rat vereinigten Vertreter der Regierungen der Mitgliedstaaten nahmen am 5. Oktober 1995 eine Entschließung zur Bekämpfung von Rassismus und Fremdenfeindlichkeit im Beschäftigungs- und Sozialbereich(7) und am 23. Oktober 1995 eine Entschließung über die Antwort des Bildungswesens auf die Probleme des Rassismus und der Fremdenfeindlichkeit(8) an.
(8)
Der Rat nahm am 15. Juli 1996 auf der Grundlage von Artikel K.3 des Vertrags über die Europäische Union eine gemeinsame Maßnahme betreffend die Bekämpfung von Rassismus und Fremdenfeindlichkeit(9) an.
(9)
Der Rat und die im Rat vereinigten Vertreter der Regierungen der Mitgliedstaaten nahmen am 23. Juli 1996 eine Entschließung betreffend das „Europäische Jahr gegen Rassismus (1997)” (10) an.
(10)
Auf seiner Tagung am 24. und 25. Juni 1994 in Korfu kam der Europäische Rat überein, seine Bemühungen zur Entwicklung einer Gesamtstrategie der Europäischen Union gegen Rassismus und Fremdenfeindlichkeit zu intensivieren; zu diesem Zweck setzte er eine Beratende Kommission ein, die den Auftrag hatte, Empfehlungen zur Bekämpfung von Rassismus und Fremdenfeindlichkeit zu formulieren.
(11)
Auf seiner Tagung am 26. und 27. Juni 1995 in Cannes ersuchte der Europäische Rat die Beratende Kommission, ihre Beratungen fortzusetzen, um in enger Zusammenarbeit mit dem Europarat zu prüfen, ob die Einrichtung einer Europäischen Beobachtungsstelle für rassistische und fremdenfeindliche Phänomene realisierbar ist.
(12)
Die Schlußfolgerungen der Studie über die Realisierbarkeit einer Beobachtungsstelle wurden dem Europäischen Rat auf seiner Tagung in Florenz am 21. und 22. Juni 1996 vorgelegt.
(13)
Auf seiner Tagung in Florenz bekräftigte der Europäische Rat die Entschlossenheit der Union, ganz entschieden gegen Rassismus und Fremdenfeindlichkeit vorzugehen; er billigte den Grundsatz der Errichtung einer Europäischen Beobachtungsstelle.
(14)
Um dieser Aufgabe der Erfassung und Analyse von Informationen über Rassismus, Fremdenfeindlichkeit und Antisemitismus so gut und so unabhängig wie möglich gerecht zu werden und um weiterhin enge Beziehungen zum Europarat zu unterhalten, ist auf Gemeinschaftsebene eine autonome Einrichtung mit eigener Rechtspersönlichkeit zu schaffen: die Europäische Stelle zur Beobachtung von Rassismus und Fremdenfeindlichkeit (nachstehend „Beobachtungsstelle” genannt).
(15)
Die Phänomene Rassismus, Fremdenfeindlichkeit und Antisemitismus beinhalten zahlreiche komplexe, eng miteinander verflochtene Aspekte, die schwer voneinander zu trennen sind; infolgedessen ist der Beobachtungsstelle die Gesamtaufgabe der Erfassung und Analyse von Informationen über verschiedene Tätigkeitsbereiche der Gemeinschaft zu übertragen; die Beobachtungsstelle wird sich in erster Linie mit Bereichen befassen, in denen fundierte Kenntnisse in bezug auf diese Probleme für die Tätigkeit der Gemeinschaft besonders erforderlich sind.
(16)
Die Phänomene Rassismus und Fremdenfeindlichkeit sind auf sämtlichen Ebenen der Gemeinschaft spürbar, d. h. auf lokaler, regionaler, nationaler und gemeinschaftlicher Ebene; daher können die auf Gemeinschaftsebene erfaßten und analysierten Informationen auch für die Behörden der Mitgliedstaaten bei der Ausarbeitung und Durchführung von Maßnahmen ihres Zuständigkeitsbereichs auf lokaler, regionaler und nationaler Ebene von Nutzen sein.
(17)
Die Beobachtungsstelle wird die Ergebnisse ihrer Arbeit infolgedessen sowohl der Gemeinschaft als auch den Mitgliedstaaten zur Verfügung stellen.
(18)
In den Mitgliedstaaten bestehen zahlreiche hervorragende Organisationen, die sich mit Rassismus und Fremdenfeindlichkeit befassen.
(19)
Die Koordinierung der Forschungstätigkeiten und die Schaffung eines Netzes von Organisationen werden Nutzen und Effizienz dieser Arbeiten steigern.
(20)
Um die Zusammenarbeit zu verbessern und Überschneidungen oder Doppelarbeit zu vermeiden, setzen die der Beobachtungsstelle übertragenen Aufgaben enge Beziehungen zum Europarat, der in diesem Bereich über umfangreiche Erfahrungen verfügt, sowie eine Zusammenarbeit mit anderen Organisationen in den Mitgliedstaaten und internationalen Organisationen voraus, die für die Bereiche, die mit den Phänomenen Rassismus und Fremdenfeindlichkeit verknüpft sind, zuständig sind.
(21)
Die Beobachtungsstelle kann selbst über die administrativen Modalitäten für die Zusammenarbeit mit diesen Organisationen bestimmen; im übrigen schließt die Gemeinschaft im Namen der Beobachtungsstelle ein Abkommen mit dem Europarat über eine enge Zusammenarbeit zwischen diesem und der Beobachtungsstelle; dasselbe gilt für den Abschluß von Abkommen mit anderen internationalen Organisationen oder mit Drittländern, die sich für die Erfüllung der Aufgaben der Beobachtungsstelle als notwendig erweisen könnten.
(22)
Der Schutz der von der Beobachtungsstelle verarbeiteten und ausgetauschten personenbezogenen Daten muß gemäß der Richtlinie 95/46/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 24. Oktober 1995 zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten und zum freien Datenverkehr(11) gewährleistet sein.
(23)
Die Beobachtungsstelle muß bei der Wahrnehmung ihrer Aufgaben über größtmögliche Autonomie verfügen.
(24)
Der Gerichtshof ist aufgrund einer Schiedsklausel zuständig für Entscheidungen über Streitigkeiten betreffend die vertragliche Haftung der Beobachtungsstelle sowie Streitigkeiten betreffend die außervertragliche Haftung der Beobachtungsstelle. Der Gerichtshof ist ferner nach Maßgabe des Artikels 173 des Vertrags für Entscheidungen über Klagen gegen die Beobachtungsstelle zuständig.
(25)
Diese Verordnung könnte gegebenenfalls nach Ablauf eines Zeitraums von drei Jahren angepaßt werden, damit über eine etwaige Änderung oder Ausweitung der Aufgaben der Beobachtungsstelle, insbesondere nach Maßgabe der Entwicklung der Zuständigkeiten der Gemeinschaft, entschieden werden kann.
(26)
Die Befugnisse nach Artikel 213 des Vertrags betreffend die Erfassung und Analyse von Informationen über verschiedene Tätigkeitsbereiche der Gemeinschaft lassen es nicht zu, daß diese Informationen durch eine spezialisierte autonome Einrichtung mit eigener Rechtspersönlichkeit erfaßt werden; infolgedessen ist Artikel 235 ergänzend als Rechtsgrundlage für die Schaffung einer solchen Einrichtung und für die Übermittlung der Informationen an die Organe und Einrichtungen der Gemeinschaft und an die Mitgliedstaaten heranzuziehen —

HAT FOLGENDE VERORDNUNG ERLASSEN:

Fußnote(n):

(1)

ABl. Nr. C 78 vom 12. 3. 1987, S. 15.

(2)

ABl. Nr. C 132 vom 28. 4. 1997.

(3)

ABl. Nr. C 158 vom 26. 5. 1997, S. 9.

(4)

ABl. Nr. C 103 vom 27. 4. 1977, S. 1.

(5)

ABl. Nr. C 158 vom 25. 6. 1986, S. 1.

(6)

ABl. Nr. C 157 vom 27. 6. 1990, S. 1.

(7)

ABl. Nr. C 296 vom 10. 11. 1995, S. 13.

(8)

ABl. Nr. C 312 vom 23. 11. 1995, S. 1.

(9)

ABl. Nr. L 185 vom 24. 7. 1996, S. 5.

(10)

ABl. Nr. C 237 vom 15. 8. 1996, S. 1.

(11)

ABl. Nr. L 281 vom 23. 11. 1995, S. 31.

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