Artikel 1 VO (EU) 2010/1095
Errichtung und Tätigkeitsbereich
(1) Mit dieser Verordnung wird eine Europäische Aufsichtsbehörde (Europäische Wertpapier- und Marktaufsichtsbehörde) (im Folgenden „Behörde” genannt) errichtet.
(2) Die Behörde handelt im Rahmen der ihr durch diese Verordnung übertragenen Befugnisse und innerhalb des Anwendungsbereichs der Richtlinien 97/9/EG, 98/26/EG, 2001/34/EG, 2002/47/EG, 2004/109/EG, 2009/65/EG, der Richtlinie 2011/61/EU des Europäischen Parlaments und des Rates(1), der Verordnung (EG) Nr. 1060/2009, der Richtlinie 2014/65/EU des Europäischen Parlaments und des Rates(2), der Verordnung (EU) 2017/1129 des Europäischen Parlaments und des Rates(3) und der Verordnung (EU) 2023/1114 des Europäischen Parlaments und des Rates(4) und, soweit diese Gesetzgebungsakte sich auf Firmen, die Wertpapierdienstleistungen erbringen, Organismen für gemeinsame Anlagen, die ihre Anteilsscheine oder Anteile vertreiben, Emittenten oder Anbieter von Kryptowerten, Personen, die die Zulassung zum Handel beantragen, oder Anbieter von Kryptowerte-Dienstleistungen und die Behörden, die sie beaufsichtigen, beziehen, der einschlägigen Teile der Richtlinien 2002/87/EG und 2002/65/EG, einschließlich sämtlicher Richtlinien, Verordnungen und Beschlüsse, die auf der Grundlage dieser Gesetzgebungsakte angenommen wurden, sowie aller weiteren verbindlichen Rechtsakte der Union, die der Behörde Aufgaben übertragen.
Die Behörde trägt zu der Arbeit bei, die von der durch die Verordnung (EU) Nr. 1093/2010 des Europäischen Parlaments und des Rates(5) errichteten Europäischen Aufsichtsbehörde (Europäische Bankenaufsichtsbehörde) im Zusammenhang mit der Verhinderung der Nutzung des Finanzsystems zum Zwecke der Geldwäsche oder der Terrorismusfinanzierung im Einklang mit der Richtlinie (EU) 2015/849 des Europäischen Parlaments und des Rates(6) und der Verordnung (EU) Nr. 1093/2010 durchgeführt wird. Die Behörde beschließt über ihre Zustimmung nach Artikel 9a Absatz 9 der Verordnung (EU) Nr.1093/2010.
(3) Die Behörde wird in den Tätigkeitsbereichen von Finanzmarktteilnehmern im Zusammenhang mit Fragen tätig, die nicht unmittelbar von den in Absatz 2 genannten Gesetzgebungsakten abgedeckt werden, einschließlich Fragen der Unternehmensführung sowie der Rechnungsprüfung und Rechnungslegung, wobei sie nachhaltigen Geschäftsmodellen und der Einbeziehung ökologischer, sozialer und die Governance betreffender Faktoren Rechnung trägt, vorausgesetzt, solche Maßnahmen sind erforderlich, um die wirksame und kohärente Anwendung dieser Gesetzgebungsakte sicherzustellen. Die Behörde ergreift auch geeignete Maßnahmen im Zusammenhang mit Fragen bezüglich Übernahmeangeboten, Clearing und Abrechnung sowie Derivaten.
(3a) Diese Verordnung gilt unbeschadet anderer Rechtsakte der Union, mit denen der Behörde Zulassungs- oder Beaufsichtigungsfunktionen und die entsprechenden Befugnisse übertragen werden.
(4) Die Bestimmungen dieser Verordnung berühren nicht die Befugnisse der Kommission, die ihr insbesondere aus Artikel 258 AEUV erwachsen, um die Einhaltung des Unionsrechts zu gewährleisten.
(5) Das Ziel der Behörde besteht darin, das öffentliche Interesse zu schützen, indem sie für die Wirtschaft der Union, ihre Bürger und Unternehmen zur kurz-, mittel- und langfristigen Stabilität und Wirksamkeit des Finanzsystems beiträgt. Die Behörde trägt im Rahmen ihrer jeweiligen Zuständigkeiten zu Folgendem bei:
- a)
- Verbesserung des Funktionierens des Binnenmarkts, insbesondere mittels einer soliden, wirksamen und kohärenten Regulierung und Überwachung;
- b)
- Gewährleistung der Integrität, Transparenz, Effizienz und des ordnungsgemäßen Funktionierens der Finanzmärkte;
- c)
- Ausbau der internationalen Koordinierung bei der Aufsicht;
- d)
- Verhinderung von Aufsichtsarbitrage und Förderung gleicher Wettbewerbsbedingungen;
- e)
- Gewährleistung, dass die Übernahme von Anlage- und anderen Risiken angemessen reguliert und beaufsichtigt wird;
- f)
- Verbesserung des Kunden - und Anlegerschutzes;
- g)
- Verbesserung der Angleichung der Aufsicht im gesamten Binnenmarkt.
Zu diesen Zwecken leistet die Behörde einen Beitrag zur Gewährleistung der kohärenten, effizienten und wirksamen Anwendung der in Absatz 2 des vorliegenden Artikels genannten Gesetzgebungsakte, fördert die Angleichung der Aufsicht und gibt gemäß Artikel 16a Stellungnahmen für das Europäische Parlament, den Rat und die Kommission ab.
Bei der Wahrnehmung der ihr durch diese Verordnung übertragenen Aufgaben berücksichtigt die Behörde insbesondere die Systemrisiken, die von Finanzmarktteilnehmern ausgehen, deren Zusammenbruch Auswirkungen auf das Finanzsystem oder die Realwirtschaft haben kann.
Bei der Wahrnehmung ihrer Aufgaben handelt die Behörde unabhängig, objektiv und in nichtdiskriminierender und transparenter Weise im Interesse der Union als Ganzes und beachtet, wann immer dies relevant ist, den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit. Die Behörde ist rechenschaftspflichtig, handelt integer und stellt sicher, dass alle Interessenvertreter fair behandelt werden.
Inhalt und Form der Tätigkeiten und Maßnahmen der Behörde, insbesondere Leitlinien, Empfehlungen, Stellungnahmen, Fragen und Antworten sowie die Entwürfe von Regulierungsstandards und Durchführungsstandards stehen in voller Übereinstimmung mit den anwendbaren Bestimmungen dieser Verordnung und der in Absatz 2 genannten Gesetzgebungsakte. Soweit nach diesen Bestimmungen zulässig und relevant, tragen die Tätigkeiten und Maßnahmen der Behörde gemäß dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit der Art, dem Umfang und der Komplexität der Risiken, die sich aus der von den Tätigkeiten und Maßnahmen der Behörde betroffenen Geschäftstätigkeit von Finanzmarktteilnehmern, Unternehmen, anderen Subjekten oder Finanztätigkeiten ergeben, gebührend Rechnung.
(6) Die Behörde errichtet — als integralen Bestandteil der Behörde — einen Ausschuss, der sie in der Frage berät, wie ihre Tätigkeiten und Maßnahmen unter vollständiger Einhaltung der geltenden Vorschriften spezifischen Unterschieden, die innerhalb des Sektors in Bezug auf Art, Umfang und Komplexität von Risiken, Geschäftsmodelle und -praktiken sowie die Größe von Finanzinstituten und von Märkten bestehen, Rechnung tragen sollten, soweit diese Faktoren im Rahmen der betreffenden Vorschriften relevant sind.
Fußnote(n):
- (1)
Richtlinie 2011/61/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 8. Juni 2011 über die Verwalter alternativer Investmentfonds und zur Änderung der Richtlinien 2003/41/EG und 2009/65/EG und der Verordnungen (EG) Nr. 1060/2009 und (EU) Nr. 1095/2010 (ABl. L 174 vom 1.7.2011, S. 1).
- (2)
Richtlinie 2014/65/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 15. Mai 2014 über Märkte für Finanzinstrumente sowie zur Änderung der Richtlinien 2002/92/EG und 2011/61/EU (ABl. L 173 vom 12.6.2014, S. 349).
- (3)
Verordnung (EU) 2017/1129 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 14. Juni 2017 über den Prospekt, der beim öffentlichen Angebot von Wertpapieren oder bei deren Zulassung zum Handel an einem geregelten Markt zu veröffentlichen ist und zur Aufhebung der Richtlinie 2003/71/EG (ABl. L 168 vom 30.6.2017, S. 12).
- (4)
Verordnung (EU) 2023/1114 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 31. Mai 2023 über Märkte für Kryptowerte und zur Änderung der Verordnungen (EU) Nr. 1093/2010 und (EU) Nr. 1095/2010 sowie der Richtlinien 2013/36/EU und (EU) 2019/1937 (ABl. L 150 vom 9.6.2023, S. 40).
- (5)
Verordnung (EU) Nr. 1093/2010 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 24. November 2010 zur Errichtung einer Europäischen Aufsichtsbehörde (Europäische Bankenaufsichtsbehörde), zur Änderung des Beschlusses Nr. 716/2009/EG und zur Aufhebung des Beschlusses 2009/78/EG der Kommission (ABl. L 331 vom 15.12.2010, S. 12).
- (6)
Richtlinie (EU) 2015/849 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. Mai 2015 zur Verhinderung der Nutzung des Finanzsystems zum Zwecke der Geldwäsche und der Terrorismusfinanzierung, zur Änderung der Verordnung (EU) Nr. 648/2012 des Europäischen Parlaments und des Rates und zur Aufhebung der Richtlinie 2005/60/EG des Europäischen Parlaments und des Rates und der Richtlinie 2006/70/EG der Kommission (ABl. L 141 vom 5.6.2015, S. 73).
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