ANHANG II VO (EU) 2011/1214

INTELLIGENTES BANKNOTENNEUTRALISATIONSSYSTEM (IBNS)

I.
Definitionen und allgemeine Bestimmungen

Ein IBNS kann entweder Banknoten (verpackt oder unverpackt) oder eine oder mehrere Kassetten für Geldautomaten (ATM) oder andere Arten von Geldausgabeautomaten enthalten. Ein IBNS muss in einem teilnehmenden Mitgliedstaat zugelassen sein, um für den grenzüberschreitenden Transport von Euro-Bargeld im Rahmen dieser Verordnung eingesetzt werden zu können. Die Zulassung erfolgt nach einer bestehenden spezifischen europäischen Norm. Solange es keine solche Norm gibt, erfolgt die Zulassung gemäß diesem Anhang.

II.
IBNS-Zulassungsverfahren

a) Für die Zulassung muss das IBNS in einem Testlabor, das von einem teilnehmenden Mitgliedstaat zugelassen oder anerkannt ist, verschiedenen Tests unterzogen werden. Außerdem muss es mit Bedienungsanleitungen für das Gerät versehen sein, aus denen die Abläufe und Bedingungen hervorgehen, die die wirksame Zerstörung bzw. Neutralisation der Banknoten sicherstellen. Anhand der Tests muss sich feststellen lassen, ob die folgenden technischen Merkmale des IBNS gegeben sind:
i)
Hauptfunktionen des Überwachungssystems

durchgängige Überwachung und Registrierung der Anweisungen betreffend den Zugang zum und den Einsatz des IBNS;

durchgängige Kontrolle der Einhaltung dieser Anweisungen und Feststellung von Anomalien;

automatische und unverzügliche Neutralisation der Banknoten im Falle der Nichteinhaltung der Anweisungen, der Feststellung von Anomalien oder der Öffnung des Containers außerhalb der vorprogrammierten Zeiten und/oder Standorte.

ii)
Ort der Programmierung des Überwachungssystems und Einflussnahme der CIT-Sicherheitskräfte auf den Betrieb des IBNS

Ein IBNS kann nur in einem gesicherten Bereich programmiert werden. Ein End-to-End-IBNS kann nur in einem gesicherten Raum programmiert werden.

Die CIT-Sicherheitskräfte haben in keinerlei Weise die Möglichkeit, außerhalb der vorprogrammierten Zeiten und/oder an anderen als den vorprogrammierten Standorten auf den Betrieb des IBNS Einfluss zu nehmen. Ist jedoch ein Verzögerungsmechanismus für die Auslösung des Neutralisationssystems vorgesehen, so können die CIT-Sicherheitskräfte die Verzögerung einmal neu starten.

iii)
Ort, an dem das IBNS geöffnet werden kann (bei End-to-End-Systemen).

Ein IBNS kann nur an vorprogrammierten Bestimmungsorten geöffnet werden.

b) Das IBNS wird alle fünf Jahre neu getestet, auch wenn die nationale Zulassung für unbegrenzte Zeit erteilt wurde. Sind die Ergebnisse der neuen Tests nicht eindeutig, so verliert die Zulassung für grenzüberschreitende Transporte nach dieser Verordnung ihre Gültigkeit.

c) Um die Tests zu bestehen, müssen bei den Tests folgende Ergebnisse erreicht werden:

es war nicht möglich, sich Zugang zu den Banknoten zu verschaffen, und es waren keine Schäden am IBNS festzustellen, dessen Mechanismus funktionsfähig blieb oder

das IBNS wurde beschädigt, doch es war nicht möglich, sich Zugang zu den Banknoten zu verschaffen, ohne das Neutralisationssystem auszulösen.

III.
Testverfahren

Das anzuwendende Testverfahren und die Normen für die von den getesteten Systemen zu erzielenden Ergebnisse sind in diesem Anhang festgelegt. Auf nationaler Ebene können jedoch Anpassungen vorgenommen werden, um diese an bestehende Testprotokolle anzugleichen, die von den Testlabors der einzelnen Mitgliedstaaten angewandt werden. Zur Zulassung des IBNS stellt der IBNS-Hersteller sicher, dass die Ergebnisse der in diesem Anhang festgelegten Testverfahren der Zulassungsbehörde übermittelt werden.

a)
Test der Widerstandsfähigkeit des IBNS bei verschiedenen Angriffszenarien

Die Mitgliedstaaten müssen sechs der verschiedenen Simulationsangriffstests durchführen, und die anderen Tests können auch nach den geltenden nationalen Vorschriften durchgeführt werden. Jeder der durchgeführten Tests muss im Sinne von Nummer II Buchstabe c bestanden werden.

Obligatorische Tests:

1.
Unterbrechung der Stromzufuhr;
2.
Aufbrechen des Containers;
3.
Öffnen des Containers durch gewaltsame Zerstörung (z. B. Vorschlaghammer);
4.
schnelles Durchschlagen (Guillotineverfahren);
5.
Eintauchen in Flüssigkeit;
6.
allmähliches sowie plötzliches Einwirken von Extremtemperaturen (Hitze wie Kälte): z. B. Kühlen in Flüssigstickstoff und Erhitzen in einem vorgeheizten Ofen.

Empfohlene Test, die durchgeführt werden können:

7.
Widerstand gegen Beschuss (z. B. mit Munition vom Kaliber 12)
8.
Einsatz von Chemikalien;
9.
freier Fall;
10.
Einwirken von starken elektromagnetischen Stößen;
11.
Einwirken von starken elektrostatischen Stößen.

b)
Wirksamkeit der Neutralisation der Banknoten

Derzeit werden als Neutralisationsverfahren Einfärbung, chemische und pyrotechnische Zerstörung der Banknoten angewendet. Da sich die Technik weiterentwickeln kann, ist diese Liste der Verfahren nicht erschöpfend und rein indikativ. Bei einem Versuch, sich durch eine der verschiedenen Angriffsmethoden unerlaubten Zugang zu den Banknoten zu verschaffen, müssen die Banknoten entweder vernichtet oder eingefärbt werden. Es sind mindestens drei Tests durchzuführen. Die Banknoten müssen zu 100 % irreversibel neutralisiert werden. Darüber hinaus muss für jeden, der solche Banknoten besitzt, erkennbar sein, dass diese neutralisiert wurden. Sind die Banknoten in Folienbeuteln (SAFE-bags) verpackt, so müssen alle Banknoten beidseitig auf mindestens 10 % der Fläche eingefärbt sein. Sind die Banknoten nicht in Folienbeuteln verpackt, so müssen alle Banknoten beidseitig auf mindestens 20 % der Fläche eingefärbt sein. Bei Zerstörungssystemen müssen in beiden Fällen mindestens 20 % der Fläche jeder Banknote zerstört sein.

c)
Inhalt der Widerstandstests bei Reinigung der Banknoten (für IBNS mit Einfärbetechnik)

Für eine solche „Reinigung” sind verschiedene Produkte und Produktkombinationen zu verwenden. Es sind verschiedene Szenarien mit unterschiedlichen Temperaturen und unterschiedlicher Reinigungsdauer vorzusehen. Diese Reinigungstests sind nach zwei Verfahren durchzuführen:

Reinigung unmittelbar nach dem Einfärben und

Reinigung 24 Stunden nach dem Einfärben.

Diese Tests sind an einer repräsentativen Probe echter Banknoten des Euroraums durchzuführen. Diese Tests müssen zu einem der folgenden Ergebnisse führen:

Bei der Reinigung werden die Banknoten zerstört.

Nach der Reinigung bleibt bei jeder Banknote auf mindestens 10 % der Fläche Tinte sichtbar (Dichtetest der verwendeten Tinte).

Durch das Reinigen werden sowohl die ursprünglichen Farben der Banknoten als auch ihre Sicherheitsmerkmale beschädigt.

IV.
Sicherheitsgarantien für die eingesetzten Systeme

Chemische Stoffe, die vom IBNS zur Neutralisation der Banknoten freigegeben werden, unterliegen der Verordnung (EG) Nr. 1907/2006 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 18. Dezember 2006 zur Registrierung, Bewertung, Zulassung und Beschränkung chemischer Stoffe (REACH) und zur Schaffung einer Europäischen Chemikalienagentur(1). Die genannte Verordnung betrifft die Gefahren für menschliche Gesundheit und Umwelt, die von hergestellten, eingeführten oder als solche, in Gemischen oder in Erzeugnissen verwendeten Stoffen ausgehen. Für die Zulassung eines IBNS muss der Hersteller prüfen, ob er die in seinen Produkten enthaltenen Stoffe registrieren oder notifizieren muss oder ob er seinen Kunden Informationen über den sicheren Einsatz des Produkts mitteilen muss. Für den Hersteller können infolge der Aufnahme dieser Stoffe in das Verzeichnis der besonders besorgniserregenden Stoffe oder in das Verzeichnis der zulassungspflichtigen Stoffe gemäß der Verordnung (EG) Nr. 1907/2006 auch rechtliche Verpflichtungen bestehen. Diese Verpflichtungen betreffen nicht nur die aufgelisteten Stoffe als solche oder in Gemischen, sondern auch ihr Vorhandensein in Erzeugnissen. Der IBNS-Hersteller muss der Zulassungsbehörde des Mitgliedstaats eine Bescheinigung vorlegen, in der die Ergebnisse dieser Überprüfung aufgeführt und die zur Zerstörung oder Neutralisation der Banknoten eingesetzten Stoffe oder Elemente aufgelistet sind, und in der bestätigt wird, dass diese im Falle der Einatmung oder bei Hautkontakt keine Gefahr für die Gesundheit des CIT-Sicherheitspersonals und des Personals der nationalen Zentralbanken darstellen. In der Bescheinigung sind außerdem mögliche zu ergreifende Vorsichtsmaßnahmen anzugeben. Die Zulassungsbehörde übermittelt die Bescheinigung an die nationalen Zentralbanken der teilnehmenden Mitgliedstaaten hinsichtlich der von ihr zugelassenen IBNS. Zu diesem Zweck kann die Bescheinigung eine Analyse des Expositionsrisikos, d. h. zulässige Expositionshöchstdauer für eine zu bestimmende Menge Chemikalien, enthalten.

Fußnote(n):

(1)

ABl. L 396 vom 30.12.2006, S. 1.

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