Präambel VO (EU) 2011/619

DIE EUROPÄISCHE KOMMISSION —

gestützt auf den Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union,

gestützt auf die Verordnung (EG) Nr. 882/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 29. April 2004 über amtliche Kontrollen zur Überprüfung der Einhaltung des Lebensmittel- und Futtermittelrechts sowie der Bestimmungen über Tiergesundheit und Tierschutz(1), insbesondere auf Artikel 11 Absatz 4,

in Erwägung nachstehender Gründe:

(1)
Die Verordnung (EG) Nr. 152/2009 der Kommission vom 27. Januar 2009 zur Festlegung der Probenahmeverfahren und Analysemethoden für die amtliche Untersuchung von Futtermitteln(2) regelt nicht spezifisch die Untersuchung von GVO enthaltende, aus ihnen bestehende oder aus ihnen hergestellte Ausgangserzeugnisse (GV-Ausgangserzeugnisse), für die ein Zulassungsverfahren anhängig ist oder deren Zulassung abläuft. Die Erfahrung hat gezeigt, dass die amtlichen Labors und die zuständigen Behörden in Ermangelung solcher Regeln unterschiedliche Methoden für die Probenahme und unterschiedliche Regeln für die Interpretation der Untersuchungsergebnisse anwenden. Dies kann zu unterschiedlichen Schlüssen führen, was die Übereinstimmung eines Erzeugnisses mit der Verordnung (EG) Nr. 1829/2003 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 22. September 2003 über genetisch veränderte Lebensmittel und Futtermittel(3) betrifft. Wenn es keine harmonisierten Regeln gibt, fehlt den Wirtschaftsakteuren die Rechtssicherheit, und es besteht ein Risiko, dass die Funktion des Binnenmarkts betroffen ist.
(2)
Es gibt verschiedene Mechanismen für den internationalen Informationsaustausch über die Sicherheitsbewertungen von Ländern, in denen der Handel mit GVO erlaubt ist. Nach dem Protokoll von Cartagena über die biologische Sicherheit zum Übereinkommen über die biologische Vielfalt, das alle Mitgliedstaaten ratifiziert haben, müssen die Vertragsparteien des Protokolls den anderen Parteien durch die Informationsstelle für Biosicherheit (Biosafety Clearing-House) endgültige Entscheidungen über die innerstaatliche Verwendung einschließlich des Inverkehrbringens eines GVO, der möglicherweise zur unmittelbaren Verwendung als Lebens- oder Futtermittel oder zur Verarbeitung grenzüberschreitend verbracht wird, mitteilen. Diese Mitteilung umfasst u. a. den Bericht über eine Risikobewertung. Länder, die das Protokoll nicht ratifiziert haben, können solche Mitteilungen freiwillig machen. Auch FAO und OECD haben Mechanismen für den internationalen Informationsaustausch über die Zulassung von GVO und ihre Sicherheitsbewertung eingerichtet.
(3)
Die EU importiert große Mengen von Waren, die in Drittländern produziert wurden, wo der Anbau von GVO weit verbreitet ist. Diese eingeführten Waren finden Eingang in die Herstellung sowohl von Lebensmitteln als auch von Futtermitteln, aber die Mehrheit der Waren, in denen GVO vermutet werden können, sind für den Futtermittelsektor bestimmt; in diesem Sektor kann es also verstärkt zu Störungen des Handels kommen, wenn die Mitgliedstaaten unterschiedliche Regeln für amtliche Untersuchungen anwenden. Es ist daher angebracht, den Geltungsbereich der vorliegenden Verordnung auf den Futtermittelsektor zu beschränken, in dem im Vergleich zu den Bereichen der Lebensmittelherstellung die Wahrscheinlichkeit von GV-Erzeugnissen größer ist.
(4)
In der Verordnung (EG) Nr. 1829/2003 ist für das Inverkehrbringen genetisch veränderter Futtermittel ein Zulassungsverfahren vorgesehen. Dazu zählt die Veröffentlichung eines Gutachtens der EFSA, in deren Mittelpunkt eine Sicherheitsbewertung steht. Im Rahmen dieses Gutachtens konsultiert die EFSA nach Erhalt eines gültigen Antrags die Mitgliedstaaten, die drei Monate Zeit haben, dazu Stellung zu nehmen. Das Gutachten der EFSA muss auch ein vom Referenzlabor der Europäischen Union (EURL) validiertes Nachweisverfahren enthalten.
(5)
In der Praxis wird die Validierung durch das Referenzlabor der EU unabhängig von den anderen Elementen des Zulassungsverfahrens vorgenommen. Im allgemeinen wird das Verfahren validiert und veröffentlicht, bevor alle anderen Elemente des Gutachtens der EFSA abgeschlossen sind. Das Verfahren wird auf der Website des EURL veröffentlicht und stehenden zuständigen Behörden und allen anderen Betroffenen zur Verfügung.
(6)
Ein Verfahren wird nur validiert, wenn es den ausführlichen Regeln des Verfahrens entspricht, das in der Verordnung (EG) Nr. 641/2004 der Kommission vom 6. April 2004 mit Durchführungsbestimmungen zur Verordnung (EG) Nr. 1829/2003 des Europäischen Parlaments und des Rates hinsichtlich des Antrags auf Zulassung neuer genetisch veränderter Lebensmittel und Futtermittel, der Meldung bestehender Erzeugnisse und des zufälligen oder technisch unvermeidbaren Vorhandenseins genetisch veränderten Materials, zu dem die Risikobewertung befürwortend ausgefallen ist(4), beschrieben ist. Zudem wurden nach Vorgabe durch die genannte Verordnung gemeinsame Kriterien für Mindestanforderungen für Analyseverfahren bei GVO-Tests festgelegt(5).
(7)
Die vom EURL im Rahmen des Zulassungsverfahrens und für das Inverkehrbringen, die Verwendung und die Verarbeitung vorhandener Erzeugnisse in Sinne des Artikels 20 der Verordnung (EG) Nr. 1829/2003 validierten Analyseverfahren sind ereignisspezifische quantitative Methoden. Sie werden nach den Grundsätzen der internationalen Norm ISO 5725 und/oder dem Protokoll der Internationalen Union für reine und angewandte Chemie (IUPAC) in einem Ringversuch validiert. Das EURL ist derzeit weltweit das einzige Labor, das im Zusammenhang mit Zulassungsverfahren vor dem Inverkehrbringen quantitative ereignisspezifische Methoden nach den obengenannten Normen validiert. Diese quantitativen Methoden eignen sich für das Ziel harmonisierter amtlicher Untersuchungen besser als qualitative Methoden. Untersuchungen nach qualitativen Methoden erfordern andere Pläne für die Probenahme, da sonst ein höheres Risiko für abweichende Ergebnisse beim Nachweis genetisch veränderter Ausgangserzeugnisse besteht. Daher ist es angebracht, die vom EURL im Rahmen des Zulassungsverfahrens validierten Analyseverfahren zu verwenden, um unterschiedliche Untersuchungsergebnisse zwischen Mitgliedstaaten zu vermeiden.
(8)
Ferner sollte zertifiziertes Referenzmaterial zur Verfügung stehen, damit Kontrolllabors ihre Analysen durchführen können.
(9)
Die vorliegende Verordnung sollte entsprechend für den Nachweis in Futtermitteln von GV-Ausgangserzeugnissen gelten, die für den Verkauf in einem Drittland zugelassen sind und für die seit mehr als drei Monaten eine Zulassungsverfahren nach der Verordnung (EG) Nr. 1829/2003 anhängig ist, sofern die vom Antragsteller vorgelegten ereignisspezifischen quantitativen Analyseverfahren vom EURL validiert worden sind und das zertifizierte Referenzmaterial zur Verfügung steht.
(10)
Die vorliegende Verordnung sollte auch für GV-Ausgangserzeugnisse gelten, deren Zulassung abgelaufen ist. Sie sollte daher für Futtermittel gelten, die SYN-EV176-9- und MON-ØØØ21-9xMON-ØØ81Ø-6-Mais und ACS-BNØØ4-7xACS-BNØØ1-4-, ACS-BNØØ4-7xACS-BNØØ2-5- und ACS-BNØØ7-1-Raps, für die ein quantitatives Verfahren vom Referenzlabor der Europäischen Union validiert worden ist und zertifiziertes Referenzmaterial zur Verfügung steht, enthalten, daraus bestehen oder daraus hergestellt sind. Diese GV-Ausgangserzeugnisse wurden in Verkehr gebracht, bevor die Verordnung (EG) Nr. 1829/2003 anzuwenden war, und sie wurden nach Artikel 20 der genannten Verordnung als bereits existierende Erzeugnisse gemeldet. Die jeweiligen Zulassungsinhaber teilten der Kommission mit, dass sie nicht beabsichtigten, die erneute Zulassung der betroffenen Erzeugnisse zu beantragen, da das Saatgut international nicht mehr gehandelt wurde. Folglich erließ die Kommission die Entscheidungen 2007/304/EG(6), 2007/305/EG(7), 2007/306/EG(8), 2007/307/EG(9) und 2007/308/EG(10) über die Rücknahme der betreffenden Erzeugnisse vom Markt (veraltete Erzeugnisse). Diese Entscheidungen tolerieren befristet bis zum 25. April 2012 das Vorhandensein von Ausgangserzeugnissen, die SYN-EV176-9- und MON-ØØØ21-9xMON-ØØ81Ø-6-Mais und ACS-BNØØ4-7xACS-BNØØ1-4-, ACS-BNØØ4-7xACS-BNØØ2-5- und ACS-BNØØ7-1-Raps enthalten, daraus bestehen oder daraus hergestellt sind, sofern dieses Vorhandensein zufällig oder technisch unvermeidbar ist und der Gehalt nicht mehr als 0,9 % beträgt. Es ist dafür zu sorgen, dass die vorliegende Verordnung bei Ablauf der in den Entscheidungen 2007/304/EG, 2007/305/EG, 2007/306/EG, 2007/307/EG und 2007/308/EG vorgesehenen Toleranzfrist auch für den Nachweis dieser veralteten Erzeugnisse in Futtermitteln gilt. Sie sollte auch für alle anderen GV-Ausgangserzeugnisse gelten, deren Zulassung bei Ablauf der Zulassung nicht erneuert wird, weil das Erzeugnis nicht mehr in Verkehr gebracht wird.
(11)
Die Harmonisierung der amtlichen Untersuchungen von Futtermitteln zum Nachweis von GV-Ausgangserzeugnissen im Sinne dieser Verordnung sollte auch durch die Anwendung gemeinsamer Verfahren für die Probenahme gewährleistet werden.
(12)
Diese Verfahren sollten auf anerkannten wissenschaftlichen und statistischen Protokollen und gegebenenfalls verfügbaren internationalen Normen beruhen und sollten die verschiedenen Phasen der Probenahme abdecken, u. a.: Regeln für die Beprobung der Erzeugnisse, Vorsichtsmaßnahmen bei der Ziehung und Vorbereitung von Proben, Bedingungen bei der Ziehung von Einzelproben und Mehrfach-Laborproben, Handhabung der Laborproben sowie Versiegelung und Kennzeichnung von Proben. Damit die für die Zwecke amtlicher Untersuchungen gezogenen Proben angemessen repräsentativ sind, sollten besondere Bedingungen geschaffen werden, je nachdem, ob die Futtermittelcharge als Agrarmassengut, vorverpackt oder im Einzelhandel angeboten wird.
(13)
Auch die Regeln für die Interpretation der Untersuchungsergebnisse sind zu harmonisieren, damit in der gesamten Europäischen Union für dieselben Untersuchungsergebnisse dieselbe Schlussfolgerung gezogen wird. In diesem Zusammenhang müssen auch die technischen Zwänge bei jedem Analyseverfahren berücksichtigt werden, vor allem im Bereich der Spurenwerte, da die Messungenauigkeit zunimmt, je geringer die Mengen von GV-Ausgangserzeugnissen sind.
(14)
Mit Blick auf diese technischen Zwänge und die Notwendigkeit realistischer, verlässlicher und verhältnismäßiger Untersuchungen gemäß der Verordnung (EG) Nr. 178/2002 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 28. Januar 2002 zur Festlegung der allgemeinen Grundsätze und Anforderungen des Lebensmittelrechts, zur Errichtung der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit und zur Festlegung von Verfahren zur Lebensmittelsicherheit(11) ist es angezeigt, als Mindestleistungsgrenze (MRPL) die geringste Menge von GV-Ausgangserzeugnissen festzulegen, die vom EURL für die Validierung quantitativer Verfahren als realistisch angesehen wird. Dieser Wert entspricht 0,1 % bezogen auf die Massenfraktion von GV-Ausgangserzeugnissen in Futtermitteln und ist der niedrigste Wert, der zwischen amtlichen Labors zufrieden stellend reproduziert werden kann, wenn geeignete Probenahmenprotokolle und –analyseverfahren für die Untersuchung von Futtermittelproben angewandt werden.
(15)
Die vom EURL validierten Verfahren gelten nur für das jeweilige Transformationsereignis, unabhängig davon, ob das Transformationsereignis in einem oder mehreren GVO, die ein oder mehrere Transformationsereignisse enthalten, auftritt. Die Mindestleistungsgrenze sollte also für das gesamte das gemessene Transformationsereignis enthaltende GV-Ausgangserzeugnis gelten.
(16)
Die Messungsgenauigkeit sollte von jedem amtlichen Labor festgelegt und bestätigt werden, wie es in der vom Gemeinsamen Forschungszentrum der Kommission (GFZ) erstellten Anleitung für GVO-Untersuchungslabors über die Messungenauigkeit(12) beschrieben ist.
(17)
Eine Beanstandung des Futtermittels sollte also nur dann erfolgen, wenn von der Verordnung erfasste GV-Ausgangserzeugnisse in Mengen vorhanden sind, die bei Berücksichtigung der Messungenauigkeit an oder über der Mindestleistungsgrenze liegen.
(18)
Die mit der vorliegenden Verordnung aufgestellten Regeln sollten die Kommission oder gegebenenfalls einen Mitgliedstaat nichts daran hindern, Sofortmaßnahmen nach den Artikeln 53 und 54 der Verordnung (EG) Nr. 178/2002 zu ergreifen.
(19)
Diese Durchführungsbestimmungen sollten erforderlichenfalls angepasst werden, um neue Entwicklungen, vor allem in Bezug auf ihre Auswirkungen auf den Binnenmarkt sowie auf die Lebensmittel- und Futtermittelunternehmer zu berücksichtigen.
(20)
Die in dieser Verordnung vorgesehenen Maßnahmen entsprechen der Stellungnahme des Ständigen Ausschusses für die Lebensmittelkette und Tiergesundheit, und weder das Europäische Parlament noch der Rat haben ihnen widersprochen —

HAT FOLGENDE VERORDNUNG ERLASSEN:

Fußnote(n):

(1)

ABl. L 165 vom 30.4.2004, S. 1.

(2)

ABl. L 54 vom 26.2.2009, S. 1.

(3)

ABl. L 268 vom 18.10.2003, S. 1.

(4)

ABl. L 102 vom 7.4.2004, S. 14.

(5)

http://gmo-crl.jrc.ec.europa.eu/doc/Min_Perf_Requirements_Analytical_methods.pdf

(6)

ABl. L 117 vom 5.5.2007, S. 14.

(7)

ABl. L 117 vom 5.5.2007, S. 17.

(8)

ABl. L 117 vom 5.5.2007, S. 20.

(9)

ABl. L 117 vom 5.5.2007, S. 23.

(10)

ABl. L 117 vom 5.5.2007, S. 25.

(11)

ABl. L 31 vom 1.2.2002, S. 1.

(12)

http://www.irmm.jrc.be/html/reference_materials_catalogue/user_support/EUR22756EN.pdf

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