Präambel VO (EU) 2012/530

DAS EUROPÄISCHE PARLAMENT UND DER RAT DER EUROPÄISCHEN UNION —

gestützt auf den Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union, insbesondere auf Artikel 100 Absatz 2,

auf Vorschlag der Europäischen Kommission,

nach Zuleitung des Entwurfs des Gesetzgebungsakts an die nationalen Parlamente,

nach Stellungnahme des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses(1),

nach Anhörung des Ausschusses der Regionen,

gemäß dem ordentlichen Gesetzgebungsverfahren(2),

in Erwägung nachstehender Gründe:

(1)
Die Verordnung (EG) Nr. 417/2002 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 18. Februar 2002 zur beschleunigten Einführung von Doppelhüllen oder gleichwertigen Konstruktionsanforderungen für Einhüllen-Öltankschiffe(3) ist mehrfach und in wesentlichen Punkten geändert worden(4). Da weitere Änderungen erforderlich sind, sollte aus Gründen der Klarheit eine Neufassung dieser Verordnung vorgenommen werden.
(2)
Im Rahmen der gemeinsamen Verkehrspolitik sollten im Bereich des Seeverkehrs Maßnahmen zur Erhöhung der Sicherheit und zur Verhinderung der Umweltverschmutzung ergriffen werden.
(3)
Die Union ist ernstlich besorgt über die Unfälle von Öltankschiffen und über die damit einhergehende Verschmutzung ihrer Küsten und die Schädigung der Pflanzen- und Tierwelt sowie anderer Meeresressourcen.
(4)
In ihrer Mitteilung über eine gemeinsame Politik im Bereich der Sicherheit im Seeverkehr hat die Kommission das Ersuchen der außerordentlichen Ratstagung „Umwelt und Verkehr” vom 25. Januar 1993 hervorgehoben, die Maßnahmen der Internationalen Seeschifffahrtsorganisation (IMO) zur Verringerung der Sicherheitslücke zwischen neuen und vorhandenen Schiffen zu unterstützen, indem vorhandene Schiffe nachgerüstet und/oder außer Dienst gestellt werden.
(5)
Der Rat hat die Ziele der Mitteilung der Kommission in seiner Entschließung vom 8. Juni 1993 über eine gemeinsame Politik im Bereich der Sicherheit im Seeverkehr(5) uneingeschränkt unterstützt.
(6)
Das Europäische Parlament hat die Mitteilung der Kommission in seiner Entschließung vom 11. März 1994 über eine gemeinsame Politik im Bereich der Sicherheit im Seeverkehr(6) begrüßt und insbesondere dazu aufgerufen, Maßnahmen zur Erhöhung der Sicherheitsnormen für Tanker zu ergreifen.
(7)
Das Europäische Parlament hat in seiner Entschließung vom 20. Januar 2000 zu der durch die Havarie der „Erika” verursachten Ölpest(7) alle Anstrengungen der Kommission begrüßt, den Zeitpunkt vorzuverlegen, ab dem alle Öltankschiffe eine Doppelhülle aufweisen müssen.
(8)
Das Europäische Parlament hat in seiner Entschließung vom 21. November 2002 zur Katastrophe des Öltankers „Prestige” vor der Küste von Galicien(8) strengere Maßnahmen gefordert, die zügiger in Kraft treten können, und ausgeführt, dass dieses neue Unglück die Notwendigkeit eines wirksamen Handelns auf internationaler und Unionsebene zur deutlichen Verbesserung der Sicherheit des Seeverkehrs erneut unterstreicht.
(9)
Die IMO hat im Internationalen Übereinkommen von 1973 zur Verhütung der Meeresverschmutzung durch Schiffe und in dem dazugehörigen Protokoll von 1978 (MARPOL-Übereinkommen 73/78) international vereinbarte Regeln betreffend die Konstruktion und den Betrieb von Öltankschiffen zur Verhütung der Meeresverschmutzung festgelegt. Die Mitgliedstaaten sind Parteien des MARPOL-Übereinkommens 73/78.
(10)
Nach Artikel 3 Absatz 3 des MARPOL-Übereinkommens 73/78 gilt jenes Übereinkommen nicht für Kriegsschiffe, Flottenhilfsschiffe oder andere Schiffe, die Eigentum eines Staates sind oder von diesem betrieben werden und nur für nicht gewerbliche staatliche Dienste eingesetzt werden.
(11)
Aus den nach dem Schiffsalter aufgeschlüsselten Statistiken über Tankschiffsunfälle geht hervor, dass ältere Schiffe in höherem Maße unfallanfällig sind. Auf internationaler Ebene besteht Einigkeit darüber, dass die Annahme der 1992 beschlossenen Änderungen des MARPOL-Übereinkommens 73/78, die die Anwendung der Anforderungen bezüglich der Doppelhülle oder einer gleichwertigen Konstruktion auf vorhandene Einhüllen-Öltankschiffe ab einem bestimmten Alter vorschreiben, einen besseren Schutz vor Ölunfällen bei einem Zusammenstoß oder einem Auflaufen dieser Öltankschiffe bietet.
(12)
Es liegt im Interesse der Union, Maßnahmen zu ergreifen, mit denen sichergestellt wird, dass Öltankschiffe, die in Häfen oder Vorhäfen einlaufen oder in einem Gebiet unter der Gerichtsbarkeit der Mitgliedstaaten vor Anker gehen, sowie Öltankschiffe unter den Flaggen der Mitgliedstaaten der Regel 20 der Anlage I des MARPOL-Übereinkommens 73/78 in der durch die im Jahr 2004 durch die vom Ausschuss für den Schutz der Meeresumwelt (MEPC) der IMO angenommene Entschließung MEPC 117(52) geänderten Fassung entsprechen, damit die Gefahr von unfallbedingten Ölverschmutzungen in europäischen Gewässern verringert wird.
(13)
Mit der Entschließung MEPC 114(50) vom 4. Dezember 2003 wurde eine neue Regel 21 in Anlage I des MARPOL-Übereinkommens 73/78 zur Verhütung von Ölverschmutzung durch Öltankschiffe beim Transport von Schweröl eingefügt, welche den Transport von Schweröl in Einhüllen-Öltankschiffen verbietet. Die Absätze 5, 6 und 7 der Regel 21 sehen die Möglichkeit von Befreiungen von der Anwendung einiger Bestimmungen dieser Regel vor. Die vom italienischen Vorsitz des Europäischen Rates für die Europäische Union abgegebene Erklärung, die in den offiziellen Bericht des MEPC über seine 50. Tagung (MEPC 50/3) aufgenommen wurde, stellt eine politische Verpflichtung dar, diese Befreiungen nicht in Anspruch zu nehmen.
(14)
Änderungen des MARPOL-Übereinkommens 73/78 wurden von der IMO am 6. März 1992 verabschiedet und sind am 6. Juli 1993 in Kraft getreten. Diese Maßnahmen sehen vor, dass ab dem 6. Juli 1996 abgelieferte Öltankschiffe eine Doppelhülle aufweisen oder gleichwertige Konstruktionsanforderungen erfüllen müssen, womit eine Ölverschmutzung im Fall eines Zusammenstoßes oder eines Auflaufens verhindert werden soll. Im Rahmen dieser Änderungen trat am 6. Juli 1995 eine Ausmusterungsregelung für Einhüllen-Öltankschiffe, die vor diesem Datum abgeliefert wurden, in Kraft, wonach vor dem 1. Juni 1982 abgelieferte Öltankschiffe spätestens 25 Jahre, in manchen Fällen 30 Jahre, nach Ablieferung eine Doppelhülle haben oder gleichwertigen Konstruktionsanforderungen entsprechen müssen. Der Betrieb dieser vorhandenen Einhüllen-Öltankschiffe würde nach dem Jahr 2005, in einigen Fällen nach dem Jahr 2012, nicht mehr gestattet, wenn sie nicht den Anforderungen der Regel 19 der Anlage I des MARPOL-Übereinkommens 73/78 bezüglich der Doppelhülle oder einer gleichwertigen Konstruktion entsprechen. Für vorhandene Einhüllen-Öltankschiffe, die nach dem 1. Juni 1982 abgeliefert wurden oder die vor dem 1. Juni 1982 abgeliefert wurden und umgebaut wurden, um den Anforderungen des MARPOL-Übereinkommens 73/78 bezüglich Tanks für getrennten Ballast und deren schutzbietender Anordnung zu entsprechen, läuft die Frist spätestens 2026 ab.
(15)
Auf der 46. Tagung des MEPC wurden am 27. April 2001 mit der Entschließung MEPC 95(46) und am 4. Dezember 2003 mit der Entschließung MEPC 111(50) wichtige Änderungen der Regel 20 der Anlage I des MARPOL-Übereinkommens 73/78 angenommen, mit denen eine neue beschleunigte Ausmusterungsregelung für Einhüllen-Öltankschiffe eingeführt wird. Die endgültigen Termine, bis zu denen Öltankschiffe endgültig der Regel 19 der Anlage I des MARPOL-Übereinkommens 73/78 entsprechen müssen, hängen von der Größe und dem Alter des Schiffes ab. Für Öltankschiffe sind daher in diesem System drei Kategorien je nach Tonnage, Konstruktion und Alter festgelegt worden. All diese Kategorien, einschließlich der niedrigsten Kategorie 3, sind für den Handel innerhalb der Union von Bedeutung.
(16)
Der letzte Termin zur Ausmusterung eines Einhüllen-Öltankschiffes ist der Jahrestag der Ablieferung des Schiffes gemäß einem Zeitplan, der für Öltankschiffe der Kategorie 1 von 2003 bis 2005 und für Öltankschiffe der Kategorien 2 und 3 bis 2010 läuft.
(17)
Mit Regel 20 der Anlage I des MARPOL-Übereinkommens 73/78 wird für alle Einhüllen-Öltankschiffe die Anforderung eingeführt, dass sie nur dann weiterbetrieben werden dürfen, wenn sie dem am 27. April 2001 durch die Entschließung MEPC 94(46) in der durch die Entschließung MEPC 99(48) vom 11. Oktober 2002 und durch die Entschließung MEPC 112(50) vom 4. Dezember 2003 geänderten Fassung angenommenen Zustandsbewertungsschema entsprechen. Das Zustandsbewertungsschema sieht die Verpflichtung vor, dass die Verwaltung des Flaggenstaats eine Konformitätserklärung erteilt und an den Überprüfungsverfahren im Rahmen des Zustandsbewertungsschemas zu beteiligen ist. Das Zustandsbewertungsschema ist so ausgelegt, dass strukturelle Schwächen in alternden Öltankschiffen erkannt werden können, und sollte für alle über 15 Jahre alten Öltankschiffe gelten.
(18)
Nach Regel 20.5 der Anlage I des MARPOL-Übereinkommens 73/78 kann für Öltankschiffe der Kategorien 2 und 3 ausnahmsweise vorgesehen werden, dass sie unter bestimmten Umständen über die Fristen für ihre Ausmusterung hinaus betrieben werden können. Nach Regel 20.8.2 derselben Anlage sind die Parteien des MARPOL-Übereinkommens 73/78 berechtigt, Öltankschiffen, die im Rahmen dieser Ausnahme weiterbetrieben werden dürfen, die Einfahrt in Häfen oder Vorhäfen unter ihrer Gerichtsbarkeit zu untersagen. Die Mitgliedstaaten haben erklärt, dass sie von diesem Recht Gebrauch machen wollen. Entscheidungen, von diesem Recht Gebrauch zu machen, sollten der IMO mitgeteilt werden.
(19)
Es muss sichergestellt werden, dass durch diese Verordnung die Sicherheit von Besatzungsmitgliedern oder Öltankschiffen, die einen sicheren Hafen oder einen Zufluchtsort suchen, nicht gefährdet wird.
(20)
Damit es Werften in Mitgliedstaaten ermöglicht wird, Einhüllen-Öltankschiffe zu reparieren, können die Mitgliedstaaten Ausnahmen vorsehen und die Einfahrt solcher Schiffe in ihre Häfen gestatten, sofern sie keine Ladung befördern.
(21)
Es ist sehr unwahrscheinlich, dass die IMO den Inhalt der entsprechenden Regeln des MARPOL-Übereinkommens 73/78 oder den Inhalt der in dieser Verordnung genannten Entschließungen des MEPC 111(50) und 94(46) ändern wird. Allerdings könnten in diesen Texten nicht wesentliche Änderungen vorgenommen werden, etwa eine Anpassung der Nummerierung. Um diese Verordnung hinsichtlich der jüngsten Entwicklungen des einschlägigen internationalen Rechts auf dem neuesten Stand zu halten, sollte der Kommission die Befugnis, gemäß Artikel 290 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union Rechtsakte zu erlassen, lediglich in Bezug auf derartige Änderungen übertragen werden, soweit durch sie der Anwendungsbereich dieser Verordnung nicht erweitert wird. Es ist von besonderer Bedeutung, dass die Kommission im Zuge ihrer Vorbereitungsarbeit angemessene Konsultationen, auch auf der Ebene von Sachverständigen, durchführt. Bei der Vorbereitung und Ausarbeitung delegierter Rechtsakte sollte die Kommission gewährleisten, dass die einschlägigen Dokumente dem Europäischen Parlament und dem Rat gleichzeitig, rechtzeitig und auf angemessene Weise übermittelt werden —

HABEN FOLGENDE VERORDNUNG ERLASSEN:

Fußnote(n):

(1)

ABl. C 43 vom 15.2.2012, S. 98.

(2)

Standpunkt des Europäischen Parlaments vom 23. Mai 2012 (noch nicht im Amtsblatt veröffentlicht) und Beschluss des Rates vom 7. Juni 2012.

(3)

ABl. L 64 vom 7.3.2002, S. 1.

(4)

Siehe Anhang I.

(5)

ABl. C 271 vom 7.10.1993, S. 1.

(6)

ABl. C 91 vom 28.3.1994, S. 301.

(7)

ABl. C 304 vom 24.10.2000, S. 198.

(8)

ABl. C 25 E vom 29.1.2004, S. 415.

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