Präambel VO (EU) 2012/847
DIE EUROPÄISCHE KOMMISSION —
gestützt auf den Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union,
gestützt auf die Verordnung (EG) Nr. 1907/2006 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 18. Dezember 2006 zur Registrierung, Bewertung, Zulassung und Beschränkung chemischer Stoffe (REACH), zur Schaffung einer Europäischen Chemikalienagentur, zur Änderung der Richtlinie 1999/45/EG und zur Aufhebung der Verordnung (EWG) Nr. 793/93 des Rates, der Verordnung (EG) Nr. 1488/94 der Kommission, der Richtlinie 76/769/EWG des Rates sowie der Richtlinien 91/155/EWG, 93/67/EWG, 93/105/EG und 2000/21/EG der Kommission(1), insbesondere auf Artikel 68 Absatz 1,
in Erwägung nachstehender Gründe:
- (1)
- In ihrer Mitteilung an den Rat und das Europäische Parlament - Gemeinschaftsstrategie für Quecksilber(2) hat die Kommission dargelegt, dass eine Verringerung der Quecksilberwerte in der Umwelt und der Exposition des Menschen notwendig ist, und neben anderen Zielen vorgeschlagen, den Eintritt von Quecksilber in die Gesellschaft durch Verringerung von Angebot und Nachfrage zu verringern, Quecksilberemissionen zu senken und für Schutz vor diesen zu sorgen.
- (2)
- Diese Strategie wurde 2010 in der Mitteilung der Kommission an das Europäische Parlament und den Rat über die Überprüfung der Gemeinschaftsstrategie für Quecksilber(3) überprüft, und die Kommission bestätigte darin, dass weiter an der Ausdehnung der für gewisse quecksilberhaltige Messinstrumente bestehenden Verkehrsbeschränkungen auf weitere medizinische Geräte, vor allem Sphygmomanometer, sowie auf Messinstrumente für gewerbliche und industrielle Zwecke gearbeitet werde.
- (3)
- Der Rat hat mehrmals sein Bekenntnis zu dem Gesamtziel bekräftigt, die menschliche Gesundheit und die Umwelt vor Freisetzungen von Quecksilber und Quecksilberverbindungen zu schützen, indem weltweit vom Menschen verursachte Freisetzungen von Quecksilber in die Luft, in das Wasser und in den Boden minimiert und dort, wo dies machbar ist, vollständig unterbunden werden. In diesem Zusammenhang hat der Rat betont, dass auf quecksilberhaltige Erzeugnisse dort, wo vertretbare Alternativen vorhanden sind, so schnell und so vollständig wie möglich schrittweise mit dem Ziel verzichtet werden solle, auf alle quecksilberhaltigen Erzeugnisse zu verzichten, wobei technische und wirtschaftliche Umstände sowie der Bedarf der wissenschaftlichen Forschung und Entwicklung angemessen zu berücksichtigen seien.(4)
- (4)
- Quecksilber und seine Verbindungen sind hochgiftig für Menschen, Ökosysteme und wild lebende Tiere. Hohe Dosen können für den Menschen tödlich sein, aber auch relativ niedrige Mengen können bereits ernsthafte Entwicklungsstörungen des Nervensystems verursachen und wurden überdies mit schädlichen Auswirkungen auf die Herzgefäße, das Immunsystem und den Fortpflanzungszyklus in Verbindung gebracht. Quecksilber ist ein globaler langlebiger Schadstoff, der in verschiedenen Formen zwischen den Bereichen Luft, Wasser, Sedimente, Boden sowie Flora und Fauna zirkuliert. In der Umwelt kann es sich in Methylquecksilber, seine giftigste Verbindung, umwandeln. Methylquecksilber biomagnifiziert sich insbesondere in der aquatischen Nahrungsmittelkette, so dass die menschliche Bevölkerung und Wildtiere, die viel Fisch und Meeresfrüchte aufnehmen, besonders gefährdet sind. Methylquecksilber überwindet sowohl die Plazentaschranke als auch die Blut-Hirn-Schranke und kann die geistige Entwicklung vor der Geburt behindern, weshalb die Exposition von Frauen im gebärfähigen Alter und von Kindern am bedenklichsten ist. Quecksilber und seine Abbaustoffe, vor allem Methylquecksilber, sind in gleichem Maße bedenklich wie persistente, bioakkumulierbare und toxische Stoffe (PBT) und grenzüberschreitende Schadstoffe.
- (5)
- Quecksilberhaltige Messgeräte sind überall in Europa in Gebrauch, was die Gefahr einer Freisetzung von Quecksilber in die Umwelt während ihrer gesamten Existenz mit sich bringt und zu den Gesamtemissionen von Quecksilber und damit auch zur Exposition der menschlichen Bevölkerung und anderer Arten auf dem Weg über die Umwelt beiträgt.
- (6)
- Laut Anhang XVII Nummer 18a der Verordnung (EG) Nr. 1907/2006 ist das Inverkehrbringen von quecksilberhaltigen Fieberthermometern sowie von anderen quecksilberhaltigen Messinstrumenten, die zum Verkauf an die breite Öffentlichkeit bestimmt sind, verboten, und die Kommission wird aufgefordert zu prüfen, ob für quecksilberhaltige Sphygmomanometer und andere quecksilberhaltige Messinstrumente zur Verwendung im medizinischen Bereich oder für andere gewerbliche und industrielle Zwecke zuverlässige, technisch und wirtschaftlich durchführbare und weniger bedenkliche Alternativen verfügbar sind. Auf der Grundlage dieser Prüfung oder sobald neue Erkenntnisse über zuverlässige und weniger bedenkliche Alternativen für quecksilberhaltige Sphygmomanometer und andere quecksilberhaltige Messinstrumente vorliegen, ist die Kommission gehalten, gegebenenfalls einen Legislativvorschlag zu unterbreiten, um die Beschränkung nach Absatz 1 auf Sphygmomanometer und andere Messinstrumente zur Verwendung im medizinischen Bereich oder für andere gewerbliche und industrielle Zwecke auszudehnen, so dass quecksilberhaltige Messinstrumente nicht mehr zum Einsatz kommen, wann immer dies technisch und wirtschaftlich durchführbar ist.
- (7)
- Angesichts des erheblichen Umfangs der zusammengetragenen neuen Informationen übermittelte die Kommission der Europäischen Chemikalienagentur (im Folgenden „die Agentur” ) ihren Prüfbericht und forderte die Agentur auf, ein Dossier auszuarbeiten, das den Anforderungen des Anhangs XV der Verordnung (EG) Nr. 1907/2006 gemäß Artikel 69 jener Verordnung entspricht.
- (8)
- Die Agentur hat ein Dossier erarbeitet und schlägt darin vor, Quecksilber in den folgenden Messinstrumenten für gewerbliche und industrielle (einschließlich medizinischer) Zwecke zu beschränken: quecksilberhaltige Barometer, Hygrometer, Manometer, Sphygmomanometer, in Plethysmographen verwendete Dehnungsmessstreifen, Tensiometer, Thermometer und andere nichtelektrische thermometrische Anwendungen, quecksilberhaltige Messinstrumente zur Bestimmung des Erweichungspunktes und quecksilberhaltige Pyknometer. In dem Dossier wird dargelegt, dass es eines Tätigwerdens auf Unionsebene bedarf, um der Gefahr zu begegnen, die die Verwendung von Quecksilber in diesen Messinstrumenten für die menschliche Gesundheit und die Umwelt darstellt.
- (9)
- Inzwischen sind alternative Messinstrumente ohne Quecksilber verfügbar geworden, mit denen erheblich geringere Gefahren für die Gesundheit und die Umwelt verbunden sind als mit quecksilberhaltigen Messinstrumenten.
- (10)
- Bei laufenden epidemiologischen Studien unter Verwendung quecksilberhaltiger Sphygmomanometer sollte die Messmethode nicht geändert werden, weshalb bis zum Abschluss dieser Studien eine Ausnahmeregelung gewährt werden sollte. Bei Sphygmomanometern, die als Bezugsnormal zur Validierung quecksilberfreier Geräte dienen, war es nicht möglich, den Zeitbedarf für die Entwicklung quecksilberfreier Alternativen und deren Anerkennung als Bezugsnormal zu ermitteln, weshalb die Ausnahmeregelung für diese Geräte nicht befristet werden sollte.
- (11)
- Bei Thermometern, die ausschließlich dazu bestimmt sind, Prüfungen anhand von Normen durchzuführen, die die Verwendung von Quecksilberthermometern vorschreiben, ist einige Zeit nötig, um diese Normen zu ändern, weshalb eine Ausnahmeregelung für fünf Jahre gewährt werden sollte. Da Quecksilber als Fixpunkt auf der Internationalen Temperaturskala von 1990 benötigt wird, sollte auch für quecksilberhaltige Tripelpunktzellen, die zur Kalibrierung von Platin-Widerstandsthermometern verwendet werden, eine unbefristete Ausnahmeregelung gewährt werden.
- (12)
- Für Porosimeter, in der Voltammetrie verwendete Quecksilberelektroden und für die Kapazitäts-Spannungs-Bestimmung verwendete Quecksilbertastköpfe sind noch keine brauchbaren Alternativen verfügbar, weshalb für diese Messgeräte keine Beschränkung vorgeschlagen wird.
- (13)
- Mit einer Ausnahmeregelung sollte der An- und Verkauf alter, historisch wertvoller Messinstrumente, die Quecksilber enthalten und als Antiquitäten oder Kulturgüter angesehen werden können, gestattet werden. Nach Anhang XVII Nummer 18a der Verordnung (EG) Nr. 1907/2006 ist das Inverkehrbringen von anderen zum Verkauf an die breite Öffentlichkeit bestimmten quecksilberhaltigen Messinstrumenten als Fieberthermometern gestattet, wenn diese am 3. Oktober 2007 älter als 50 Jahre gewesen sind. Aus Gründen der Einheitlichkeit sollten in den Ausnahmeregelungen für alte Messinstrumente zur Verwendung für gewerbliche und industrielle (einschließlich medizinischer) Zwecke dieselben Alterskriterien gelten.
- (14)
- Eine Ausnahmeregelung sollte auch für die in Ausstellungen mit kultureller oder historischer Zielsetzung ausgestellten Messinstrumente gelten, und zwar auch für solche, die am 3. Oktober 2007 noch keine 50 Jahre alt waren, aber dennoch historischen und kulturellen Wert besitzen.
- (15)
- Am 8. Juni 2011 hat der Ausschuss für Risikobeurteilung der Agentur seine Stellungnahme zu der vorgeschlagenen Beschränkung abgegeben, die er als die am besten geeignete unionsweite Maßnahme zur wirksamen Minderung der erkannten Risiken ansieht.
- (16)
- Am 15. September 2011 hat der Ausschuss für sozioökonomische Analysen der Agentur seine Stellungnahme zu der vorgeschlagenen Beschränkung abgegeben, die er als die am besten geeignete unionsweite Maßnahme ansieht, mit der die erkannten Risiken im Hinblick auf die Verhältnismäßigkeit der sozioökonomischen Vorteile und Kosten bekämpft werden können.
- (17)
- Die Agentur hat die Stellungnahmen des Ausschusses für Risikobeurteilung und des Ausschusses für sozioökonomische Analyse der Kommission übermittelt.
- (18)
- Die Verordnung (EG) Nr. 1907/2006 sollte daher entsprechend geändert werden.
- (19)
- Es sollte ein angemessener Zeitraum vorgesehen werden, damit die betroffenen Akteure das gegebenenfalls Nötige veranlassen können, um die Vorschriften dieser Verordnung einzuhalten.
- (20)
- Die in dieser Verordnung vorgesehenen Maßnahmen stehen im Einklang mit der Stellungnahme des gemäß Artikel 133 der Verordnung (EG) Nr. 1907/2006 eingesetzten Ausschusses —
HAT FOLGENDE VERORDNUNG ERLASSEN:
Fußnote(n):
- (1)
ABl. L 396 vom 30.12.2006, S. 1.
- (2)
KOM(2005) 20 endg.
- (3)
KOM(2010) 723 endg.
- (4)
Schlussfolgerungen des Rates vom 15. März 2011 „Überprüfung der Gemeinschaftsstrategie für Quecksilber” , vom 4. Dezember 2008 „Bewältigung der weltweiten Quecksilberproblematik” und vom 24. Juni 2005 „Gemeinschaftsstrategie für Quecksilber” .
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