Präambel VO (EU) 2013/100

DAS EUROPÄISCHE PARLAMENT UND DER RAT DER EUROPÄISCHEN UNION —

gestützt auf den Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union, insbesondere auf Artikel 100 Absatz 2,

auf Vorschlag der Europäischen Kommission,

nach Zuleitung des Entwurfs des Gesetzgebungsakts an die nationalen Parlamente,

nach Stellungnahme des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses(1),

nach Anhörung des Ausschusses der Regionen,

gemäß dem ordentlichen Gesetzgebungsverfahren(2),

in Erwägung nachstehender Gründe:

(1)
Mit der Verordnung (EG) Nr. 1406/2002 des Europäischen Parlaments und des Rates(3), die als Reaktion auf die Havarie des Öltankers „Erika” erlassen wurde, wurde eine Europäische Agentur für die Sicherheit des Seeverkehrs (im Folgenden „Agentur” ) errichtet, deren Ziel die Gewährleistung eines hohen, einheitlichen und effektiven Niveaus bei der Sicherheit im Seeverkehr und bei der Verhütung von Verschmutzung durch Schiffe ist.
(2)
Nach der Havarie des Öltankers „Prestige” im Jahr 2002 wurde die Verordnung (EG) Nr. 1406/2002 geändert, um der Agentur weiterreichende Aufgaben im Bereich des Eingreifens bei Verschmutzungen zu übertragen.
(3)
Es muss präzisiert werden, welche Arten der Meeresverschmutzung unter die Ziele der Verordnung (EG) Nr. 1406/2002 fallen. So sollte unter einer durch Öl- und Gasanlagen verursachten Meeresverschmutzung Folgendes verstanden werden: eine Verschmutzung durch Öl und andere Stoffe, die, sofern sie in die Meeresumwelt gelangen, Gefahren für die Gesundheit des Menschen hervorrufen, die lebenden Ressourcen sowie die Tier- und Pflanzenwelt des Meeres schädigen, den natürlichen Vorzügen des Meeres Schaden zufügen oder andere rechtmäßige Nutzungen des Meeres beeinträchtigen können, wie es im Protokoll von 2000 über Vorsorge, Bekämpfung und Zusammenarbeit auf dem Gebiet der Verschmutzung durch gefährliche und schädliche Stoffe festgelegt ist.
(4)
Der Verwaltungsrat der Agentur (im Folgenden „Verwaltungsrat” ) hat 2007 gemäß Artikel 22 der Verordnung (EG) Nr. 1406/2002 eine unabhängige externe Bewertung der Durchführung der Verordnung in Auftrag gegeben. Ausgehend von dieser Bewertung formulierte er im Juni 2008 Empfehlungen für Änderungen, die die Arbeit der Agentur, ihren Zuständigkeitsbereich und ihre Arbeitsweise betreffen.
(5)
Einige Vorschriften der Verordnung (EG) Nr. 1406/2002 sollten auf der Grundlage der Ergebnisse der externen Bewertung, der Empfehlungen und der vom Verwaltungsrat im März 2010 angenommenen Mehrjahresstrategie präzisiert und aktualisiert werden. Die Agentur hat sich zwar auf ihre vorrangigen Aufgaben im Zusammenhang mit der Sicherheit im Seeverkehr zu konzentrieren, sie sollte aber außerdem bestimmte neue Haupt- und Nebenaufgaben erhalten, die der Entwicklung der Politik für die Sicherheit im Seeverkehr auf Unionsebene und auf internationaler Ebene Rechnung tragen. Angesichts der knappen Haushaltsmittel der Union sind zur Gewährleistung der Kosteneffizienz und der effizienten Verwendung von Haushaltsmitteln sowie zur Vermeidung von Doppelarbeit erhebliche Prüfungs- und Umverteilungsanstrengungen erforderlich. Das für die neuen Haupt- und Nebenaufgaben benötigte Personal sollte grundsätzlich durch eine agenturinterne Umschichtung bereitgestellt werden. Gleichzeitig sollte die Agentur gegebenenfalls aus anderen Teilen des Haushalts der Union, insbesondere aus Mitteln des Europäischen Nachbarschaftsinstruments, finanziert werden. Die Erfüllung aller neuen Haupt- und Nebenaufgaben durch die Agentur wird innerhalb der durch die derzeitige Finanzielle Vorausschau und den Haushaltsplan der Agentur gesetzten Grenzen erfolgen, und zwar unbeschadet der Verhandlungen und Beschlüsse über den künftigen mehrjährigen Finanzrahmen. Da diese Verordnung kein Finanzierungsbeschluss ist, sollte die Haushaltsbehörde im Rahmen des jährlichen Haushaltsverfahrens über die Mittel für die Agentur beschließen.
(6)
Die Aufgaben der Agentur sollten klar und präzise beschrieben und Aufgabenüberschneidungen vermieden werden.
(7)
Die Agentur hat gezeigt, dass bestimmte Aufgaben wirksamer auf europäischer Ebene durchgeführt werden können; in bestimmten Fällen könnte dies den Mitgliedstaaten Möglichkeiten für Einsparungen in ihren nationalen Haushalten bieten und, wenn nachgewiesen, einen tatsächlichen europäischen Mehrwert schaffen.
(8)
Einige Vorschriften, die speziell die Leitung der Agentur betreffen, sollten klarer gefasst werden. Aufgrund der im Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union verankerten besonderen Verantwortung der Kommission für die Durchführung der Unionspolitik sollte die Kommission der Agentur politische Leitlinien für die Wahrnehmung ihrer Aufgaben unter vollständiger Wahrung der Rechtsform der Agentur und der Unabhängigkeit ihres Exekutivdirektors, die in der Verordnung (EG) Nr. 1406/2002 festgelegt wurden, vorgeben.
(9)
Bei der Ernennung von Mitgliedern des Verwaltungsrats, bei der Wahl des Vorsitzenden und des stellvertretenden Vorsitzenden des Verwaltungsrats und bei der Ernennung von Abteilungsleitern sollte umfassend berücksichtigt werden, wie wichtig die Gewährleistung einer ausgewogenen Vertretung von Männern und Frauen ist.
(10)
Jede Bezugnahme auf einschlägige Rechtsakte der Union sollte so verstanden werden, dass sie Rechtsakte im Bereich der Sicherheit und Gefahrenabwehr im Seeverkehr, der Verhütung von Verschmutzung und des Eingreifens bei Verschmutzung durch Schiffe sowie des Eingreifens bei Meeresverschmutzung durch Öl- und Gasanlagen betrifft.
(11)
Für die Zwecke dieser Verordnung ist unter dem Begriff „Gefahrenabwehr in der Schifffahrt” — im Einklang mit der Verordnung (EG) Nr. 725/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 31. März 2004 zur Erhöhung der Gefahrenabwehr auf Schiffen und in Hafenanlagen(4) — die Kombination vorbeugender Maßnahmen zu verstehen, die zum Schutz des Seeverkehrs und von Hafenanlagen vor einer Bedrohung durch vorsätzliche rechtswidrige Handlungen dienen sollen. Das Ziel der Gefahrenabwehr sollte dadurch erreicht werden, dass geeignete Maßnahmen im Bereich der Seeverkehrspolitik ergriffen werden, von denen die Vorschriften der Mitgliedstaaten im Bereich der nationalen Sicherheit, der Verteidigung und der öffentlichen Sicherheit sowie zur Bekämpfung von gegen den Staat gerichteten Finanzstraftaten unberührt bleiben.
(12)
Die Agentur sollte im Interesse der Union handeln. Dies sollte auch dann gelten, wenn die Agentur im Rahmen der Förderung der Politik der Union für die Sicherheit im Seeverkehr beauftragt wird, in ihren Zuständigkeitsbereichen außerhalb des Gebiets der Mitgliedstaaten tätig zu werden und betroffenen Drittländern technische Hilfe zu leisten.
(13)
Die Agentur sollte den Mitgliedstaaten technische Unterstützung leisten, die den Aufbau der für die Umsetzung des Besitzstands der Union erforderlichen nationalen Kapazitäten erleichtern sollte.
(14)
Die Agentur sollte den Mitgliedstaaten und der Kommission operative Unterstützung leisten. Dies sollte Dienste und Einrichtungen wie das System der Union für den Seeverkehrsinformationsaustausch (SafeSeaNet), das Europäische Satellitenüberwachungssystem zum Aufspüren von Ölverschmutzungen (CleanSeaNet), das Datenzentrum der Europäischen Union für die Identifizierung und Verfolgung von Schiffen über große Entfernungen (LRIT-Datenzentrum der EU) und die Überprüfungsdatenbank der EU-Hafenstaatkontrolle (Thetis) einschließen.
(15)
Die Sachkompetenz der Agentur auf dem Gebiet der elektronischen Datenübermittlung und der Systeme für den Seeverkehrsinformationsaustausch sollte genutzt werden, um die Meldeformalitäten für Schiffe zu vereinfachen, mit dem Ziel, Hemmnisse im Seeverkehr abzubauen und einen Europäischen Seeverkehrsraum ohne Grenzen zu errichten. Insbesondere sollte die Agentur die Mitgliedstaaten bei der Umsetzung der Richtlinie 2010/65/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. Oktober 2010 über Meldeformalitäten für Schiffe beim Einlaufen in und/oder Auslaufen aus Häfen der Mitgliedstaaten(5) unterstützen.
(16)
Die Agentur sollte die Kommission bei den Forschungsaktivitäten, die mit ihren Zuständigkeitsbereichen in Zusammenhang stehen, stärker unterstützen. Überschneidungen mit dem vorhandenen Forschungsrahmen der Union sollten jedoch vermieden werden. Insbesondere sollte die Agentur nicht für die Verwaltung von Forschungsprojekten zuständig sein.
(17)
Im Lichte der Entwicklung neuer, innovativer Anwendungen und Dienste und der Verbesserung bereits bestehender Anwendungen und Dienste sowie im Hinblick auf die Verwirklichung eines Europäischen Seeverkehrsraums ohne Grenzen sollte die Agentur die von den Programmen zur europäischen Satellitennavigation (EGNOS und Galileo) und von dem Programm zur globalen Überwachung von Umwelt und Sicherheit (GMES) gebotenen Möglichkeiten umfassend nutzen.
(18)
Nach dem Auslaufen der Rahmenregelung der Union für die Zusammenarbeit im Bereich der unfallbedingten oder vorsätzlichen Meeresverschmutzung, die durch die Entscheidung Nr. 2850/2000/EG des Europäischen Parlaments und des Rates(6) geschaffen wurde, sollte die Agentur einige der zuvor in diesem Rahmen durchgeführten Aktivitäten fortsetzen, indem sie insbesondere auf das Fachwissen der beratenden Fachgruppe für die Vorsorge gegen und das Eingreifen bei Meeresverschmutzungen zurückgreift. Die diesbezüglichen Tätigkeiten der Agentur sollten die Küstenstaaten nicht von ihrer Verantwortung entbinden, angemessene Mechanismen zum Eingreifen bei Verschmutzungen vorzusehen, und die bestehenden Kooperationsvereinbarungen zwischen Mitgliedstaaten oder Gruppen von Mitgliedstaaten sollten beachtet werden.
(19)
Auf Antrag stellt die Agentur den Mitgliedstaaten über das CleanSeaNet detaillierte Informationen über Fälle von Verschmutzungen durch Schiffe zur Verfügung, um sie in die Lage zu versetzen, ihren Verpflichtungen gemäß der Richtlinie 2005/35/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 7. September 2005 über die Meeresverschmutzung durch Schiffe und die Einführung von Sanktionen für Verstöße(7) nachzukommen. Jedoch unterscheidet sich die Wirksamkeit der Durchsetzung sehr stark, obwohl derartige Verschmutzungen das Potenzial in sich tragen, in andere nationale Gewässer zu gelangen. Die Kommission sollte deshalb in ihrem nächsten Bericht gemäß Artikel 12 der genannten Richtlinie dem Europäischen Parlament und dem Rat Informationen über die Wirksamkeit und die Kohärenz der Durchsetzung der genannten Richtlinie sowie sonstige relevante Informationen über deren Anwendung vorlegen.
(20)
Anträge betroffener Staaten zur Aktivierung von Maßnahmen zur Schadstoffbekämpfung durch die Agentur sollten durch das Unionsverfahren für den Katastrophenschutz weitergeleitet werden, das durch die Entscheidung 2007/779/EG, Euratom des Rates(8) eingeführt wurde. Die Kommission kann bei anderen Sachverhalten als Anträgen auf Bereitstellung von abrufbereiten Schiffen und Ausrüstungen zur Schadstoffbekämpfung in Erwägung ziehen, alternative Kommunikationsmittel einzusetzen, die fortgeschrittene Informationstechnologien nutzen und daher möglicherweise zweckmäßiger sind, und sie kann dementsprechend den antragstellenden Mitgliedstaat davon in Kenntnis setzen.
(21)
Jüngste Ereignisse haben die Gefahren der Offshore-Erdöl- und -Erdgasexploration und -gewinnung für den Seeverkehr und die Meeresumwelt deutlich gemacht. Die Interventionskapazitäten der Agentur in Bezug auf Ölverschmutzung und ihre Sachkompetenz auf dem Gebiet der Verschmutzung durch gefährliche und schädliche Stoffe sollte auf Antrag eines betroffenen Staates genutzt werden, um bei Verschmutzungen einzugreifen, die von solchen Aktivitäten herrühren.
(22)
Insbesondere sollte das CleanSeaNet, das gegenwärtig genutzt wird, um Hinweise auf Ölverschmutzungen durch Schiffe zu liefern, von der Agentur auch eingesetzt werden, um Ölverschmutzungen bei der Offshore-Erdöl- und -Erdgasexploration und -gewinnung festzustellen und zu melden, ohne dass sich dies nachteilig auf den für den Seeverkehr bereitgestellten Dienst auswirkt.
(23)
Die Agentur verfügt über langjährige und anerkannte wertvolle Sachkompetenz und Instrumente im Bereich der Sicherheit und Gefahrenabwehr im Seeverkehr sowie der Verhütung von Verschmutzungen durch Schiffe und des Eingreifens bei derartigen Verschmutzungen. Diese Sachkompetenz und diese Instrumente können für weitere Tätigkeiten der Union, die mit der Seeverkehrspolitik der Union im Zusammenhang stehen, relevant sein. Die Agentur sollte deshalb die Kommission und die Mitgliedstaaten auf deren Ersuchen bei der Konzipierung und Umsetzung dieser Tätigkeiten der Union unterstützen, sofern der Verwaltungsrat dies im Rahmen des Jahresarbeitsprogramms der Agentur genehmigt hat. Diese Unterstützung sollte einer eingehenden Kosten-Nutzen-Analyse unterzogen werden und sich nicht nachteilig auf die Erfüllung der Hauptaufgaben der Agentur auswirken.
(24)
Durch die von ihr geleistete technische Unterstützung trägt die Agentur auch zur Entwicklung eines umweltfreundlicheren Seeverkehrs bei.
(25)
Was die Klassifikationsgesellschaften betrifft, so sind die meisten dieser Gesellschaften sowohl für Seeschiffe als auch für Binnenschiffe zuständig. Aufgrund ihrer Erfahrungen mit Klassifikationsgesellschaften für Seeschiffe könnte die Agentur der Kommission sachdienliche Auskünfte hinsichtlich der Klassifikationsgesellschaften für Binnenschiffe erteilen und somit Effizienzsteigerungen ermöglichen.
(26)
Hinsichtlich der Schnittstelle zwischen Verkehrsinformationssystemen sollte die Agentur die Kommission und die Mitgliedstaaten dabei unterstützen, gemeinsam mit den für das System der Binnenschifffahrtsinformationsdienste zuständigen Behörden die Möglichkeiten für den Informationsaustausch zwischen diesen Systemen zu erkunden.
(27)
Unbeschadet der Verantwortlichkeit der zuständigen Behörden sollte die Agentur die Kommission und die Mitgliedstaaten bei der Entwicklung und Umsetzung der künftigen „e-Maritime” -Initiative unterstützen, die durch die Erleichterung der Nutzung fortgeschrittener Informationstechnologien für Effizienzsteigerungen im europäischen Seeverkehrssektor sorgen soll.
(28)
Im Hinblick auf die Vollendung des Binnenmarktes und die Verwirklichung eines Europäischen Seeverkehrsraums ohne Grenzen sollte der Verwaltungsaufwand für die Schifffahrt verringert werden, wodurch unter anderem der Kurzstreckenseeverkehr gefördert wird. In diesem Zusammenhang könnten das Konzept des „Blauen Gürtels” sowie die „e-Maritime” -Initiative als potenzielle Instrumente zur Vereinfachung der Meldeanforderungen eingesetzt werden, die an Handelsschiffe gestellt werden, wenn sie in Häfen der Mitgliedstaaten einlaufen oder aus ihnen auslaufen.
(29)
Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union ist es im Hinblick auf die Wahrung des Grundsatzes des institutionellen Gleichgewichts nicht möglich, einer Agentur die Befugnis zum Erlass von Entscheidungen von allgemeiner Geltung zu übertragen.
(30)
Unbeschadet der in der Verordnung (EG) Nr. 1406/2002 festgelegten Ziele und Aufgaben sollte die Kommission innerhalb eines Jahres nach dem Inkrafttreten dieser Verordnung in enger Zusammenarbeit mit den betroffenen Akteuren eine Machbarkeitsstudie ausarbeiten und vorlegen, in der sie sondiert und bewertet, wie die Koordinierung und Zusammenarbeit zwischen den verschiedenen Einrichtungen der Küstenwache verbessert werden kann. In dieser Studie sollten der bestehende Rechtsrahmen und die einschlägigen Empfehlungen der zuständigen Gremien der Union sowie der Stand der Entwicklung des Gemeinsamen Informationsraums für den maritimen Bereich (CISE) berücksichtigt und die Grundsätze der Subsidiarität und Verhältnismäßigkeit uneingeschränkt gewahrt werden; dabei sollte für das Europäische Parlament und den Rat das Kosten-Nutzen-Verhältnis klar herausgestellt werden.
(31)
Für die Wettbewerbsfähigkeit der maritimen Cluster der Union ist es wichtig, Anreize für gut ausgebildete europäische Seeleute zu schaffen. Daher sollte die Agentur vor dem Hintergrund des gegenwärtigen und künftigen Bedarfs an hochqualifizierten Seeleuten in der Union die Mitgliedstaaten und die Kommission gegebenenfalls bei der Förderung der Ausbildung von Seeleuten unterstützen, indem sie den Austausch bewährter Praktiken erleichtert und Informationen über Austauschprogramme der Union im Bereich der Ausbildung von Seeleuten bereitstellt. In diesem Zusammenhang könnten unter anderem die sachkundigen europäischen Akteure dabei unterstützt werden, auf freiwilliger Basis Spitzenleistungen im Bereich der Aus- und Weiterbildung von Seeleuten anzustreben, wobei die Zuständigkeit der Mitgliedstaaten für den Inhalt und die Gestaltung der Ausbildung von Seeleuten uneingeschränkt gewahrt bleiben muss.
(32)
Um dem zunehmenden Risiko der Piraterie entgegenzuwirken, sollte die Agentur gegebenenfalls den zuständigen nationalen Behörden und anderen relevanten Stellen, darunter auch für Operationen wie die EU-Marineoperation Atalanta, weiterhin detaillierte Informationen über die genaue Position der unter der Flagge eines Mitgliedstaats fahrenden Schiffe, die als sehr risikoreich eingestufte Gebiete durchkreuzen, zukommen lassen. Ferner verfügt die Agentur über Möglichkeiten, die sich insbesondere im Kontext der Entwicklung von CISE als nützlich erweisen könnten. Daher ist es angebracht, dass die Agentur den zuständigen nationalen Behörden und einschlägigen Einrichtungen der Union, wie z. B. Frontex und Europol, auf deren Ersuchen relevante Schiffsortungs- und Erdbeobachtungsdaten zur Verfügung stellt, um Präventivmaßnahmen zum Schutz vor vorsätzlichen rechtswidrigen Handlungen im Sinne des Unionsrechts zu erleichtern, und dies unbeschadet der Rechte und Pflichten der Mitgliedstaaten sowie im Einklang mit dem geltenden Recht der Mitgliedstaaten und der Union, insbesondere hinsichtlich der die Daten anfordernden Stellen. Die Bereitstellung von Daten zu Fernidentifizierung und -verfolgung (LRIT) sollte vorbehaltlich der Zustimmung des betreffenden Flaggenstaats und im Einklang mit den vom Verwaltungsrat festzulegenden Verfahren erfolgen.
(33)
Bei der Veröffentlichung von Informationen gemäß der Richtlinie 2009/16/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. April 2009 über die Hafenstaatkontrolle(9) sollten sich die Kommission und die Agentur auf die im Rahmen der Pariser Vereinbarung über die Hafenstaatkontrolle (Pariser Vereinbarung) gewonnene Fachkompetenz und Erfahrung stützen, um die erforderliche Kohärenz zu gewährleisten.
(34)
Die Unterstützung der Agentur für die Mitgliedstaaten und die Kommission im Hinblick auf die einschlägige Arbeit internationaler und regionaler Organisationen sollte die Beziehung zwischen diesen Organisationen und den Mitgliedstaaten infolge deren Mitgliedschaft in diesen Organisationen nicht berühren.
(35)
Die Union ist folgenden Instrumenten beigetreten, durch die regionale Organisationen eingerichtet worden sind, deren Tätigkeiten auch unter die Ziele der Agentur fallen: dem Übereinkommen über den Schutz der Meeresumwelt des Ostseegebiets (Helsinki-Übereinkommen in seiner Fassung von 1992)(10); dem Übereinkommen zum Schutz des Mittelmeers vor Verschmutzung (Übereinkommen von Barcelona)(11) und dessen 1995 überarbeiteter Fassung(12) sowie mehreren dazugehörigen Protokollen; dem Übereinkommen über die Zusammenarbeit bei der Bekämpfung der Verschmutzung der Nordsee durch Öl und andere Schadstoffe (Bonn-Übereinkommen)(13); dem Übereinkommen zum Schutz der Meeresumwelt des Nordostatlantiks (OSPAR-Übereinkommen)(14); dem am 17. Oktober 1990 unterzeichneten Übereinkommen über die Zusammenarbeit beim Schutz der Küsten und Gewässer des Nordostatlantiks gegen Verschmutzung (Übereinkommen von Lissabon)(15) mit seinem am 20. Mai 2008 unterzeichneten Zusatzprotokoll, die noch nicht in Kraft getreten sind(16). Ferner verhandelt die Union derzeit über den Beitritt zu dem im April 1992 unterzeichneten Übereinkommen zum Schutz des Schwarzen Meeres vor Verschmutzung (Übereinkommen von Bukarest). Die Agentur sollte daher den Mitgliedstaaten und der Kommission im Hinblick auf die Teilnahme an der einschlägigen Arbeit dieser regionalen Organisationen technische Unterstützung leisten.
(36)
Neben diesen regionalen Organisationen bestehen hinsichtlich des Eingreifens bei Verschmutzungen weitere regionale, subregionale und bilaterale Koordinierungs- und Kooperationsvereinbarungen. Wenn die Agentur Drittländern, die ein Regionalmeer mit der Union teilen, Unterstützung im Hinblick auf ein Eingreifen bei Verschmutzungen leistet, sollte sie diesen Vereinbarungen Rechnung tragen.
(37)
Die Union teilt mit ihren Nachbarländern die regionalen Meeresbecken des Mittelmeers, des Schwarzen Meers und der Ostsee. Auf Ersuchen der Kommission sollte die Agentur diesen Ländern Unterstützung im Hinblick auf ein Eingreifen bei Verschmutzungen leisten.
(38)
Im Interesse der größtmöglichen Effizienz sollte die Agentur so eng wie möglich im Rahmen der Pariser Vereinbarung zusammenarbeiten. Die Kommission und die Mitgliedstaaten sollten weiterhin Optionen für weitere Effizienzsteigerungen sondieren, die im Rahmen der Pariser Vereinbarung zur Prüfung vorgelegt werden könnten.
(39)
Damit die bindenden Rechtsakte der Union in den Bereichen der Seeverkehrssicherheit und der Verhütung der Verschmutzung durch Schiffe ordnungsgemäß umgesetzt werden, sollte die Agentur die Kommission unterstützen, indem sie Kontrollbesuche in den Mitgliedstaaten durchführt. Diese Kontrollbesuche in den nationalen Verwaltungen sollten es der Agentur ermöglichen, alle notwendigen Auskünfte einzuholen, um der Kommission einen umfassenden Bericht für deren weitere Beurteilung vorzulegen. Die Kontrollbesuche sollten im Geiste der in Artikel 4 Absatz 3 des Vertrags über die Europäische Union genannten Grundsätze durchgeführt werden, wobei der Verwaltungsaufwand für die nationalen Seebehörden auf ein Mindestmaß zu beschränken ist. Ferner sollten die Kontrollbesuche nach einem festgelegten Verfahren anhand einer vom Verwaltungsrat beschlossenen Standardmethode durchgeführt werden.
(40)
Die Agentur sollte die Kommission unterstützen, indem sie Inspektionen bei anerkannten Organisationen gemäß der Verordnung (EG) Nr. 391/2009 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. April 2009 über gemeinsame Vorschriften und Normen für Schiffsüberprüfungs- und -besichtigungsorganisationen(17) durchführt. Diese Inspektionen können auch in Drittländern erfolgen. Die Kommission und die Agentur sollten gewährleisten, dass die betroffenen Mitgliedstaaten ordnungsgemäß unterrichtet werden. Die Agentur sollte ferner die ihr von der Kommission übertragenen Inspektionsaufgaben hinsichtlich der Ausbildung von Seeleuten und der Erteilung von Befähigungszeugnissen für Seeleute in Drittländern gemäß der Richtlinie 2008/106/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 19. November 2008 über Mindestanforderungen für die Ausbildung von Seeleuten(18) wahrnehmen. Die genauen Modalitäten der technischen Unterstützung der Agentur für die Inspektionen zur Gefahrenabwehr in der Schifffahrt, die die Kommission gemäß ihrer Verordnung (EG) Nr. 324/2008 vom 9. April 2008 zur Festlegung geänderter Verfahren für die Durchführung von Kommissionsinspektionen zur Gefahrenabwehr in der Schifffahrt(19) durchführt, sollten in der Verordnung (EG) Nr. 1406/2002 nicht geregelt werden.
(41)
Um die Kohärenz mit den politischen Zielen und dem institutionellen Gefüge der Union sowie mit den geltenden Verwaltungs- und Finanzverfahren sicherzustellen, sollte die Kommission ein förmliches Gutachten in Form einer schriftlichen Stellungnahme zu dem Entwurf der Mehrjahresstrategie und den Entwürfen der Jahresarbeitsprogramme der Agentur vorlegen, die der Verwaltungsrat vor der Annahme dieser Dokumente berücksichtigen sollte.
(42)
Damit ein faires und transparentes Verfahren zur Ernennung des Exekutivdirektors gewährleistet ist, sollte das zu befolgende Auswahlverfahren den Leitlinien der Kommission für Auswahl und Ernennung der Direktoren von Agenturen der Union entsprechen. Diese Leitlinien sehen vor, dass Staatsangehörige aller Mitgliedstaaten eine Bewerbung einreichen können. Aus denselben Gründen sollte der Verwaltungsrat im Vorauswahlausschuss durch einen Beobachter vertreten sein. Der Beobachter sollte auch in den weiteren Phasen des Auswahlverfahrens laufend unterrichtet werden. Zu dem Zeitpunkt, zu dem der Verwaltungsrat seinen Ernennungsbeschluss fasst, sollten die Mitglieder des Verwaltungsrats die Kommission zum Auswahlverfahren befragen können. Ferner sollte der Verwaltungsrat Gelegenheit haben, mit den in die engere Wahl genommenen Bewerbern gemäß der üblichen Verfahrensweise ein Bewerbergespräch zu führen. In allen Phasen des Auswahlverfahrens und der Ernennung für das Amt des Exekutivdirektors der Agentur sollten alle Beteiligten sicherstellen, dass die Verarbeitung der personenbezogenen Daten der Bewerber gemäß der Verordnung (EG) Nr. 45/2001 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 18. Dezember 2000 zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten durch die Organe und Einrichtungen der Gemeinschaft und zum freien Datenverkehr(20) erfolgt.
(43)
Obwohl die Agentur hauptsächlich durch einen Beitrag der Union finanziert wird, erzielt sie auch Einnahmen aufgrund der Gebühren und Entgelte für die von ihr erbrachten Leistungen. Diese Gebühren und Entgelte betreffen insbesondere den Betrieb des LRIT-Datenzentrums der EU und werden gemäß der Entschließung des Rates vom 1./2. Oktober 2007 und 9. Dezember 2008 bezüglich der Einrichtung des LRIT-Datenzentrums der EU sowie insbesondere gemäß der Absätze, die die Finanzierung von LRIT-Meldungen betreffen, erhoben.
(44)
Im Rahmen des gemäß der Verordnung (EG) Nr. 1406/2002 vorzusehenden Sachstandsberichts sollte die Kommission auch prüfen, welchen potenziellen Beitrag die Agentur aufgrund ihrer langjährigen und anerkannten Sachkompetenz sowie ihrer Instrumente zur Umsetzung eines künftigen Gesetzgebungsakts über die Sicherheit der Offshore-Erdöl- und -Erdgasprospektion, -exploration und -gewinnung leisten kann, der derzeit vom Europäischen Parlament und vom Rat geprüft wird, wobei es um die Verhütung der Verschmutzung durch Offshore-Erdöl- und -Gasanlagen geht.
(45)
Die Tätigkeit der Agentur sollte nach Möglichkeit auch zur Schaffung eines echten Europäischen Seeverkehrsraums ohne Grenzen beitragen.
(46)
Die Verordnung (EU, Euratom) Nr. 966/2012 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 25. Oktober 2012 über die Haushaltsordnung für den Gesamthaushaltsplan der Union(21) und insbesondere deren Artikel 208 sollte berücksichtigt werden.
(47)
Die Verordnung (EG) Nr. 1406/2002 sollte daher entsprechend geändert werden —

HABEN FOLGENDE VERORDNUNG ERLASSEN:

Fußnote(n):

(1)

ABl. C 107 vom 6.4.2011, S. 68.

(2)

Standpunkt des Europäischen Parlaments vom 15. Dezember 2011 (noch nicht im Amtsblatt veröffentlicht) und Standpunkt des Rates in erster Lesung vom 4. Oktober 2012 (ABl. C 352 E vom 16.11.2012, S. 1). Standpunkt des Europäischen Parlaments vom 13. Dezember 2012.

(3)

ABl. L 208 vom 5.8.2002, S. 1.

(4)

ABl. L 129 vom 29.4.2004, S. 6.

(5)

ABl. L 283 vom 29.10.2010, S. 1.

(6)

ABl. L 332 vom 28.12.2000, S. 1.

(7)

ABl. L 255 vom 30.9.2005, S. 11.

(8)

ABl. L 314 vom 1.12.2007, S. 9.

(9)

ABl. L 131 vom 28.5.2009, S. 57.

(10)

Beschluss 94/157/EG des Rates (ABl. L 73 vom 16.3.1994, S. 19).

(11)

Beschluss 77/585/EWG des Rates (ABl. L 240 vom 19.9.1977, S. 1).

(12)

Beschluss 1999/802/EG des Rates (ABl. L 322 vom 14.12.1999, S. 32).

(13)

Beschluss 84/358/EWG des Rates (ABl. L 188 vom 16.7.1984, S. 7).

(14)

Beschluss 98/249/EG des Rates (ABl. L 104 vom 3.4.1998, S. 1).

(15)

Beschluss 93/550/EWG des Rates (ABl. L 267 vom 28.10.1993, S. 20).

(16)

Beschluss 2010/655/EU des Rates (ABl. L 285 vom 30.10.2010, S. 1).

(17)

ABl. L 131 vom 28.5.2009, S. 11.

(18)

ABl. L 323 vom 3.12.2008, S. 33.

(19)

ABl. L 98 vom 10.4.2008, S. 5.

(20)

ABl. L 8 vom 12.1.2001, S. 1.

(21)

ABl. L 298 vom 26.10.2012, S. 1.

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