Präambel VO (EU) 2013/1022

DAS EUROPÄISCHE PARLAMENT UND DER RAT DER EUROPÄISCHEN UNION —

gestützt auf den Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union, insbesondere auf Artikel 114,

auf Vorschlag der Europäischen Kommission,

nach Zuleitung des Entwurfs des Gesetzgebungsakts an die nationalen Parlamente,

nach Stellungnahme der Europäischen Zentralbank(1),

nach Stellungnahme des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses(2),

gemäß dem ordentlichen Gesetzgebungsverfahren(3),

in Erwägung nachstehender Gründe:

(1)
Am 29. Juni 2012 forderten die Staats- und Regierungschefs der Mitgliedstaaten des Euro-Währungsgebiets die Kommission auf, Vorschläge zur Schaffung eines einheitlichen Aufsichtsmechanismus unter Einbeziehung der Europäischen Zentralbank (EZB) vorzulegen. In seinen Schlussfolgerungen vom 29. Juni 2012 bat der Europäische Rat seinen Präsidenten, in enger Zusammenarbeit mit dem Präsidenten der Kommission, dem Präsidenten der Eurogruppe und dem Präsidenten der EZB einen spezifischen Fahrplan mit Terminvorgaben für die Verwirklichung einer echten Wirtschafts- und Währungsunion auszuarbeiten, der konkrete Vorschläge zur Wahrung von Einheit und Integrität des Binnenmarktes für Finanzdienstleistungen enthält.
(2)
Die Einrichtung eines einheitlichen Aufsichtsmechanismus ist der erste Schritt hin zu einer europäischen Bankenunion, gestützt auf ein echtes einheitliches Regelwerk für den Bereich Finanzdienstleistungen und neue Rahmenregelungen für die Einlagensicherung und die Abwicklung von Kreditinstituten.
(3)
Um die Voraussetzungen für die Einrichtung eines einheitlichen Aufsichtsmechanismus zu schaffen, werden der EZB mit der Verordnung (EU) Nr. 1024/2013 des Rates(4) besondere Aufgaben im Zusammenhang mit der Aufsicht über Kreditinstitute in den Mitgliedstaaten übertragen, deren Währung der Euro ist, und die Verordnung erlaubt anderen Mitgliedstaaten, eine enge Zusammenarbeit mit der EZB einzugehen.
(4)
Die Übertragung von Aufsichtsaufgaben in Bezug auf Kreditinstitute auf die EZB für einen Teil der Mitgliedstaaten sollte die Funktionsweise des Finanzdienstleistungsbinnenmarkts in keiner Weise beeinträchtigen. Die durch die Verordnung (EU) Nr. 1093/2010 des Europäischen Parlaments und des Rates(5) errichtete Europäische Aufsichtsbehörde (Europäische Bankenaufsichtsbehörde) (im Folgenden "EBA") sollte daher ihre Rolle und all ihre derzeitigen Befugnisse und Aufgaben beibehalten: Sie sollte weiterhin das einheitliche Regelwerk für alle Mitgliedstaaten entwickeln, zu dessen einheitlicher Anwendung beitragen und die Konvergenz der Aufsichtspraktiken unionsweit verbessern.
(5)
Es ist von entscheidender Bedeutung, dass die Bankenunion Mechanismen der demokratischen Rechenschaftspflicht umfasst.
(6)
Bei der Wahrnehmung der ihr übertragenen Aufgaben sollte die EBA, unter gebührender Berücksichtigung des Ziels, die Zuverlässigkeit und Solidität der Kreditinstitute zu gewährleisten, der Vielfalt der Kreditinstitute, ihrer Größe und ihren Geschäftsmodellen sowie den systemischen Vorteilen, die sich aus der Vielfalt in der europäischen Bankenindustrie ergeben, umfassend Rechnung tragen.
(7)
Um bewährte Aufsichtspraktiken im Binnenmarkt zu fördern, ist es von wesentlicher Bedeutung, dass das einheitliche Regelwerk durch ein von der EBA in Abstimmung mit den zuständigen Behörden ausgearbeitetes europäisches Aufsichtshandbuch für die Beaufsichtigung von Finanzinstituten ergänzt wird. In diesem Aufsichtshandbuch sollten die bewährten Praktiken in der gesamten Union in Bezug auf Aufsichtsmethoden und -verfahren identifiziert werden, um die Einhaltung zentraler internationaler Grundsätze und Unionsgrundsätze zu erreichen. Das Handbuch sollte nicht die Form verbindlicher Rechtsakte annehmen oder die abwägungsgeleitete Aufsicht einschränken. Es sollte alle Bereiche abdecken, die in den Zuständigkeitsbereich der EBA fallen, darunter, soweit einschlägig, Verbraucherschutz und Bekämpfung der Geldwäsche. Es sollte die Parameter und Methoden für die Risikobewertung, frühzeitige Warnungen sowie die Kriterien für Aufsichtsmaßnahmen darlegen. Die zuständigen Behörden sollten das Handbuch verwenden. Die Verwendung des Handbuchs sollte als ein wesentliches Element bei der Beurteilung der Konvergenz der Aufsichtspraktiken und für die vergleichenden Analysen nach der Verordnung (EU) Nr. 1093/2010 betrachtet werden.
(8)
Die EBA sollte im Einklang mit der Verordnung (EU) Nr. 1093/2010 Auskünfte von Finanzinstituten verlangen können; dies sollte sich auf sämtliche Informationen beziehen, zu denen diese Finanzinstitute rechtmäßigen Zugang haben, wie etwa Informationen, die sich im Besitz von Personen befinden, die von dem betreffenden Finanzinstitut für die Ausführung einschlägiger Tätigkeiten eine Vergütung erhalten, von externen Rechnungsprüfern für das betreffende Finanzinstitut durchgeführte Prüfungen sowie Kopien von einschlägigen Unterlagen, Büchern und Aufzeichnungen.
(9)
Die Auskunftsersuchen der EBA sollten gebührend gerechtfertigt und begründet werden. Einwände gegen bestimmte Informationsgesuche, die mit der Unvereinbarkeit mit der Verordnung (EU) Nr. 1093/2010 begründet werden, sollten in Übereinstimmung mit den einschlägigen Verfahren erhoben werden. Falls ein Adressat eines Auskunftsersuchens einen solchen Einwand erheben sollte, sollte ihn dies nicht von der Pflicht befreien, die Auskunft zu erteilen. Der Gerichtshof der Europäischen Union sollte dafür zuständig sein, gemäß den im Vertrag über die Arbeitsweise der Union vorgesehenen Verfahren darüber zu entscheiden, ob ein konkretes Auskunftsersuchen der EBA jener Verordnung entspricht.
(10)
Der Binnenmarkt und der Zusammenhalt der Union sollten sichergestellt sein, und in diesem Zusammenhang sollten Fragen in Bezug auf die Führungsstruktur der EBA und ihre Abstimmungsmodalitäten sorgfältig erwogen werden und die Gleichbehandlung von Mitgliedstaaten, die am mit der Verordnung (EU) Nr. 1024/2013 eingerichteten einheitlichen Aufsichtsmechanismus teilnehmen, und anderen Mitgliedstaaten gewährleistet sein.
(11)
Da die EBA, an der alle Mitgliedstaaten gleichberechtigt beteiligt sind, mit dem Ziel geschaffen wurde, das einheitliche Regelwerk zu entwickeln, zu dessen einheitlicher Anwendung beizutragen und die Kohärenz der Aufsichtspraktiken in der Union zu verbessern, und da die EZB innerhalb des einheitlichen Aufsichtsmechanismus eine führende Rolle wahrnimmt, sollte die EBA mit geeigneten Instrumenten ausgestattet werden, die es ihr ermöglichen, die ihr übertragenen Aufgaben in Bezug auf die Integrität des Binnenmarkts wirksam zu erfüllen.
(12)
Angesichts der Aufsichtsaufgaben, die der EZB durch die Verordnung (EU) Nr. 1024/2013 übertragen werden, sollte die EBA ihre Aufgaben in Bezug auf die EZB in gleichem Maße wahrnehmen können wie in Bezug auf andere zuständige Behörden. Insbesondere sollten die bestehenden Mechanismen für die Beilegung von Meinungsverschiedenheiten und für Maßnahmen im Krisenfall entsprechend angepasst werden, um wirksam zu bleiben.
(13)
Damit die EBA ihrer unterstützenden und koordinierenden Rolle in Krisenfällen gerecht werden kann, sollte sie in vollem Umfang über alle relevanten Entwicklungen unterrichtet und eingeladen werden, als Beobachterin an allen einschlägigen Treffen der betreffenden zuständigen Behörden teilzunehmen, einschließlich des Rechts, das Wort zu ergreifen und sonstige Beiträge einzubringen.
(14)
Um mit Blick auf die Erhaltung und Vertiefung des Binnenmarkts für Finanzdienstleistungen die gebührende Berücksichtigung der Interessen aller Mitgliedstaaten zu gewährleisten und das ordnungsgemäße Funktionieren der EBA zu ermöglichen, sollten die Abstimmungsmodalitäten in ihrem Rat der Aufseher angepasst werden.
(15)
Beschlüsse, die eine Verletzung des Unionsrechts oder die Beilegung von Meinungsverschiedenheiten betreffen, sollten von einem unabhängigen, vom Rat der Aufseher benannten Gremium überprüft werden, das sich aus stimmberechtigten Mitgliedern des Rats der Aufseher, die frei von jedem Interessenkonflikt sind, zusammensetzt. Die dem Rat der Aufseher von dem Gremium vorgeschlagenen Beschlüsse sollten von den stimmberechtigten Mitgliedern des Rates der Aufseher mit einer einfachen Mehrheit angenommen werden, die eine einfache Mehrheit seiner Mitglieder aus den zuständigen Behörden der am einheitlichen Aufsichtsmechanismus teilnehmenden Mitgliedstaaten (im Folgenden "teilnehmende Mitgliedstaaten") sowie eine einfache Mehrheit seiner Mitglieder aus den zuständigen Behörden der Mitgliedstaaten, die nicht am einheitlichen Aufsichtsmechanismus teilnehmen (im Folgenden "nicht teilnehmende Mitgliedstaaten") umfassen sollte.
(16)
Beschlüsse über Maßnahmen im Krisenfall sollten von dem Rat der Aufseher mit einer einfachen Mehrheit gefasst werden, die eine einfache Mehrheit seiner Mitglieder aus den zuständigen Behörden der teilnehmenden Mitgliedstaaten sowie eine einfache Mehrheit seiner Mitglieder aus den zuständigen Behörden der nicht teilnehmenden Mitgliedstaaten umfassen sollte.
(17)
Beschlüsse über die in den Artikeln 10 bis 16 der Verordnung (EU) Nr. 1093/2010 genannten Rechtsakte und die gemäß Artikel 9 Absatz 5 Unterabsatz 3 und Kapitel VI der genannten Verordnung angenommenen Maßnahmen und Beschlüsse sollten vom Rat der Aufseher mit einer qualifizierten Mehrheit gefasst werden, die mindestens eine einfache Mehrheit seiner Mitglieder aus den zuständigen Behörden der teilnehmenden Mitgliedstaaten sowie eine einfache Mehrheit seiner Mitglieder aus den zuständigen Behörden der nicht teilnehmenden Mitgliedstaaten umfassen sollte.
(18)
Die EBA sollte für das Gremium eine Geschäftsordnung ausarbeiten, die seine Unabhängigkeit und Objektivität sicherstellt.
(19)
Die Zusammensetzung des Verwaltungsrats sollte ausgewogen sein und es sollte eine ordnungsgemäße Vertretung der nicht teilnehmenden Mitgliedstaaten gewährleistet sein.
(20)
Bei der Ernennung der Mitglieder der internen Gremien und Ausschüsse der EBA sollte die geografische Ausgewogenheit zwischen den Mitgliedstaaten sichergestellt sein.
(21)
Um die ordnungsgemäße Funktionsweise der EBA und eine angemessene Vertretung aller Mitgliedstaaten zu gewährleisten, sollten die Abstimmungsmodalitäten, die Zusammensetzung des Verwaltungsrats und die Zusammensetzung des unabhängigen Gremiums aufmerksam verfolgt werden. Sie sollten nach einem angemessenen Zeitraum überprüft werden, wobei allen gemachten Erfahrungen und Entwicklungen Rechnung getragen werden sollte.
(22)
Kein Mitgliedstaat und keine Gruppe von Mitgliedstaaten sollte direkt oder indirekt als Standort für Finanzdienstleistungen diskriminiert werden.
(23)
Die EBA sollte mit entsprechenden finanziellen Mitteln und personellen Ressourcen ausgestattet werden, damit sie die ihr durch diese Verordnung übertragenen zusätzlichen Aufgaben angemessen erfüllen kann. Zu diesem Zweck sollten diese zusätzlichen Aufgaben bei dem in den Artikeln 63 und 64 der Verordnung (EU) Nr. 1093/2010 vorgesehenen Verfahren für die Aufstellung, Ausführung und Kontrolle des Haushaltsplans der EBA gebührend berücksichtigt werden. Die EBA sollte gewährleisten, dass höchste Effizienzstandards erfüllt werden.
(24)
Da die Ziele dieser Verordnung, nämlich die Gewährleistung einer in hohem Maße wirksamen und einheitlichen Regulierung und Beaufsichtigung in allen Mitgliedstaaten, der Schutz der Integrität, Effizienz und ordnungsgemäßen Funktionsweise des Binnenmarkts und die Erhaltung der Stabilität des Finanzsystems von den Mitgliedstaaten nicht ausreichend verwirklicht werden können sondern vielmehr wegen des Umfangs der Maßnahmen auf Unionsebene besser zu verwirklichen sind, kann die Union im Einklang mit dem in Artikel 5 des Vertrags über die Europäische Union niedergelegten Subsidiaritätsprinzip tätig werden. Entsprechend dem in demselben Artikel genannten Grundsatz der Verhältnismäßigkeit geht diese Verordnung nicht über das zur Verwirklichung dieser Ziele erforderliche Maß hinaus.
(25)
Die Verordnung (EU) Nr. 1093/2010 sollte daher entsprechend geändert werden —

HABEN FOLGENDE VERORDNUNG ERLASSEN:

Fußnote(n):

(1)

ABl. C 30 vom 1.2.2013, S. 6.

(2)

ABl. C 11 vom 15.1.2013, S. 34.

(3)

Standpunkt des Europäischen Parlaments vom 12. September 2013 (noch nicht im Amtsblatt veröffentlicht) und Beschluss des Rates vom 15. Oktober 2013.

(4)

Verordnung (EU) Nr. 1024/2013 des Rates vom 15. Oktober 2013 zur Übertragung besonderer Aufgaben im Zusammenhang mit der Aufsicht über Kreditinstitute auf die Europäische Zentralbank (Siehe Seite 63 dieses Amtsblatts.)

(5)

ABl. L 331, 15.12.2010, S. 12.

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