Präambel VO (EU) 2013/209

DIE EUROPÄISCHE KOMMISSION —

gestützt auf den Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union,

gestützt auf die Verordnung (EG) Nr. 852/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 29. April 2004 über Lebensmittelhygiene(1), insbesondere auf Artikel 4 Absatz 4,

in Erwägung nachstehender Gründe:

(1)
In der Verordnung (EG) Nr. 852/2004 sind allgemeine Lebensmittelhygienevorschriften für Lebensmittelunternehmer festgelegt, die insbesondere Verfahren berücksichtigen müssen, die auf den Grundregeln der Gefahrenanalyse und der Überwachung kritischer Kontrollpunkte (HACCP) beruhen. Nach Artikel 4 dieser Verordnung treffen Lebensmittelunternehmer spezifische Hygienemaßnahmen, unter anderem betreffend die Erfüllung mikrobiologischer Kriterien für Lebensmittel sowie Vorschriften für die Probenahme und Analyse.
(2)
Die Verordnung (EG) Nr. 2073/2005 der Kommission vom 15. November 2005 über mikrobiologische Kriterien für Lebensmittel(2) regelt die mikrobiologischen Kriterien für bestimmte Mikroorganismen und umfasst die Durchführungsbestimmungen, die die Lebensmittelunternehmer bei der Durchführung allgemeiner und spezifischer Hygienemaßnahmen gemäß Artikel 4 der Verordnung (EG) Nr. 852/2004 einhalten müssen.
(3)
Anhang I Kapitel 1 der Verordnung (EG) Nr. 2073/2005 enthält die Lebensmittelsicherheitskriterien, die bestimmte Lebensmittelkategorien erfüllen müssen; dazu zählen Probenahmepläne, Referenzmethoden für die Analyse und Grenzwerte für Mikroorganismen bzw. ihre Toxine und Metaboliten. In diesem Kapitel sind auch die in Bezug auf Salmonella zu erfüllenden Lebensmittelsicherheitskriterien für Keimlinge aufgeführt.
(4)
Im Mai 2011 kam es in der Europäischen Union zu Infektionen durch Shiga-Toxin bildende E. coli (STEC); als wahrscheinlichster Auslöser wurde der Verzehr von Sprossen ermittelt.
(5)
Am 20. Oktober 2011 nahm die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) das Wissenschaftliche Gutachten über die Risiken durch Shiga-Toxin bildende Escherichia coli und andere pathogene Bakterien in Samen und Keimlingen (Scientific Opinion on the risk posed by Shiga toxin-producing Escherichia coli (STEC) and other pathogenic bacteria in seeds and sprouted seeds)(3) an. In diesem Gutachten kommt die EFSA zu dem Schluss, dass die mit Sprossen in Verbindung gebrachten Infektionen höchstwahrscheinlich durch eine Kontamination trockener Samen mit bakteriellen Erregern ausgelöst wurden. Weiterhin heißt es in dem Gutachten, dass sich die auf trockenen Samen vorhandenen bakteriellen Erreger infolge der hohen Feuchtigkeit und der günstigen Temperatur beim Keimen vermehren und dass sie zu einer Gefahr für die öffentliche Gesundheit werden können.
(6)
Die EFSA empfiehlt im Gutachten u. a., die mikrobiologischen Kriterien als eine der Komponenten eines Lebensmittelsicherheits-Managements in der Produktionskette für Keimlinge zu verschärfen. Diese Empfehlung betrifft die bestehenden mikrobiologischen Kriterien für Salmonella bei Keimlingen und die Erwägung von mikrobiologischen Kriterien für andere Pathogene. Laut EFSA stellen Sprossen nach den verfügbaren Daten auch ein höheres Risiko dar als andere Keimlinge.
(7)
In ihrem Gutachten erwägt die EFSA verschiedene Optionen für mikrobiologische Kriterien in Bezug auf E. coli auf Samen: vor Beginn der Erzeugung, während des Keimvorgangs und beim Endprodukt. Die Behörde stellt fest, dass die Entdeckung und Bekämpfung eines Kontaminationsproblems in einer frühen Phase der Kette der Keimlingproduktion Vorteile hätte, da eine Verbreitung der Kontamination über den gesamten Keimvorgang verhindert würde. Sie räumt ein, dass allein mit der Untersuchung der Samen die Erkennung einer etwaigen Kontamination in einer späteren Phase des Produktionsprozesses nicht möglich ist. Die EFSA kommt daher zu dem Schluss, dass mikrobiologische Kriterien während des Keimvorgangs und/oder für das Endprodukt nützlich sein könnten. Bei der Prüfung eines mikrobiologischen Kriteriums für das gekeimte Fertigerzeugnis gibt die EFSA zu bedenken, dass eine Rücknahme des Produkts bei einer Beanstandung wegen des Zeitaufwands für den Nachweis pathogener Bakterien und der kurzen Haltbarkeit schwierig sein könnte. In ihrem Gutachten vertritt die EFSA die Ansicht, dass der durch spezifische mikrobiologische Kriterien für Samen und Keimlinge gebotene Gesundheitsschutz derzeit nicht bewertet werden kann. Dies macht deutlich, dass zunächst Daten erhoben werden müssen, um eine quantitative Risikobewertung durchführen zu können. Dieses Kriterium ist daher vor dem Hintergrund des wissenschaftlichen, technischen und methodischen Fortschritts, neu auftretender pathogener Mikroorganismen in Lebensmitteln sowie der Informationen aus der Risikobewertung zu überprüfen.
(8)
Zum Schutz der öffentlichen Gesundheit in der Union und mit Blick auf das genannte Gutachten der EFSA wurden die Verordnung (EU) Nr. 211/2013 der Kommission vom 11. März 2013 über die Anforderungen an die Bescheinigung für die Einfuhr von Sprossen und von Samen zur Erzeugung von Sprossen(4) und die Durchführungsverordnung (EU) Nr. 208/2013 der Kommission vom 11. März 2013 über die Anforderungen an die Rückverfolgbarkeit von Sprossen und von Samen zur Erzeugung von Sprossen(5) erlassen
(9)
Zusätzlich zu den in diesen Rechtsakten festgelegten Maßnahmen und in Anbetracht des potenziellen Gesundheitsrisikos durch möglicherweise in Sprossen vorhandene Pathogene sollten entsprechend den Empfehlungen der EFSA Bestimmungen für weitere mikrobiologische Kriterien erlassen werden, vor allem für STEC-Serogruppen, die als besonders große Gesundheitsgefahr gelten.
(10)
Mikrobiologische Kriterien sind eine von mehreren Optionen für die Kontrolle der Lebensmittelsicherheit; Lebensmittelunternehmer sollten anhand dieser Kriterien die Durchführung eines wirksamen Lebensmittelsicherheits-Managements prüfen. Wegen der niedrigen Prävalenz und der heterogenen Verteilung einiger Pathogene in Samen und Keimlingen, der statistischen Grenzen von Probenahmeplänen und dem Fehlen von Informationen über die Anwendung guter landwirtschaftlicher Verfahren bei der Samenproduktion müssen alle Partien von Samen auf Pathogene untersucht werden, wenn die Lebensmittelunternehmer nicht über Verfahren zum Lebensmittelsicherheits-Management mit Maßnahmen zur Senkung des mikrobiologischen Risikos verfügen. Sofern solche Verfahren vorhanden sind und ihre Wirksamkeit durch historische Daten bestätigt wird, kann eine geringere Probenahmehäufigkeit in Erwägung gezogen werden. Die Häufigkeit sollte aber immer bei mindestens einmal im Monat liegen.
(11)
Bei der Festlegung mikrobiologischer Kriterien für Sprossen sollte für Flexibilität im Hinblick auf die Etappen der Probenahme und die Art der zu entnehmenden Proben gesorgt werden, um der Vielfalt der Produktionssysteme Rechnung zu tragen und gleichzeitig ein gleichwertiges Lebensmittelsicherheitsniveau zu wahren. Vor allem sollten Alternativen zur Probenahme bei Sprossen vorgesehen werden, wenn die Probenahme technisch schwierig ist. Eine vorgeschlagene Alternative ist die Untersuchung von benutztem Bewässerungswasser auf pathogene Bakterien, da daraus Rückschlüsse auf die Arten von Mikroorganismen in den Sprossen selbst möglich zu sein scheinen. Da die Empfindlichkeit dieser Strategie aber nicht gewiss ist, müssen Lebensmittelunternehmer bei Nutzung dieser Alternative einen Probenahmeplan mit entsprechenden Verfahren und den Entnahmepunkten des benutzten Bewässerungswassers erstellen.
(12)
Es wurde festgestellt, dass die meisten Fälle des hämolytisch-urämischen Syndroms (HUS) in der EU durch bestimmte STEC-Serogruppen (nämlich O157, O26, O103, O111, O145 und O104:H4) verursacht werden. Die Infektion im Mai 2011 in der Union wurde durch den Serotyp O104:H4 ausgelöst. Für diese sechs Serogruppen sollten daher mikrobiologische Kriterien in Erwägung gezogen werden. Es kann nicht ausgeschlossen werden, dass auch andere STEC-Serogruppen Krankheiten beim Menschen auslösen können. Möglicherweise verursachen solche Bakterien weniger schwere Erkrankungen, beispielsweise blutige und nicht blutige Durchfallerkrankungen, durchaus aber auch HUS, und sind daher eine Gesundheitsgefahr.
(13)
Sprossen sind als verzehrfertige Lebensmittel anzusehen, da sie auch ohne Erhitzen oder eine andere Behandlung, wodurch pathogene Mikroorganismen abgetötet oder auf ein annehmbares Maß verringert würden, verzehrt werden können. Für die Lebensmittelunternehmer, die Sprossen erzeugen, sollten daher die im Unionsrecht festgelegten Lebensmittelsicherheitskriterien für verzehrfertige Lebensmittel gelten, wozu auch zählt, dass sie in ihrem Probenahmeprogramm die Probenahme an den Verarbeitungsorten und -geräten vorsehen.
(14)
Mit der Verordnung (EG) Nr. 2160/2003 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 17. November 2003 zur Bekämpfung von Salmonellen und bestimmten anderen durch Lebensmittel übertragbaren Zoonoseerregern(6) soll dafür gesorgt werden, dass angemessene und wirksame Maßnahmen zur Feststellung und Bekämpfung von Salmonellen und anderen Zoonoseerregern auf allen relevanten Herstellungs-, Verarbeitungs- und Vertriebsstufen getroffen werden, um die Prävalenz dieser Erreger und das von ihnen ausgehende Risiko für die öffentliche Gesundheit zu senken.
(15)
In der Verordnung (EG) Nr. 2160/2003, geändert durch die Verordnung (EU) Nr. 1086/2011 der Kommission(7), werden ausführliche Regeln für ein Lebensmittelsicherheitskriterium in Bezug auf Salmonellen bei frischem Geflügelfleisch festgelegt. Infolge der an der Verordnung (EG) Nr. 2160/2003 vorgenommenen Änderungen wurde auch die Verordnung (EG) Nr. 2073/2005 durch die Verordnung (EU) Nr. 1086/2011 geändert. Diese Änderung führte im Wortlaut der Verordnung (EG) Nr. 2073/2005 jedoch zu einigen terminologischen Unklarheiten. Im Interesse der Klarheit und Einheitlichkeit des Unionsrechts sollten diese Unklarheiten beseitigt werden.
(16)
Die Verordnung (EG) Nr. 2073/2005 sollte daher entsprechend geändert werden.
(17)
Die in dieser Verordnung vorgesehenen Maßnahmen entsprechen der Stellungnahme des Ständigen Ausschusses für die Lebensmittelkette und Tiergesundheit, und weder das Europäische Parlament noch der Rat haben ihnen widersprochen —

HAT FOLGENDE VERORDNUNG ERLASSEN:

Fußnote(n):

(1)

ABl. L 139 vom 30.4.2004, S. 1.

(2)

ABl. L 338 vom 22.12.2005, S. 1.

(3)

The EFSA Journal 2011; 9(11):2424.

(4)

Siehe Seite 26 dieses Amtsblatts.

(5)

Siehe Seite 16 dieses Amtsblatts.

(6)

ABl. L 325 vom 12.12.2003, S. 1.

(7)

ABl. L 281 vom 28.10.2011, S. 7.

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