Präambel VO (EU) 2013/285

DER RAT DER EUROPÄISCHEN UNION —

gestützt auf den Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union,

gestützt auf die Verordnung (EG) Nr. 1225/2009 des Rates vom 30. November 2009 über den Schutz gegen gedumpte Einfuhren aus nicht zur Europäischen Gemeinschaft gehörenden Ländern(1) ( „Grundverordnung” ), insbesondere auf Artikel 9 Absatz 2 und Artikel 11 Absätze 2 und 3,

auf Vorschlag der Europäischen Kommission nach Anhörung des Beratenden Ausschusses,

in Erwägung nachstehender Gründe:

1.
VERFAHREN
1.1.
Geltende Maßnahmen
(1)
Am 2. Februar 1994 führte der Rat mit der Verordnung (EG) Nr. 229/94(2) ( „ursprüngliche Verordnung” ) endgültige Antidumpingzölle auf die Einfuhren von Ethanolamin ( „betroffene Ware” ) mit Ursprung in den Vereinigten Staaten von Amerika ( „USA” ) ein. Am 20. Juli 2000 wurden diese Maßnahmen im Anschluss an eine Auslaufüberprüfung mit der Verordnung (EG) Nr. 1603/2000 des Rates(3) ( „Verordnung zur ersten Auslaufüberprüfung” ) um fünf Jahre verlängert.
(2)
Am 23. Oktober 2006 wurden diese Maßnahmen im Anschluss an die zweite Auslaufüberprüfung mit der Verordnung (EG) Nr. 1583/2006 des Rates(4) ( „Verordnung zur zweiten Auslaufüberprüfung” ) um weitere fünf Jahre verlängert.
(3)
Am 19. Januar 2010 wurde der Antidumpingzoll auf die Einfuhren von Ethonalamin mit Ursprung in den USA im Anschluss an eine dritte Auslaufüberprüfung mit der Durchführungsverordnung (EU) Nr. 54/2010 des Rates(5) ( „Verordnung zur dritten Auslaufüberprüfung” ) für weitere zwei Jahre eingeführt.
(4)
Am 9. April 2010 beantragte das Unternehmen The Dow Chemical Company ( „Dow Chemical” ) eine teilweise Nichtigerklärung der Durchführungsverordnung (EU) Nr. 54/2010.
(5)
Am 12. März 2011 veröffentlichte die Europäischen Kommission ( „Kommission” ) eine Bekanntmachung des bevorstehenden Außerkrafttretens im Amtsblatt der Europäischen Union(6).
(6)
Auf Antrag der Unternehmen BASF AG, Ineos Europe AG, und Sasol Germany GmbH ( „Wirtschaftszweig der Union” ) leitete die Kommission am 21. Januar 2012 eine Auslaufüberprüfung ( „vierte Auslaufüberprüfung” )(7) ein.
(7)
Am 11. April 2012 wurde eine auf die Dumpingaspekte beschränkte Interimsüberprüfung in Bezug auf Dow Chemical(8) eingeleitet.
(8)
Im Anschluss an einen am 9. April 2010 gestellten Antrag(9) erklärte das Gericht der Europäischen Union mit seinem Urteil in der Rechtssache T-158/10(10) ( „Urteil” ) vom 8. Mai 2012 die Verordnung zur dritten Auslaufüberprüfung für nichtig, soweit sie die Dow Chemical Company betrifft.
1.2.
Teilweise Wiederaufnahme
(9)
Im Anschluss an das Urteil wurde eine Bekanntmachung(11) der teilweisen Wiederaufnahme der dritten Auslaufüberprüfung betreffend die Einfuhren von Ethanolamin mit Ursprung in den USA veröffentlicht. Die Wiederaufnahme war beschränkt auf die Umsetzung des Urteils hinsichtlich der Ermittlung der Wahrscheinlichkeit eines Anhaltens oder erneuten Auftretens des Dumpings im Untersuchungszeitraum der Überprüfung ( „UZÜ” ), einschließlich der ungenutzten Produktionskapazitäten für Ethanolamin in den USA.
(10)
In der Bekanntmachung wurde den Parteien mitgeteilt, dass angesichts des Urteils des Gerichtes das Ethanolamin, das von Dow Chemical hergestellt und in die Europäische Union eingeführt wird, nicht mehr dem mit der Verordnung zur dritten Auslaufüberprüfung eingeführtem Antidumpingzoll unterliegt und dass die nach dieser Verordnung auf Einfuhren von Ethanolamin entrichteten endgültigen Antidumpingzölle gemäß der geltenden Zollregelung erstattet oder erlassen werden sollten.
(11)
Die Kommission unterrichtete die ausführenden Hersteller, die bekanntermaßen betroffenen Einführer und Verwender und den Wirtschaftszweig der Union offiziell über die teilweise Wiederaufnahme der Untersuchung. Die interessierten Parteien erhielten Gelegenheit, innerhalb der in der Bekanntmachung gesetzten Frist zu der Sache schriftlich Stellung zu nehmen und eine Anhörung zu beantragen.
(12)
Alle Parteien, die innerhalb der vorgenannten Frist einen entsprechenden Antrag stellten und nachwiesen, dass besondere Gründe für ihre Anhörung sprachen, erhielten Gelegenheit, gehört zu werden.
(13)
Zwei ausführende Hersteller, drei Unionshersteller und ein Verwender der betroffenen Ware bezogen Stellung.
2.
DURCHFÜHRUNG DES URTEILS
2.1.
Vorbemerkung
(14)
Bekanntlich gründet die Nichtigerklärung der angefochtenen Verordnung auf der Feststellung des Gerichts, dass die Verordnung zur dritten Auslaufüberprüfung zwei Beurteilungsfehler enthalte: (i) Feststellung eines Anhaltens des Dumpings im UZÜ und folglich auf dieser Grundlage die Feststellung, dass ein Anhalten des Dumpings wahrscheinlich sei und (ii) die Feststellung, dass die ungenutzten Produktionskapazitäten für Ethanolamin in den Vereinigten Staaten 60000 Tonnen betrügen.
2.2.
Stellungnahmen interessierter Parteien
(15)
Der Wirtschaftszweig der Union räumte ein, dass im Urteil die von den Institutionen angewandte Methodik zur Quantifizierung der Kapazitätsreserven in den USA in Frage gestellt wurde. Der Wirtschaftszweig der Union blieb jedoch bei seiner Ansicht, dass die Organe zu konservativ vorgingen, wenn sie bei der Ermittlung der tatsächlichen Produktionskapazität 90 % der nominalen Kapazität zugrundelegten, denn es sei üblich und anerkannt, dass Unternehmen die nominale Kapazität übersteigen. Gestützt auf veröffentlichte Marktdaten, die angeblich von PCI Xylenes & Polyesters ( „PCI” ) stammten, folgerte der Wirtschaftszweig der Union, dass im Jahr 2008 und darüber hinaus tatsächlich ungenutzte Produktionskapazitäten vorlagen.
(16)
Ferner vertrat der Wirtschaftszweig der Union die Auffassung, die Marktbedingungen hätten sich seit der Veröffentlichung der Verordnung zur dritten Auslaufüberprüfung nicht in erheblichem Maße geändert, und es wurde anhand mehrerer Gründe die Schlussfolgerung gezogen, ein erneutes Auftreten von Dumping sei wahrscheinlich. Diesbezüglich wurde auf folgende Aspekte verwiesen: anhaltendes Übersteigen der Inlandsnachfrage durch die Produktionskapazität der USA seit dem UZÜ; bedeutende Ausweitung der Kapazität in Drittländern nach 2009, was zu einer zunehmenden Autarkie der US-Ausfuhrmärkte habe führen können; Einführung bzw. Wahrscheinlichkeit der Einführung von Antidumpingmaßnahmen in Drittländern; Anstieg der Produktionskapazität von Monoethylenglykol (MEG) seit 2009 und der in den USA vorgelegte Vorschlag, einige Ethanolamine in die Liste von potenziell gesundheitsschädlichen Waren aufzunehmen, was sich letztendlich auf den Inlandsverbrauch auswirken würde.
(17)
Dow Chemical beanstandete die Rechtmäßigkeit der Wiederaufnahme der Untersuchung mit dem Argument, die Grundverordnung enthalte keine spezifische Bestimmung, die eine solche Möglichkeit zulassen würde. Der betreffende ausführende Hersteller machte auch geltend, eine Wiederaufnahme sei nicht mit der verbindlichen Frist von 15 Monaten für den Abschluss einer Überprüfung nach Artikel 11 Absatz 5 der Grundverordnung vereinbar.
(18)
Dow Chemical machte außerdem geltend, im Urteil seien keine Umsetzungsmaßnahmen gefordert und eine Änderung bestimmter Punkte der angefochtenen Verordnung durch die Kommission sei nicht zulässig, da jeder einzelne inhaltliche Grund, der zum Erlass der Verordnung führte, entweder vom Gericht für nichtig erklärt oder angefochten worden sei. Dow Chemical vertrat daher die Auffassung, die einzige zulässige Abhilfe bei diesen Aspekten der Verordnung zur dritten Auslaufüberprüfung bestehe in der Aufhebung der geltenden Maßnahmen.
(19)
Ein Verwender in der Union, Stepan Europe ( „Stepan” ) führte an, die rechtliche Folge des Urteils könne nur darin bestehen, dass die gemäß der Verordnung zur dritten Auslaufüberprüfung eingeführten Maßnahmen aufgehoben werden, da sie aufgrund einer fehlerhaften Analyse eingeführt worden seien. Eine ähnliche Auffassung vertrat der ausführende Hersteller Huntsman Petrochemical Corporation LLC ( „Huntsman” ). In der Tat machten Stepan und Huntsman geltend, das Gericht habe festgestellt, dass die landesweite Dumpingspanne im UZÜ negativ gewesen sei und folglich habe kein Anhalten des Dumping festgestellt werden können. Stepan war der Ansicht, die Organe hätten daher prüfen müssen, ob ein erneuten Auftreten von Dumping wahrscheinlich gewesen sei; hierzu seien jedoch im Rahmen der Verordnung zur dritten Auslaufüberprüfung keine Aussagen gemacht worden.
(20)
Darüber hinaus hob Stepan hervor, dass wenn der Begriff des Anhaltens des Dumpings in Bezug einzelne Unternehmen interpretiert worden wäre, die Organe zu dem Schluss hätten kommen müssen, im Falle von Dow Chemical habe kein Anhalten des Dumpings vorgelegen, da auf das Unternehmen laut Gericht über 85 % aller Einfuhren aus den USA entfielen, und dass die Wahrscheinlichkeit eines erneuten Auftretens von Dumping bei Dow Chemical hätte geprüft werden müssen. Für die anderen ausführenden Hersteller wurde ein Vorliegen von Dumping festgestellt, und folglich hätten die Organe prüfen müssen, ob ein Anhalten des Dumpings wahrscheinlich war. Die Wahrscheinlichkeitsanalyse hinsichtlich des Anhaltens von Dumping fußte nach Auffassung von Stepan hauptsächlich auf einer landesweiten ungenutzten Kapazität von 60000 Tonnen in den USA. Da das Gericht feststellte, die Organe hätten bei der Beurteilung der ungenutzten Kapazitäten in den USA Fehler begangen, und da die ungenutzten Kapazitäten Stepan zufolge höchstens 8000 Tonnen betrugen, könne man nicht länger die Behauptung aufrechterhalten, ein Anhalten des Dumpings seitens der anderen ausführenden Hersteller sei wahrscheinlich. Die Institutionen hätten auch die Wahrscheinlichkeit eines erneuten Auftretens von Dumping analysieren und nachweisen müssen.
(21)
Hunstman gründete seine Analyse ebenfalls auf die Annahme, das Urteil bestätigte, dass in den USA im UZÜ keine ungenutzten Kapazitäten bestanden hatten und dass folglich die Einfuhren steigender Mengen von Ethanolamin in die Union unwahrscheinlich seien. Das Unternehmen machte geltend, es sei folglich nicht erforderlich, andere Faktoren, wie die Auswirkungen handelspolitischer Schutzmaßnahmen in Drittländern, die mögliche Entwicklung der Nachfrage in den USA und auf anderen Märkten oder den Druck auf die Preise zu analysieren. Huntsman machte ferner geltend, angesichts der Feststellung des Gerichtes bezüglich der fehlenden Kapazitätsreserven in den USA im UZÜ sei es für die Kommission nicht länger möglich, eine erneute Prüfung der Wahrscheinlichkeit eines erneuten Auftretens von Dumping und Schädigung vorzunehmen und im Rahmen dieser teilweisen Wiederaufnahme die Schlussfolgerung zu ziehen, dass die Wahrscheinlichkeit eines erneuten Auftretens des schädigenden Dumpings bestehe. Für den Fall, dass die Kommission jedoch erneut die Wahrscheinlichkeit eines erneuten Auftretens von Dumping und Schädigung prüfen könne, vertrat Huntsman die Auffassung, dass kein Nachweis erbracht werden könne, dass die Anforderungen von Artikel 11 Absatz 2 der Grundverordnung erfüllt würden. Bezüglich der Wahrscheinlichkeit eines erneuten Auftretens von Dumping war Huntsman der Ansicht, auf der Grundlage der Feststellung, dass im UZÜ kein Dumping seitens Dow Chemical, dem bei weitem größten Ausführer, vorlag, sei es nicht wahrscheinlich, dass nach der Aufhebung der Antidumpingzölle erneut landesweites Dumping auftreten würde.
(22)
Huntsman zufolge sei ein erneutes Auftreten der Schädigung angesichts des Fehlens ungenutzter Produktionskapazitäten und des sich daraus ergebenden geringen Spielraums für die Ausweitung der Ausfuhren in die Union nach dem UZÜ unwahrscheinlich. Huntsman trug vor, eine solche Schlussfolgerung werde durch die Tatsache untermauert, dass nach Angaben des SRI-Berichts(12) der erwartete Verbrauchsanstieg in den USA keine wesentlichen Unterschiede zu anderen Märkten aufweist.
(23)
Huntsman brachte das Argument vor, dass wenn der Wirtschaftszweig der Union eine Schädigung erlitten haben sollte, diese auf die Auswirkungen der Wirtschaftskrise und nicht auf die Einfuhren aus den USA zurückzuführen sei. Eine bloße Verschärfung der negativen Auswirkungen der Krise durch Einfuhren könne nicht zu der Feststellung führen, ein erneutes Auftreten von Schädigungen durch die erwähnten Einfuhren sei wahrscheinlich.
2.3.
Analyse der Stellungnahmen
(24)
In Bezug auf die angebliche Unrechtmäßigkeit einer Wiederaufnahme (Erwägungsgründe 17-18) wird darauf verwiesen, dass nach der Rechtsprechung des Gerichtshof in der Rechtssache C-458/98 P ( „IPS-Urteil” ) die Nichtigerklärung einer Phase in einem mehrphasigen Verwaltungsverfahren nicht die Nichtigkeit des gesamten Verfahrens zur Folge hat. Das Antidumpingverfahren ist ein Beispiel für ein solches mehrphasiges Verfahren. Daher folgt aus der Nichtigkeit der streitigen Änderungsverordnung in Bezug auf eine Partei nicht die Nichtigkeit des gesamten, vor der Annahme der fraglichen Verordnung durchgeführten Verfahrens(13). Nach Artikel 266 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) sind die Organe der Europäischen Union zudem verpflichtet, dem Urteil nachzukommen. Aufgrund des dargelegten Sachverhalts wurde das Vorbringen, es gebe keine Rechtsgrundlage für eine teilweise Wiederaufnahme der Überprüfung, für nicht gerechtfertigt befunden.
(25)
Dem Vorbringen, die Einführung von Fristen für den Abschluss von Antidumpinguntersuchungen hindere die Kommission daran, die Untersuchung über die Frist von 15 Monaten hinaus auszuweiten (Erwägungsgrund 17), wurde ebenfalls nicht stattgegeben. Diese Frist ist nach Auffassung der Kommission für die Umsetzung eines Gerichtsurteils nicht relevant. Eine derartige Frist gilt nur für den Abschluss der ursprünglichen Überprüfung vom Tag der Einleitung bis zum Tag der endgültigen Maßnahme, nicht aber für daran anschließende Handlungen, die unter Umständen, beispielsweise aufgrund einer gerichtlichen Überprüfung, durchzuführen sind. Eine Anerkennung dieses Vorbringens würde die Organe daran hindern, die Feststellungen des Gerichts zu berücksichtigen (wie in Artikel 266 AEUV gefordert). Das Urteil des Gerichts wird in der Tat stets zu einem Zeitpunkt gefällt, an dem die Frist für die Untersuchung bereits abgelaufen ist. Jede davon abweichende Auslegung würde außerdem bedeuten, dass beispielsweise eine erfolgreiche Klage einer Partei keine praktischen Auswirkungen für diese Partei hätte, wenn ein Gerichtsurteil aufgrund des Ablaufens der Frist für den Abschluss der Ausgangsuntersuchung nicht umgesetzt werden kann. Dies stünde im Widerspruch zu dem Grundsatz, dass allen Parteien das Recht auf eine effektive gerichtliche Überprüfung einzuräumen ist.
(26)
Zum Einwand, die Kommission könne die in der angefochtenen Verordnung festgestellten Beurteilungsfehler nicht rechtmäßig beheben und dass der einzige Weg, das Urteil durchzuführen darin bestünde, die geltenden Maßnahmen aufzuheben (Erwägungsgrund 18), ist Folgendes anzumerken. Das Gericht stellte bereits fest, dass die Nichtigerklärung einer Verordnung auch die Möglichkeit impliziert, die Punkte der Änderungsverordnung nachzubessern, die ihre Nichtigerklärung zur Folge hatten, und die unstreitigen Punkte, die durch das Urteil nicht berührt werden, unverändert zu lassen — siehe das IPS-Urteil. Die Organe der Europäischen Union sind folglich verpflichtet, nicht nur den verfügenden Teil des Urteils, sondern auch die wesentlichen Gründe, auf denen es beruht, insofern zu berücksichtigen, als sie zur Bestimmung der präzisen Bedeutung der Bestimmungen im verfügenden Teil(14) erforderlich sind. Das Verfahren zur Ersetzung einer unrechtmäßigen Maßnahme kann folglich wiederaufgenommen werden(15). Diesem Vorbringen wird folglich ebenfalls nicht stattgegeben.
(27)
Das Gericht stellte auch fest, wie bereits von Stepan und Hunstman angeführt (Erwägungsgrund 19), dass die Organe im Rahmen der Untersuchung, die zum Erlass der Verordnung zur dritten Auslaufüberprüfung führte, nicht die Schlussfolgerung hätten ziehen dürfen, dass im UZÜ weiterhin Dumping praktiziert wurde oder dass ein Anhalten des Dumpings wahrscheinlich war. Der weitaus größte Teil der Einfuhren aus den USA, wovon über 85 % auf Dow Chemical entfallen, ist laut Feststellung des Gerichts zu nicht gedumpten Preisen in die EU gelangt. Darüber hinaus hätte dieser Sachverhalt zu der Feststellung führen müssen, dass die gewogene durchschnittliche Dumpingspanne für Einfuhren der betroffenen Ware mit Ursprung in den USA negativ war. Das Gericht kam zu der Schlussfolgerung, dass die Organe folglich dazu verpflichtet gewesen seien, den Nachweis für eine Wahrscheinlichkeit des erneuten Auftretens von Dumping zu erbringen(16).
(28)
Die Analyse der Wahrscheinlichkeit eines erneuten Auftretens von Dumping ist in dem vorliegenden Fall, wie von allen interessierten Parteien implizit oder explizit anerkannt wird, mit der Berechnung der Kapazitätsreserven in den USA verknüpft. Einige interessierte Parteien behaupten, das Gericht habe bestätigt, dass in den USA im UZÜ keine nennenswerten ungenutzten Kapazitäten bestanden hätten. Das Gericht stellte fest, die Berechnungsmethode, mit der eine ungenutzte Kapazität von 60000 Tonnen Ethanolamin im UZÜ ermittelt worden war, habe Anlass zu Missverständnissen gegeben und das auf diese Weise ermittelte Ergebnis von 60000 Tonnen stünde im Widerspruch zu den in diesem Fall als Grundlage dienenden Beweisen(17).
(29)
Wie bereits in Erwägungsgrund 15 erwähnt, machte der Wirtschaftszweig der Union gestützt auf PCI-Daten geltend, es habe 2008 eine landesweite Kapazitätsreserve von über 60000 Tonnen gegeben. Es wird jedoch darauf hingewiesen, dass in der vom Wirtschaftszweig der Union vorgelegten Berechnung die gesamte Produktionskapazität der USA als Grundlage verwendet wurde, d. h., es erfolgte keine Anpassung nach unten auf den Wert von 90 %.
(30)
Zu den Behauptungen hinsichtlich der Berechnung der Kapazitätsreserve im UZÜ wird angemerkt, dass zwei ausführende Hersteller im Rahmen der dritten Auslaufuntersuchung mitgearbeitet haben. Im Rahmen dieser Untersuchung wurden bei INEOS Oxide LLC ( „INEOS” ) im UZÜ keine, bei Dow Chemical hingegen geringfügige ungenutzte Kapazitäten festgestellt. Aus diesen geprüften Angaben geht hervor, dass Dow Chemical die ungenutzten Kapazitäten des Unternehmens nicht dafür verwendet hat, Ausfuhren zu niedrigen Preisen zu tätigen, obwohl es angesichts der geringen Höhe der Maßnahmen (wertmäßig ausgedrückt) die Möglichkeit dazu hatte.
(31)
Darüber hinaus entfielen auf die beiden mitarbeitenden Unternehmen Dow Chemical und INEOS im UZÜ insgesamt 91,6 % der US-Ausfuhren in die Union. Die Gesamtmenge der Ausfuhren von Dow Chemical und INEOS betrug 30000-35000 Tonnen, die Ausfuhren der nichtmitarbeitenden Unternehmen hingegen höchstens 3000-4000 Tonnen. Die landesweite Dumpingspanne im UZÜ war geringfügig und der Anteil der Einfuhren von den nichtmitarbeitenden Unternehmen machte weniger als 1 % des Unionsmarktes aus. Aus Gründen der Vertraulichkeit wurden diese Zahlen als Spannen bzw. gerundete Beträge angegeben.
(32)
Wie bereits in Erwägungsgrund 16 erwähnt, wies der Wirtschaftszweig auf verschiedene Faktoren hin, die seiner Ansicht nach dafür sprachen, dass ein erneutes Auftreten von Dumping auch nach dem Jahr 2008 wahrscheinlich sei. Die Marktbedingungen haben sich jedoch seit der Veröffentlichung der dritten Verordnung über die Auslaufuntersuchung nicht in erheblichem Maße geändert. Dieser Umstand wird auch vom Wirtschaftszweig der Union anerkannt. Es wird jedoch darauf hingewiesen, dass es, wie bereits in den Erwägungsgründen 30 und 31 erwähnt, angesichts der niedrigen Höhe der Maßnahmen und des Fehlens ungenutzter Kapazitäten bei INEOS sowie des Fehlens von Dumping seitens von Dow Chemical nichts darauf hindeutet, dass die Aufhebung der Maßnahme zu einer Änderung der Situation führen dürfte.
(33)
Ein ausführender Hersteller machte geltend, die dritte Auslaufüberprüfung hätte nicht zur Einführung von Maßnahmen mit der Durchführungsverordnung (EU) Nr. 54/2010 führen dürfen. Der ausführende Hersteller beantragte eine rückwirkende Aufhebung der Maßnahmen, so dass alle seit dem Inkrafttreten der Durchführungsverordnung (EU) Nr. 54/2010 rechtmäßig entrichteten Zölle allen betroffenen Einführern erstattet werden müssten.
(34)
Dieses Vorbringen wird zurückgewiesen, da die anderen ausführenden Hersteller auch die Nichtigerklärung der Verordnung hätten beantragen können, die nur für nichtig erklärt wurde, soweit sie die Klägerin, d. h. Dow Chemical, betraf. Folglich wurde die Verordnung im Einklang mit dem Grundsatz der Rechtssicherheit und in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung(18) in Bezug auf die anderen ausführenden Hersteller rechtskräftig.
2.4.
Schlussfolgerung
(35)
Unter Berücksichtigung der Stellungnahmen der Parteien und ihrer Auswertung wurde der Schluss gezogen, die Umsetzung des Urteils impliziere, dass die Organe im Rahmen der Untersuchung, die zum Erlass der Durchführungsverordnung (EU) Nr. 54/2010 geführt hatte, nicht die Schlussfolgerung hätten ziehen dürfen, dass im UZÜ weiterhin Dumping praktiziert wurde oder dass ein Anhalten des Dumpings wahrscheinlich war. Darüber hinaus hätten die Organe ebenfalls die Schlussfolgerung ziehen müssen, dass ein erneutes Auftreten von Dumping nicht wahrscheinlich war.
(36)
Aus den vorstehenden Gründen geht hervor, dass die Antidumpingzölle auf Ethanolamin nicht hätten wiedereingeführt werden dürfen. Im Zusammenhang mit Dow Chemical wird darauf verwiesen, dass die Durchführungsverordnung (EU) Nr. 54/2010 bereits mit dem Urteil des Gerichtes der Europäischen Union in der Rechtssache T-158/10 für nichtig erklärt wurde, soweit sie Dow Chemical betraf. Im Interesse der Klarheit sollte folglich darauf hingewiesen werden, dass seit dem Datum des Inkrafttretens der Durchführungsverordnung (EU) Nr. 54/2010 (d. h. seit dem 23. Januar 2010) keine Antidumpingzölle mehr auf die Einfuhren des von Dow Chemical bezogenen Ethanolamins gelten.
3.
VIERTE AUSLAUFÜBERPRÜFUNG
(37)
Aufgrund des dargelegten Sachverhalts und insbesondere mit Bezug auf Erwägungsgrund 35 wird die Auffassung vertreten, dass die vierte Auslaufüberprüfung ohne die Wiedereinführung eines Zolls eingestellt werden sollte. Im Zusammenhang mit Dow Chemical wurde die vierte Auslaufüberprüfung mit dem Urteil gegenstandslos, und seit dem 23. Januar 2010 besteht keine Rechtsgrundlage für die Erhebung von Antidumpingzöllen auf die von Dow Chemical bezogenen Einfuhren.
4.
TEILWEISE INTERIMSÜBERPRÜFUNG
(38)
Unter Berücksichtigung der in Erwägungsgrund 35 zusammengefassten Ergebnisse wird die Auffassung vertreten, dass die Überprüfung einzustellen ist, da die Grundlage für die Einführung der Maßnahmen, d. h. der Nachweis der Wahrscheinlichkeit eines Anhaltens oder eines erneuten Auftretens des schädigenden Dumpings, nicht mehr besteht.
5.
EINGEGANGENE STELLUNGNAHMEN
(39)
Alle Parteien wurden über die wesentlichen Tatsachen und Erwägungen unterrichtet, auf deren Grundlage beabsichtigt wurde, die Aufhebung der geltenden Maßnahmen zu empfehlen. Nach dieser Unterrichtung wurde ihnen ferner eine Frist zur Stellungnahme eingeräumt. Ihre Stellungnahmen wurden berücksichtigt, doch ergaben sich daraus keine Änderungen an den vorstehenden Schlussfolgerungen.
6.
SCHLUSSFOLGERUNG
(40)
Aus den vorstehenden Gründen sollte die Untersuchung zur teilweisen Wiederaufnahme eingestellt und die Antidumpingmaßnahmen gegenüber den Einfuhren von Ethanolamin mit Ursprung in den USA sollten aufgehoben werden. Was die Einfuhren des von Dow Chemical bezogenen Ethanolamins anbelangt, so sind die Maßnahmen seit dem Datum des Inkrafttretens der Durchführungsverordnung (EU) Nr. 54/2010 (23. Januar 2010) nicht mehr in Kraft, da diese Verordnung bereits für nichtig erklärt wurde, soweit sie Dow Chemical betraf.
(41)
Die vierte Auslaufüberprüfung betreffend die geltenden Antidumpingzölle auf die Einfuhren von Ethanolamin mit Ursprung in den USA sollte ebenfalls ohne die Wiedereinführung eines Zolls eingestellt werden. Diese Auslaufüberprüfung ist im Zusammenhang mit Dow Chemical gegenstandslos geworden.
(42)
Die teilweise, auf die Untersuchung des Dumpingtatbestands beschränkte Interimsüberprüfung sollte aufgrund der Aufhebung der geltenden Maßnahmen eingestellt werden —

HAT FOLGENDE VERORDNUNG ERLASSEN:

Fußnote(n):

(1)

ABl. L 343 vom 22.12.2009, S. 51.

(2)

ABl. L 28 vom 2.2.1994, S. 40.

(3)

ABl. L 185 vom 25.7.2000, S. 1.

(4)

ABl. L 294 vom 25.10.2006, S. 2.

(5)

ABl. L 17 vom 22.1.2010, S. 1.

(6)

ABl. C 79 vom 12.3.2011, S. 20.

(7)

ABl. C 18 vom 21.1.2012, S. 16.

(8)

ABl. C 103 vom 11.4.2012, S. 8.

(9)

ABl. C 161 vom 9.4.2010, S. 44.

(10)

Rechtssache T-158/10 The Dow Chemical Company gegen Rat (2012) Slg. II.

(11)

ABl. C 314 vom 18.10.2012, S. 12.

(12)

Chemical Economics Handbook Product Review, „Ethanolamines” , SRI Consulting.

(13)

Rechtssache C-458/98 P, Industrie des poudres sphériques (IPS) gegen Rat (2000) Slg. I-8147.

(14)

Rechtssache C-458/98 P, Industrie des poudres sphériques (IPS) gegen Rat, Paragraph 81.

(15)

Rechtssache C-458/98 P, Industrie des poudres sphériques (IPS) gegen Rat, Paragraph 82.

(16)

Rechtssache T-158/10, The Dow Chemical Company gegen Rat, Paragraph 45.

(17)

Rechtssache T-158/10, The Dow Chemical Company gegen Rat, Paragraph 54.

(18)

Rechtssache C-239/99 Nachi Europe GmbH gegen Hauptzollamt Krefeld, Slg. I-1220.

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