Präambel VO (EU) 2013/402
DIE EUROPÄISCHE KOMMISSION —
gestützt auf den Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union,
gestützt auf die Richtlinie 2004/49/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 29. April 2004 über Eisenbahnsicherheit in der Gemeinschaft und zur Änderung der Richtlinie 95/18/EG des Rates über die Erteilung von Genehmigungen an Eisenbahnunternehmen und der Richtlinie 2001/14/EG über die Zuweisung von Fahrwegkapazität der Eisenbahn, die Erhebung von Entgelten für die Nutzung von Eisenbahninfrastruktur und die Sicherheitsbescheinigung ( „Richtlinie über die Eisenbahnsicherheit” )(1), insbesondere auf Artikel 6 Absatz 4,
in Erwägung nachstehender Gründe:
- (1)
- Im Einklang mit der Richtlinie 2004/49/EG sollten gemeinsame Sicherheitsmethoden (CSM) schrittweise eingeführt werden, damit ein hohes Sicherheitsniveau gewährleistet und die Sicherheit, soweit dies erforderlich und nach vernünftigem Ermessen durchführbar ist, verbessert wird.
- (2)
- Am 12. Oktober 2010 hat die Kommission der Europäischen Eisenbahnagentur (die „Agentur” ) im Einklang mit der Richtlinie 2004/49/EG den Auftrag erteilt, die Verordnung (EG) Nr. 352/2009 der Kommission vom 24. April 2009 über die Festlegung einer gemeinsamen Sicherheitsmethode für die Evaluierung und Bewertung von Risiken gemäß Artikel 6 Absatz 3 Buchstabe a der Richtlinie 2004/49/EG des Europäischen Parlaments und des Rates(2) zu überarbeiten. In die Überarbeitung sollten die Ergebnisse der von der Agentur nach Artikel 9 Absatz 4 der Verordnung vorgenommenen Analyse der allgemeinen Wirksamkeit der CSM für die Risikoevaluierung und -bewertung und der Erfahrungen mit deren Anwendung sowie Weiterentwicklungen hinsichtlich Rolle und Zuständigkeiten der Bewertungsstelle im Sinne des Artikels 6 der genannten Verordnung einfließen. Die Überarbeitung sollte sich auch auf die Qualifikationsanforderungen (durch Entwicklung eines Anerkennungs-/Akkreditierungssystems) an die Bewertungsstelle entsprechend ihrer Rolle bei den CSM erstrecken; dabei sollte es um mehr Klarheit gehen, damit Unterschiede bei der Anwendung in den Mitgliedstaaten vermieden werden, und gleichzeitig sollten die Schnittstellen mit bestehenden Genehmigungs-/Zertifizierungsverfahren der Union im Eisenbahnsektor Berücksichtigung finden. Falls realisierbar, sollten in die Überarbeitung der Verordnung (EG) Nr. 352/2009 auch Weiterentwicklungen bei den Risikoakzeptanzkriterien einfließen, die verwendet werden könnten, um die Vertretbarkeit eines Risikos im Zuge der expliziten Risikoabschätzung und -evaluierung zu bewerten. Die Agentur legte der Kommission ihre Empfehlung hinsichtlich der Überarbeitung der CSM zusammen mit einem Folgenabschätzungsbericht zum Auftrag der Kommission vor. Die vorliegende Verordnung stützt sich auf diese Empfehlung der Agentur.
- (3)
- Im Einklang mit der Richtlinie 2004/49/EG sollten die wesentlichen Bestandteile für das Sicherheitsmanagementsystem Verfahren und Methoden für die Durchführung von Risikobewertungen und die Anwendung von Maßnahmen zur Risikobeherrschung für den Fall umfassen, dass sich aus geänderten Betriebsbedingungen oder neuem Material neue Risiken für die Infrastruktur oder den Betrieb ergeben. Dieser wesentliche Bestandteil des Sicherheitsmanagementsystems ist Gegenstand dieser Verordnung.
- (4)
- Artikel 14a Absatz 3 der Richtlinie 2004/49/EG verlangt von den für die Instandhaltung zuständigen Stellen mittels eines Instandhaltungssystems zu gewährleisten, dass die Fahrzeuge, für deren Instandhaltung sie zuständig ist, in einem sicheren Betriebszustand sind. Um mit Änderungen bei Ausrüstung, Verfahren, Organisation, Personalausstattung oder Schnittstellen umgehen zu können, sollten die für die Instandhaltung zuständigen Stellen Risikobewertungsverfahren eingerichtet haben. Diese Anforderung an das Instandhaltungssystem ist ebenfalls Gegenstand dieser Verordnung.
- (5)
- Aus der Anwendung der Richtlinie 91/440/EG des Rates vom 29. Juli 1991 zur Entwicklung der Eisenbahnunternehmen der Gemeinschaft(3) sowie des Artikels 9 Absatz 2 der Richtlinie 2004/49/EG folgt, dass ein besonderes Augenmerk dem Risikomanagement an den Schnittstellen zwischen den in die Anwendung dieser Verordnung einbezogenen Akteuren gelten sollte.
- (6)
- Artikel 15 der Richtlinie 2008/57/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 17. Juni 2008 über die Interoperabilität des Eisenbahnsystems in der Gemeinschaft(4) sieht vor, dass die Mitgliedstaaten alle gebotenen Maßnahmen treffen, damit die strukturellen Teilsysteme, die Bestandteil des Eisenbahnsystems sind, nur dann in Betrieb genommen werden dürfen, wenn sie so geplant, gebaut und installiert werden, dass die einschlägigen grundlegenden Anforderungen erfüllt werden, wenn sie in das Eisenbahnsystem einbezogen werden. Insbesondere müssen die Mitgliedstaaten die technische Kompatibilität dieser Teilsysteme mit dem Eisenbahnsystem, in das sie integriert werden, und die sichere Integration dieser Teilsysteme im Einklang mit dem Anwendungsbereich dieser Verordnung überprüfen.
- (7)
- Das Fehlen eines gemeinsamen Konzepts der Mitgliedstaaten zur Festlegung und zum Nachweis der Einhaltung der Sicherheitsniveaus und der Anforderungen des Eisenbahnsystems hat sich als eines der Hindernisse erwiesen, das einer Öffnung des Eisenbahnmarktes im Wege steht. Ein solches gemeinsames Konzept sollte mit dieser Verordnung eingeführt werden.
- (8)
- Zur Erleichterung einer gegenseitigen Anerkennung zwischen den Mitgliedstaaten sollten die für die Ermittlung und das Management von Risiken angewandten Methoden wie auch die Methoden zum Nachweis, dass das Eisenbahnsystem im Gebiet der Union den Sicherheitsanforderungen entspricht, zwischen den an der Entwicklung und dem Betrieb des Eisenbahnsystems beteiligten Akteuren harmonisiert werden. Ein erster notwendiger Schritt ist — im Einklang mit Anhang III Nummer 2 Buchstabe d der Richtlinie 2004/49/EG — die Harmonisierung der Verfahren und Methoden für die Durchführung von Risikobewertungen und die Anwendung von Maßnahmen zur Risikobeherrschung für den Fall, dass sich aus geänderten Betriebsbedingungen oder neuem Material neue Risiken für die Infrastruktur oder den Betrieb ergeben.
- (9)
- Wurde keine nationale Vorschrift notifiziert, anhand deren bestimmt werden kann, ob eine Änderung für die Sicherheit in einem Mitgliedstaat signifikant ist oder nicht, sollte das oder die für die Durchführung der Änderung verantwortliche Unternehmen oder Organisation (im Folgenden „der Vorschlagende” genannt) zunächst die potenziellen Auswirkungen der betreffenden Änderung auf die Sicherheit des Eisenbahnsystems prüfen. Hat die vorgeschlagene Änderung Auswirkungen auf die Sicherheit, sollte der Vorschlagende auf der Grundlage einer Expertenbewertung und anhand von Kriterien, die in dieser Verordnung festgelegt werden sollten, die Signifikanz der Änderung bewerten. Diese Bewertung sollte zu einer von drei Schlussfolgerungen führen. Im ersten Fall wird die Änderung nicht für signifikant erachtet und der Vorschlagende sollte die Änderung durch Anwendung seiner eigenen Sicherheitsmethode vornehmen. Im zweiten Fall wird die Änderung für signifikant erachtet und der Vorschlagende sollte die Änderung durch Anwendung dieser Verordnung vornehmen, ohne dass ein gezieltes Eingreifen der nationalen Sicherheitsbehörde erforderlich ist. Im dritten Fall wird die Änderung für signifikant erachtet, doch existieren Rechtsvorschriften auf Ebene der Europäischen Union, die ein gezieltes Eingreifen der zuständigen nationalen Sicherheitsbehörde erfordern, wie etwa eine neue Genehmigung für die Inbetriebnahme eines Fahrzeugs oder eine Überprüfung/Aktualisierung der Sicherheitsbescheinigung eines Eisenbahnunternehmens oder eine Überprüfung/Aktualisierung der Sicherheitsgenehmigung eines Infrastrukturbetreibers.
- (10)
- Wird eine Änderung an einem bereits in Betrieb befindlichen Eisenbahnsystem vorgenommen, sollte die Signifikanz der Änderung auch unter Berücksichtigung sämtlicher anderer sicherheitsrelevanter Änderungen desselben Teilsystems seit Inkrafttreten dieser Verordnung oder seit der letzten Anwendung des in dieser Verordnung dargelegten Risikomanagementverfahrens — je nachdem, welcher Zeitpunkt der spätere ist — bewertet werden. Dabei gilt es zu beurteilen, ob die Änderungen in ihrer Gesamtheit signifikant sind und damit eine vollständige Anwendung der CSM für die Risikoevaluierung und -bewertung erfordern.
- (11)
- Die Vertretbarkeit des mit einer signifikanten Änderung verbundenen Risikos sollte anhand eines oder mehrerer der folgenden Grundsätze der Risikoakzeptanz bewertet werden: Anwendung von Regelwerken, Vergleich mit ähnlichen Teilen des Eisenbahnsystems oder explizite Risikoabschätzung. All diese Grundsätze werden bereits mit Erfolg bei verschiedenen Eisenbahnanwendungen wie auch bei anderen Verkehrsträgern und in anderen Sektoren angewandt. Der Grundsatz der „expliziten Risikoabschätzung” findet häufig bei komplexen oder innovativen Änderungen Anwendung. Die Entscheidung darüber, nach welchem Grundsatz zu verfahren ist, sollte dem Vorschlagenden obliegen.
- (12)
- Bei Zugrundelegung eines allgemein anerkannten Regelwerks sollte es daher in Übereinstimmung mit dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit möglich sein, den Aufwand für die Anwendung der CSM zu begrenzen. Ebenso sollte es, wenn bestehende Rechtsvorschriften auf Ebene der Union ein gezieltes Eingreifen der nationalen Sicherheitsbehörde erfordern, dieser Behörde gestattet sein, als unabhängige Bewertungsstelle zu agieren, damit eine doppelte Prüfung, unangemessen hohe Kosten für den Sektor und zeitliche Verzögerungen bei der Markteinführung vermieden werden.
- (13)
- Die Agentur sollte, um der Kommission einen Bericht über die Effektivität und die Anwendung dieser Verordnung vorlegen und gegebenenfalls Empfehlungen zu ihrer Verbesserung formulieren zu können, relevante Informationen bei den verschiedenen beteiligten Akteuren einholen können, unter anderem bei den nationalen Sicherheitsbehörden, den für die Zertifizierung von für die Instandhaltung von Güterwagen zuständigen Stellen und anderen für die Instandhaltung zuständigen Stellen, die nicht in den Anwendungsbereich der Verordnung (EU) Nr. 445/2011 der Kommission vom 10. Mai 2011 über ein System zur Zertifizierung von für die Instandhaltung von Güterwagen zuständigen Stellen fallen(5).
- (14)
- Die Akkreditierung einer Bewertungsstelle sollte in der Regel von der nationalen Akkreditierungsstelle vorgenommen werden, die die ausschließliche Zuständigkeit für die Beurteilung der Frage hat, ob die Bewertungsstelle die in harmonisierten Normen festgelegten Anforderungen erfüllt. Die Verordnung (EG) Nr. 765/2008 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 9. Juli 2008 über die Vorschriften für die Akkreditierung und Marktüberwachung im Zusammenhang mit der Vermarktung von Produkten(6) enthält genaue Bestimmungen über die Zuständigkeit solcher nationalen Akkreditierungsstellen.
- (15)
- Wenn einheitliche EU-Rechtsvorschriften für ihre Durchführung die Auswahl von Konformitätsbewertungsstellen vorsehen, so sollte die transparente Akkreditierung nach der Verordnung (EG) Nr. 765/2008 unionsweit von den nationalen Behörden als bevorzugtes Mittel zum Nachweis der fachlichen Kompetenz dieser Stellen angesehen werden. Allerdings könnten nationale Behörden die Auffassung vertreten, dass sie die geeigneten Mittel besitzen, um diese Beurteilung selbst vorzunehmen. In solchen Fällen legt der Mitgliedstaat der Kommission und den übrigen Mitgliedstaaten alle Unterlagen vor, die zum Nachweis der Kompetenz der Anerkennungsstelle, die er für die Umsetzung der Rechtsvorschriften der Union auswählt, erforderlich sind. Um ein vergleichbares Maß an Qualität und Vertrauen zu erreichen, wie es von der Akkreditierung erwartet wird, sollten die Anforderungen und Regeln für die Beurteilung und Überwachung von Bewertungsstellen im Fall der Anerkennung denen gleichwertig sein, die für die Akkreditierung herangezogen werden.
- (16)
- Eine unabhängige, fachkundige externe oder interne natürliche Person, Organisation oder Stelle, eine nationale Sicherheitsbehörde, eine benannte Stelle oder eine gemäß Artikel 17 der Richtlinie 2008/57/EG benannte Stelle könnte als Bewertungsstelle agieren, sofern sie die in Anhang II genannten Kriterien erfüllt.
- (17)
- Die Anerkennung interner Bewertungsstellen in Übereinstimmung mit dieser Verordnung bedeutet nicht, dass bereits ausgestellte Sicherheitsbescheinigungen für Eisenbahnunternehmen, Sicherheitsgenehmigungen für Infrastrukturbetreiber und Bescheinigungen für Instandhaltungsstellen unmittelbar überprüft werden müssen. Sie können beim nächsten Antrag auf Erneuerung oder Aktualisierung der Sicherheitsbescheinigung, Sicherheitsgenehmigung oder Instandhaltungsstellen-Bescheinigung überprüft werden.
- (18)
- In den bestehenden Rechtsvorschriften gibt es keine Beschränkungen hinsichtlich der Anzahl der in den einzelnen Mitgliedstaaten akkreditierten oder anerkannten Bewertungsstellen, und es gibt keine dahingehende Verpflichtung, zumindest eine zu haben. Ist noch keine Bewertungsstelle durch bestehende Rechtsvorschriften der Union oder nationale Rechtsvorschriften ausgewiesen, kann der Vorschlagende jede Bewertungsstelle in der Union oder in einem Drittland benennen, die nach gleichwertigen Kriterien akkreditiert wurde und Anforderungen erfüllt, die den in dieser Verordnung enthaltenen Anforderungen gleichwertig sind. Die Mitgliedstaaten sollten die Möglichkeit haben, Akkreditierungen, Anerkennungen oder eine Kombination beider Optionen zu verwenden.
- (19)
- Die Verordnung (EG) Nr. 352/2009 ist hinfällig geworden und sollte daher durch diese Verordnung ersetzt werden.
- (20)
- Angesichts der neuen mit der vorliegenden Verordnung eingeführten Anforderungen in Bezug auf Akkreditierung und Anerkennung der Bewertungsstelle sollte die Anwendung dieser Verordnung aufgeschoben werden, damit die betroffenen Akteure genügend Zeit haben, dieses neue gemeinsame Konzept einzuführen und umzusetzen.
- (21)
- Die in dieser Verordnung vorgesehenen Maßnahmen entsprechen der Stellungnahme des nach Artikel 27 Absatz 1 der Richtlinie 2004/49/EG eingesetzten Ausschusses —
HAT FOLGENDE VERORDNUNG ERLASSEN:
Fußnote(n):
- (1)
ABl. L 164 vom 30.4.2004, S. 44.
- (2)
ABl. L 108 vom 29.4.2009, S. 4.
- (3)
ABl. L 237 vom 24.8.1991, S. 25.
- (4)
ABl. L 191 vom 18.7.2008, S. 1.
- (5)
ABl. L 122 vom 11.5.2011, S. 22.
- (6)
ABl. L 218 vom 13.8.2008, S. 30.
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