Präambel VO (EU) 2013/605

DAS EUROPÄISCHE PARLAMENT UND DER RAT DER EUROPÄISCHEN UNION —

gestützt auf den Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union, insbesondere auf Artikel 43 Absatz 2,

auf Vorschlag der Europäischen Kommission,

nach Zuleitung des Entwurfs des Gesetzgebungsakts an die nationalen Parlamente,

nach Stellungnahme des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses(1),

gemäß dem ordentlichen Gesetzgebungsverfahren(2),

in Erwägung nachstehender Gründe:

(1)
Die Verordnung (EG) Nr. 1185/2003 des Rates(3) enthält ein allgemeines Verbot des so genannten „Finning” von Haien, bei dem die Haifischflossen abgetrennt und die übrigen Haifischteile ins Meer zurückgeworfen werden.
(2)
Fische, die zum Taxon Elasmobranchii gehören (einschließlich Haie und Rochen), sind im Allgemeinen besonders durch Überfischung gefährdet, da ihr Lebenszyklus durch langsames Wachstum, späte Geschlechtsreife und eine geringe Zahl von Nachkommen gekennzeichnet ist, auch wenn nicht alle Arten dieselbe biologische Produktivität aufweisen. Im Allgemeinen wurden in den letzten Jahren einige Hai-Populationen stark befischt, auch durch Schiffe, die unter der Flagge eines Mitgliedstaats in Unions- und Nicht-Unionsgewässern operieren, und sie sind durch einen dramatischen Anstieg der Nachfrage nach Haiprodukten, insbesondere nach Haifischflossen, ernsthaft bedroht.
(3)
Haifischflossen gehören nicht traditionell zur europäischen Küche; allerdings sind Haie ein notwendiger Bestandteil der Meeresökosysteme der Union. Die Bewirtschaftung und Erhaltung von Haibeständen sowie, allgemeiner gesprochen, die Förderung einer nachhaltig betriebenen Fischerei zum Nutzen der Umwelt und der in der Fischerei tätigen Menschen sollten daher vorrangige Bedeutung haben.
(4)
Die aktuellen auf der Untersuchung von Haifangraten basierenden wissenschaftlichen Erkenntnisse weisen im Allgemeinen darauf hin, dass viele Haibestände stark gefährdet sind, auch wenn die Situation nicht für alle Arten bzw. nicht einmal für dieselbe Art in unterschiedlichen Meereszonen die gleiche ist. Nach Angaben der Weltnaturschutzunion (IUCN) sind mehr als 25 % aller pelagischen Haiarten, von denen mehr als 50 % große Hochseehaie sind, bedroht. In den vergangenen Jahren wurde der Fang, das Mitführen an Bord, das Umladen oder Anlanden einer wachsenden Anzahl von Haiarten, einschließlich von Haien, deren Flossen wertvolle Handelsgüter sind, im Unionsrecht oder im Rahmen der regionalen Fischereiorganisationen verboten.
(5)
Der Blauhai (Priconace glauca) und der Makrelenhai (Isurus oxyrinchus), die von der IUCN als „potenziell gefährdet” bzw. „verletzlich” eingestuft wurden, gehören aktuell zu den am häufigsten von den Unionsflotten gefangenen Haiarten, wobei der Blauhai ungefähr 70 % der insgesamt gemeldeten Anlandungen von Haien ausmacht. Andere Arten wie der Hammerhai und der Seidenhai werden in den Unions- und Nicht-Unionsgewässern jedoch auch gefangen und tragen zur wirtschaftlichen Rentabilität der Fischereien bei.
(6)
Die Verordnung (EG) Nr. 1185/2003 gestattet derzeit den Mitgliedstaaten, spezielle Fangerlaubnisse zu erteilen, die das Verarbeiten von Haien an Bord von Schiffen in Form des Abtrennens der Haifischflossen vom Haifischkörper erlaubt. Um sicherzustellen, dass eine Übereinstimmung zwischen dem Gewicht der Haifischflossen und dem Körpergewicht des Haies besteht, wurde ein Gewichtsverhältnis von „Flossen zum Körper” festgesetzt. Bei der Verwendung des Verhältnisses „Flossen zum Körper” gibt es gravierende Schwierigkeiten der Kontrolle und Durchsetzung. Die Verwendung eines solchen Verhältnisses ist für die Beseitigung der Fangaufwertungspraxis nicht ausreichend, und aufgrund der Unterschiede bei der Art, die Flosse abzuschneiden, und der Variabilität von Flossengröße und -gewicht bei verschiedenen Haiarten könnte dessen Verwendung dazu führen, dass Finning unerkannt stattfindet. Flossen und Körper können nach der Verarbeitung in unterschiedlichen Häfen angelandet werden. Unter diesen Umständen ist die Datenerhebung (unter anderem zu Artenbestimmung und Populationsstruktur) beeinträchtigt, die dazu dient, wissenschaftliche Gutachten für Bestanderhaltungs- und -bewirtschaftungsmaßnahmen zu untermauern.
(7)
Angesichts des im Jahr 1999 von der Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation der Vereinten Nationen (FAO) verabschiedeten Internationalen Aktionsplans für die Erhaltung und Bewirtschaftung von Haien sollte die Union alle erforderlichen Maßnahmen zur Erhaltung der Haie und zur Verringerung von Abfällen und Rückwürfen bei Haifängen ergreifen. In seinen Schlussfolgerungen vom 23. April 2009 befürwortete der Rat die allgemeine Herangehensweise und die spezifischen Ziele der Union, wie in der einschlägigen Mitteilung der Kommission vom 5. Februar 2009 über einen Aktionsplan der Europäischen Gemeinschaft für die Erhaltung und Bewirtschaftung der Haibestände ausgeführt. Der Rat forderte die Kommission auch auf, besonderes Augenmerk auf das Abtrennen von Haifischflossen zu legen und möglichst bald einen Vorschlag zur Änderung der Verordnung (EG) Nr. 1185/2003, insbesondere hinsichtlich der abweichenden Regelungen und der diesbezüglichen Verfahrensweisen, vorzulegen.
(8)
Der Wissenschafts-, Technik- und Wirtschaftsausschuss für die Fischerei (STECF) erkennt das Problem des Hai-Finnings an, fordert seine Einstellung ohne Ausnahmen und rät, dass alle Elasmobranchii-Arten mit unversehrten Flossen am Körper angelandet werden sollten.
(9)
Die regionalen Fischereiorganisationen befassen sich zunehmend mit dem Thema Hai-Finning. Zudem geben ihre wissenschaftlichen Gremien der Anlandung von Haien mit unversehrten Flossen am Körper den Vorzug und stellen hierzu fest, dass dies die beste Möglichkeit ist, Hai-Finning zu verhindern und die Erhebung der für Bestandsschätzungen erforderlichen Daten zu erleichtern. In den seit 2007 von der Generalversammlung der Vereinten Nationen jährlich verabschiedeten Resolutionen zu nachhaltiger Fischerei, in der globalen IUCN-Richtlinie gegen Hai-Finning von 2008 und auf der Konferenz zur Überprüfung des Übereinkommens über Fischbestände von 2010 wurden die Staaten aufgefordert, Maßnahmen zu ergreifen, die sicherstellen, dass alle Haie mit unversehrten Flossen am Körper angelandet werden.
(10)
2010 und 2011 hat die Kommission im Rahmen der verpflichtenden Folgenabschätzung eine öffentliche Konsultation durchgeführt, um Informationen über die am besten geeignete Art und Weise der Änderung der Verordnung (EG) Nr. 1185/2003 zu erhalten. Die Kommission kam in ihrer Folgenabschätzung zu dem Ergebnis, dass jene Verordnung vorsehen sollte, dass alle Haie mit unversehrten Flossen am Körper angelandet werden, um sicherzustellen, dass das grundlegende Ziel der Erhaltung der Haibestände erreicht wird.
(11)
Die Verordnung (EG) Nr. 1185/2003 sollte daher entsprechend geändert werden —

HABEN FOLGENDE VERORDNUNG ERLASSEN:

Fußnote(n):

(1)

ABl. C 181 vom 21.6.2012, S. 195.

(2)

Standpunkt des Europäischen Parlaments vom 22. November 2012 (noch nicht im Amtsblatt veröffentlicht) und Beschluss des Rates vom 6. Juni 2013.

(3)

ABl. L 167 vom 4.7.2003, S. 1.

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