Präambel VO (EU) 2014/511

DAS EUROPÄISCHE PARLAMENT UND DER RAT DER EUROPÄISCHEN UNION —

gestützt auf den Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union, insbesondere auf Artikel 192 Absatz 1,

auf Vorschlag der Europäischen Kommission,

nach Zuleitung des Entwurfs des Gesetzgebungsakts an die nationalen Parlamente,

nach Stellungnahme des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses(1),

nach Anhörung des Ausschusses der Regionen,

gemäß dem ordentlichen Gesetzgebungsverfahren(2),

in Erwägung nachstehender Gründe:

(1)
Das wichtigste internationale Instrument, das einen allgemeinen Rahmen für die Erhaltung und die nachhaltige Nutzung der biologischen Vielfalt und die ausgewogene und gerechte Aufteilung der sich aus der Nutzung genetischer Ressourcen ergebenden Vorteile bildet, ist das im Namen der Union gemäß Beschluss 93/626/EWG des Rates(3) genehmigte Übereinkommen über die biologische Vielfalt (im Folgenden „Übereinkommen” ).
(2)
Das Protokoll von Nagoya über den Zugang zu genetischen Ressourcen und die ausgewogene und gerechte Aufteilung der sich aus ihrer Nutzung ergebenden Vorteile zum Übereinkommen über die biologische Vielfalt(4) (im Folgenden „Nagoya-Protokoll” ) ist ein von den Vertragsparteien des Übereinkommens am 29. Oktober 2010 angenommener internationaler Vertrag. Im Nagoya-Protokoll werden die allgemeinen Bestimmungen des Übereinkommens über den Zugang zu genetischen Ressourcen und über die Aufteilung der sich aus der Nutzung der genetischen Ressourcen und des traditionellen Wissens, das sich auf genetische Ressourcen bezieht, ergebenden finanziellen und nicht finanziellen Vorteile weiter ausgeführt. Das Nagoya-Protokoll wurde gemäß dem Beschluss 2014/ /EU(5) im Namen der Union genehmigt.
(3)
Eine Vielzahl von Nutzern und Bereitstellern in der Union, darunter akademische Forscher, Hochschulforscher und nichtkommerzielle Forscher sowie Unternehmen aus verschiedenen Industriezweigen, nutzen genetische Ressourcen zu Forschungs-, Entwicklungs- und Vermarktungszwecken. Einige nutzen auch traditionelles Wissen, das sich auf genetische Ressourcen bezieht.
(4)
Genetische Ressourcen sind der Genpool in natürlichen, domestizierten oder gezüchteten Arten und spielen in zahlreichen Wirtschaftszweigen, unter anderem in der Nahrungsmittelerzeugung, der Forstwirtschaft sowie der Entwicklung von Arzneimitteln, Kosmetika und biobasierten Energiequellen, eine wichtige und noch wachsende Rolle. Außerdem spielen genetische Ressourcen bei der Umsetzung von Strategien zur Wiederherstellung geschädigter Ökosysteme und zur Erhaltung bedrohter Arten eine bedeutende Rolle.
(5)
Traditionelles Wissen, dessen Träger indigene und ortsansässige Gemeinschaften sind, könnte wichtige grundlegende Hinweise für die wissenschaftliche Entdeckung interessanter genetischer oder biochemischer Eigenschaften von genetischen Ressourcen liefern. Solch traditionelles Wissen umfasst die Kenntnisse, Innovationen und Gebräuche indigener und ortsansässiger Gemeinschaften mit traditionellen Lebensformen, die für die Erhaltung und nachhaltige Nutzung der biologischen Vielfalt wichtig sind.
(6)
Im Übereinkommen wird anerkannt, dass die Staaten souveräne Rechte in Bezug auf die in ihrem Hoheitsbereich vorkommenden natürlichen Ressourcen haben sowie die Befugnis, den Zugang zu ihren genetischen Ressourcen zu regeln. Nach dem Übereinkommen sind alle Vertragsparteien verpflichtet, sich darum zu bemühen, Voraussetzungen zu schaffen, um den Zugang zu genetischen Ressourcen, über die sie souveräne Rechte ausüben, für eine umweltverträgliche Nutzung durch andere Vertragsparteien des Übereinkommens zu erleichtern. Außerdem sind alle Vertragsparteien verpflichtet, Maßnahmen zu ergreifen, die darauf abzielen, dass die Ergebnisse der Forschung und Entwicklung und die Vorteile, die sich aus der kommerziellen und sonstigen Nutzung der genetischen Ressourcen ergeben, mit der Vertragspartei des Übereinkommens, die diese Ressourcen zur Verfügung gestellt hat, ausgewogen und gerecht geteilt werden. Diese Aufteilung hat zu einvernehmlich festgelegten Bedingungen zu erfolgen. Darüber hinaus regelt das Übereinkommen den Zugang zu Kenntnissen, Innovationen und Gebräuchen indigener und ortsansässiger Gemeinschaften, die für die Erhaltung und die nachhaltige Nutzung der biologischen Vielfalt von Belang sind, und die Aufteilung der sich aus der Nutzung dieser Kenntnisse, Innovationen und Gebräuche ergebenden Vorteile.
(7)
Genetische Ressourcen sollten in situ erhalten und nachhaltig genutzt werden, wobei die sich aus ihrer Nutzung ergebenden Vorteile ausgewogen und gerecht aufzuteilen sind, um zur Bekämpfung von Armut und somit auch zur Verwirklichung der Millenniums-Entwicklungsziele der Vereinten Nationen beizutragen, wie dies in der Präambel des Protokolls von Nagoya anerkannt wird. Bei der Durchführung des Nagoya-Protokolls sollte auch darauf hingewirkt werden, dieses Potenzial auszuschöpfen.
(8)
Das Nagoya-Protokoll gilt für genetische Ressourcen, über die Staaten souveräne Rechte ausüben, die in den Anwendungsbereich von Artikel 15 des Übereinkommens fallen, im Gegensatz zu dem weiter gefassten Anwendungsbereich von Artikel 4 des Übereinkommens. Dies bedeutet, dass sich das Nagoya-Protokoll nicht auf den gesamten Zuständigkeitsbereich nach Artikel 4 des Übereinkommens bezieht, etwa auf Tätigkeiten, die in Meeresgebieten außerhalb nationaler Hoheitsgebiete stattfinden. Die Forschung über genetische Ressourcen wird schrittweise auf neue Bereiche, insbesondere die Ozeane, ausgedehnt, die noch immer die am wenigsten erforschten und am wenigsten bekannten ökologischen Gebiete der Erde sind. Insbesondere die Tiefsee stellt die letzte große Grenze des Planeten dar und das Interesse, sie zu erforschen, dort nach Ressourcen zu suchen und diese zu nutzen, wächst.
(9)
Es muss ein eindeutiger und solider Rahmen für die Durchführung des Nagoya-Protokolls festgelegt werden, der zur Erhaltung der biologischen Vielfalt und zur nachhaltigen Nutzung ihrer Bestandteile, zur ausgewogenen und gerechten Aufteilung der sich aus der Nutzung der genetischen Ressourcen ergebenden Vorteile und zur Bekämpfung von Armut beitragen und gleichzeitig die bestehenden Möglichkeiten für naturbasierte Forschungs- und Entwicklungstätigkeiten in der Union verbessern sollte. Außerdem muss die Nutzung von genetischen Ressourcen oder von traditionellem Wissen, das sich auf genetische Ressourcen bezieht, bei denen der Zugang nicht im Einklang mit nationalen Gesetzen oder sonstigen rechtlichen Anforderungen zum Zugang und zur Aufteilung der Vorteile einer Vertragspartei des Nagoya-Protokolls erfolgt ist, in der Union verhindert werden und die wirksame Umsetzung von Verpflichtungen zur Aufteilung der Vorteile im Rahmen einvernehmlich festgelegter Bedingungen zwischen Bereitstellern und Nutzern gefördert werden. Zudem muss die Rechtssicherheit im Zusammenhang mit der Nutzung von genetischen Ressourcen und traditionellem Wissen, das sich auf genetische Ressourcen bezieht, verbessert werden.
(10)
Der durch diese Verordnung geschaffene Rahmen wird dazu beitragen, das Vertrauen zwischen den Vertragsparteien des Nagoya-Protokolls und den einschlägigen Betroffenen, einschließlich indigener und ortsansässiger Gemeinschaften, die am Zugang zu genetischen Ressourcen und der Aufteilung der sich aus ihrer Nutzung ergebenden Vorteile beteiligt sind, aufrechtzuerhalten und zu stärken.
(11)
Um Rechtssicherheit zu gewährleisten, sollten die Bestimmungen zur Durchführung des Nagoya-Protokolls nur für genetische Ressourcen, über die die Staaten souveräne Rechte im Rahmen des Geltungsbereichs von Artikel 15 des Übereinkommens ausüben, und für traditionelles Wissen, das sich auf genetische Ressourcen bezieht, im Rahmen des Geltungsbereichs des Übereinkommens gelten, zu denen bzw. zu dem der Zugang erfolgt, nachdem das Nagoya-Protokoll für die Union in Kraft getreten ist.
(12)
Nach dem Nagoya-Protokoll muss jede Vertragspartei bei der Entwicklung und Durchführung ihrer Gesetze oder sonstigen rechtlichen Anforderungen zum Zugang und zur Aufteilung der Vorteile der Bedeutung von genetischen Ressourcen für Ernährung und Landwirtschaft und ihrer besonderen Rolle für die Ernährungssicherheit Rechnung tragen. Gemäß dem Beschluss 2004/869/EG des Rates(6) wurde der Internationale Vertrag über pflanzengenetische Ressourcen für Ernährung und Landwirtschaft ( „International Treaty on Plant Genetic Resources for Food and Agriculture” — ITPGRFA) im Namen der Union genehmigt. Der ITPGRFA stellt eine besondere internationale Regelung über den Zugang und die Aufteilung der Vorteile im Sinne des Artikel 4 Absatz 4 des Nagoya-Protokolls dar, die nicht von den Durchführungsvorschriften des Nagoya-Protokolls berührt werden sollte.
(13)
Viele Vertragsparteien des Nagoya-Protokolls haben in Ausübung ihrer souveränen Rechte beschlossen, dass nicht in Anhang I des ITPGRFA aufgeführte pflanzengenetische Ressourcen für Ernährung und Landwirtschaft, die unter der Verwaltung und Kontrolle der Vertragsparteien stehen und öffentlich zugänglich sind, für die im Rahmen des ITPGRFA festgelegten Zwecke auch den Vorschriften und Bedingungen der standardisierten Materialübertragungsvereinbarung unterliegen.
(14)
Das Nagoya-Protokolls sollte so umgesetzt werden, dass sich eine wechselseitige Unterstützung mit anderen internationalen Instrumenten, die den Zielen des Protokolls oder des Übereinkommens nicht zuwiderlaufen, ergibt.
(15)
In Artikel 2 des Übereinkommens wird der Begriff „domestizierte Arten” als Arten definiert, deren Evolutionsprozess der Mensch beeinflusst hat, um sie seinen Bedürfnissen anzupassen, und „Biotechnologie” als jede technologische Anwendung, die biologische Systeme, lebende Organismen oder Derivate daraus nutzt, um Erzeugnisse oder Verfahren für eine bestimmte Nutzung herzustellen oder zu verändern. In Artikel 2 des Nagoya-Protokolls wird der Begriff „Derivat” als eine natürlich vorkommende biochemische Verbindung definiert, die durch Genexpression oder den Stoffwechselprozess biologischer oder genetischer Ressourcen entstanden ist, auch wenn sie keine funktionalen Erbeinheiten enthält.
(16)
Gemäß dem Nagoya-Protokoll muss jede Vertragspartei gegenwärtige oder drohende Notstandssituationen, wie sie auf nationaler oder internationaler Ebene bestimmt sind, welche die menschliche, tierische und pflanzliche Gesundheit gefährden oder schädigen, gebührend beachten. Am 24. Mai 2011 hat die 64. Weltgesundheitsversammlung den Rahmen für die Bereitschaft im Fall einer Influenza-Pandemie hinsichtlich der gemeinsamen Nutzung von Influenza-Viren und den Zugang zu Impfstoffen und anderen Errungenschaften angenommen. Dieser Rahmen gilt nur für Influenza-Viren mit Pandemiepotenzial für den Menschen und gilt ausdrücklich nicht für saisonale Influenza-Viren. Der Rahmen stellt eine besondere internationale Regelung über den Zugang und die Aufteilung der Vorteile dar, die mit dem Nagoya-Protokolls übereinstimmt und die nicht von den Durchführungsvorschriften des Nagoya-Protokolls berührt werden sollte.
(17)
Es ist wichtig, dass die Begriffsbestimmungen des Nagoya-Protokolls und des Übereinkommens, die für die Anwendung dieser Verordnung durch die Nutzer notwendig sind, in diese Verordnung übernommen werden. Es ist wichtig, dass die neuen Begriffsbestimmungen dieser Verordnung, die nicht in dem Übereinkommen oder dem Nagoya-Protokoll enthalten sind, mit den Begriffsbestimmungen des Übereinkommens und des Nagoya-Protokolls in Einklang stehen. Insbesondere der Begriff „Nutzer” sollte im Einklang mit der Begriffsbestimmung von „Nutzung der genetischen Ressourcen” aus dem Nagoya-Protokoll stehen.
(18)
Das Nagoya-Protokoll beinhaltet eine Verpflichtung, Forschung im Zusammenhang mit der biologischen Vielfalt zu fördern und zu unterstützen, insbesondere wenn es sich um Forschung mit nichtkommerzieller Absicht handelt.
(19)
Es ist wichtig, an den Beschluss II/11 Absatz 2 der Konferenz der Vertragsparteien des Übereinkommens zu erinnern, in dem bekräftigt wird, dass humane genetische Ressourcen nicht in den Rahmen des Übereinkommens fallen.
(20)
Es gibt derzeit keine international vereinbarte Definition von „traditionelles Wissen, das sich auf genetische Ressourcen bezieht” . Unbeschadet der Zuständigkeit und Verantwortung der Mitgliedstaaten hinsichtlich der Angelegenheiten im Zusammenhang mit traditionellem Wissen, das sich auf genetische Ressourcen bezieht, und im Zusammenhang mit der Durchführung von Maßnahmen zum Schutz der Interessen von indigenen und ortsansässigen Gemeinschaften und um Flexibilität und Rechtssicherheit für Bereitsteller und Nutzer zu gewährleisten, sollte sich diese Verordnung daher auf traditionelles Wissen, das sich auf genetische Ressourcen bezieht, wie es in Vereinbarungen über die Aufteilung der Vorteile beschrieben ist.
(21)
Zur Gewährleistung der wirksamen Umsetzung des Nagoya-Protokolls sollten alle Nutzer von genetischen Ressourcen und von traditionellem Wissen, das sich auf genetische Ressourcen bezieht, mit der gebotenen Sorgfalt vorgehen, um festzustellen, ob der Zugang zu den genetischen Ressourcen und dem traditionellen Wissen, das sich auf genetische Ressourcen bezieht, im Einklang mit den einschlägigen rechtlichen oder sonstigen Anforderungen erfolgt ist, und um zu gewährleisten, dass die Vorteile gegebenenfalls ausgewogen und gerecht aufgeteilt werden. In diesem Zusammenhang sollten die zuständigen Behörden international anerkannte Konformitätszertifikate als Nachweis dafür akzeptieren, dass der Zugang zu den genetischen Ressourcen, auf die sich diese beziehen, rechtmäßig erfolgt ist und dass einvernehmlich festgelegte Bedingungen für den Nutzer und die Nutzung, die darin genannt sind, vereinbart wurden. Die einzelnen Entscheidungen der Nutzer hinsichtlich der für die gebotene Sorgfalt anzuwendenden Instrumente und Maßnahmen sollten durch die Anerkennung von bewährten Verfahren sowie durch ergänzende Maßnahmen zur Förderung von sektorspezifischen Verhaltensregeln, Mustervertragsklauseln und Leitlinien unterstützt werden, um die Rechtssicherheit zu erhöhen und die Kosten zu senken. Die Verpflichtung der Nutzer zur Bereithaltung von Informationen, die für den Zugang und die Aufteilung der Vorteile relevant sind, sollte zeitlich begrenzt sein und mit dem Zeitrahmen für eine potenzielle Innovation im Einklang stehen.
(22)
Die erfolgreiche Umsetzung des Nagoya-Protokolls hängt von denjenigen ab, die genetische Ressourcen oder traditionelles Wissen, das sich auf genetische Ressourcen bezieht, nutzen und bereitstellen und einvernehmlich Bedingungen festlegen, die zu einem ausgewogenen und gerechten Vorteilsausgleich führen und zu dem allgemeinen Ziel des Nagoya-Protokolls beitragen, zur Erhaltung und nachhaltigen Nutzung der biologischen Vielfalt beizutragen. Nutzer und Bereitsteller sind ferner aufgefordert, das Bewusstsein der Öffentlichkeit für die Bedeutung genetischer Ressourcen und des traditionellen Wissens, das sich auf genetische Ressourcen bezieht, zu schärfen.
(23)
Die Pflicht zu gebotener Sorgfalt sollte für alle Nutzer unabhängig von ihrer Größe und auch für Kleinstunternehmen sowie kleine und mittlere Unternehmen gelten. Die Verordnung sollte eine Reihe von Maßnahmen und Instrumenten bieten, damit Kleinstunternehmen sowie kleine und mittlere Unternehmen ihren Verpflichtungen zu erschwinglichen Kosten und mit einem hohen Maß an Rechtssicherheit nachkommen können.
(24)
Bei der Identifizierung von Maßnahmen der gebotenen Sorgfalt sollten von Nutzern entwickelte bewährte Verfahren, die besonders geeignet sind, um zu erschwinglichen Kosten und mit einem hohen Maß an Rechtssicherheit die Einhaltung des Systems für die Umsetzung des Nagoya-Protokolls zu erreichen, eine wichtige Rolle spielen. Die Nutzer sollten an bestehende Verhaltensregeln für den Zugang und den Vorteilsausgleich anknüpfen, die für den akademischen Bereich, den Hochschulbereich und nichtkommerzielle Forschungsbereiche sowie verschiedene Industriezweige entwickelt wurden. Vereinigungen von Nutzern sollten bei der Kommission beantragen können, dass diese bestimmt, ob eine von einer Vereinigung überwachte Kombination von Verfahren, Instrumenten oder Mechanismen als bewährtes Verfahren anerkannt werden kann. Die zuständigen Behörden der Mitgliedstaaten sollten berücksichtigen, dass die Anwendung eines anerkannten bewährten Verfahrens durch einen Nutzer das Risiko eines Verstoßes für diesen Nutzer senkt und eine Verringerung der Kontrollen zur Überprüfung der Einhaltung rechtfertigt. Dasselbe sollte für bewährte Verfahren gelten, die von den Vertragsparteien des Nagoya-Protokolls angenommen wurden.
(25)
Gemäß dem Nagoya-Protokoll müssen Kontrollstellen wirksam sein und sollten für die Nutzung genetischer Ressourcen von Belang sein. An definierten Stellen in der Kette von Tätigkeiten, die eine Nutzung darstellen, sollten die Nutzer erklären, dass sie mit der gebotenen Sorgfalt vorgegangen sind, und auf Verlangen entsprechende Nachweise erbringen. Eine geeignete Stelle für eine solche Erklärung ist der Empfang von öffentlichen Forschungsmitteln. Eine andere geeignete Stelle ist die Endphase der Nutzung, das heißt die Phase der endgültigen Entwicklung eines Produkts, bevor eine Marktzulassung für ein Produkt beantragt wird, das durch Verwendung von genetischen Ressourcen oder von traditionellem Wissen, das sich auf genetische Ressourcen bezieht, entwickelt wurde, oder in der letzten Phase der Entwicklung eines Produkts, für das keine Marktzulassung erforderlich ist, bevor es zum ersten Mal in der Union in Verkehr gebracht wird. Um die Wirksamkeit der Kontrollstellen sicherzustellen und gleichzeitig die Rechtssicherheit für die Nutzer zu erhöhen, sollten der Kommission Durchführungsbefugnisse gemäß Artikel 291 Absatz 2 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union übertragen werden. Die Kommission sollte von diesen Durchführungsbefugnissen Gebrauch machen, um die Phase der endgültigen Entwicklung eines Produkts im Einklang mit dem Nagoya-Protokoll festzulegen, damit die letzte Phase der Verwendung in verschiedenen Sektoren ermittelt werden kann.
(26)
Es muss anerkannt werden, dass die Informationsstelle für den Zugang und die Aufteilung der Vorteile (Access and Benefit-sharing Clearing-House) bei der Umsetzung des Nagoya-Protokolls eine wichtige Rolle spielen würde. Gemäß den Artikeln 14 und 17 des Nagoya-Protokolls würden der internationalen Informationsstelle für den Zugang und die Aufteilung der Vorteile als Teil des Verfahrens für international anerkannte Konformitätszertifikate Informationen übermittelt. Die zuständigen Behörden sollten mit der Informationsstelle für den Zugang und die Aufteilung der Vorteile zusammenarbeiten, um sicherzustellen, dass die Informationen ausgetauscht werden, damit die zuständigen Behörden die Einhaltung durch die Nutzer leichter überwachen können.
(27)
In freier Wildbahn werden genetische Ressourcen zumeist von akademischen, universitären und nichtkommerziellen Forschern sowie Sammlern zu nichtkommerziellen Zwecken gesammelt. In der großen Mehrheit der Fälle und in fast allen Bereichen erfolgt der Zugang zu neu gesammelten genetischen Ressourcen über Mittelspersonen, Sammlungen oder Agenten, die genetische Ressourcen in Drittländern erwerben.
(28)
Sammlungen sind wichtige Lieferanten von genetischen Ressourcen und von traditionellem Wissen, das sich auf genetische Ressourcen bezieht, die in der Union genutzt werden. Als Lieferanten können sie andere Nutzer in der Produktkette entscheidend bei der Einhaltung ihrer Verpflichtungen unterstützen. Hierzu sollte durch die Einrichtung eines von der Kommission zu führenden freiwilligen Sammlungsregisters ein System von registrierten Sammlungen innerhalb der Union geschaffen werden. Dieses System würde sicherstellen, dass bei Sammlungen, die im Register aufgeführt sind, dafür gesorgt ist, dass Proben von genetischen Ressourcen Dritten nur mit einer Dokumentation zur Verfügung gestellt werden, die den rechtmäßige Zugang und, wo erforderlich, die Vereinbarung einvernehmlich festgelegter Bedingungen nachweist. Mit einem System von registrierten Sammlungen innerhalb der Union dürfte das Risiko, dass genetische Ressourcen, bei denen der Zugang nicht im Einklang mit nationalen Gesetzen oder mit sonstigen rechtlichen Anforderungen zum Zugang und zur Aufteilung der Vorteile einer Vertragspartei des Nagoya-Protokolls erfolgt ist, in der Union verwendet werden, wesentlich geringer sein. Die zuständigen Behörden der Mitgliedstaaten sollten prüfen, ob eine Sammlung die Voraussetzungen für die Anerkennung als eine in das Register aufzunehmende Sammlung erfüllt. Für Nutzer, die eine genetische Ressource von einer im Register aufgeführten Sammlung beziehen, sollte gelten, dass sie im Hinblick auf die Einholung aller erforderlichen Informationen mit gebotener Sorgfalt vorgegangen sind. Dies dürfte insbesondere für akademische Forscher, Hochschulforscher und nichtkommerzielle Forscher sowie kleine und mittlere Unternehmen vorteilhaft sein und zu einer Verringerung der administrativen und die Einhaltung von Bestimmungen betreffenden Anforderungen beitragen.
(29)
Die zuständigen Behörden der Mitgliedstaaten sollten kontrollieren, ob die Nutzer ihren Verpflichtungen nachkommen, eine auf Kenntnis der Sachlage gegründete vorherige Zustimmung eingeholt sowie einvernehmlich festgelegte Bedingungen vereinbart haben. Die zuständigen Behörden sollten zudem Aufzeichnungen über diese Kontrollen führen und die einschlägigen Informationen sollten gemäß der Richtlinie 2003/4/EG des Europäischen Parlaments und des Rates(7) zugänglich gemacht werden.
(30)
Die Mitgliedstaaten sollten sicherstellen, dass Verstöße gegen die Bestimmungen zur Umsetzung des Nagoya-Protokolls durch wirksame, verhältnismäßige und abschreckende Sanktionen geahndet werden.
(31)
Angesichts des internationalen Charakters von Transaktionen im Zusammenhang mit dem Zugang und der Aufteilung der Vorteile sollten die zuständigen Behörden der Mitgliedstaaten untereinander, mit der Kommission und mit den zuständigen nationalen Behörden von Drittländern zusammenarbeiten, um sicherzustellen, dass die Nutzer diese Verordnung einhalten und eine wirksame Anwendung der Bestimmungen zur Umsetzung des Nagoya-Protokolls unterstützen.
(32)
Die Union und die Mitgliedstaaten sollten Eigeninitiative zeigen, um für die Verwirklichung der Ziele des Nagoya-Protokolls Sorge zu tragen, damit die Mittel zur weltweiten Erhaltung der biologischen Vielfalt und nachhaltigen Nutzung ihrer Bestandteile erhöht werden.
(33)
Die Kommission und die Mitgliedstaaten sollten geeignete zusätzliche Maßnahmen treffen, um die Wirksamkeit der Durchführung dieser Verordnung zu erhöhen und die Kosten zu senken, insbesondere wenn dies akademischen Forschern, Hochschulforschern und nichtkommerziellen Forschern und kleinen und mittleren Unternehmen zugutekäme.
(34)
Zur Gewährleistung einheitlicher Bedingungen für die Durchführung dieser Verordnung sollten der Kommission Durchführungsbefugnisse übertragen werden. Diese Befugnisse sollten gemäß der Verordnung (EU) Nr. 182/2011 des Europäischen Parlaments und des Rates(8) ausgeübt werden.
(35)
Da das Ziel dieser Verordnung, nämlich die Förderung der ausgewogenen und gerechten Aufteilung der sich aus der Nutzung der genetischen Ressourcen ergebenden Vorteile im Einklang mit dem Nagoya-Protokoll, von den Mitgliedstaaten nicht ausreichend verwirklicht werden kann, sondern vielmehr wegen seines Umfangs und der Notwendigkeit, das Funktionieren des Binnenmarktes zu gewährleisten, auf Unionsebene besser zu verwirklichen ist, kann die Union im Einklang mit dem in Artikel 5 des Vertrags über die Europäische Union verankerten Subsidiaritätsprinzip tätig werden. Entsprechend dem in demselben Artikel genannten Grundsatz der Verhältnismäßigkeit geht diese Verordnung nicht über das für die Verwirklichung dieses Ziels erforderliche Maß hinaus.
(36)
Der Zeitpunkt des Inkrafttretens dieser Verordnung sollte direkt mit dem Inkrafttreten des Nagoya-Protokolls für die Union verknüpft sein, um bei Tätigkeiten, die den Zugang zu genetischen Ressourcen und die Aufteilung der sich aus ihrer Nutzung ergebenden Vorteile betreffen, auf Unionsebene und auf globaler Ebene für gleiche Bedingungen zu sorgen —

HABEN FOLGENDE VERORDNUNG ERLASSEN:

Fußnote(n):

(1)

ABl. C 161 vom 6.6.2013, S. 73.

(2)

Standpunkt des Europäischen Parlaments vom 11. März 2014 (noch nicht im Amtsblatt veröffentlicht) und Beschluss des Rates vom 14. April 2014.

(3)

Beschluss 93/626/EWG des Rates vom 25. Oktober 1993 über den Abschluss des Übereinkommens über die biologische Vielfalt (ABl. L 309 vom 13.12.1993, S. 1).

(4)

Anlage I zu Dokument UNEP/CBD/COP/DEC/X/1 vom 29. Oktober 2010.

(5)

Beschluss 2014/283/EU des Rates vom 14. April 2014 über den Abschluss — im Namen der Europäischen Union — des Protokolls von Nagoya über den Zugang zu genetischen Ressourcen und die ausgewogene und gerechte Aufteilung der sich aus ihrer Nutzung ergebenden Vorteile zum Übereinkommen über die biologische Vielfalt (siehe S. 231 dieses Amtsblatts..

(6)

Beschluss 2004/869/EG des Rates vom 24. Februar 2004 über den Abschluss des Internationalen Vertrags über pflanzengenetische Ressourcen für Ernährung und Landwirtschaft im Namen der Europäischen Gemeinschaft (ABl. L 378 vom 23.12.2004, S. 1).

(7)

Richtlinie 2003/4/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 28. Januar 2003 über den Zugang der Öffentlichkeit zu Umweltinformationen und zur Aufhebung der Richtlinie 90/313/EWG (ABl. L 41 vom 14.2.2003, S. 26).

(8)

Verordnung (EU) Nr. 182/2011 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. Februar 2011 zur Festlegung der allgemeinen Regeln und Grundsätze, nach denen die Mitgliedstaaten die Wahrnehmung der Durchführungsbefugnisse durch die Kommission kontrollieren (ABl. L 55 vom 28.2.2011, S. 13).

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