Artikel 3 eIDAS (VO (EU) 2014/910)

Begriffsbestimmungen

Für die Zwecke dieser Verordnung gelten die folgenden Begriffsbestimmungen:

1.
„Elektronische Identifizierung” ist der Prozess der Verwendung von Personenidentifizierungsdaten in elektronischer Form, die eine natürliche oder juristische Person oder eine natürliche Person, die eine andere natürliche Person oder eine juristische Person vertritt, eindeutig repräsentieren.
2.
„Elektronisches Identifizierungsmittel” ist eine materielle und/oder immaterielle Einheit, die Personenidentifizierungsdaten enthält und zur Authentifizierung bei Online-Diensten oder gegebenenfalls bei Offline-Diensten verwendet wird.
3.
„Personenidentifizierungsdaten” sind ein Datensatz, der im Einklang mit dem Unionsrecht oder dem nationalen Recht ausgestellt wird und es ermöglicht, die Identität einer natürlichen oder juristischen Person oder einer natürlichen Person, die eine andere natürliche Person oder eine juristische Person vertritt, festzustellen.
4.
„Elektronisches Identifizierungssystem” ist ein System für die elektronische Identifizierung, in dessen Rahmen natürlichen oder juristischen Personen oder natürlichen Personen, die andere natürliche Personen oder juristische Personen vertreten, elektronische Identifizierungsmittel ausgestellt werden.
5.
„Authentifizierung” ist ein elektronischer Prozess, der die Bestätigung der elektronischen Identifizierung einer natürlichen oder juristischen Person oder die Bestätigung des Ursprungs und der Unversehrtheit von Daten in elektronischer Form ermöglicht.
5a.
„Nutzer” ist eine natürliche oder juristische Person oder eine natürliche Person, die eine andere natürliche Person oder eine juristische Person vertritt, die gemäß dieser Verordnung bereitgestellte Vertrauensdienste oder elektronische Identifizierungsmittel verwendet.
6.
„Vertrauender Beteiligter” ist eine natürliche oder juristische Person, die auf eine elektronische Identifizierung, europäische Brieftaschen für die Digitale Identität oder andere Mittel zur elektronischen Identifizierung oder einen Vertrauensdienst vertraut.
7.
„Öffentliche Stelle” bezeichnet einen Staat, eine Gebietskörperschaft, eine Einrichtung des öffentlichen Rechts oder einen Verband, der aus einer oder mehreren dieser Körperschaften oder Einrichtungen des öffentlichen Rechts besteht, oder eine private Einrichtung, die von mindestens einer dieser Körperschaften, Einrichtungen oder Verbände mit der Erbringung von öffentlichen Dienstleistungen beauftragt wurde, wenn sie im Rahmen dieses Auftrags handelt.
8.
„Einrichtung des öffentlichen Rechts” ist eine Einrichtung nach Artikel 2 Absatz 1 Nummer 4 der Richtlinie 2014/24/EU des Europäischen Parlaments und des Rates(1).
9.
„Unterzeichner” ist eine natürliche Person, die eine elektronische Signatur erstellt.
10.
„Elektronische Signatur” sind Daten in elektronischer Form, die anderen elektronischen Daten beigefügt oder logisch mit ihnen verbunden werden und die der Unterzeichner zum Unterzeichnen verwendet.
11.
„Fortgeschrittene elektronische Signatur” ist eine elektronische Signatur, die die Anforderungen des Artikels 26 erfüllt.
12.
„Qualifizierte elektronische Signatur” ist eine fortgeschrittene elektronische Signatur, die von einer qualifizierten elektronischen Signaturerstellungseinheit erstellt wurde und auf einem qualifizierten Zertifikat für elektronische Signaturen beruht.
13.
„Elektronische Signaturerstellungsdaten” sind eindeutige Daten, die vom Unterzeichner zum Erstellen einer elektronischen Signatur verwendet werden.
14.
„Zertifikat für elektronische Signaturen” ist eine elektronische Bescheinigung, die elektronische Signaturvalidierungsdaten mit einer natürlichen Person verknüpft und die mindestens den Namen oder das Pseudonym dieser Person bestätigt.
15.
„Qualifiziertes Zertifikat für elektronische Signaturen” ist ein von einem qualifizierten Vertrauensdiensteanbieter ausgestelltes Zertifikat für elektronische Signaturen, das die Anforderungen des Anhangs I erfüllt.
16.
„Vertrauensdienst” ist ein elektronischer Dienst, der in der Regel gegen Entgelt erbracht wird und aus irgendeiner der folgenden Tätigkeiten besteht:

a)
Ausstellung von Zertifikaten für elektronische Signaturen, von Zertifikaten für elektronische Siegel, von Zertifikaten für die Website-Authentifizierung oder von Zertifikaten für die Erbringung anderer Vertrauensdienste;
b)
Validierung von Zertifikaten für elektronische Signaturen, Zertifikaten für elektronische Siegel, Zertifikaten für die Website-Authentifizierung oder Zertifikaten für die Erbringung anderer Vertrauensdienste;
c)
Erstellung elektronischer Signaturen oder elektronischer Siegel;
d)
Validierung elektronischer Signaturen oder elektronischer Siegel;
e)
Bewahrung von elektronischen Signaturen, elektronischen Siegeln, Zertifikaten für elektronische Signaturen oder Zertifikaten für elektronische Siegel;
f)
Verwaltung elektronischer Fernsignaturerstellungseinheiten oder elektronischer Fernsiegelerstellungseinheiten;
g)
Ausstellung elektronischer Attributsbescheinigungen;
h)
Validierung elektronischer Attributsbescheinigungen;
i)
Erstellung elektronischer Zeitstempel;
j)
Validierung elektronischer Zeitstempel;
k)
Erbringung von Diensten für die Zustellung elektronischer Einschreiben;
l)
Validierung von durch Dienste für die Zustellung elektronischer Einschreiben übermittelten Daten und damit zusammenhängenden Nachweisen;
m)
elektronische Archivierung elektronischer Daten und elektronischer Dokumente;
n)
Aufzeichnung elektronischer Daten in einem elektronischen Journal.

17.
„Qualifizierter Vertrauensdienst” ist ein Vertrauensdienst, der die einschlägigen Anforderungen dieser Verordnung erfüllt.
18.
„Konformitätsbewertungsstelle” ist eine Konformitätsbewertungsstelle im Sinne der Begriffsbestimmung in Artikel 2 Nummer 13 der Verordnung (EG) Nr. 765/2008, die gemäß jener Verordnung als zur Durchführung der Konformitätsbewertung qualifizierter Vertrauensdiensteanbieter und der von ihnen erbrachten qualifizierten Vertrauensdienste oder zur Durchführung der Zertifizierung von europäischen Brieftaschen für die Digitale Identität oder elektronischen Identifizierungsmitteln befähigte Stelle akkreditiert worden ist.
19.
„Vertrauensdiensteanbieter” ist eine natürliche oder juristische Person, die einen oder mehrere Vertrauensdienste als qualifizierter oder nichtqualifizierter Vertrauensdiensteanbieter erbringt.
20.
„Qualifizierter Vertrauensdiensteanbieter” ist ein Vertrauensdiensteanbieter, der einen oder mehrere qualifizierte Vertrauensdienste erbringt und dem von der Aufsichtsstelle der Status eines qualifizierten Anbieters verliehen wurde.
21.
„Produkt” bezeichnet Hardware, Software oder spezifische Komponenten von Hard- oder Software, die zur Erbringung von elektronischen Identifizierungsdiensten und Vertrauensdiensten bestimmt sind.
22.
„Elektronische Signaturerstellungseinheit” ist eine konfigurierte Software oder Hardware, die zum Erstellen einer elektronischen Signatur verwendet wird.
23.
„Qualifizierte elektronische Signaturerstellungseinheit” ist eine elektronische Signaturerstellungseinheit, die die Anforderungen des Anhangs II erfüllt.
23a.
. „Qualifizierte elektronische Fernsignaturerstellungseinheit” ist eine qualifizierte elektronische Signaturerstellungseinheit, die von einem qualifizierten Vertrauensdiensteanbieter gemäß Artikel 29a im Namen eines Unterzeichners verwaltet wird.
23b.
„Qualifizierte elektronische Fernsiegelerstellungseinheit” ist eine qualifizierte elektronische Siegelerstellungseinheit, die von einem qualifizierten Vertrauensdiensteanbieter gemäß Artikel 39a im Namen eines Siegelerstellers verwaltet wird.
24.
„Siegelersteller” ist eine juristische Person, die ein elektronisches Siegel erstellt.
25.
„Elektronisches Siegel” sind Daten in elektronischer Form, die anderen Daten in elektronischer Form beigefügt oder logisch mit ihnen verbunden werden, um deren Ursprung und Unversehrtheit sicherzustellen.
26.
„Fortgeschrittenes elektronisches Siegel” ist ein elektronisches Siegel, das die Anforderungen des Artikels 36 erfüllt.
27.
„Qualifiziertes elektronisches Siegel” ist ein fortgeschrittenes elektronisches Siegel, das von einer qualifizierten elektronischen Siegelerstellungseinheit erstellt wird und auf einem qualifizierten Zertifikat für elektronische Siegel beruht.
28.
„Elektronische Siegelerstellungsdaten” sind eindeutige Daten, die vom Siegelersteller zum Erstellen eines elektronischen Siegels verwendet werden.
29.
„Zertifikat für elektronische Siegel” ist eine elektronische Bescheinigung, die elektronische Siegelvalidierungsdaten mit einer juristischen Person verknüpft und den Namen dieser Person bestätigt.
30.
„Qualifiziertes Zertifikat für elektronische Siegel” ist ein von einem qualifizierten Vertrauensdiensteanbieter ausgestelltes Zertifikat für elektronische Siegel, das die Anforderungen des Anhangs III erfüllt.
31.
„Elektronische Siegelerstellungseinheit” ist eine konfigurierte Software oder Hardware, die zum Erstellen eines elektronischen Siegels verwendet wird.
32.
„Qualifizierte elektronische Siegelerstellungseinheit” ist eine elektronische Siegelerstellungseinheit, die die Anforderungen des Anhangs II sinngemäß erfüllt.
33.
„Elektronischer Zeitstempel” bezeichnet Daten in elektronischer Form, die andere Daten in elektronischer Form mit einem bestimmten Zeitpunkt verknüpfen und dadurch den Nachweis erbringen, dass diese anderen Daten zu diesem Zeitpunkt vorhanden waren.
34.
„Qualifizierter elektronischer Zeitstempel” ist ein elektronischer Zeitstempel, der die Anforderungen des Artikels 42 erfüllt.
35.
„Elektronisches Dokument” ist jeder in elektronischer Form, insbesondere als Text-, Ton-, Bild- oder audiovisuelle Aufzeichnung gespeicherte Inhalt.
36.
„Dienst für die Zustellung elektronischer Einschreiben” ist ein Dienst, der die Übermittlung von Daten zwischen Dritten mit elektronischen Mitteln ermöglicht und einen Nachweis der Handhabung der übermittelten Daten erbringt, darunter den Nachweis der Absendung und des Empfangs der Daten, und der die übertragenen Daten vor Verlust, Diebstahl, Beschädigung oder unbefugter Veränderung schützt.
37.
„Qualifizierter Dienst für die Zustellung elektronischer Einschreiben” ist ein Dienst für die Zustellung elektronischer Einschreiben, der die Anforderungen des Artikels 44 erfüllt.
38.
„Zertifikat für die Website-Authentifizierung” ist eine elektronische Bescheinigung, die die Authentifizierung einer Website ermöglicht und die Website mit der natürlichen oder juristischen Person verknüpft, der das Zertifikat ausgestellt wurde.
39.
„Qualifiziertes Zertifikat für die Website-Authentifizierung” ist ein von einem qualifizierten Vertrauensdiensteanbieter ausgestelltes Zertifikat für Website-Authentifizierung, das die Anforderungen des Anhangs IV erfüllt.
40.
„Validierungsdaten” sind Daten, die zur Validierung einer elektronischen Signatur oder eines elektronischen Siegels verwendet werden.
41.
„Validierung” ist der Prozess der Überprüfung und Bestätigung der Gültigkeit von Daten in elektronischer Form gemäß den Anforderungen dieser Verordnung.
42.
„Europäische Brieftasche für die Digitale Identität” ist ein elektronisches Identifizierungsmittel, das es dem Nutzer ermöglicht, Personenidentifizierungsdaten und elektronische Attributsbescheinigungen sicher zu speichern, zu verwalten und zu validieren, um sie vertrauenden Beteiligten und anderen Nutzern von europäischen Brieftaschen für die Digitale Identität zu präsentieren und mittels qualifizierter elektronischer Signaturen zu unterzeichnen oder mittels qualifizierter elektronischer Siegel zu besiegeln.
43.
„Attribut” ist ein Merkmal, eine Qualität, ein Recht oder die Erlaubnis einer natürlichen oder juristischen Person oder eines Objekts.
44.
„Elektronische Attributsbescheinigung” ist eine in elektronischer Form vorliegende Bescheinigung, die die Authentifizierung von Attributen ermöglicht.
45.
„Qualifizierte elektronische Attributsbescheinigung” ist eine von einem qualifizierten Vertrauensdiensteanbieter ausgestellte elektronische Attributsbescheinigung, die die Anforderungen des Anhangs V erfüllt.
46.
„Von oder im Namen einer für eine authentische Quelle zuständigen öffentlichen Stelle ausgestellte elektronische Attributsbescheinigung” ist eine elektronische Attributsbescheinigung, die gemäß Artikel 45f und Anhang VII von einer öffentlichen Stelle, die für eine authentische Quelle zuständig ist, oder von einer öffentlichen Stelle, die von dem Mitgliedstaat dafür benannt wurde, solche Attributsbescheinigungen im Namen der öffentlichen Stellen, die für authentische Quellen zuständig sind, auszustellen, ausgestellt wurde.
47.
„Authentische Quelle” ist ein Datenspeicher oder ein System, der bzw. das unter der Verantwortung einer öffentlichen Stelle oder privaten Einrichtung betrieben wird, Attribute zu einer natürlichen oder juristischen Person oder zu einem Objekt enthält und bereitstellt und als eine primäre Quelle für diese Informationen gilt oder im Einklang mit Unionsrecht oder nationalem Recht — einschließlich der Verwaltungspraxis — als authentisch anerkannt wird.
48.
„Elektronische Archivierung” ist ein Dienst für die Entgegennahme, die Speicherung, den Abruf und die Löschung elektronischer Daten und elektronischer Dokumente, der ihre Dauerhaftigkeit und Lesbarkeit gewährleistet sowie ihre Unversehrtheit, Vertraulichkeit und den Nachweis ihrer Herkunft während des gesamten Bewahrungszeitraums erhält.
49.
„Qualifizierter elektronischer Archivierungsdienst” ist ein elektronischer Archivierungsdienst, der von einem qualifizierten Vertrauensdiensteanbieter erbracht wird und der die Anforderungen des Artikels 45j erfüllt.
50.
„Vertrauenssiegel der europäischen Brieftasche für die Digitale Identität” ist eine nachprüfbare, einfache und erkennbare sowie eindeutig kommunizierte Angabe, dass eine europäische Brieftasche für die Digitale Identität gemäß dieser Verordnung bereitgestellt wurde.
51.
„Starke Nutzerauthentifizierung” ist eine Authentifizierung unter Heranziehung von mindestens zwei Authentifizierungsfaktoren aus verschiedenen Kategorien entweder von Wissen — etwas, das nur der Nutzer weiß –, Besitz — etwas, das nur der Nutzer besitzt — oder Inhärenz — etwas, das der Nutzer ist –, die insofern voneinander unabhängig sind, als die Nichterfüllung eines Kriteriums die Zuverlässigkeit der anderen nicht in Frage stellt, und die so konzipiert ist, dass die Vertraulichkeit der Authentifizierungsdaten geschützt ist.
52.
„Elektronisches Journal” ist eine Abfolge von Aufzeichnungen elektronischer Daten, die die Unversehrtheit dieser Aufzeichnungen und die Richtigkeit ihrer chronologischen Reihenfolge gewährleistet.
53.
„Qualifiziertes elektronisches Journal” ist ein elektronisches Journal, das von einem qualifizierten Vertrauensdiensteanbieter geführt wird und die Anforderungen des Artikels 45l erfüllt.
54.
„Personenbezogene Daten” sind alle Informationen im Sinne des Artikels 4 Nummer 1 der Verordnung (EU) 2016/679.
55.
„Identitätsabgleich” ist ein Verfahren, bei dem Personenidentifizierungsdaten oder elektronische Identifizierungsmittel mit einem bestehenden Konto, das derselben Person gehört, abgeglichen oder verknüpft werden.
56.
„Datensatz” sind elektronische Daten, die mit zugehörigen Metadaten zur Unterstützung der Verarbeitung der Daten erfasst werden.
57.
„Offline-Modus”  — im Hinblick auf die Nutzung von europäischen Brieftaschen für die Digitale Identität — ist eine Interaktion zwischen einem Nutzer und einem Dritten an einem physischen Ort unter Nutzung von Technologien für kurze Distanzen (Proximity-Technologien), bei der für die Zwecke dieser Interaktion die europäische Brieftasche für die Digitale Identität nicht über elektronische Kommunikationsnetze auf internetbasierte Systeme zugreifen muss.

Fußnote(n):

(1)

Richtlinie 2014/24/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Februar 2014 über die öffentliche Auftragsvergabe und zur Aufhebung der Richtlinie 2004/18/EG (ABl. L 94 vom 28.3.2014, S. 65).

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