Artikel 46b eIDAS (VO (EU) 2014/910)

Beaufsichtigung von Vertrauensdiensten

(1) Die Mitgliedstaaten benennen eine Aufsichtsstelle, die in ihrem Hoheitsgebiet niedergelassen ist, oder sie benennen, aufgrund einer gegenseitigen Vereinbarung mit einem anderen Mitgliedstaat, eine in diesem anderen Mitgliedstaat niedergelassene Aufsichtsstelle. Diese Aufsichtsstelle ist für die Wahrnehmung der Aufsichtsaufgaben im benennenden Mitgliedstaat im Hinblick auf Vertrauensdienste verantwortlich.

Die gemäß Unterabsatz 1 benannten Aufsichtsstellen erhalten die erforderlichen Befugnisse und angemessene Ressourcen für die Wahrnehmung ihrer Aufgaben.

(2) Die Mitgliedstaaten teilen der Kommission die Namen und die Adressen ihrer nach Absatz 1 benannten Aufsichtsstellen sowie alle nachfolgenden Änderungen daran mit. Die Kommission veröffentlicht eine Liste der benannten Aufsichtsstellen.

(3) Die nach Absatz 1 benannten Aufsichtsstellen nehmen folgende Funktionen wahr:

a)
Ausübung der Aufsicht über die im Hoheitsgebiet des benennenden Mitgliedstaats niedergelassenen qualifizierten Vertrauensdiensteanbieter und Gewährleistung im Wege von Ex-ante- und Ex-post-Aufsichtstätigkeiten, dass diese qualifizierten Vertrauensdiensteanbieter und die von ihnen erbrachten qualifizierten Vertrauensdienste den Anforderungen dieser Verordnung entsprechen;
b)
erforderlichenfalls Durchführung von Maßnahmen im Wege von Ex-post-Aufsichtstätigkeiten in Bezug auf die im Hoheitsgebiet des benennenden Mitgliedstaats niedergelassenen nichtqualifizierten Vertrauensdiensteanbieter, wenn sie Kenntnis davon erhalten, dass diese nichtqualifizierten Vertrauensdiensteanbieter oder die von ihnen erbrachten Vertrauensdienste die Anforderungen dieser Verordnung mutmaßlich nicht erfüllen;

(4) Die nach Absatz 1 benannten Aufsichtsstelle nimmt unter anderem insbesondere folgende Aufgaben wahr:

a)
Unterrichtung der nach Artikel 8 Absatz 1 der Richtlinie (EU) 2022/2555 benannten oder eingerichteten zuständigen Behörden der betroffenen Mitgliedstaaten über alle erheblichen Sicherheitsverletzungen oder Fälle von Integritätsverlust, von denen sie bei der Wahrnehmung ihrer Aufgaben Kenntnis erlangt, und in Fällen, in denen weitere Mitgliedstaaten von einer erheblichen Sicherheitsverletzung oder einem Integritätsverlust betroffen sind, Unterrichtung der benannten oder eingerichteten einheitlichen Anlaufstelle nach Artikel 8 Absatz 3 der Richtlinie (EU) 2022/2555 des betroffenen Mitgliedstaats und der benannten einheitlichen Anlaufstellen nach Artikel 46c Absatz 1 der vorliegenden Verordnung in den anderen betroffenen Mitgliedstaaten sowie Information der Öffentlichkeit oder Verpflichtung des Vertrauensdiensteanbieters, dies zu tun, wenn die Aufsichtsstelle feststellt, dass eine Offenlegung der Sicherheitsverletzung oder des Integritätsverlusts im öffentlichen Interesse wäre;
b)
Zusammenarbeit mit anderen Aufsichtsstellen und Unterstützung dieser Stellen gemäß den Artikeln 46c und 46e;
c)
Analyse der Konformitätsbewertungsberichte gemäß Artikel 20 Absatz 1 und Artikel 21 Absatz 1;
d)
Berichterstattung an die Kommission über ihre hauptsächlichen Tätigkeiten gemäß Absatz 6 dieses Artikels;
e)
Durchführung von Überprüfungen oder Beauftragung einer Konformitätsbewertungsstelle mit der Durchführung einer Konformitätsbewertung der qualifizierten Vertrauensdiensteanbieter gemäß Artikel 20 Absatz 2;
f)
Zusammenarbeit mit den gemäß Artikel 51 der Verordnung (EU) 2016/679 eingerichteten zuständigen Aufsichtsbehörden, insbesondere deren unverzügliche Unterrichtung, wenn scheinbar gegen Datenschutzvorschriften verstoßen wurde, sowie über Sicherheitsverletzungen, die mögliche Verletzungen des Schutzes personenbezogener Daten darstellen;
g)
Verleihung des Qualifikationsstatus an Vertrauensdiensteanbieter und die von ihnen erbrachten Dienste sowie Entzug dieses Status gemäß den Artikeln 20 und 21;
h)
Unterrichtung der in Artikel 22 Absatz 3 genannten, für die nationale Vertrauensliste verantwortlichen Stelle über ihre Entscheidung, den Qualifikationsstatus zu verleihen oder zu entziehen, soweit es sich dabei nicht um die nach Absatz 1 benannte Aufsichtsstelle selbst handelt;
i)
Überprüfung des Vorliegens und der ordnungsgemäßen Anwendung von Vorschriften über Beendigungspläne für den Fall, dass der qualifizierte Vertrauensdiensteanbieter seine Tätigkeit einstellt, wobei auch die Frage, wie die Informationen gemäß Artikel 24 Absatz 2 Buchstabe h weiter zugänglich gehalten werden, geprüft wird;
j)
Verpflichtung der Vertrauensdiensteanbieter, bei jedem Fall von Nichteinhaltung der Anforderungen dieser Verordnung Abhilfe zu schaffen;
k)
Prüfung von Angaben von Anbietern von Webbrowsern nach Artikel 45a und erforderlichenfalls Ergreifen von Maßnahmen.

(5) Die Mitgliedstaaten können verlangen, dass die nach Absatz 1 benannte Aufsichtsstelle nach Maßgabe des nationalen Rechts eine Vertrauensinfrastruktur einrichtet, unterhält und aktualisiert.

(6) Bis zum 31. März jedes Jahres legt jede nach Absatz 1 benannte Aufsichtsstelle der Kommission einen Bericht über ihre hauptsächlichen Tätigkeiten während des vorangegangenen Kalenderjahres vor. Die Kommission stellt diese jährlichen Berichte dem Parlament und dem Rat zur Verfügung.

(7) Bis zum 21. Mai 2025 nimmt die Kommission Leitlinien über die Wahrnehmung der Aufgaben nach Absatz 4 dieses Artikels durch die nach Absatz 1 benannten Aufsichtsstellen an und legt im Wege von Durchführungsrechtsakten Form und Verfahren für die in Absatz 6 des vorliegenden Artikels genannten Berichte fest. Diese Durchführungsrechtsakte werden gemäß dem in Artikel 48 Absatz 2 genannten Prüfverfahren erlassen.

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