Präambel VO (EU) 2015/1589

DER RAT DER EUROPÄISCHEN UNION —

gestützt auf den Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union, insbesondere auf Artikel 109,

auf Vorschlag der Europäischen Kommission,

nach Stellungnahme des Europäischen Parlaments(1),

in Erwägung nachstehender Gründe:

(1)
Die Verordnung (EG) Nr. 659/1999 des Rates(2) wurde mehrfach und erheblich geändert(3). Aus Gründen der Klarheit und der Übersichtlichkeit empfiehlt es sich, sie zu kodifizieren.
(2)
Unbeschadet der besonderen Verfahrensregeln in Verordnungen für bestimmte Sektoren, sollte diese Verordnung für Beihilfen in allen Sektoren gelten. Im Hinblick auf die Anwendung der Artikel 93 und 107 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) ist die Kommission nach Artikel 108 AEUV insbesondere für Beschlüsse über die Vereinbarkeit staatlicher Beihilfen mit dem Binnenmarkt zuständig; dies gilt für die Überprüfung bestehender Beihilferegelungen, die Einführung oder Umgestaltung von Beihilfen und die Nichtbefolgung ihrer Beschlüsse oder der Anmeldungspflicht.
(3)
Im Rahmen eines modernisierten Systems der Vorschriften für staatliche Beihilfen, mit der sowohl ein Beitrag zur Umsetzung der Wachstumsstrategie „Europa 2020” als auch zur Haushaltskonsolidierung geleistet werden soll, sollte für eine wirksame und einheitliche Anwendung des Artikels 107 AEUV in der Union gesorgt werden. Mit der Verordnung (EG) Nr. 659/1999 wurde die bis dato gängige Praxis der Kommission konsolidiert und verstärkt, um mehr Rechtssicherheit zu schaffen und die Beihilfepolitik in einem transparenten Umfeld weiterzuentwickeln.
(4)
Zur Gewährleistung von Rechtssicherheit sollte festgelegt werden, unter welchen Umständen staatliche Beihilfen als bestehende Beihilfen zu betrachten sind. Die Vollendung und Vertiefung des Binnenmarkts ist ein schrittweiser Prozess, der sich in der ständigen Entwicklung der Politik im Bereich der staatlichen Beihilfen widerspiegelt. In der Folge dieser Entwicklungen können bestimmte Maßnahmen, die zum Zeitpunkt ihrer Einführung keine staatlichen Beihilfen darstellten, zu Beihilfen geworden sein.
(5)
Nach Artikel 108 Absatz 3 AEUV müssen alle Vorhaben zur Gewährung neuer Beihilfen bei der Kommission angemeldet werden und dürfen nicht durchgeführt werden, bevor die Kommission einen abschließenden Beschluss erlassen hat.
(6)
Nach Artikel 4 Absatz 3 des Vertrags über die Europäische Union (EUV) sind die Mitgliedstaaten verpflichtet, mit der Kommission zusammenzuarbeiten und ihr alle zur Erfüllung ihrer Verpflichtungen aus dieser Verordnung erforderlichen Informationen bereitzustellen.
(7)
Die Frist, innerhalb derer die Kommission die vorläufige Prüfung angemeldeter Beihilfen beendet haben muss, sollte festgesetzt werden auf zwei Monate nach Erhalt einer vollständigen Anmeldung oder nach Erhalt einer gebührend begründeten Erklärung des betreffenden Mitgliedstaats, wonach dieser die Anmeldung als vollständig erachtet, da die von der Kommission erbetenen zusätzlichen Auskünfte nicht verfügbar sind oder bereits erteilt wurden. Diese Prüfung sollte aus Gründen der Rechtssicherheit durch einen Beschluss abgeschlossen werden.
(8)
In allen Fällen, in denen die Kommission nach der vorläufigen Prüfung nicht auf die Vereinbarkeit der Beihilfe mit dem Binnenmarkt schließen kann, sollte das förmliche Prüfverfahren eröffnet werden, damit die Kommission alle zur Beurteilung der Vereinbarkeit der Beihilfe zweckdienlichen Auskünfte einholen kann und die Beteiligten ihre Stellungnahmen abgeben können. Die Rechte der Beteiligten können im Rahmen des förmlichen Prüfverfahrens nach Artikel 108 Absatz 2 AEUV am besten gewährleistet werden.
(9)
Da nach Artikel 108 AEUV ausschließlich die Kommission dafür zuständig ist zu prüfen, ob eine angemeldete oder rechtswidrige staatliche Beihilfe mit dem Binnenmarkt vereinbar ist, sollte dafür Sorge getragen werden, dass die Kommission über die Befugnis verfügt, für die Zwecke der Durchsetzung der Vorschriften über staatliche Beihilfen Mitgliedstaaten, Unternehmen oder Unternehmensvereinigungen um die erforderlichen Marktauskünfte zu ersuchen, wenn sie aufgrund von Zweifeln an der Vereinbarkeit einer Maßnahme ein förmliches Prüfverfahren eingeleitet hat. Die Kommission sollte diese Befugnis insbesondere in den Fällen ausüben, in denen sich eine umfassende inhaltliche Würdigung als erforderlich erweist. Bei ihrer Entscheidung darüber, ob sie diese Befugnis ausüben wird, sollte sie die Dauer der vorläufigen Prüfung gebührend berücksichtigen.
(10)
Nach Einleitung des förmlichen Prüfverfahrens sollte die Kommission die Möglichkeit haben, für die Zwecke der beihilferechtlichen Würdigung der Vereinbarkeit einer Beihilfemaßnahme — insbesondere wenn es um technisch komplexe Fälle geht, die einer inhaltlichen Würdigung bedürfen — einen Mitgliedstaat, ein Unternehmen oder eine Unternehmensvereinigung oder im Wege eines einfachen Auskunftsersuchens oder eines Beschlusses um die für eine vollumfängliche Würdigung erforderlichen Marktauskünfte zu ersuchen, wenn die Angaben, die ihr der betreffende Mitgliedstaat im Verlauf der vorläufigen Prüfung übermittelt hat, dafür nicht ausreichen; dabei muss insbesondere bei kleinen und mittleren Unternehmen dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit gebührend Rechnung getragen werden.
(11)
In Anbetracht der besonderen Beziehungen zwischen den Beihilfeempfängern und dem betreffenden Mitgliedstaat sollte die Kommission mit Einverständnis des betreffenden Mitgliedstaats Auskünfte von einem Beihilfeempfänger einholen dürfen. Die Tatsache, dass der Empfänger der fraglichen Beihilfe Auskünfte erteilt hat, schafft keine Rechtsgrundlage für bilaterale Verhandlungen zwischen dem Empfänger und der Kommission.
(12)
Die Kommission sollte die Adressaten der Auskunftsersuchen von Fall zu Fall nach geeigneten objektiven Kriterien auswählen, wobei sie gewährleistet, dass in den Fällen, in denen das Ersuchen an stichprobenartig ausgewählte Unternehmen oder Unternehmensvereinigungen gerichtet wird, die Stichprobe für jede Kategorie repräsentativ ist. Die angeforderten Auskünfte sollten insbesondere aus Unternehmens- und Marktdaten und einer faktengestützten Analyse der Funktionsweise des Marktes bestehen.
(13)
Da die Kommission das Verfahren einleitet, sollte sie auch dafür verantwortlich sein, die Auskunftserteilung durch Mitgliedstaaten, Unternehmen oder Unternehmensvereinigungen sowie die angebliche Vertraulichkeit der übermittelten Auskünfte zu überprüfen.
(14)
Die Kommission sollte über Möglichkeiten verfügen, dafür zu sorgen, dass die Unternehmen oder Unternehmensvereinigungen den an sie gerichteten Auskunftsersuchen auch wirklich nachkommen, und zu diesem Zweck bei Bedarf auch angemessene Geldbußen oder Zwangsgelder verhängen können. Bei der Festsetzung der Geldbußen und Zwangsgelder sollte die Kommission — insbesondere bei kleinen und mittleren Unternehmen — dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit und der Angemessenheit gebührend Rechnung tragen. Die Rechte derer, die um Auskünfte ersucht werden, sollten gewahrt werden, indem ihnen die Gelegenheit gegeben wird, vor dem etwaigen Erlass eines Beschlusses zur Festlegung von Geldbußen oder Zwangsgeldern ihren Standpunkt darzulegen. Der Gerichtshof der Europäischen Union sollte in Bezug auf Geldbußen und Zwangsgelder über unbeschränkte Ermessensnachprüfungsbefugnisse im Sinne des Artikels 261 AEUV verfügen.
(15)
Die Kommission sollt die Zwangsgelder unter gebührender Berücksichtigung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit und der Angemessenheit senken oder ganz erlassen können, wenn Adressaten von Auskunftsersuchen die angeforderten Auskünfte, wenn auch nach Ablauf der Frist, übermittelt haben.
(16)
Geldbußen und Zwangsgelder sind nicht anwendbar auf Mitgliedstaaten, da sie gemäß Artikel 4 Absatz 3 EUV verpflichtet sind, loyal mit der Kommission zusammenzuarbeiten und der Kommission alle Informationen bereitzustellen, die sie benötigt, um ihre aus dieser Verordnung erwachsenden Verpflichtungen zu erfüllen.
(17)
Nachdem die Kommission die Stellungnahmen der Beteiligten gewürdigt hat, sollte sie ihre Prüfung durch einen abschließenden Beschluss beenden, sobald alle Bedenken ausgeräumt sind. Sollte diese Prüfung nach einem Zeitraum von 18 Monaten nach Eröffnung des Verfahrens nicht beendet sein, so empfiehlt es sich, dass der betreffende Mitgliedstaat die Möglichkeit hat, einen Beschluss zu beantragen, den die Kommission innerhalb von zwei Monaten erlassen muss.
(18)
Um die Verteidigungsrechte des betreffenden Mitgliedstaats zu wahren, sollte dieser Kopien der Auskunftsersuchen, die an andere Mitgliedstaaten, Unternehmen oder Unternehmensvereinigungen gerichtet wurden, erhalten und die Möglichkeit haben, seinen Standpunkt zu den Stellungnahmen darzulegen. Zudem sollten ihm die Namen der Unternehmen und der Unternehmensvereinigungen mitgeteilt werden, die um Auskunft ersucht werden, sofern diese Stellen nicht nachweislich ein berechtigtes Interesse am Schutz ihrer Identität haben.
(19)
Die Kommission sollte das berechtigte Interesse der Unternehmen am Schutz ihrer Geschäftsgeheimnisse gebührend berücksichtigen. Wenn vertrauliche Auskünfte aus Antworten weder durch Aggregation noch auf andere Weise anonymisiert werden können, sollte sie diese Auskünfte nicht in Beschlüssen verwenden dürfen, es sei denn, die Auskunftgeber haben vorab einer Offenlegung der Auskünfte gegenüber dem betreffenden Mitgliedstaat zugestimmt.
(20)
Für Fälle, in denen die als vertraulich gekennzeichneten Informationen nicht unter das Berufsgeheimnis zu fallen scheinen, sollte ein Verfahren bestehen, mit dem die Kommission entscheiden kann, inwieweit solche Informationen offengelegt werden können. Wenn die Kommission einem Antrag auf vertrauliche Behandlung zurückweist, sollte sie eine Frist angeben, nach der die Information offengelegt wird, sodass der Auskunftgeber jeden ihm zur Verfügung stehenden gerichtlichen Schutz einschließlich einer einstweiligen Anordnung in Anspruch nehmen kann.
(21)
Um eine korrekte und wirksame Anwendung der Vorschriften über staatliche Beihilfen zu gewährleisten, sollte die Kommission die Möglichkeit haben, einen Beschluss, der auf unrichtigen Auskünften beruht, zu widerrufen.
(22)
Um die Einhaltung von Artikel 108 AEUV, insbesondere der Anmeldepflicht und des Durchführungsverbots in dessen Absatz 3, zu gewährleisten, sollte die Kommission alle rechtswidrigen Beihilfen überprüfen. Im Interesse der Transparenz und Rechtssicherheit sollten die in diesen Fällen zu befolgenden Verfahren festgelegt werden. Ist ein Mitgliedstaat der Anmeldepflicht oder dem Durchführungsverbot nicht nachgekommen, so sollte die Kommission an keine Fristen gebunden sein.
(23)
Die Kommission sollte von Amts wegen Informationen über rechtswidrige Beihilfen ungeachtet der Herkunft dieser Informationen prüfen können, um die Einhaltung von Artikel 108 AEUV und insbesondere der Anmeldungsverpflichtung und des Durchführungsverbots nach Artikel 108 Absatz 3 AEUV sicherzustellen und die Vereinbarkeit der Beihilfen mit dem Binnenmarkt zu würdigen.
(24)
Bei rechtswidrigen Beihilfen sollte die Kommission das Recht haben, alle für ihren Beschluss sachdienlichen Auskünfte einzuholen und gegebenenfalls sofort den unverfälschten Wettbewerb wiederherzustellen. Daher ist es angezeigt, dass sie gegenüber dem betreffenden Mitgliedstaat einstweilige Maßnahmen erlassen kann. Bei diesen einstweiligen Maßnahmen kann es sich um Anordnungen zur Auskunftserteilung sowie zur Aussetzung oder Rückforderung einer Beihilfe handeln. Die Kommission sollte bei Nichtbefolgung einer Anordnung zur Auskunftserteilung ihren Beschluss auf die ihr vorliegenden Informationen stützen und bei Nichtbefolgung einer Aussetzungs- oder Rückforderungsanordnung den Gerichtshof nach Artikel 108 Absatz 2 Unterabsatz 2 AEUV unmittelbar anrufen können.
(25)
Bei rechtswidrigen Beihilfen, die mit dem Binnenmarkt nicht vereinbar sind, sollte wirksamer Wettbewerb wiederhergestellt werden. Dazu ist es notwendig, die betreffende Beihilfe einschließlich Zinsen unverzüglich zurückzufordern. Die Rückforderung hat nach den Verfahrensvorschriften des nationalen Rechts zu erfolgen. Die Anwendung dieser Verfahren sollte jedoch die Wiederherstellung eines wirksamen Wettbewerbs durch Verhinderung der sofortigen und tatsächlichen Vollstreckung des Beschlusses der Kommission nicht erschweren. Um zu diesem Ergebnis zu gelangen, sollten die Mitgliedstaaten alle erforderlichen Maßnahmen zur Gewährleistung der Wirksamkeit des Beschlusses der Kommission treffen.
(26)
Aus Gründen der Rechtssicherheit sollte in Bezug auf rechtswidrige Beihilfen eine Frist von zehn Jahren vorgesehen werden, nach deren Ablauf keine Rückforderung mehr angeordnet werden kann.
(27)
Aus Gründen der Rechtssicherheit sollten Verjährungsfristen für die Verhängung und die Vollstreckung von Geldbußen und Zwangsgeldern vorgesehen werden.
(28)
Die missbräuchliche Anwendung von Beihilfen kann sich auf die Funktionsweise des Binnenmarkts in ähnlicher Weise wie eine rechtswidrige Beihilfe auswirken und sollte demnach in ähnlicher Weise behandelt werden. Im Gegensatz zu rechtswidrigen Beihilfen handelt es sich bei Beihilfen, die gegebenenfalls in missbräuchlicher Weise angewandt worden sind, um Beihilfen, die die Kommission zu einem früheren Zeitpunkt genehmigt hat. Deswegen sollte die Kommission bei der missbräuchlichen Anwendung von Beihilfen keine Rückforderungsanordnung erlassen können.
(29)
Die Kommission ist nach Artikel 108 Absatz 1 AEUV verpflichtet, fortlaufend in Zusammenarbeit mit den Mitgliedstaaten alle bestehenden Beihilferegelungen zu überprüfen. Im Interesse der Transparenz und Rechtssicherheit ist es angezeigt, den Rahmen dieser Zusammenarbeit festzulegen.
(30)
Die Kommission sollte zur Gewährleistung der Vereinbarkeit der bestehenden Beihilferegelungen mit dem Binnenmarkt nach Artikel 108 Absatz 1 AEUV zweckdienliche Maßnahmen vorschlagen, wenn eine solche Regelung nicht oder nicht mehr mit dem Binnenmarkt vereinbar ist, und das Verfahren nach Artikel 108 Absatz 2 AEUV eröffnen, wenn der betreffende Mitgliedstaat die vorgeschlagenen Maßnahmen nicht durchführen will.
(31)
Es ist zweckmäßig alle Möglichkeiten vorzusehen, über die Dritte verfügen, um ihre Interessen bei Verfahren für staatliche Beihilfen zu vertreten.
(32)
Beschwerden sind eine wichtige Informationsquelle für die Aufdeckung von Verstößen gegen die Unionsvorschriften über staatliche Beihilfen. Um die Qualität der bei der Kommission eingehenden Beschwerden und gleichzeitig mehr Transparenz und Rechtssicherheit zu gewährleisten, sollte vorgesehen werden, welche Voraussetzungen eine Beschwerde erfüllen muss, damit die Kommission durch sie in den Besitz von Informationen über eine mutmaßliche rechtswidrige Beihilfe gelangen und eine vorläufige Prüfung eingeleitet werden kann. Eingaben, die diese Voraussetzungen nicht erfüllen, sollten als allgemeine Marktauskünfte behandelt werden und nicht zwangsläufig zu Untersuchungen von Amts wegen führen.
(33)
Beschwerdeführer sollten nachweisen müssen, dass sie Beteiligte im Sinne von Artikel 108 Absatz 2 AEUV und Artikel 1 Buchstabe h der vorliegenden Verordnung sind. Ferner sollten sie ein Mindestmaß an Angaben in einem bestimmten Formular liefern müssen, und die Kommission sollte ermächtigt werden, dieses Formular im Rahmen einer Durchführungsbestimmung zu regeln. Um nicht von Beschwerden abzuschrecken, sollte bei dieser Durchführungsbestimmung darauf geachtet werden, dass die an die Beteiligten gestellten Anforderungen für die Einlegung einer Beschwerde nicht allzu hoch sein sollten.
(34)
Mit Blick auf eine kohärente Behandlung ähnlicher Sachverhalte im gesamten Binnenmarkt sollte eine Rechtsgrundlage für die Einleitung von Untersuchungen einzelner Wirtschaftszweige oder Beihilfeinstrumente in mehreren Mitgliedstaaten vorgesehen werden. Aus Gründen der Verhältnismäßigkeit sollten Untersuchungen einzelner Wirtschaftszweige angesichts des hohen Verwaltungsaufwands, den sie verursachen, nur dann durchgeführt werden, wenn aufgrund der vorliegenden Informationen ein hinreichender Verdacht besteht, dass in mehreren Mitgliedstaaten staatliche Beihilfen in einem bestimmten Wirtschaftszweig den Wettbewerb im Binnenmarkt wesentlich einschränken oder verzerren könnten oder dass bestehende Beihilfen in einem bestimmten Wirtschaftszweig in mehreren Mitgliedstaaten nicht oder nicht mehr mit dem Binnenmarkt vereinbar sind. Solche Untersuchungen würden es der Kommission ermöglichen, horizontale Beihilfen effizient und transparent zu behandeln und bereits ex ante einen Überblick über den betreffenden Wirtschaftszweig zu erhalten.
(35)
Damit die Kommission die Befolgung ihrer Beschlüsse wirksam überwachen kann und ihre Zusammenarbeit mit den Mitgliedstaaten bei der fortlaufenden Überprüfung aller bestehenden Beihilferegelungen nach Artikel 108 Absatz 1 AEUV erleichtert wird, ist es notwendig, dass für alle bestehenden Beihilferegelungen eine allgemeine Berichterstattungspflicht vorgesehen wird.
(36)
Hat die Kommission ernsthafte Bedenken, ob ihre Beschlüsse befolgt werden, sollte sie über zusätzliche Instrumente verfügen, um die Informationen einholen zu können, die für die Nachprüfung der tatsächlichen Befolgung ihrer Beschlüsse erforderlich sind. In dieser Hinsicht stellen Nachprüfungen vor Ort ein geeignetes und nützliches Instrument dar, und zwar insbesondere in Fällen, in denen Beihilfen missbräuchlich angewandt worden sein könnten. Deshalb sollte die Kommission dazu ermächtigt werden, Nachprüfungen vor Ort durchzuführen, und die zuständigen Behörden der Mitgliedstaaten sollten mit ihr zusammenarbeiten, wenn ein Unternehmen sich einer solchen Nachprüfung vor Ort widersetzt.
(37)
Eine kohärente Anwendung der Vorschriften über staatliche Beihilfen erfordert Festlegungen bezüglich der Zusammenarbeit zwischen den mitgliedstaatlichen Gerichten und der Kommission. Diese Zusammenarbeit ist für alle mitgliedstaatlichen Gerichte relevant, die Artikel 107 Absatz 1 und Artikel 108 AEUV anwenden. Die Gerichte der Mitgliedstaaten sollten insbesondere die Möglichkeit haben, die Kommission um Auskünfte oder um Stellungnahmen zu Fragen der Anwendung Vorschriften über staatliche Beihilfen zu ersuchen. Der Kommission wiederum sollte die Möglichkeit gegeben werden, sich mündlich oder schriftlich vor Gerichten der Mitgliedstaaten zu äußern, wenn Artikel 107 Absatz 1 oder Artikel 108 AEUV zur Anwendung kommt. Wenn die Kommission die mitgliedstaatlichen Gerichte in dieser Weise unterstützt, so sollte sie entsprechend ihrer Aufgabe handeln, das öffentliche Interesse zu schützen.
(38)
Diese Stellungnahmen der Kommission sollten nicht Artikel 267 AEUV berühren und sollten für die Gerichte der Mitgliedstaaten rechtlich nicht bindend sein. Sie sollten im Einklang mit den einzelstaatlichen Verfahrensregeln und Gepflogenheiten, einschließlich derjenigen, die die Wahrung der Rechte der Parteien betreffen, erfolgen, wobei die Unabhängigkeit der mitgliedstaatlichen Gerichte in vollem Umfang zu achten ist. Die Kommission sollte sich nur dann aus eigener Initiative äußern, wenn dies für die kohärente Anwendung des Artikels 107 Absatz 1 oder des Artikels 108 AEUV erforderlich ist, insbesondere in Fällen, die für die Vollstreckung oder Weiterentwicklung der Rechtsprechung der Union zum Beihilferecht von Bedeutung sind.
(39)
Im Interesse der Transparenz und Rechtssicherheit sollten die Beschlüsse der Kommission der Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden; gleichzeitig gilt weiterhin der Grundsatz, dass Beschlüsse über staatliche Beihilfen an den betreffenden Mitgliedstaat gerichtet werden. Deswegen ist es zweckmäßig, alle Beschlüsse, die die Interessen der Beteiligten beeinträchtigen könnten, in vollständiger oder zusammengefasster Form zu veröffentlichen oder für die Beteiligten Kopien derjenigen Beschlüsse bereitzuhalten, die nicht veröffentlicht oder nicht in vollständiger Form veröffentlicht wurden.
(40)
Die Kommission sollte bei der Veröffentlichung ihrer Beschlüsse die Vorschriften über das Berufsgeheimnis nach Artikel 339 AEUV befolgen und insbesondere alle vertraulichen Informationen und personenbezogenen Daten schützen.
(41)
Die Kommission sollte in enger Zusammenarbeit mit dem Beratenden Ausschuss für staatliche Beihilfen Durchführungsbestimmungen für die Verfahren nach dieser Verordnung erlassen können —

HAT FOLGENDE VERORDNUNG ERLASSEN:

Fußnote(n):

(1)

Stellungnahme vom 29. April 2015 (noch nicht im Amtsblatt veröffentlicht).

(2)

Verordnung (EG) Nr. 659/1999 des Rates vom 22. März 1999 über besondere Vorschriften für die Anwendung von Artikel 108 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (ABl. L 83 vom 27.3.1999, S. 1).

(3)

Siehe Anhang I.

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