Präambel VO (EU) 2015/759

DAS EUROPÄISCHE PARLAMENT UND DER RAT DER EUROPÄISCHEN UNION —

gestützt auf den Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union, insbesondere auf Artikel 338 Absatz 1,

auf Vorschlag der Europäischen Kommission,

nach Zuleitung des Entwurfs des Gesetzgebungsakts an die nationalen Parlamente,

nach Stellungnahme der Europäischen Zentralbank(1),

gemäß dem ordentlichen Gesetzgebungsverfahren(2),

in Erwägung nachstehender Gründe:

(1)
Das Europäische Statistische System (im Folgenden „ESS” ) als Partnerschaft hat seine Tätigkeit im Allgemeinen mit Erfolg konsolidiert, um die Entwicklung, Erstellung und Verbreitung qualitativ hochwertiger europäischer Statistiken zu sichern, unter anderem durch die Verbesserung der Governance des ESS.
(2)
Jedoch wurden in letzter Zeit einige Schwächen ausgemacht, insbesondere im Hinblick auf den Rahmen für das Qualitätsmanagement von Statistiken.
(3)
In ihrer Mitteilung vom 15. April 2011 „Ein robustes Qualitätsmanagement für die europäischen Statistiken” hat die Kommission Maßnahmen zur Beseitigung dieser Schwächen und zur Stärkung der Governance des ESS vorgeschlagen. Insbesondere schlug sie vor, die Verordnung (EG) Nr. 223/2009 des Europäischen Parlaments und des Rates(3) gezielt zu ändern.
(4)
Der Rat hat in seinen Schlussfolgerungen vom 20. Juni 2011 die Initiative der Kommission begrüßt und hervorgehoben, wie wichtig es ist, die Governance und Effizienz des ESS kontinuierlich zu verbessern.
(5)
Die Auswirkungen der jüngsten Entwicklungen im Kontext des Rahmens für die wirtschaftspolitische Steuerung in der Union auf den Bereich der Statistik sollten berücksichtigt werden — insbesondere die Aspekte der fachlichen Unabhängigkeit wie transparente Einstellungs- und Entlassungsprozesse, die Zuweisung von Haushaltsmitteln und Veröffentlichungszeitpläne, wie in der Verordnung (EU) Nr. 1175/2011 des Europäischen Parlaments und des Rates(4) festgelegt, sowie die Aspekte der erforderlichen funktionellen Eigenständigkeit von Einrichtungen, deren Aufgabe es ist, die Umsetzung der nationalen Haushaltsregeln zu überwachen, wie in der Verordnung (EU) Nr. 473/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates(5) festgelegt.
(6)
Diese Aspekte im Zusammenhang mit der fachlichen Unabhängigkeit, beispielsweise transparente Einstellungs- und Entlassungsprozesse, die Zuweisung von Haushaltsmitteln und Veröffentlichungszeitpläne, sollten nicht auf die für die Zwecke des Haushaltsüberwachungssystems und des Verfahrens bei einem übermäßigen Defizit erstellten Statistiken begrenzt bleiben, sondern bei allen durch das ESS entwickelten, erstellten und verbreiteten europäischen Statistiken beachtet werden.
(7)
Außerdem sind angemessene, jährlich oder für mehrere Jahre zur Deckung des Bedarfs an statistischen Daten zugewiesene Ressourcen eine zwingende Voraussetzung für die Gewährleistung der fachlichen Unabhängigkeit der statistischen Stellen und der hohen Qualität der statistischen Daten.
(8)
Hierzu sollte die fachliche Unabhängigkeit der statistischen Stellen gestärkt und unionsweit geltende Mindeststandards gewährleistet werden. Den Leitern der nationalen statistischen Ämter (im Folgenden „NSÄ” ) sollten spezielle Garantien im Hinblick auf statistische Aufgaben, Organisationsfragen und die Mittelzuweisung gegeben werden. Die Verfahren für die Ernennung der Leiter der NSÄ sollten transparent sein und ausschließlich auf fachlichen Kriterien beruhen. Dabei sollte die Einhaltung des Grundsatzes der Chancengleichheit insbesondere zwischen den Geschlechtern gewährleistet werden.
(9)
Glaubwürdige europäische Statistiken setzen zwar eine hohe fachliche Unabhängigkeit der Statistiker voraus, allerdings sollten die europäischen Statistiken auch auf politische Erfordernisse reagieren und neue politische Initiativen auf einzelstaatlicher Ebene und auf Unionsebene mit statistischen Daten unterstützen.
(10)
Es ist erforderlich, die Unabhängigkeit der statistischen Stelle der Union (Eurostat) durch wirksame parlamentarische Kontrolle zu festigen und sicherzustellen und die Unabhängigkeit der NSÄ durch demokratische Rechenschaftspflicht zu festigen und sicherzustellen.
(11)
Darüber hinaus sollte der Umfang der koordinierenden Rolle, die den NSÄ bereits bisher zukommt, klarer festgelegt werden, um auf nationaler Ebene eine effizientere Koordinierung statistischer Tätigkeiten, einschließlich des Qualitätsmanagements, zu erreichen, wobei die vom Europäischen System der Zentralbanken (ESZB) wahrgenommenen statistischen Aufgaben gebührend zu berücksichtigen sind. Soweit europäische Statistiken von den nationalen Zentralbanken (NZB) in deren Eigenschaft als Mitglieder des ESZB erstellt werden können, sollten die NSÄ und die NZB entsprechend den nationalen Regelungen eng zusammenarbeiten, um zu gewährleisten, dass vollständige und kohärente europäische Statistiken erstellt werden, während gleichzeitig die erforderliche Zusammenarbeit zwischen dem ESS und dem ESZB sichergestellt wird.
(12)
Um den Aufwand für die statistischen Stellen und die Auskunftgebenden möglichst gering zu halten, sollten die NSÄ und andere einzelstaatliche Stellen unverzüglich und kostenfrei Zugang zu Verwaltungsunterlagen (einschließlich elektronisch gespeicherter Unterlagen) bekommen und diese verwenden und in die Statistiken integrieren dürfen.
(13)
Europäische statistische Daten sollten leicht vergleichbar und zugänglich sein und jeweils umgehend und regelmäßig aktualisiert werden, um sicherzustellen, dass die Initiativen und Finanzierungsmaßnahmen der Union den Entwicklungen in der Union in vollem Umfang Rechnung tragen.
(14)
Die NSÄ sollten zudem frühzeitig zur Gestaltung neuer Verwaltungsunterlagen, die Daten für statistische Zwecke bieten könnten, und zu geplanten Änderungen an vorhandenen administrativen Datenquellen oder zum Fortfall solcher Datenquellen konsultiert werden. Sie sollten auch einschlägige Metadaten von den Inhabern administrativer Daten erhalten und Standardisierungsmaßnahmen in Bezug auf für die Erstellung statistischer Daten relevante Verwaltungsunterlagen koordinieren.
(15)
Die Vertraulichkeit der aus Verwaltungsunterlagen entnommenen Daten sollte gemäß den einheitlichen Grundsätzen und Leitlinien für alle vertraulichen Daten, die für die Erstellung europäischer Statistiken verwendet werden, gewahrt werden. Es sollten außerdem Qualitätsbewertungsrahmen für diese Daten und Transparenzgrundsätze erstellt und veröffentlicht werden.
(16)
Alle Nutzer sollten zur gleichen Zeit auf dieselben Daten zugreifen können. Die NSÄ sollten Zeitpläne für die Veröffentlichung regelmäßig erscheinender Daten aufstellen.
(17)
Die Qualität europäischer Statistiken könnte verbessert und das Vertrauen der Nutzer erhöht werden, indem den nationalen Regierungen ein Teil der Verantwortung für die Anwendung des Verhaltenskodex für europäische Statistiken (im Folgenden „Verhaltenskodex” ) übertragen wird. Daher sollten die „Verpflichtungen für zuverlässige Statistiken” (im Folgenden „Verpflichtungen” ) eines Mitgliedstaats unter Berücksichtigung der einzelstaatlichen Besonderheiten spezifische Zusagen der Regierung dieses Mitgliedstaats zur Verbesserung oder Erhaltung der Bedingungen für die Umsetzung des Verhaltenskodex enthalten. Diese Verpflichtungen, die bei Bedarf aktualisiert werden sollten, könnten anspruchsvolle nationale Qualitätssicherungsrahmen enthalten, einschließlich Selbstbeurteilungs- und Verbesserungsmaßnahmen sowie Überwachungsmechanismen.
(18)
Die Kommission (Eurostat) sollte alle Maßnahmen ergreifen, die notwendig sind, um den Online-Zugriff auf vollständige und nutzerfreundliche Datenreihen zu ermöglichen. Nach Möglichkeit sollten regelmäßig aktualisierte jährliche und monatliche Informationen zu jedem Mitgliedstaat bereitgestellt werden.
(19)
Da für die Erstellung europäischer Statistiken eine langfristige operative und finanzielle Planung erforderlich ist, damit ein hohes Maß an Unabhängigkeit gewährleistet ist, sollte der Zeitraum des Europäischen Statistischen Programms derselbe sein wie der des mehrjährigen Finanzrahmens.
(20)
Mit der Verordnung (EG) Nr. 223/2009 wurden der Kommission gemäß dem Beschluss 1999/468/EG des Rates(6) Befugnisse zur Durchführung einiger der Bestimmungen jener Verordnung übertragen. Nach dem Inkrafttreten der Verordnung (EU) Nr. 182/2011 des Europäischen Parlaments und des Rates(7), mit der der Beschluss 1999/468/EG aufgehoben wurde, sollten die der Kommission übertragenen Befugnisse an diesen neuen Rechtsrahmen angepasst werden. Die Befugnisse sollten im Einklang mit der Verordnung (EU) Nr. 182/2011 ausgeübt werden. Die Kommission sollte sicherstellen, dass diese Durchführungsrechtsakte für die Mitgliedstaaten und die Auskunftgebenden keinen wesentlichen zusätzlichen Verwaltungsaufwand bedeuten.
(21)
Die Kommission sollte befugt sein, Durchführungsrechtsakte gemäß Artikel 291 Absatz 2 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) zu erlassen, um die einheitliche Anwendung der Qualitätsanforderungen sicherzustellen, indem die Modalitäten, der Aufbau und die Periodizität der in sektoralen Rechtsvorschriften vorgesehenen Qualitätsberichte festgelegt werden, sofern dies nicht bereits durch sektorale statistische Rechtsvorschriften geschehen ist. Die Kommission sollte sicherstellen, dass diese Durchführungsrechtsakte für die Mitgliedstaaten und die Auskunftgebenden keinen wesentlichen zusätzlichen Verwaltungsaufwand bedeuten.
(22)
Für die Umsetzung des Zugangs zu vertraulichen Daten für wissenschaftliche Zwecke sind einheitliche Bedingungen notwendig. Zur Gewährleistung einheitlicher Bedingungen für die Durchführung dieser Verordnung sollten der Kommission Durchführungsbefugnisse zur Festlegung der Vorkehrungen, Regeln und Voraussetzungen für diesen Zugang auf Unionsebene übertragen werden. Diese Befugnisse sollten gemäß der Verordnung (EU) Nr. 182/2011 ausgeübt werden.
(23)
Da das Ziel dieser Verordnung, nämlich die Verbesserung der Governance des ESS, auf Ebene der Mitgliedstaaten nicht ausreichend verwirklicht werden kann, sondern wegen der Notwendigkeit, zuverlässige Daten auf Unionsebene zu erstellen, auf Unionsebene besser zu erreichen ist, kann die Union in Einklang mit dem in Artikel 5 des Vertrags über die Europäische Union verankerten Subsidiaritätsprinzip tätig werden. Entsprechend dem in demselben Artikel genannten Grundsatz der Verhältnismäßigkeit geht diese Verordnung nicht über das für die Verwirklichung dieses Zieles erforderliche Maß hinaus.
(24)
Die Unabhängigkeit des ESZB bei der Wahrnehmung seiner Aufgaben gemäß dem Protokoll Nr. 4 über die Satzung des Europäischen Systems der Zentralbanken und der Europäischen Zentralbank sollte bei der Durchführung der vorliegenden Verordnung in Einklang mit den Artikeln 130 und 338 AEUV uneingeschränkt gewahrt werden.
(25)
Der Ausschuss für das ESS ist gehört worden.
(26)
Die Verordnung (EG) Nr. 223/2009 sollte daher entsprechend geändert werden —

HABEN FOLGENDE VERORDNUNG ERLASSEN:

Fußnote(n):

(1)

ABl. C 374 vom 4.12.2012, S. 2.

(2)

Standpunkt des Europäischen Parlaments vom 21. November 2013 (noch nicht im Amtsblatt veröffentlicht) und Standpunkt des Rates in erster Lesung vom 5. März 2015 (noch nicht im Amtsblatt veröffentlicht). Standpunkt des Europäischen Parlaments vom 28. April 2015 (noch nicht im Amtsblatt veröffentlicht)

(3)

Verordnung (EG) Nr. 223/2009 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. März 2009 über europäische Statistiken und zur Aufhebung der Verordnung (EG, Euratom) Nr. 1101/2008 des Europäischen Parlaments und des Rates über die Übermittlung von unter die Geheimhaltungspflicht fallenden Informationen an das Statistische Amt der Europäischen Gemeinschaften, der Verordnung (EG) Nr. 322/97 des Rates über die Gemeinschaftsstatistiken und des Beschlusses 89/382/EWG, Euratom des Rates zur Einsetzung eines Ausschusses für das Statistische Programm der Europäischen Gemeinschaften (ABl. L 87 vom 31.3.2009, S. 164).

(4)

Verordnung (EU) Nr. 1175/2011 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. November 2011 zur Änderung der Verordnung (EG) Nr. 1466/97 über den Ausbau der haushaltspolitischen Überwachung und der Überwachung und Koordinierung der Wirtschaftspolitiken (ABl. L 306 vom 23.11.2011, S. 12).

(5)

Verordnung (EU) Nr. 473/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 21. Mai 2013 über gemeinsame Bestimmungen für die Überwachung und Bewertung der Übersichten über die Haushaltsplanung und für die Gewährleistung der Korrektur übermäßiger Defizite der Mitgliedstaaten im Euro-Währungsgebiet (ABl. L 140 vom 27.5.2013, S. 11).

(6)

Beschluss 1999/468/EG des Rates vom 28. Juni 1999 zur Festlegung der Modalitäten für die Ausübung der der Kommission übertragenen Durchführungsbefugnisse (ABl. L 184 vom 17.7.1999, S. 23).

(7)

Verordnung (EU) Nr. 182/2011 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. Februar 2011 zur Festlegung der allgemeinen Regeln und Grundsätze, nach denen die Mitgliedstaaten die Wahrnehmung der Durchführungsbefugnisse durch die Kommission kontrollieren (ABl. L 55 vom 28.2.2011, S. 13).

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