Präambel VO (EU) 2015/909

DIE EUROPÄISCHE KOMMISSION —

gestützt auf den Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union,

gestützt auf die Richtlinie 2012/34/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 21. November 2012 zur Schaffung eines einheitlichen europäischen Eisenbahnraums(1), insbesondere auf Artikel 31 Absatz 3,

in Erwägung nachstehender Gründe:

(1)
Für die Zwecke der Berechnung der direkten Kosten kann der Tatsache Rechnung getragen werden, dass aufgrund der intensiveren Nutzung eines Netzes Erneuerung und Instandhaltung in kürzeren Abständen erfolgen müssen, sofern gewährleistet ist, dass nur die Kosten berücksichtigt werden, die unmittelbar aufgrund des Zugbetriebs anfallen.
(2)
Die Infrastrukturbetreiber sind zum Betrieb der Netze verpflichtet, auch wenn betriebliche Effizienz und Kostenkontrolle durch Einschränkungen behindert werden. Daher sollten die Mitgliedstaaten die Möglichkeit haben, die direkten Kosten in Höhe der Kosten einer effizienten Dienstleistungserbringung festzusetzen.
(3)
Die Höhe der Wegeentgelte, die unmittelbar aufgrund des Zugbetriebs anfallen, sollte nicht so festgesetzt werden, dass dem Infrastrukturbetreiber infolge der Erbringung des Zugbetriebs netto ein finanzieller Verlust oder Gewinn entsteht.
(4)
Die historischen Vermögenswerte sollten sich auf die Beträge stützen, die der Infrastrukturbetreiber für den Erwerb dieser Vermögenswerte gezahlt hat, solange diese Beträge bei ihm noch als Verbindlichkeiten ausgewiesen sind.
(5)
Dem Infrastrukturbetreiber sollte nicht gestattet sein, die Investitionsausgaben für einen Vermögenswert zurückzuerhalten, sofern er nicht zur Erstattung dieser Kosten verpflichtet ist.
(6)
Da die Modalitäten für die Berechnung der Kosten, die unmittelbar aufgrund des Zugbetriebs anfallen, unionsweit gelten sollten, sollten sie mit den bereits vorhandenen Systemen zur Rechnungslegung von Infrastrukturkosten und den von den Infrastrukturbetreibern verwendeten Kostendaten vereinbar sein.
(7)
Der Rückgriff auf Prognosen hinsichtlich der Kosten und Leistungsniveaus sollte unter normalen Umständen nicht dazu führen, dass sich die direkten Kosten und Wegeentgelte erhöhen und damit letztlich das Netz ineffizient genutzt wird. Daher sollten die historischen Vermögenswerte herangezogen und aktuelle Werte nur dann berücksichtigt werden, wenn die historischen Werte nicht vorliegen oder die aktuellen Werte niedriger sind. Alternativ können Schätz- oder Wiederbeschaffungswerte sowie Prognosen hinsichtlich der Kosten und Leistungsniveaus unter der Voraussetzung zugrunde gelegt werden, dass der Infrastrukturbetreiber gegenüber der Regulierungsstelle belegen kann, wie er diese Werte ermittelt hat und inwieweit er hierbei objektiv vorging.
(8)
Der Infrastrukturbetreiber sollte in die Berechnung seiner direkten Kosten nur die Kosten einbeziehen können, für die er objektiv und belastbar nachweisen kann, dass sie unmittelbar aufgrund des Zugbetriebs angefallen sind. So ist der Verschleiß von streckenseitigen Signalen und Stellwerken unabhängig vom Verkehrsaufkommen und sollte daher nicht in die direkten Kosten eingerechnet werden(2). Teile wie die Punktinfrastruktur sind hingegen durch den Zugbetrieb größerem Verschleiß ausgesetzt, weshalb die direkten Kosten hierfür teilweise eingerechnet werden sollten. Mit dem zunehmenden Einsatz von Sensoren an Zügen und Infrastrukturen könnten diese zusätzliche Daten über den tatsächlichen, durch den Zugbetrieb verursachten Verschleiß liefern.
(9)
Zur Berechnung der unmittelbar aufgrund des Zugbetriebs anfallenden Kosten erließ der Gerichtshof ein Urteil(3), das in dieser Verordnung berücksichtigt wird.
(10)
Die Ausrüstung für die Stromversorgung, wie Leitungen oder Transformatoren, verschleißt in der Regel nicht durch den Zugbetrieb. Sie ist weder der Reibung noch anderen Einwirkungen aufgrund des Zugbetriebs ausgesetzt. Daher sollten die Kosten der Ausrüstung für die Stromversorgung nicht in die Kosten eingerechnet werden, die unmittelbar aufgrund des Zugbetriebs anfallen. Allerdings kommt es zu einem Verschleiß des Kontaktmediums (Oberleitung oder Stromschiene), da Züge mit elektrischen Triebfahrzeugen Reibung und Lichtbögen verursachen. Folglich könnte ein Teil der Kosten für die Instandhaltung und Erneuerung dieser Kontaktmedien als unmittelbar aufgrund des Zugbetriebs angefallen gelten. Auch andere Bauteile der Oberleitungsausrüstung können als unmittelbare Folge der elektrischen und mechanischen Beanspruchung durch die Zugbewegungen verschleißen und dadurch Kosten für die Instandhaltung und Erneuerung verursachen.
(11)
Abhängig von den Merkmalen der eingesetzten Fahrzeuge oder Eisenbahnstrecken fallen die unmittelbar aufgrund des Zugbetriebs verursachten Kosten unterschiedlich hoch aus. Die Mitgliedstaaten können es ihren Infrastrukturbetreibern gestatten, die durchschnittlichen direkten Kosten beispielsweise gemäß international bewährter Praxis zu modulieren, um solchen Unterschieden Rechnung zu tragen.
(12)
In der Wirtschaft hat sich der Grundsatz bewährt, dass die verfügbare Fahrwegkapazität dann am effektivsten genutzt wird, wenn sich die Nutzerentgelte auf die Grenzkosten stützen. Daher kann ein Infrastrukturbetreiber beschließen, die ihm unmittelbar aufgrund des Zugbetriebs entstandenen Kosten unter Zugrundelegung der Grenzkosten als Näherungswert zu berechnen.
(13)
Zudem haben sich zur Ermittlung der Grenzkosten der Infrastrukturnutzung Methoden und Modelle(4), wie beispielsweise die ökonometrische oder technische Modellierung, international bewährt. Gleichzeitig werden sich die international gängigen Verfahren in dem Maße weiterentwickeln, wie weitere unabhängige Analysen und Forschungsarbeiten, die unabhängig vom Infrastrukturbetreiber, beispielsweise von der Regulierungsstelle, überprüft werden, durchgeführt werden, darunter auch Analysen und Forschungsarbeiten, die aufgrund der besonderen Infrastrukturmerkmale auf einen bestimmten Mitgliedstaat ausgerichtet sind. Daher sollte es dem Infrastrukturbetreiber gestattet sein, für die Ermittlung der unmittelbar infolge des Zugbetriebs angefallenen Kosten auf solche Modelle zurückzugreifen.
(14)
Die direkten Kosten oder Grenzkosten aus der Nutzung der Infrastruktur lassen sich möglicherweise mit unterschiedlichen Formen der ökonometrischen oder technischen Modellierung genauer ermitteln. Die Kostenmodellierung erfordert jedoch eine höhere Datenqualität und ein größeres Know-how als Verfahren, bei denen von den Vollkosten bestimmte Kostenkategorien abgezogen werden, die nicht geltend gemacht werden können. Darüber hinaus sind einige Regulierungsstellen möglicherweise noch nicht in der Lage, bei einer konkreten Berechnung deren Übereinstimmung mit der Richtlinie 2012/34/EU zu überprüfen. Werden diese höheren Anforderungen erfüllt, sollte es dem Infrastrukturbetreiber gestattet sein, die direkten Kosten mithilfe einer ökonometrischen oder technischen Modellierung oder einer Kombination aus beidem zu berechnen.
(15)
Die Regulierungsstellen sollten überprüfen können, ob für die Ermittlung der Daten, die der Infrastrukturbetreiber ihnen vorlegt, konsequent die verschiedenen Entgeltgrundsätze angewandt wurden. Daher hat der Infrastrukturbetreiber gemäß Anhang IV der Richtlinie 2012/34/EU in seinen Schienennetz-Nutzungsbedingungen Verfahren, Regeln sowie gegebenenfalls Tabellen in Bezug sowohl auf Kosten als auch auf Entgelte im Einzelnen anzugeben.
(16)
In internationalen Studien(5) wurden in enger Zusammenarbeit mit den Infrastrukturbetreibern die Werte direkter Stückkosten berechnet. Auch wenn im Rahmen dieser Studien die unterschiedlichen Verfahren untersucht wurden, die in den Mitgliedstaaten für verschiedene Flottenzusammensetzungen und Bestimmungsorte verwendet werden, lagen viele Werte für die direkten Kosten je Zugkilometer für einen 1000-Tonnen-Zug unter 2 EUR (zu Preisen und Wechselkursen von 2005 unter Anwendung eines geeigneten Preisindex). Um den Verwaltungsaufwand für die Regulierungsstellen gering zu halten, sollte für die Berechnung der direkten Kosten, deren Wert unter diesem Niveau bleibt, nicht derselbe Grad an Genauigkeit verlangt werden.
(17)
Aus Gründen wie etwa Produktivitätsgewinne, die Verbreitung neuer Technologien oder neue Erkenntnisse über die Verursachung von Kosten sollte die Berechnung der direkten Kosten beispielsweise gemäß der international bewährten Praxis aktualisiert oder regelmäßig überprüft werden.
(18)
Die Eisenbahnunternehmen benötigen berechenbare Entgeltsysteme und erwarten eine angemessene Entwicklung der Wegeentgelte, weshalb die Infrastrukturbetreiber für die Eisenbahnunternehmen, die den Zugbetrieb durchführen, einen Stufenplan vorsehen sollten, falls ein deutlicher Anstieg ihrer Entgelte nach Überprüfung der Umsetzung der geltenden Berechnungsmodalitäten ansteht, sofern ein solcher Stufenplan von der Regulierungsstelle gefordert wird.
(19)
Die Maßnahmen dieser Verordnung entsprechen der Stellungnahme des in Artikel 62 Absatz 1 der Richtlinie 2012/34/EU genannten Ausschusses —

HAT FOLGENDE VERORDNUNG ERLASSEN:

Fußnote(n):

(1)

ABl. L 343 vom 14.12.2012, S. 32.

(2)

Die „CATRIN” -Studie gibt einen Gesamtüberblick über die Studien zu den Infrastrukturmerkmalen, die von sieben EU-Infrastrukturbetreibern für ökonometrische Untersuchungen der Eisenbahnkosten herangezogen wurden. Sechs der sieben Infrastrukturbetreiber erachteten die Merkmale Verkehrsmanagement oder Signalgebung als irrelevant für die ökonometrischen Untersuchungen der Kosten (siehe Tabelle 13, Ergebnis 1 der CATRIN-Studie, S. 40).

(3)

Urteil des Gerichtshofs, Kommission/Polen, C-512/10, ECLI:EU:C:2013:338, Randnummern 82, 83 und 84.

(4)

Ergebnis D1 der CATRIN-Studie, koordiniert durch VTI, März 2008, S. 37-54 und S. 82-84.

(5)

GRACE-Projekt, koordiniert von der University of Leeds, Ergebnis D7 „Generalisation of marginal social cost estimates” , S. 22-23.

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