Präambel VO (EU) 2016/1033

DAS EUROPÄISCHE PARLAMENT UND DER RAT DER EUROPÄISCHEN UNION —

gestützt auf den Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union, insbesondere auf Artikel 114,

auf Vorschlag der Europäischen Kommission,

nach Zuleitung des Entwurfs des Gesetzgebungsakts an die nationalen Parlamente,

nach Stellungnahme der Europäischen Zentralbank(1),

nach Stellungnahme des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses(2),

gemäß dem ordentlichen Gesetzgebungsverfahren(3),

in Erwägung nachstehender Gründe:

(1)
Die Verordnung (EU) Nr. 600/2014 des Europäischen Parlaments und des Rates(4) und die Richtlinie 2014/65/EU des Europäischen Parlaments und des Rates(5) (zusammen der „neue Rechtsrahmen” ) sind wichtige Finanzrechtsakte, die im Zuge der Finanzkrise angenommen wurden und Wertpapiermärkte, Anlagevermittler und Handelsplätze zum Gegenstand haben. Der neue Rechtsrahmen stärkt und ersetzt die Richtlinie 2004/39/EG des Europäischen Parlaments und des Rates(6).
(2)
Der neue Rechtsrahmen regelt die Anforderungen an Wertpapierfirmen, geregelte Märkte, Datenbereitstellungsdienste und Firmen aus Drittstaaten, die in der Union Investitionsdienstleistungen oder -tätigkeiten erbringen bzw. ausführen. Er harmonisiert die Positionslimitregelung für Warenderivate, um die Transparenz zu steigern, eine geordnete Preisbildung zu unterstützen und Marktmissbrauch zu verhindern. Er führt zudem Regeln für den Hochfrequenzalgorithmushandel ein und verbessert die Beaufsichtigung der Finanzmärkte durch Harmonisierung der verwaltungsrechtlichen Sanktionen. Aufbauend auf den bereits vorhandenen Regelungen stärkt der neue Rechtsrahmen zudem den Anlegerschutz, da er solide organisatorische Anforderungen und Verhaltensregeln einführt. Die neuen Regeln sollen ab dem 3. Januar 2017 gelten.
(3)
Auf der Grundlage des neuen Rechtsrahmens müssen Handelsplätze und systematische Internalisierer den zuständigen Behörden zu den Finanzinstrumenten Referenzdaten übermitteln, die die Merkmale der einzelnen Finanzinstrumente, die in den Anwendungsbereich der Richtlinie 2014/65/EU fallen, in einheitlicher Weise beschreiben. Diese Daten werden auch für andere Zwecke verwendet, zum Beispiel für die Berechnung von Schwellenwerten für Transparenz und Liquidität sowie für die Meldung von Positionen in Warenderivaten.
(4)
Zur Gewährleistung einer effizienten und harmonisierten Datenerhebung wird von der Europäischen Wertpapier- und Marktaufsichtsbehörde (im Folgenden „ESMA” ) in Zusammenarbeit mit den zuständigen nationalen Behörden eine neue Infrastruktur für die Datenerhebung, das Referenzdatensystem für Finanzinstrumente (Financial Instruments Reference Data System, im Folgenden „FIRDS” ) entwickelt. Das FIRDS wird ein breites Spektrum von Finanzinstrumenten, die in den Anwendungsbereich der Verordnung (EU) Nr. 600/2014 gebracht werden, abdecken und Datenströme zwischen der ESMA, den zuständigen nationalen Behörden und Handelsplätzen in der gesamten Union miteinander verknüpfen. Die überwiegende Mehrheit der neuen IT-Systeme, auf die sich das FIRDS stützt, muss auf der Grundlage neuer Parameter völlig neu aufgebaut werden.
(5)
Angesichts der Komplexität des neuen Rechtsrahmens und der sehr großen Zahl erforderlicher delegierter Rechtsakte und Durchführungsrechtsakte wurde der Geltungsbeginn der Verordnung (EU) Nr. 600/2014 auf 30 Monate nach ihrem Inkrafttreten festgesetzt. Trotz dieser ungewöhnlich langen Frist sind die Beteiligten, wie etwa die Handelsplattformen, die zuständigen nationalen Behörden und die ESMA nicht in der Lage zu gewährleisten, dass die erforderlichen Infrastrukturen für die Datenerhebung bis zum 3. Januar 2017 vorhanden und einsatzbereit sein werden. Dies ist auf den Umfang und die Komplexität der Daten zurückzuführen, die erhoben und verarbeitet werden müssen, damit der neue Rechtsrahmen, insbesondere für die Meldung von Geschäften, Transparenzberechnungen und die Meldung von Positionen in Warenderivaten, zur Anwendung kommen kann.
(6)
Das Fehlen der notwendigen Infrastrukturen für die Datenerhebung würde sich auf den gesamten Anwendungsbereich des neuen Rechtsrahmens auswirken. Ohne Daten wäre es nicht möglich, eine genaue Abgrenzung der Finanzinstrumente, die in den Anwendungsbereich des neuen Rechtsrahmens fallen, vorzunehmen. Darüber hinaus wäre es nicht möglich, die Transparenzanforderungen für den Vor- und Nachhandel auszuarbeiten, um festzulegen, welche Instrumente liquide sind und wann Ausnahmen oder eine spätere Veröffentlichung gewährt werden sollten.
(7)
Bei Fehlen der notwendigen Infrastrukturen für die Datenerhebung wären Handelsplätze und Wertpapierfirmen nicht in der Lage, den zuständigen Behörden die ausgeführten Geschäfte zu melden. Wenn die Positionen in Warenderivaten nicht gemeldet würden, wäre es sehr schwierig, Positionslimits für derartige Warenderivate durchzusetzen. Ohne die Meldung der Positionen wäre es nur begrenzt möglich, Verstöße gegen Positionslimits tatsächlich festzustellen. Auch zahlreiche Anforderungen an den algorithmischen Handel sind datenabhängig.
(8)
Das Fehlen der notwendigen Infrastrukturen für die Datenerhebung würde auch den Wertpapierfirmen die Einhaltung der Vorschriften zur bestmöglichen Ausführung erschweren. Handelsplätze und systematische Internalisierer wären nicht in der Lage, Daten über die Qualität der Ausführung von Transaktionen an den jeweiligen Handelsplätzen zu veröffentlichen. Die Wertpapierfirmen würden wichtige Ausführungsdaten, anhand deren sie feststellen können, welche Art der Auftragsausführung für die Kunden am günstigsten ist, nicht erhalten.
(9)
Um Rechtssicherheit zu gewährleisten und potenzielle Marktstörungen zu verhindern, ist es erforderlich und gerechtfertigt, dringend Maßnahmen zu treffen, um den Geltungsbeginn des gesamten neuen Rechtsrahmens, einschließlich aller auf seiner Grundlage erlassenen delegierten Rechtsakte und Durchführungsrechtsakte, zu verschieben.
(10)
Der Prozess der Einrichtung der Infrastrukturen für die Datenerhebung umfasst fünf Schritte: Geschäftsanforderungen, Spezifikationen, Entwicklung, Tests und Einführung. Nach Einschätzung der ESMA werden diese Schritte bis Januar 2018 abgeschlossen sein, sofern bis Juni 2016 Rechtssicherheit bezüglich der endgültigen Anforderungen der maßgeblichen technischen Regulierungsstandards besteht.
(11)
Angesichts der außergewöhnlichen Umstände und um die ESMA, die zuständigen nationalen Behörden und die Beteiligten in die Lage zu versetzen, die operative Durchführung abzuschließen, empfiehlt es sich, den Geltungsbeginn der Verordnung (EU) Nr. 600/2014 um 12 Monate bis zum 3. Januar 2018 zu verschieben. Die Berichte und Überprüfungen sollten entsprechend verschoben werden.
(12)
Wertpapierfirmen führen häufig für eigene Rechnung oder im Namen von Kunden Geschäfte mit Derivaten und anderen Finanzinstrumenten oder Vermögenswerten aus, die mehrere miteinander verknüpfte, bedingte Handelsgeschäfte umfassen. Durch solche Transaktionspakete können Wertpapierfirmen und ihre Kunden die eigenen Risiken besser steuern, wobei der Preis des einzelnen Teilgeschäfts des Transaktionspakets auf dem gesamten Risikoprofil des Pakets statt auf dem geltenden Marktpreis jedes einzelnen Teilgeschäfts beruht. Transaktionspakete können verschiedene Formen annehmen, wie etwa „Exchange for Physicals” , an Handelsplätzen ausgeführte Handelsstrategien oder individuell zugeschnittene Transaktionspakete, und bei der Gestaltung der anwendbaren Transparenzregelung ist es wichtig, diese Besonderheiten zu berücksichtigen. Daher sollten für die Zwecke der Verordnung (EU) Nr. 600/2014 die besonderen Umstände festgelegt werden, unter denen Vorhandelstransparenzanforderungen weder für die Aufträge im Zusammenhang mit diesen Transaktionspaketen noch für einzelne Bestandteile solcher Aufträge gelten.
(13)
Da die ESMA über hoch spezialisierte Fachkräfte verfügt, wäre es effizient und angemessen, ihr die Aufgabe zu übertragen, Entwürfe für technische Regulierungsstandards — die keine politischen Entscheidungen erfordern und der Kommission vorgelegt werden können — zur Festlegung einer Methodik auszuarbeiten, mit der festgestellt werden kann, für welche Auftragspakete ein liquider Markt besteht. Die Kommission sollte diese Entwürfe technischer Regulierungsstandards im Wege delegierter Rechtsakte im Sinne des Artikels 290 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union und gemäß den Artikeln 10 bis 14 der Verordnung (EU) Nr. 1095/2010 des Europäischen Parlaments und des Rates(7) annehmen.
(14)
Es wird angenommen, dass Wertpapierfinanzierungsgeschäfte im Sinne der Verordnung (EU) 2015/2365 des Europäischen Parlaments und des Rates(8) nicht zur Kursfestsetzung beitragen und dass die Titel II und III der Verordnung (EU) Nr. 600/2014 nicht für diese Geschäfte gelten sollten.
(15)
In der Verordnung (EU) Nr. 596/2014 des Europäischen Parlaments und des Rates(9) werden die Anforderungen an die Erhebung von Referenzdaten für Finanzinstrumente festgelegt. Diese im Rahmen des FIRDS erhobenen Daten werden herangezogen, um zu bestimmen, welche Finanzinstrumente in den Geltungsbereich der Verordnung (EU) Nr. 596/2014 fallen. Die Verordnung (EU) Nr. 596/2014 gilt seit dem 3. Juli 2016. Das FIRDS wird jedoch nicht vor Januar 2018 voll einsatzbereit sein. Daher sollte der Geltungsbeginn von Artikel 4 Absätze 2 und 3 der Verordnung (EU) Nr. 596/2014 bis zum 3. Januar 2018 verschoben werden.
(16)
In der Verordnung (EU) Nr. 596/2014 wird auf den Geltungsbeginn des neuen Rechtsrahmens verwiesen. Um zu gewährleisten, dass die in der Verordnung (EU) Nr. 596/2014 enthaltenen Verweise auf organisierte Handelssysteme, Wachstumsmärkte für kleine und mittlere Unternehmen (KMU) sowie Emissionszertifikate oder darauf beruhende Auktionsobjekte nicht vor dem Geltungsbeginn der Verordnung (EU) Nr. 600/2014 und der Richtlinie 2014/65/EU gelten, sollte Artikel 39 Absatz 4 der Verordnung (EU) Nr. 596/2014, wonach Verweise auf die beiden Rechtsakte als Verweise auf die Richtlinie 2004/39/EG gelten, in der Weise angepasst werden, dass der Verschiebung des Geltungsbeginns der beiden Rechtsakte Rechnung getragen wird.
(17)
Die Abwicklung von Wertpapiergeschäften steht in engem Zusammenhang mit dem Wertpapierhandel. So wird in der Verordnung (EU) Nr. 909/2014 des Europäischen Parlaments und des Rates(10) auf den Geltungsbeginn des neuen Rechtsrahmens verwiesen. Vor diesem Datum sollten Verweise auf die Verordnung (EU) Nr. 600/2014 und die Richtlinie 2014/65/EU als Verweise auf die Richtlinie 2004/39/EG gelten. Mit der Verordnung (EU) Nr. 909/2014 wird ferner eine Übergangsregelung für die Anwendung der Regeln für die Abwicklungsdisziplin auf multilaterale Handelssysteme eingeführt, die gemäß der Richtlinie 2014/65/EU eine Registrierung als KMU-Wachstumsmärkte beantragen.
(18)
Um zu gewährleisten, dass in der Verordnung (EU) Nr. 909/2014 bis zum verschobenen Geltungsbeginn des neuen Rechtsrahmens auf die Richtlinie 2004/39/EG verwiesen wird und dass die Übergangsbestimmungen für multilaterale Handelssysteme, die die Registrierung als KMU-Wachstumsmärkte gemäß der Verordnung (EU) Nr. 909/2014 beantragen, Gültigkeit behalten, damit die multilateralen Handelssysteme ausreichend Zeit haben, um eine derartige Registrierung gemäß der Richtlinie 2014/65/EU zu beantragen, sollte die Verordnung (EU) Nr. 909/2014 geändert werden.
(19)
Die Verordnungen (EU) Nr. 600/2014, (EU) Nr. 596/2014 und (EU) Nr. 909/2014 sollten daher entsprechend geändert werden —

HABEN FOLGENDE VERORDNUNG ERLASSEN:

Fußnote(n):

(1)

Stellungnahme vom 29. April 2016 (noch nicht im Amtsblatt veröffentlicht).

(2)

Stellungnahme vom 26. Mai 2016 (noch nicht im Amtsblatt veröffentlicht).

(3)

Stellungnahme des Europäischen Parlaments vom 7. Juni 2016 (noch nicht im Amtsblatt veröffentlicht) und Beschluss des Rates vom 17. Juni 2016 (noch nicht im Amtsblatt veröffentlicht).

(4)

Verordnung (EU) Nr. 600/2014 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 15. Mai 2014 über Märkte für Finanzinstrumente und zur Änderung der Verordnung (EU) Nr. 648/2012 (ABl. L 173 vom 12.6.2014, S. 84).

(5)

Richtlinie 2014/65/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 15. Mai 2014 über Märkte für Finanzinstrumente sowie zur Änderung der Richtlinien 2002/92/EG und 2011/61/EU (ABl. L 173 vom 12.6.2014, S. 349).

(6)

Richtlinie 2004/39/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 21. April 2004 über Märkte für Finanzinstrumente, zur Änderung der Richtlinien 85/611/EWG und 93/6/EWG des Rates und der Richtlinie 2000/12/EG des Europäischen Parlaments und des Rates und zur Aufhebung der Richtlinie 93/22/EWG des Rates (ABl. L 145 vom 30.4.2004, S. 1).

(7)

Verordnung (EU) Nr. 1095/2010 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 24. November 2010 zur Errichtung einer Europäischen Aufsichtsbehörde (Europäische Wertpapier- und Marktaufsichtsbehörde), zur Änderung des Beschlusses Nr. 716/2009/EG und zur Aufhebung des Beschlusses 2009/77/EG der Kommission (ABl. L 331 vom 15.12.2010, S. 84).

(8)

Verordnung (EU) 2015/2365 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 25. November 2015 über die Transparenz von Wertpapierfinanzierungsgeschäften und der Weiterverwendung sowie zur Änderung der Verordnung (EU) Nr. 648/2012 (ABl. L 337 vom 23.12.2015, S. 1).

(9)

Verordnung (EU) Nr. 596/2014 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. April 2014 über Marktmissbrauch (Marktmissbrauchsverordnung) und zur Aufhebung der Richtlinie 2003/6/EG des Europäischen Parlaments und des Rates und der Richtlinien 2003/124/EG, 2003/125/EG und 2004/72/EG der Kommission (ABl. L 173 vom 12.6.2014, S. 1).

(10)

Verordnung (EU) Nr. 909/2014 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. Juli 2014 zur Verbesserung der Wertpapierlieferungen und -abrechnungen in der Europäischen Union und über Zentralverwahrer sowie zur Änderung der Richtlinien 98/26/EG und 2014/65/EU und der Verordnung (EU) Nr. 236/2012 (ABl. L 257 vom 28.8.2014, S. 1).

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