Präambel VO (EU) 2016/1388

DIE EUROPÄISCHE KOMMISSION —

gestützt auf den Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union,

gestützt auf die Verordnung (EG) Nr. 714/2009 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. Juli 2009 über die Netzzugangsbedingungen für den grenzüberschreitenden Stromhandel und zur Aufhebung der Verordnung (EG) Nr. 1228/2003(1), insbesondere auf Artikel 6 Absatz 11,

in Erwägung nachstehender Gründe:

(1)
Die rasche Vollendung eines voll funktionierenden und vernetzten Energiebinnenmarkts ist für die Erhaltung der Energieversorgungssicherheit, die Verbesserung der Wettbewerbsfähigkeit und die Gewährleistung erschwinglicher Energiepreise für die Verbraucher von entscheidender Bedeutung.
(2)
In der Verordnung (EG) Nr. 714/2009 sind diskriminierungsfreie Vorschriften für den Netzzugang im grenzüberschreitenden Stromhandel festgelegt, mit denen ein gut funktionierender Elektrizitätsbinnenmarkt sichergestellt werden soll. Zudem müssen die Mitgliedstaaten oder, wenn die Mitgliedstaaten dies vorsehen, die Regulierungsbehörden nach Artikel 5 der Richtlinie 2009/72/EG des Europäischen Parlaments und des Rates(2) unter anderem gewährleisten, dass für den Netzanschluss objektive und diskriminierungsfreie technische Vorschriften mit Mindestanforderungen an die Auslegung und den Betrieb erarbeitet werden. Stellen Anforderungen Bedingungen für den Anschluss an nationale Netze dar, sind nach Artikel 37 Absatz 6 der genannten Richtlinie die Regulierungsbehörden dafür verantwortlich, zumindest die Methoden für die Berechnung oder Festlegung dieser Anforderungen zu bestimmen oder zu genehmigen. Für die Systemsicherheit innerhalb des Verbundübertragungsnetzes ist es von entscheidender Bedeutung, ein gemeinsames Verständnis der Anforderungen an den Netzanschluss von Verbrauchsanlagen und Verteilernetzen einschließlich geschlossener Verteilernetze zu entwickeln. Anforderungen, die dazu beitragen, die Systemsicherheit aufrechtzuerhalten, zu schützen und wiederherzustellen, um einen funktionierenden Elektrizitätsbinnenmarkt sowohl innerhalb der Synchrongebiete als auch zwischen den einzelnen Synchrongebieten zu unterstützen und für Kosteneffizienz zu sorgen, sollten als grenzüberschreitende Netzangelegenheiten und Angelegenheiten der Marktintegration betrachtet werden.
(3)
Es sollten harmonisierte Vorschriften für den Netzanschluss von Verbrauchsanlagen und Verteilernetzen festgelegt werden, um einen klaren Rechtsrahmen für den Netzanschluss zu schaffen, den unionsweiten Stromhandel zu erleichtern, die Systemsicherheit zu gewährleisten, die Integration erneuerbarer Energieträger zu unterstützen, den Wettbewerb zu fördern sowie eine effizientere Netz- und Ressourcennutzung zu ermöglichen und somit Vorteile für die Verbraucher zu schaffen.
(4)
Die Systemsicherheit kann nicht unabhängig von den technischen Fähigkeiten aller Nutzer gewährleistet werden. In der Vergangenheit standen meist die Erzeugungsanlagen im Mittelpunkt, was die Bereitstellung technischer Fähigkeiten betraf. In dieser Hinsicht wird jedoch künftig eine wichtigere Rolle der Verbrauchsanlagen erwartet. Grundlegende Voraussetzungen sind dabei die regelmäßige Koordinierung auf Übertragungs- und Verteilernetzebene und eine angemessene Leistungsfähigkeit der an die Übertragungs- und Verteilernetze angeschlossenen Betriebsmittel, die ausreichend robust sein müssen, um Störungen standzuhalten und dazu beizutragen, größere Unterbrechungen zu verhindern oder den Wiederaufbau des Netzes nach einem Zusammenbruch zu unterstützen.
(5)
Die Regulierungsbehörden sollten die Kosten, die den Netzbetreibern bei der Anwendung dieser Verordnung tatsächlich entstehen, in angemessenem Umfang berücksichtigen, wenn sie gemäß Artikel 37 Absätze 1 und 6 der Richtlinie 2009/72/EG und Artikel 14 der Verordnung (EG) Nr. 714/2009 Übertragungs- oder Verteilernetzentgelte oder die entsprechenden Methoden festlegen oder genehmigen oder die Bedingungen für den Anschluss an und den Zugang zu den nationalen Netzen genehmigen.
(6)
Die einzelnen Synchrongebiete in der EU weisen unterschiedliche Merkmale auf, die bei der Festlegung von Bestimmungen für den Lastanschluss zu berücksichtigen sind. Vorschriften für den Netzanschluss sollten daher gemäß Artikel 8 Absatz 6 der Verordnung (EG) Nr. 714/2009 regionalen Besonderheiten Rechnung tragen.
(7)
Im Interesse der erforderlichen Rechtssicherheit sollte sich der Anwendungsbereich dieser Verordnung auf neue Verbrauchsanlagen mit Übertragungsnetzanschluss, neue Verteilernetzanlagen mit Übertragungsnetzanschluss, neue Verteilernetze und neue Verbrauchseinheiten beschränken, die von einer Verbrauchsanlage oder einem geschlossenen Verteilernetz genutzt werden, um für relevante Netzbetreiber und relevante Übertragungsnetzbetreiber ( „ÜNB” ) Laststeuerungsdienste zu erbringen. Die Anforderungen dieser Verordnung sollten nicht gelten für bestehende Verbrauchsanlagen mit Übertragungsnetzanschluss, bestehende Verteilernetzanlagen mit Übertragungsnetzanschluss, bestehende Verteilernetze und bestehende Verbrauchseinheiten, die von einer Verbrauchsanlage oder einem geschlossenen Verteilernetz zur Erbringung von Laststeuerungsdiensten für relevante Netzbetreiber und relevante ÜNB genutzt werden oder werden können. Die Anforderungen dieser Verordnung sollten auch nicht auf neue oder bestehende Verbrauchsanlagen angewandt werden, die auf Verteilernetzebene angeschlossen sind, außer wenn sie Laststeuerungsdienste für relevante Netzbetreiber und relevante ÜNB erbringen. Die Anforderungen dieser Verordnung sollten jedoch dann gelten, wenn die zuständige Regulierungsbehörde oder der Mitgliedstaat aufgrund der Entwicklung der Netzanforderungen und einer umfassenden Kosten-Nutzen-Analyse etwas anderes vorsieht oder wenn die Betriebsmittel einer bestehenden Verbrauchsanlage mit Übertragungsnetzanschluss, einer bestehenden Verteilernetzanlage mit Übertragungsnetzanschluss, eines bestehenden Verteilernetzes oder einer bestehenden Verbrauchseinheit innerhalb einer Verbrauchsanlage oder eines geschlossenen Verteilernetzes mit einer Anschlussspannung von mehr als 1000 V in einem wesentlichen Umfang modernisiert oder ausgetauscht wurden und sich dadurch Auswirkungen auf die technischen Fähigkeiten ergeben.
(8)
Die lastseitige Steuerung ist ein wichtiges Instrument zur Förderung der Flexibilität des Energiebinnenmarktes und einer optimalen Nutzung der Netze. Sie sollte durch den Kunden selbst erfolgen oder auf seiner Zustimmung zu Maßnahmen beruhen, die Dritte in seinem Namen vornehmen. Eigentümer von Verbrauchsanlagen oder Betreiber geschlossener Verteilernetze ( „GVNB” ) können Laststeuerungsdienste auf dem Markt anbieten und zur Gewährleistung der Netzsicherheit für die Netzbetreiber erbringen. In letzterem Fall sollte der Eigentümer der Verbrauchsanlage oder der Betreiber des geschlossenen Verteilernetzes sicherstellen, dass neue Verbrauchseinheiten, die für solche Dienstleistungen genutzt werden, die Anforderungen dieser Verordnung entweder einzeln oder — im Rahmen der Lastbündelung durch einen Dritten — kollektiv erfüllen. Dritte spielen bei der Bündelung von Laststeuerungskapazitäten eine zentrale Rolle und können die Verantwortung und Verpflichtung übernehmen, für die Zuverlässigkeit dieser Dienstleistungen zu sorgen, wenn der Eigentümer der Verbrauchsanlage oder der Betreiber des geschlossenen Verteilernetzes diese Aufgaben an sie delegiert.
(9)
Die Anforderungen sollten auf den Grundsätzen der Diskriminierungsfreiheit und Transparenz beruhen und darauf abzielen, ein optimales Verhältnis zwischen höchstmöglicher Gesamteffizienz und den geringsten Gesamtkosten für alle Beteiligten zu erreichen. ÜNB und Verteilernetzbetreiber ( „VNB” ) einschließlich GVNB können dies berücksichtigen, wenn sie Anforderungen gemäß den Bestimmungen dieser Verordnung festlegen, wobei anerkannt wird, dass die Schwellenwerte für die Unterscheidung zwischen Übertragungs- und Verteilernetzen auf nationaler Ebene bestimmt werden.
(10)
Die Bestimmungen für Verbrauchsanlagen mit Übertragungsnetzanschluss sollten die Fähigkeiten an den Schnittstellen sowie die erforderlichen automatisierten Reaktionen und den Datenaustausch umfassen. Diese Bestimmungen sollen die Funktionsfähigkeit des Übertragungsnetzes sicherstellen und die Möglichkeit gewährleisten, die erzeugungs- und lastseitige Steuerung innerhalb dieser Netze in den Betriebsbereichen der Netze und bei kritischen Ereignissen zu nutzen.
(11)
Die Bestimmungen für Verteilernetze, die an ein Übertragungsnetz oder ein anderes Verteilernetz angeschlossen sind, sollten die Betriebsbereiche dieser Netze sowie die erforderlichen automatisierten Reaktionen und den Datenaustausch umfassen. Diese Bestimmungen sollten die wirksame Entwicklung und Funktionsfähigkeit des Übertragungsnetzes sicherstellen und die Möglichkeit gewährleisten, die erzeugungs- und lastseitige Steuerung innerhalb dieser Netze in den Betriebsbereichen der Netze und bei kritischen Ereignissen zu nutzen.
(12)
Die Bestimmungen für Verbrauchseinheiten, die von Verbrauchsanlagen oder geschlossenen Verteilernetzen genutzt werden, um Laststeuerungsdienste für relevante Netzbetreiber und relevante ÜNB zu erbringen, sollten sicherstellen, dass die lastseitige Steuerung in den Betriebsbereichen des Netzes genutzt werden kann und kritische Ereignisse somit minimiert werden können.
(13)
Der mit der lastseitigen Steuerung verbundene administrative und finanzielle Aufwand sollte auf ein angemessenes Maß beschränkt werden; dies gilt insbesondere für Haushaltskunden, die beim Übergang zu einer Gesellschaft mit geringen CO2-Emissionen eine immer wichtigere Rolle spielen werden, was durch administrative Aufgaben nicht unnötig erschwert werden sollte.
(14)
Aufgrund ihrer grenzübergreifenden Bedeutung sollte diese Verordnung darauf abzielen, zumindest innerhalb desselben Synchrongebietes dieselben Anforderungen hinsichtlich der Frequenz auf allen Spannungsebenen sicherzustellen. Dies ist erforderlich, da eine Änderung der Frequenz in einem Mitgliedstaat unmittelbare Auswirkungen auf die Frequenz in allen anderen Mitgliedstaaten desselben Synchrongebiets hätte und dort Schäden an den Betriebsmitteln verursachen könnte.
(15)
Die Spannungsbereiche miteinander verbundener Netze sollten koordiniert werden, da sie für eine sichere Planung und einen sicheren Betrieb von Stromversorgungssystemen innerhalb eines Synchrongebiets von entscheidender Bedeutung sind. Anschlussunterbrechungen aufgrund von Spannungsstörungen wirken sich auch auf benachbarte Netze aus. Werden die Spannungsbereiche nicht festgelegt, so könnte dies im Hinblick auf anormale Betriebsbedingungen vielfältige Unsicherheiten bei Planung und Betrieb des Netzes nach sich ziehen.
(16)
Es sollten angemessene und verhältnismäßige Konformitätstests eingeführt werden, damit die Netzbetreiber die Betriebssicherheit gewährleisten können. Gemäß Artikel 37 Absatz 1 Buchstabe b der Richtlinie 2009/72/EG müssen die Regulierungsbehörden sicherstellen, dass die Netzbetreiber diese Verordnung einhalten.
(17)
Bei der Entwicklung und Genehmigung von Netzanschlussbestimmungen sollten die Regulierungsbehörden, Mitgliedstaaten und Netzbetreiber sicherstellen, dass die Bestimmungen im Interesse einer vollständigen Marktintegration so weit wie möglich harmonisiert werden. Bei der Entwicklung von Bestimmungen für den Netzanschluss sollten vorhandene technische Normen besondere Berücksichtigung finden.
(18)
Die Netzbetreiber sollten keine technischen Anforderungen an Betriebsmittel stellen, die den freien Warenverkehr im Binnenmarkt behindern. Wenn Netzbetreiber technische Spezifikationen festlegen, die mit Anforderungen an das Inverkehrbringen von Betriebsmitteln verbunden sind, sollte der betreffende Mitgliedstaat das Verfahren anwenden, das in den Artikeln 8 und 9 der Richtlinie 98/34/EG des Europäischen Parlaments und des Rates(3) festgelegt ist.
(19)
Die Verordnung sollte zudem ein Verfahren für Freistellungen von den Bestimmungen vorsehen, um örtlichen Gegebenheiten Rechnung zu tragen, etwa wenn die Stabilität des örtlichen Netzes bei Einhaltung der Vorschriften in besonderen Fällen gefährdet werden könnte oder eine Verbrauchsanlage mit Übertragungsnetzanschluss, eine Verteilernetzanlage mit Übertragungsnetzanschluss, ein Verteilernetz oder eine Verbrauchseinheit, die von einer Verbrauchsanlage oder einem geschlossenen Verteilernetz genutzt wird, um Laststeuerungsdienste für relevante Netzbetreiber und relevante ÜNB zu erbringen, beispielsweise nur dann sicher betrieben werden kann, wenn die Betriebsbedingungen von den Anforderungen dieser Verordnung abweichen.
(20)
Eigentümer von Verbrauchsanlagen und relevante Netzbetreiber sollten — vorbehaltlich der Genehmigung der relevanten Regulierungsbehörde oder ggf. einer anderen Behörde eines Mitgliedstaats — die Möglichkeit haben, Freistellungen für bestimmte Arten von Verbrauchsanlagen mit Übertragungsnetzanschluss, Verteilernetzanlagen mit Übertragungsnetzanschluss, Verteilernetzen und Verbrauchseinheiten, die von einer Verbrauchsanlage oder einem geschlossenen Verteilernetz zur Erbringung von Laststeuerungsdiensten für relevante Netzbetreiber und relevante ÜNB genutzt werden, vorzuschlagen.
(21)
Nach Artikel 28 der Richtlinie 2009/72/EG können die Mitgliedstaaten veranlassen, dass ein Verteilernetz unter bestimmten Umständen als geschlossenes Netz eingestuft wird. Die Bestimmungen dieser Verordnung sollten für geschlossene Verteilernetze nur dann gelten, wenn die Mitgliedstaaten dies gemäß Artikel 28 der Richtlinie 2009/72/EG vorsehen.
(22)
Diese Verordnung wurde auf der Grundlage der Verordnung (EG) Nr. 714/2009 erlassen, die sie ergänzt und deren Bestandteil sie ist. Verweise auf die Verordnung (EG) Nr. 714/2009 in anderen Rechtsakten sollten auch als Verweise auf die vorliegende Verordnung gelten.
(23)
Die in dieser Verordnung vorgesehenen Maßnahmen entsprechen der Stellungnahme des in Artikel 23 Absatz 1 der Verordnung (EG) Nr. 714/2009 genannten Ausschusses —

HAT FOLGENDE VERORDNUNG ERLASSEN:

Fußnote(n):

(1)

ABl. L 211 vom 14.8.2009, S. 15.

(2)

Richtlinie 2009/72/EG des Europäischen Parlament und des Rates vom 13. Juli 2009 über gemeinsame Vorschriften für den Elektrizitätsbinnenmarkt und zur Aufhebung der Richtlinie 2003/54/EG (ABl. L 211 vom 14.8.2009, S. 55).

(3)

Richtlinie 98/34/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 22. Juni 1998 über ein Informationsverfahren auf dem Gebiet der Normen und technischen Vorschriften (ABl. L 204 vom 21.7.1998, S. 37).

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