Präambel VO (EU) 2016/545

DIE EUROPÄISCHE KOMMISSION —

gestützt auf den Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union,

gestützt auf die Richtlinie 2012/34/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 21. November 2012 zur Schaffung eines einheitlichen europäischen Eisenbahnraums(1), insbesondere auf Artikel 42 Absatz 8,

in Erwägung nachstehender Gründe:

(1)
Beim Abschluss von Rahmenverträgen sollten Infrastrukturbetreiber die verfügbare Fahrwegkapazität so effizient wie möglich nutzen. Um in Dienstleistungen zu investieren, benötigen Antragsteller für Rahmenkapazität unter Umständen eine größere Rechtssicherheit hinsichtlich der während mehr als nur einer Netzfahrplanperiode verfügbaren Fahrwegkapazität.
(2)
Die Infrastrukturbetreiber haben Kapazitätsreserven für das jährliche Verfahren zur Netzfahrplanerstellung vorzuhalten, um gemäß Artikel 14 Absatz 3 und Absatz 5 der Verordnung (EU) Nr. 913/2010 des Europäischen Parlaments und des Rates(2) im Voraus vereinbarte Zugtrassen zu organisieren. Darüber hinaus müssen sie gegebenenfalls Kapazitätsreserven für Ad-hoc-Anträge gemäß Artikel 48 Absatz 2 der Richtlinie 2012/34/EU vorhalten. Ferner sollten Rahmenverträge der jährlichen Netzfahrplanerstellung gemäß Artikel 42 der Richtlinie 2012/34/EU nicht entgegenstehen. Deshalb sollten die Infrastrukturbetreiber diese Kapazitätsreserven zumindest einplanen und diese Beschränkungen berücksichtigen, bevor sie einen Teil der verbleibenden Kapazität durch Rahmenverträge zuweisen.
(3)
Potenzielle Antragsteller sind in Bezug auf die zugewiesene Rahmenkapazität und die voraussichtliche Restkapazität auf einer Strecke auf Transparenz angewiesen. Um einen hohen Verwaltungsaufwand im Zusammenhang mit Rahmenverträgen zu vermeiden, sollten potenzielle Antragsteller sich einen ersten Eindruck darüber verschaffen, wie wahrscheinlich es ist, dass ihre Anträge genehmigt werden. Deshalb sollten Infrastrukturbetreiber Rahmenkapazitätserklärungen in ihren Schienennetz-Nutzungsbedingungen veröffentlichen. In den Rahmenkapazitätserklärungen sollte, soweit dies relevant ist, differenziert werden, ob die Rahmenverträge für Güterzüge, Personenzüge oder beides gelten.
(4)
Infrastrukturbetreiber und Antragsteller sollten über eine gewisse Flexibilität in Bezug auf den Zeitpunkt der Beantragung von Rahmenkapazität verfügen. Gleichzeitig sind Kriterien zur Gewährleistung einer optimalen Nutzung der vorhandenen Infrastruktur dann am wirksamsten, wenn sie auf möglichst viele Anträge gleichzeitig angewendet werden. Daher sollten die Infrastrukturbetreiber, die ohne eine feste jährliche oder mehrjährige Frist arbeiten, vor Abschluss eines Rahmenvertrags diejenigen Antragsteller, die an Rahmenverträgen interessiert sein könnten, konsultieren.
(5)
Den Antragstellern sollte bewusst sein, dass Infrastrukturbetreiber verpflichtet sind, die zur Verfügung stehende Fahrwegkapazität optimal und effizient zu nutzen, sowohl in ihren jeweiligen Netzen als auch gemeinsam im gesamten einheitlichen europäischen Eisenbahnraum. Diese Verpflichtung sollte während der gesamten Laufzeit eines Rahmenvertrags und auch für die aufgrund eines Rahmenvertrags zugewiesenen Zugtrassen gelten. Bei der Entscheidung über den Abschluss eines neuen Rahmenvertrags sollten sich deshalb beide Vertragsparteien über die in dieser Verordnung festgelegten Kriterien für eine optimale Nutzung der verfügbaren Fahrwegkapazität bereits im Klaren sein.
(6)
In Rahmenverträgen sollte keine bestimmte Zugtrasse geregelt, sondern ein Zeitrahmen vorgegeben werden, der eine hinreichende Flexibilität bis zur jährlichen Planung der Zugtrassen ermöglicht. Ebenso können bei Schienenverkehrsdiensten unterschiedliche Anforderungen in Bezug auf den genauen Zeitpunkt des Dienstes bestehen, was sich in der Dimensionierung der Zeitrahmen widerspiegeln sollte.
(7)
Die Einführung neuer Schienenverkehrsdienste erfordert die vorherige Einholung von technischen Genehmigungen und Sicherheitsgenehmigungen oder die Beschaffung von Fahrzeugen oder beides, was einige Jahre in Anspruch nehmen kann. Investoren benötigen Gewissheit im Hinblick auf die verfügbare Kapazität, bevor sie über solche Investitionen entscheiden. Daher ist es gerechtfertigt, dass Antragstellern eine gewisse Zeit zwischen dem Abschluss des Rahmenvertrags und der Aufnahme der Dienste im Rahmen des Vertrags zur Verfügung steht, in der sie u. a. die erforderlichen Genehmigungen und Bescheinigungen einholen und die Fahrzeuge beschaffen können. Antragsteller, die diese Zeit nachweislich benötigen, bevor sie ihre Tätigkeit aufnehmen können, sollten nicht durch eine kürzere Rahmenvertragsdauer benachteiligt werden.
(8)
Die Festlegung von Kriterien für den Abschluss von Rahmenverträgen sollte es dem Infrastrukturbetreiber ermöglichen, die verfügbare Fahrwegkapazität gemäß Artikel 26 der Richtlinie 2012/34/EU zu vermarkten und so effektiv wie möglich zu nutzen.
(9)
Rahmenverträge sollten eine erfolgreiche Koordinierung konkurrierender Anträge ermöglichen und daher bestimmten Kriterien genügen, was die Zuweisung verfügbarer Kapazität an andere Antragsteller sowie die Änderung und Abtretung von Rahmenkapazität anbelangt.
(10)
Die Koordinierung und Absprache mit den Antragstellern, die bereits Vertragspartei eines Rahmenvertrags sind, können eine Belastung für die Infrastrukturbetreiber und die Antragsteller darstellen. Diese Belastung ist unter Umständen unverhältnismäßig auf Strecken und zu Tageszeiten, bei denen die aufgrund von Rahmenverträgen genutzte Kapazität ohnehin deutlich unterhalb der Obergrenze liegt. Daher sollte Infrastrukturbetreibern in solchen Fällen die Möglichkeit eingeräumt werden, von den Verfahren und Kriterien, die in dieser Verordnung festgelegt sind, abzuweichen. Gleichzeitig könnte es für den Fall, dass die Berechnung einer solchen Obergrenze oder die Anwendung von Schwellenwerten als schwierig oder willkürlich angesehen wird, im Interesse der Mitgliedstaaten liegen, dass die Infrastrukturbetreiber keinen Gebrauch von dieser Ausnahmeregelung machen. Im letzteren Fall sollte die Regulierungsstelle alle Rahmenverträge im Voraus genehmigen, um den Verwaltungsaufwand zu verringern.
(11)
Zwischen Anträgen für neue Rahmenverträge und bestehenden Rahmenverträgen, oder zwischen gemäß einem Rahmenvertrag beantragten Zugtrassen und solchen, die außerhalb eines Rahmenvertrags im Rahmen der jährlichen Netzfahrplanerstellung beantragt werden, kann es zu Konflikten kommen. In diesem Fall sollte der Infrastrukturbetreiber zwischen den Parteien koordinieren und sie auffordern, ihre Anforderungen zu ändern, um sie miteinander in Einklang zu bringen. Dies kann auch eine Änderung der zugewiesenen Zeitrahmen oder der Streckenführung umfassen. In Artikel 46 der Richtlinie 2012/34/EU ist ein Verfahren für den Umgang mit konkurrierenden Trassenanträgen festgelegt, das auch als Vorbild für Rahmenverträge dienen sollte.
(12)
In den Fällen, in denen im Einklang mit Artikel 47 Absätze 3 bis 6 der Richtlinie 2012/34/EU festgelegte und veröffentlichte Vorrangkriterien bei der Netzfahrplanerstellung Vorrang haben gegenüber der Frage, ob ein Antrag im Rahmen der jährlichen Netzfahrplanerstellung gemäß einem Rahmenvertrag vorgelegt wird oder nicht, sollte der Infrastrukturbetreiber nicht verpflichtet sein, die für Rahmenverträge festgelegten Kriterien anzuwenden, sondern vielmehr die für die jährliche Netzfahrplanerstellung geltenden Vorrangkriterien anwenden.
(13)
Es ist wichtig, den Infrastrukturbetreibern bei der Zuweisung von Fahrwegkapazität größtmögliche Flexibilität zu bieten, doch sollte dies mit der Erfüllung der angemessenen Anforderungen der Antragsteller vereinbar sein. Infrastrukturbetreiber sollten transparente Kriterien berücksichtigen, bevor sie neue Rahmenverträge schließen.
(14)
Die Antragsteller sollten nur so viel Rahmenkapazität beantragen, wie sie tatsächlich benötigen. Falls die beantragte Rahmenkapazität über einen bestimmten Zeitraum ganz oder teilweise nicht genutzt wird, sollte der Rahmenvertrag überprüft werden, damit der Antragsteller die ungenutzte Kapazität abtritt ( „Use it or lose it” ), sofern er nicht nachweisen kann, dass die Kapazität aus von ihm nicht zu vertretenden Gründen nicht genutzt wurde.
(15)
Die Infrastrukturbetreiber sollten ihre Zusammenarbeit so gestalten, dass Rahmenverträge für Dienste, bei denen mehr als ein Netz genutzt wird, untereinander kohärent sind, sodass die Schienenverkehrsdienste eine Qualität aufweisen, die die Antragsteller berechtigterweise erwarten können. Eine solche Kohärenz muss vom Abschluss der Rahmenverträge bis zum Zeitpunkt der Trassenzuweisung gewährleistet werden.
(16)
Angemessene Vertragsstrafen könnten einen Anreiz für die Antragsteller schaffen, realistische Anträge für Rahmenverträge zu stellen und alle Änderungen des aufgrund eines Rahmenvertrags bestehenden Kapazitätsbedarfs zu melden, sobald die Antragsteller davon Kenntnis erlangen.
(17)
Wenn die Vertragsparteien Vertragsstrafen für die Änderung oder Kündigung von Rahmenverträgen vereinbaren, sollten diese nicht diskriminierend sein. Die Vertragsstrafen sollten in ihrer Höhe in angemessenem Verhältnis zu den angestrebten Zielen stehen, tatsächlich gezahlt und, soweit erforderlich, vollstreckt werden. Um die Anreizwirkung zu wahren und Diskriminierung zu vermeiden, sollte der Rahmenvertrag es dem Infrastrukturbetreiber nicht ermöglichen, eine Vertragsstrafe für den Fall, dass der Antragsteller einen neuen Rahmenvertrag schließt, zu erlassen.
(18)
Ferner sollten die Mitgliedstaaten die Möglichkeit haben, gewisse Bestimmungen dieser Verordnung für einen begrenzten Zeitraum nicht auf Rahmenverträge anzuwenden, die am oder nach dem 15. März 2003, dem Datum also, zu dem die Richtlinie 2001/14/EG des Europäischen Parlaments und des Rates(3) umgesetzt werden musste, oder, im Fall von Mitgliedstaaten, die der Europäischen Union nach diesem Datum beigetreten sind, nach dem Datum ihres EU-Beitritts geschlossen wurden. Da es nach Artikel 17 Absatz 3 der Richtlinie 2001/14/EG möglich sein musste, Rahmenverträge im Interesse einer besseren Nutzung des Schienennetzes zu ändern oder einzuschränken, sollten jene Bestimmungen dieser Verordnung allerdings für Änderungen solcher Rahmenverträge gelten, wenn die Änderungen erheblich sind und nach dem Datum des Inkrafttretens dieser Verordnung vereinbart wurden.
(19)
Die Kommission überprüft gegebenenfalls die vorliegende Verordnung im Licht der Erfahrungen, die aus ihrer Anwendung oder aus der Anwendung der Verordnung (EU) Nr. 913/2010 über europäische Schienengüterverkehrskorridore gewonnen werden.
(20)
Die in dieser Verordnung vorgesehenen Maßnahmen entsprechen der Stellungnahme des gemäß Artikel 62 Absatz 1 der Richtlinie 2012/34/EU eingesetzten Ausschusses —

HAT FOLGENDE VERORDNUNG ERLASSEN:

Fußnote(n):

(1)

ABl. L 343 vom 14.12.2012, S. 32.

(2)

Verordnung (EU) Nr. 913/2010 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 22. September 2010 zur Schaffung eines europäischen Schienennetzes für einen wettbewerbsfähigen Güterverkehr (ABl. L 276 vom 20.10.2010, S. 22).

(3)

Richtlinie 2001/14/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Februar 2001 über die Zuweisung von Fahrwegkapazität der Eisenbahn, die Erhebung von Entgelten für die Nutzung von Eisenbahninfrastruktur und die Sicherheitsbescheinigung (ABl. L 75 vom 15.3.2001, S. 29).

© Europäische Union 1998-2021

Tipp: Verwenden Sie die Pfeiltasten der Tastatur zur Navigation zwischen Normen.