Präambel VO (EU) 2017/1084
DIE EUROPÄISCHE KOMMISSION —
gestützt auf den Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union,
gestützt auf die Verordnung (EU) 2015/1588 des Rates vom 13. Juli 2015 über die Anwendung der Artikel 107 und 108 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union auf bestimmte Gruppen horizontaler Beihilfen(1), insbesondere auf Artikel 1 Absatz 1 Buchstabe a Ziffer xiv und Artikel 1 Absatz 1 Buchstabe b,
nach Anhörung des Beratenden Ausschusses für staatliche Beihilfen,
in Erwägung nachstehender Gründe:
- (1)
- Mit der Verordnung (EU) Nr. 651/2014 der Kommission(2) werden bestimmte Gruppen von Beihilfen für mit dem Binnenmarkt vereinbar erklärt und von der Pflicht zu einer vor der Beihilfegewährung erfolgenden Anmeldung bei der Kommission freigestellt. In der Verordnung (EU) Nr. 651/2014 wurde angekündigt, dass die Kommission den Geltungsbereich der genannten Verordnung daraufhin überprüfen würde, ob andere Gruppen von Beihilfen, insbesondere Beihilfen für Hafen- und Flughafeninfrastrukturen, aufgenommen werden können, sobald ausreichende Erfahrungen gesammelt wurden.
- (2)
- In Anbetracht der von der Kommission gesammelten Erfahrung und mit Blick auf die Vereinfachung und Präzisierung der Beihilfevorschriften sowie auf die Verringerung des mit der Anmeldung unkomplizierter Beihilfen verbundenen Verwaltungsaufwands und die Konzentration der Beihilfenkontrolle durch die Kommission auf diejenigen Beihilfen, die besonders starke Verfälschungen des Wettbewerbs bewirken könnten, sollten Beihilfen für Hafen- und Flughafeninfrastrukturen in den Geltungsbereich der Verordnung (EU) Nr. 651/2014 aufgenommen werden.
- (3)
- Investitionsbeihilfen für Regionalflughäfen mit durchschnittlich bis zu drei Millionen Passagieren im Jahr können in Abhängigkeit von den Besonderheiten der einzelnen Flughäfen sowohl zu einer besseren Anbindung bestimmter Gebiete als auch zur Förderung der lokalen Entwicklung beitragen. Damit unterstützen solche Investitionsbeihilfen die Prioritäten der Strategie Europa 2020, die darin bestehen, einen Beitrag zu weiterem Wirtschaftswachstum und zu Zielen von gemeinsamem Unionsinteresse zu leisten. Die bei der Anwendung der Leitlinien für staatliche Beihilfen für Flughäfen und Luftverkehrsgesellschaften(3) gesammelte Erfahrung zeigt, dass Investitionsbeihilfen für Regionalflughäfen keine übermäßigen Handels- und Wettbewerbsverfälschungen bewirken, sofern bestimmte Voraussetzungen erfüllt sind. Investitionsbeihilfen für Regionalflughäfen sollten daher unter die Gruppenfreistellung in der Verordnung (EU) Nr. 651/2014 fallen, sofern diese Voraussetzungen erfüllt sind. Die Festlegung einer Anmeldeschwelle in Form der Höhe der Beihilfe wäre nicht zweckmäßig, da die Auswirkung einer Beihilfe auf den Wettbewerb vor allem von der Größe des Flughafens und nicht von der Höhe der Beihilfe abhängt.
- (4)
- Die Voraussetzungen für die Freistellung von Investitionsbeihilfen von der Anmeldepflicht sollten darauf abzielen, Wettbewerbsverfälschungen, die einen fairen Wettbewerb im Binnenmarkt untergraben würden, insbesondere dadurch zu begrenzen, dass die Angemessenheit der Höhe der Beihilfe gewährleistet wird. Im Hinblick auf ihre Angemessenheit sollten Investitionsbeihilfen zwei Voraussetzungen erfüllen. Die Beihilfeintensität sollte eine zulässige Beihilfehöchstintensität, die je nach Größe des Flughafens variiert, nicht übersteigen. Ferner sollte der Beihilfebetrag die Differenz zwischen den beihilfefähigen Kosten und dem mit der Investition erzielten Betriebsgewinn nicht übersteigen. Bei sehr kleinen Flughäfen mit bis zu 200000 Passagieren pro Jahr sollten Investitionsbeihilfen nur eine dieser Voraussetzungen erfüllen müssen. Die Vereinbarkeitskriterien sollten Gewähr für einen offenen und diskriminierungsfreien Zugang zur Infrastruktur bieten. Nicht anwendbar sein sollte die Freistellung auf Investitionsbeihilfen für Flughäfen, die in der Nähe bestehender Flughäfen mit einem Linienflugverkehr liegen, weil Beihilfen für solche Flughäfen ein höheres Risiko von Wettbewerbsverfälschungen bergen und deshalb bei der Kommission angemeldet werden sollten, sofern es sich nicht um Beihilfen für sehr kleine Flughäfen mit bis zu 200000 Passagieren im Jahr handelt, bei denen erhebliche Verfälschungen des Wettbewerbs unwahrscheinlich sind.
- (5)
- Betriebsbeihilfen für sehr kleine Flughäfen mit bis zu 200000 Passagieren im Jahr bewirken keine übermäßigen Handels- und Wettbewerbsverfälschungen, sofern bestimmte Voraussetzungen erfüllt sind. Die Voraussetzungen für die Vereinbarkeit sollten insbesondere gewährleisten, dass der Beihilfebetrag die Betriebsverluste und einen angemessenen Gewinn nicht übersteigt und dass ein offener und diskriminierungsfreier Zugang zur Infrastruktur besteht. Darüber hinaus sollte die Beihilfe nicht unter der Voraussetzung gewährt werden, dass der Flughafenbetreiber mit einer oder mehreren Luftverkehrsgesellschaften Vereinbarungen über Flughafenentgelte, Marketingzahlungen oder andere finanzielle Aspekte der Tätigkeiten der Luftverkehrsgesellschaft an dem jeweiligen Flughafen schließt. Vereinbarungen zwischen einem Flughafen, der öffentliche Zuwendungen erhält, und einer Luftverkehrsgesellschaft bilden unter bestimmten Umständen staatliche Beihilfen für die betroffene Luftverkehrsgesellschaft(4), und derartige Beihilfen sollten auch weiterhin in vollem Umfang der Anmeldepflicht nach Artikel 108 Absatz 3 AEUV unterliegen.
- (6)
- Seehäfen sind für das reibungslose Funktionieren des Binnenmarkts und die Stärkung des wirtschaftlichen, sozialen und territorialen Zusammenhalts, wie unter anderem in der Strategie Europa 2020 und im Weißbuch der Kommission „Fahrplan zu einem einheitlichen europäischen Verkehrsraum — Hin zu einem wettbewerbsorientierten und ressourcenschonenden Verkehrssystem” (5) dargelegt, von strategischer Bedeutung. Der effiziente Betrieb von Häfen in allen maritimen Regionen der Union erfordert, wie in der Mitteilung der Kommission „Häfen als Wachstumsmotor” (6) betont wurde, wirksame öffentliche und private Investitionen. Investitionen sind insbesondere erforderlich, um die Infrastruktur für den Zugang zu Häfen sowie die Hafeninfrastruktur an die zunehmende Größe und Komplexität der Schiffsflotte, die Nutzung von Infrastruktur für alternative Kraftstoffe sowie an strengere Anforderungen in Bezug auf die Umweltverträglichkeit anzupassen. Da nicht genügend hochwertige Hafeninfrastrukturen vorhanden sind, sind die Häfen überlastet und Verkehrsunternehmen, Verlader und Verbraucher müssen zusätzliche Kosten tragen.
- (7)
- Die Weiterentwicklung der Binnenhäfen und ihre Integration in den multimodalen Verkehr zählen zu den Hauptzielen der Verkehrspolitik der Union. Die Unionsvorschriften sind explizit auf die Erhöhung der Intermodalität im Verkehr und die Umstellung auf umweltfreundlichere Verkehrsträger wie den Schienenverkehr oder den Seeverkehr bzw. die Binnenschifffahrt ausgerichtet.
- (8)
- Die Voraussetzungen für die Freistellung von Hafenbeihilfen von der Anmeldepflicht sollten darauf abzielen, Wettbewerbsverfälschungen, die einen fairen Wettbewerb im Binnenmarkt untergraben würden, insbesondere dadurch zu begrenzen, dass die Angemessenheit der Höhe der Beihilfe gewährleistet wird. Im Hinblick auf ihre Angemessenheit sollte die Beihilfe zwei Voraussetzungen erfüllen. Die Beihilfeintensität sollte eine zulässige Beihilfehöchstintensität, die bei Seehäfen je nach Umfang des Investitionsvorhabens variiert, nicht übersteigen. Ferner sollte der Beihilfebetrag die Differenz zwischen den beihilfefähigen Kosten und dem mit der Investition erzielten Betriebsgewinn nicht übersteigen, mit Ausnahme sehr geringer Beihilfebeträge, bei denen im Hinblick auf die Verringerung des Verwaltungsaufwands eine vereinfachte Vorgehensweise angebracht ist. Die Voraussetzungen für die Vereinbarkeit sollten auch gewährleisten, dass die Erteilung von Konzessionen oder Aufträgen für den Bau, die Modernisierung, den Betrieb oder die Anmietung von durch eine Beihilfe geförderten Hafeninfrastrukturen durch Dritte zu wettbewerblichen, transparenten, diskriminierungsfreien und auflagenfreien Bedingungen erfolgt, gegebenenfalls unbeschadet der Unionsvorschriften über die Vergabe öffentlicher Aufträge und Konzessionen. Ferner sollte ein gleichberechtigter und diskriminierungsfreier Zugang zur Infrastruktur sichergestellt sein.
- (9)
- Investitionen, die in den Arbeitsplänen für die mit der Verordnung (EU) Nr. 1315/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates(7) eingerichteten Kernnetzkorridore enthalten sind, sind Vorhaben von gemeinsamem Interesse, die für die Union von besonderer strategischer Bedeutung sind. In diese Netze eingebundene Seehäfen sind Ein- und Ausgangstore der Union für Wareneinfuhren und -ausfuhren. Binnenhäfen, die Teil dieser Netze sind, stellen wichtige Faktoren für die Multimodalität des Netzes dar. Für Investitionen zur Verbesserung der Leistungsfähigkeit solcher Häfen sollten daher höhere Anmeldeschwellen Anwendung finden.
- (10)
- Angesichts der bei der Anwendung der Verordnung (EU) Nr. 651/2014 und der Verordnung (EU) Nr. 702/2014 der Kommission(8) gesammelten Erfahrungen ist es ferner angezeigt, bestimmte Bestimmungen dieser Verordnungen anzupassen.
- (11)
- Dies gilt insbesondere für regionale Betriebsbeihilferegelungen für Gebiete in äußerster Randlage, da sich die Anwendung unterschiedlicher Bestimmungen für den Ausgleich von Beförderungsmehrkosten und von anderen Mehrkosten in der Praxis als schwierig erwies und nicht geeignet war, die in Artikel 349 AEUV genannten strukturbedingten Nachteile — Abgelegenheit, Insellage, geringe Größe, schwierige Relief- und Klimabedingungen und wirtschaftliche Abhängigkeit von einigen wenigen Erzeugnissen — die als ständige Gegebenheiten und durch ihr Zusammenwirken die Entwicklung der betroffenen Gebiete schwer beeinträchtigen, zu beheben, sodass die einschlägigen Bestimmungen durch eine für alle Mehrkosten geltende Methode ersetzt werden sollten. Bei der Durchführung regionaler Investitions- und Betriebsbeihilfemaßnahmen in Gebieten in äußerster Randlage, die unter anderem in der Fischerei tätigen Unternehmen zugutekommen, sollte den Verpflichtungen der Union aus internationalen Vereinbarungen Rechnung getragen werden, denen die Union als Vertragspartei angehört. Daher sollten solche regionalen Investitions- und Betriebsbeihilfemaßnahmen nicht zugunsten von Schiffen, die illegale, ungemeldete und unregulierte Fischerei betreiben, gewährt werden und nicht zur Überfischung oder zu einer Erhöhung der Fangkapazität der Schiffe beitragen.
- (12)
- Angesichts der begrenzten negativen Auswirkungen auf den Wettbewerb von Beihilfen für Kultur und die Erhaltung des kulturellen Erbes und von Beihilfen für Sportinfrastrukturen und multifunktionale Freizeitinfrastrukturen sollten die Anmeldeschwellen für Beihilfen in diesen Bereichen angehoben werden.
- (13)
- Mit Blick auf eine Vereinfachung der Berechnung der beihilfefähigen Kosten nach der Verordnung (EU) Nr. 651/2014 und der Verordnung (EU) Nr. 702/2014 für Vorhaben, die zumindest teilweise aus einem Unionsfonds finanziert werden, bei dem die Anwendung vereinfachter Kostenoptionen zulässig ist, sollten die Bestimmungen über die beihilfefähigen Kosten angepasst werden.
- (14)
- Im Rahmen des KMU-spezifischen Instruments des Programms Horizont 2020, auf das in Artikel 22 Absatz 2 der Verordnung (EU) Nr. 1291/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates(9) Bezug genommen wird, können Projekte ein Exzellenzsiegel der Kommission als Gütezeichen erhalten. Solche Projekte können nach der Verordnung (EU) Nr. 651/2014 von der Anmeldepflicht freigestellt werden, da die Beihilfebeträge niedrig sind (höchstens 2,5 Mio. EUR je Projekt) und die Projekte ausschließlich auf KMU ausgerichtet sind.
- (15)
- Die Verordnungen (EU) Nr. 651/2014 und (EU) Nr. 702/2014 sollten daher entsprechend geändert werden —
HAT FOLGENDE VERORDNUNG ERLASSEN:
Fußnote(n):
- (1)
ABl. L 248 vom 24.9.2015, S. 1.
- (2)
Verordnung (EU) Nr. 651/2014 der Kommission vom 17. Juni 2014 zur Feststellung der Vereinbarkeit bestimmter Gruppen von Beihilfen mit dem Binnenmarkt in Anwendung der Artikel 107 und 108 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (ABl. L 187 vom 26.6.2014, S. 1).
- (3)
ABl. C 99 vom 4.4.2014, S. 3.
- (4)
Siehe insbesondere Abschnitt 3.5 der Leitlinien für staatliche Beihilfen für Flughäfen und Luftverkehrsgesellschaften.
- (5)
COM(2011) 144.
- (6)
COM(2013) 295.
- (7)
Verordnung (EU) Nr. 1315/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. Dezember 2013 über Leitlinien der Union für den Aufbau eines transeuropäischen Verkehrsnetzes und zur Aufhebung des Beschlusses Nr. 661/2010/EU (ABl. L 348 vom 20.12.2013, S. 1).
- (8)
Verordnung (EU) Nr. 702/2014 der Kommission vom 25. Juni 2014 zur Feststellung der Vereinbarkeit bestimmter Arten von Beihilfen im Agrar- und Forstsektor und in ländlichen Gebieten mit dem Binnenmarkt in Anwendung der Artikel 107 und 108 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (ABl. L 193 vom 1.7.2014, S. 1).
- (9)
Verordnung (EU) Nr. 1291/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. Dezember 2013 über das Rahmenprogramm für Forschung und Innovation Horizont 2020 (2014-2020) und zur Aufhebung des Beschlusses Nr. 1982/2006/EG (ABl. L 347 vom 20.12.2013, S. 104).
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